Überweisungen im vereinfachten Verfahren
Ohne Aussprache hat der Bundestag am Donnerstag, 30. März 2017, mehrere Vorlagen in erster Lesung zur weiteren Beratung an die Ausschüsse überwiesen.
Einsatz der Bundeswehr im Ausland: Eine Änderung im Bundesverfassungsgerichtsgesetz (BVerfGG) soll es ermöglichen, Parlamentsbeschlüsse über Auslandseinsätze der Bundeswehr auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu überprüfen. Das sieht ein Gesetzentwurf (18/8277) der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vor, der an den Rechtsausschuss überwiesen wurde. In der Auflistung der Verfahrensarten in Paragraf 13 des BVerfGG soll eine neue Ziffer 14a „zur Überprüfung, ob der nach Paragraf 1 Absatz 2 in Verbindung mit Paragraf 3 des Parlamentsbeteiligungsgesetzes getroffene Beschluss des Deutschen Bundestages mit dem Grundgesetz vereinbar ist“, eingefügt werden. Die Fraktion begründet ihren Gesetzentwurf mit einem „grundlegenden Problem des Rechtsschutzsystems im Bereich der Auslandseinsätze der Bundeswehr“, das beim jüngsten Zustimmungsbeschluss des Bundestages zum Syrieneinsatz erneut zutage getreten sei. In der Debatte darüber sei bezweifelt worden, dass dieser Einsatz mit dem Grundgesetz vereinbart ist, doch gebe es derzeit „keinen klaren Weg, um derartige Rechtsfragen dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen“. Diese Situation sei „dem Rechtsstaat unangemessen“, heißt es in den Gesetzentwurf.
Intelligente Verkehrssysteme: Ein Gesetzentwurf der Bundesregierung (18/11494) sieht die Umsetzung einer EU-Richtlinie vor, durch die die Einführung intelligenter Verkehrssysteme im Straßenverkehr in der EU koordiniert werden soll. Daraus ergibt sich eine Verpflichtung der Mitgliedstaaten, eine unabhängige und unparteiische nationale Stelle zu benennen, die beurteilt und prüft, ob die in den Verordnungen aufgestellten Anforderungen durch die Anbieter von Verkehrsinformationen eingehalten werden. Die Vorlage wurde an den federführenden Verkehrsausschuss überwiesen.
EU-Lateinamerika/Karibik-Stiftung: Die EU-Lateinamerika/Karibik-Stiftung (EU-LAK-Stiftung) soll in eine internationale Organisation umgewandelt werden. Die Gründung als Stiftung deutschen Rechts 2011 habe lediglich einer beschleunigten Arbeitsaufnahme gedient, heißt es in dem Gesetzentwurf der Bundesregierung (18/11507) „zu dem Übereinkommen vom 25. Oktober 2016 zur Errichtung der Internationalen EU-LAK-Stiftung“, mit dem die Voraussetzung der Ratifikation von deutscher Seite geschaffen werden sollen. Die Vorlage wurde an den Auswärtigen Ausschuss überwiesen. Von Beginn an sei es Konsens der EU, ihrer Mitgliedstaaten und der Staaten Lateinamerikas und der Karibik gewesen, die Stiftung als internationale Organisation zu konstituieren, um den biregionalen Charakter der Stiftung zu betonen. Beschlossen wurde ihre Gründung den Angaben zufolge auf dem Gipfel in Madrid 2010 mit dem Ziel, „die politischen, wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Beziehungen zwischen den Staaten Lateinamerikas und der Karibik einerseits und der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten andererseits unter Einbeziehung zivilgesellschaftlicher Akteure weiter zu vertiefen und die strategische Partnerschaft mit Leben zu füllen“. Die Bundesregierung habe sich erfolgreich dafür eingesetzt, dass die Freie und Hansestadt Hamburg zum Sitz der Stiftung bestimmt wurde.
Auszüge aus Personenstandsregistern: Die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf zu einem Übereinkommen vom März 2014 „über die Ausstellung mehrsprachiger, codierter Auszüge und Bescheinigungen aus Personenstandsregistern“ (18/11510) vorgelegt. Der Entwurf wurde zur weiteren Beratung an den Innenausschuss überwiesen. Wie die Regierung in der Vorlage erläutert, können Standesbeamte nach einem Übereinkommen der Internationalen Kommission für das Zivilstandswesen (CIEC) von 1976 aus den von ihnen geführten Personenstandsregistern mehrsprachige Auszüge erteilen, die insbesondere zur Verwendung im Ausland bestimmt sind und in den Vertragsstaaten ohne weitere Förmlichkeit anerkannt werden. Durch das CIEC-Übereinkommen vom März 2014 „werden die Übereinkommensregelungen den Rechtsänderungen in den Mitgliedstaaten der CIEC angepasst“, heißt es in der Vorlage weiter. Zugleich eröffne das neue Übereinkommen die Möglichkeit, seine Anwendung gegenüber Staaten ohne zuverlässiges Urkundenwesen auszuschließen. Der Gesetzentwurf sieht die Zustimmung zu dem Beitritt Deutschlands zu diesem Übereinkommen vor.
Handelsvertrag mit Ecuador: Der südamerikanische Staat Ecuador will dem Handelsabkommen zwischen der EU und ihren Mitgliedsländern einerseits und den südamerikanischen Staaten Kolumbien und Peru andererseits beitreten. Dafür hat die Bundesregierung den Entwurf eines Gesetzes zu dem Beitrittsprotokoll vom 11. November 2016 zum Handelsübereinkommen vom 26. Juni 2012 zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits sowie Kolumbien und Peru andererseits betreffend des Beitritts Ecuadors (18/11556) eingebracht. Wie die Bundesregierung erläutert, handelt es sich bei dem Handelsabkommen um ein gemischtes Abkommen, sodass die Zustimmung aller EU-Mitgliedstaaten erforderlich ist. Der Entwurf wurde dem federführenden Ausschuss für Wirtschaft und Energie überwiesen.
Reform des Personenstandsrechts: Die zum 1. Januar 2009 in Kraft getretene Reform des Personenstandsrechts habe sich bei der praktischen Anwendung in den Standesämtern bewährt, bedürfe aber noch punktueller Verbesserungen. Deshalb legt die Bundesregierung den Entwurf zur Änderung personenstandsrechtlicher Vorschriften (18/11612) vor. Die Änderungen betreffen neben der Optimierung der Beurkundungsmodalitäten vor allem die teilweise zu langen Bearbeitungszeiten bei der Nachbeurkundung von Personenstandsfällen von Deutschen im Ausland sowie bei der Entgegennahme namensrechtlicher Erklärungen dieses Personenkreises beim Standesamt I in Berlin. Zudem sollen im Alltag gebräuchliche Vornamen in Reisedokumente und andere behördliche Unterlagen übernommen werden können, was sich als problematisch erweisen könne, wenn dieser Vorname nicht der erste in ihrem Geburtseintrag angegebene Vorname ist. Die Vorlage wurde an den Rechtsausschuss überwiesen.
Zwangsvollstreckung: Weil öffentlich-rechtliche Vollstreckungsbehörden im Vergleich zum Gerichtsvollzieher über weniger Befugnisse verfügen, ist die Erfolgsaussicht auf die Vollstreckung öffentlich-rechtlicher Forderungen geringer als auf die Vollstreckung privat-rechtlicher Forderungen, schreibt die Bundesregierung in ihrem Gesetzentwurf zur Verbesserung der Sachaufklärung in der Verwaltungsvollstreckung (18/11613). Der Entwurf wurde zur federführenden Beratung an den Rechtsausschuss überwiesen. Ziel des Gesetzes sei es, weitestgehend einen Gleichlauf von zivilprozessualer und öffentlich-rechtlicher Vollstreckung zu gewährleisten. Dies solle nicht nur zugunsten der Vollstreckungsbehörden des Bundes gelten. Auch für die Vollstreckungsbehörden der Länder solle eine Harmonisierung der Sachaufklärungsbefugnisse mit den in der Zivilprozessordnung für den Gerichtsvollzieher begründeten Befugnissen ermöglicht werden.
Hinterbliebenengeld: Der Entwurf eines Gesetzes zur Einführung eines Anspruchs auf Hinterbliebenengeld der Bundesregierung (18/11615) wurde an den federführenden Rechtsausschuss überwiesen. Im Fall der fremdverursachten Tötung sieht der Gesetzentwurf für Hinterbliebene, die zu dem Getöteten in einem besonderen persönlichen Näheverhältnis standen, einen Anspruch auf eine angemessene Entschädigung in Geld für das zugefügte seelische Leid gegen den für die Tötung Verantwortlichen vor, der sowohl bei der Verschuldens- als auch bei der Gefährdungshaftung gewährt werden soll.
Telekommunikation: Der Bundestag befasst sich erstmals mit einem Gesetz zur Neufassung der Regelungen über Funkanlagen und zur Änderung des Telekommunikationsgesetzes sowie zur Aufhebung des Gesetzes über Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen (18/11625). Der Regierungsentwurf wurde zur federführenden Beratung an den Wirtschaftsausschuss überwiesen. Unter anderem sollen dadurch die Anforderungen an die Mindestleistung der Empfangsgeräte klarer gefasst werden, damit das Funkfrequenzspektrum effizienter genutzt wird. Die Verpflichtungen der Hersteller, Einführer und Händler sollen am Rechtsrahmen für Produkte ausgerichtet und harmonisiert werden. Der Schutz personenbezogener Daten und der Privatsphäre soll durch besondere Funktionen der Anlagen verbessert werden. Zudem sei von besonderer Bedeutung, dass die Europäische Kommission die Möglichkeit erhält, auch für Zubehörteile von Funkanlagen Vorgaben zu erlassen.
Europäische Union: Ein Antrag der Fraktion Die Linke (18/11723) fordert einen Neustart für eine friedliche und gerechte Europäische Union. Die Vorlage wurde zur federführenden Beratung an den Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union überwiesen.
Tierversuche: Die Fraktion Die Linke fordert in einem Antrag (18/11724), Tierversuche zu beenden. Der Antrag wurde an den federführenden Umweltausschuss überwiesen.
Berichte zur Transplantationsmedizin: Die Zahl der Organspender ist weiter rückläufig. Wie aus einer Unterrichtung der Bundesregierung (18/3566) über die Entwicklungen in der Transplantationsmedizin hervorgeht, wurden im Jahr 2013 nur noch 876 postmortale Organspender registriert. Das entspricht einem Rückgang von 16,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. In den ersten drei Quartalen 2014 lag die Zahl der postmortalen Organspender bei 649, das sind 3,9 Prozent weniger als im selben Vorjahreszeitraum. Rückläufig sei auch die Zahl der gespendeten Organe. Als ein Grund für die geringere Spendenbereitschaft wird der Organspendeskandal angesehen, der im Sommer 2012 bekannt wurde. So waren an den Universitätskliniken Göttingen, Regensburg, München rechts der Isar und Leipzig Daten manipuliert worden, um Patienten bei der Vergabe von Spenderorganen zu bevorzugen. Seither ging die Zahl der Organspender deutlich zurück. Gesetzgeber, Selbstverwaltung und Bundesregierung hätten damals unverzüglich reagiert mit Aufklärung und einem „Maßnahmenbündel“, heißt es in der Unterrichtung. Darüber hinaus liegen der zweite Bericht (18/7269) und der dritte Bericht (18/10854) den Abgeordneten vor, die alle an den Gesundheitsausschuss überwiesen wurden.
Hirntod-Diagnose: Der Deutsche Ethikrat hält einstimmig an der Hirntod-Diagnose als Voraussetzung für eine postmortale Organentnahme fest. Die Mehrheit des Gremiums sei zudem der Auffassung, dass der Hirntod „ein sicheres Todeszeichen ist“, heißt es in einer Unterrichtung des Ethikrates (18/4256) an den Bundestag. Die Spende lebenswichtiger Organe dürfe nur zulässig sein, wenn der Tod des möglichen Organspenders festgestellt sei. Eine Minderheit des Gremiums halte hingegen den Hirntod nicht für den Tod des Menschen und sehe darin lediglich ein notwendiges Entnahmekriterium. Die Unterrichtung wurde an den Gesundheitsausschuss überwiesen. (eis/30.03.2017)