Ohne vorherige abschließende Aussprache hat der Bundestag am Donnerstag, 1. Juni 2017, über mehrere Vorlagen abgestimmt.
Bergmannssiedlungen: Der Bundestag hat den von der Bundesregierung vorgelegten Entwurf eines Gesetzes zur Aufhebung der Gesetze über Bergmannssiedlungen (18/12049, 18/12478) angenommen. Dafür stimmten CDU/CSU und SPD bei Stimmenthaltung der Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen. Der Entscheidung lag eine Beschlussempfehlung des Haushaltsausschusses (18/12593) zugrunde. Mit der Aufhebung soll es möglich werden, das letzte noch verbliebene Bergmannssiedlungsvermögen zu verwerten. Das wohnungspolitische Ziel der Förderung von Bergarbeiterwohnungen sei entfallen, schreibt die Bundesregierung in der Begründung.
Akkreditierungsstelle auch für Finanzmarkt zuständig: Die Abgeordneten haben einstimmig der Änderung des Gesetzes über die Akkreditierungsstelle zugestimmt. Der Entscheidung lag eine Beschlussempfehlung des Wirtschaftsausschusses (18/12566) zugrunde. Zur Anpassung an die Bestimmungen des Zahlungskontengesetzes hat die Bundesregierung den Entwurf eines Änderungsgesetzes (18/12333) eingebracht. Die Deutsche Akkreditierungsstelle (DFAkkS) begutachtet, bestätigt und überwacht in gesetzlichem Auftrag als unabhängige Einrichtung die fachliche Kompetenz von sogenannten Konformitätsbewertungsstellen, das sind Laboratorien, Inspektions- und Zertifizierungsstellen. Die Dienstleistungen dieser Konformitätsbewertungsstellen werden in nahezu allen Bereichen der Wirtschaft und des Handesl benötigt. Das Spektrum der Kunden reicht von kleinen Laboratorien bis hin zu multinationalen Unternehmen. Mit einer Akkreditierung bestätigt die DAkkS, dass diese Stellen ihre Aufgaben fachkundig und nach geltenden Anforderungen erfüllen. Kurz: Die DAkkS prüft die Prüfer. Die Gesetzesänderung ist laut Bundesregierung erforderlich, weil die DAkkS erstmals eine Zuständigkeit zur Akkreditierung im Bereich des Finanzmarkts erhalten hat, für den das Bundesfinanzministerium zuständig ist. Daher müssten Bestimmungen des Akkreditierungsstellengesetzes im Hinblick auf die Besetzung und Organisation des Akkreditierungsbeirats geändert werden. Zum anderen soll der Akkreditierungsstelle die Möglichkeit eingeräumt werden, für künftig durchzuführende, nicht antragsgebundene, individuell zurechenbare öffentliche Leistungen Vorschüsse zu verlangen, um ihre laufende Liquidität zu sichern.
Aufgabenplan für EU-Grundrechte-Agentur: Einstimmig hat der Bundestag dem Mehrjahresrahmen für die Agentur der Europäischen Union für Grundrechte für den Zeitraum 2018 bis 2022 für den nächsten EU-Gipfel im Juni (18/12332) zugestimmt. Der Entscheidung lag eine Beschlussempfehlung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz (18/12609) zugrunde. Dieser Mehrjahresrahmen soll die thematischen Tätigkeitsbereiche festlegen, in denen die Agentur in diesem Zeitraum arbeiten wird. Einem entsprechenden Vorschlag will die Bundesregierung auf der Ratssitzung zustimmen. Das darf sie aber nach deutscher Verfassungslage nur, nachdem hierzu ein Gesetz in Kraft getreten ist.
Steuerabkommen mit Armenien: Der Bundestag hat das im Verhältnis zu Armenien immer noch anzuwendende Doppelbesteuerungsabkommen mit der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken aus dem Jahr 1981 durch ein neues Abkommen ersetzt. Die Bundesregierung hat den Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 29. Juni 2016 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Armenien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (18/11867) eingebracht. Die Vorlage wurde mit den Stimmen von CDU/CSU und SPD bei Enthaltung der Linken und Grünen verabschiedet. Doppelbesteuerungen würden ein erhebliches Hindernis für Handel und Investitionen darstellen, schreibt die Bundesregierung. Der Abstimmung lag eine Beschlussempfehlung des Finanzausschusses (18/12575) zugrunde.
Deponiesickerwasser: Der Bundestag hat beschlossen, dass Behandlungsanlagen für Deponiesickerwasser künftig unter die Vorgaben der Industrieemissionen-Richtlinie (IE-RL) fallen. Dafür plädierten CDU/CSU, SPD und Grüne bei Stimmenthaltung der Fraktion Die Linke. Ein entsprechender Gesetzentwurf der Bundesregierung (18/11946) sieht dazu Änderungen im Wasserhaushaltsgesetz sowie in der Industriekläranlagen-Zulassungs- und Überwachungsverordnung vor. Damit soll laut Bundesregierung eine Regelungslücke geschlossen werden. Betroffen sind nur Anlagen, die nicht von der eigentlichen Deponiezulassung umfasst sind. Zudem sind Änderung bei der „Eignungsfeststellung für Anlagen zum Lagern, Abfüllen oder Umschlagen wassergefährdender Stoffe“ vorgesehen. Konkret geht es dabei um die Umsetzung eines Urteils des Europäischen Gerichtshofes (C-100/13) zu europäisch harmonisierten Bauprodukten. Für diese wird es künftig keine „allgemeine bauaufsichtlichen Zulassungen mehr geben“. Der Abstimmung lag eine Beschlussempfehlung des Umweltausschusses (18/12573) zugrunde.
Chemikalienrecht: Die Abgeordneten haben der Änderung des Chemikaliengesetzes zugestimmt. Es soll an geänderte europarechtliche Rahmenbedingungen angepasst werden. Ein Gesetzentwurf der Bundesregierung (18/11949) sieht unter anderem Anpassungen an die CLP-Verordnung ((EG) Nr. 1272/2008) und die Biozid-Verordnung ((EU) Nr. 528/2012) vor. Der Entwurf wurde in geänderter Ausschussfassung mit den Stimmen von CDU/CSU, SPD und Grüne bei Enthaltung der Linken angenommen. Der Entwurf enthält zudem Folgeänderungen in weiteren Gesetzen. In Umsetzung der CLP-Verordnung soll laut Bundesregierung unter anderem die Gefährlichkeitsdefinition im Paragrafen 3a des Chemikaliengesetzes an die EU-Systematik angepasst werden. Zudem sind laut Entwurf Änderungen geboten, um die europaweit harmonisierten Giftinformationsvorschriften der CLP-Verordnung im deutschen Recht umzusetzen. Änderungsbedarf aufgrund der Biozid-Verordnung besteht laut Begründung, weil die Übergangsregelungen geändert worden sind. Bisher galten diese unmittelbar, nun können die Mitgliedstaaten den Übergang für bestimmte Produkte selbst gestalten. Der Abstimmung lag eine Beschlussempfehlung des Umweltausschusses (18/12582) zugrunde.
Polymerisationsanlagen im ETS: Der Bundestag hat beschlossen, dass rund 75 deutsche Polymerisationsanlagen ab dem Jahr 2018 in den europäischen Emissionshandel (ETS) einbezogen werden. Das wurde mit den Stimmen der CDU/CSU, SPD und Grünen bei Stimmenthaltung der Linken mit der Annahme eines Gesetzentwurfes der Bundesregierung (18/11844) in geänderter Ausschussfassung zur Änderung des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes beschlossen. Das Vorhaben geht laut Begründung auf eine „Verständigung“ mit der EU-Kommission zurück. Die Bundesrepublik hatte bezüglich der Frage, ob Polymerisationsanlagen in der dritten Handelsperiode (2013 bis 2020) unter den ETS fallen, die Auffassung vertreten, das dem nicht so ist. Die EU-Kommission sah das anders und strengte ein Vertragsverletzungsverfahren an. Die Verständigung sieht vor, dass die Anlagen ab 2018 unter den ETS fallen, nicht aber für die Jahre 2013 bis 2017. der Entscheidung lag eine Beschlussempfehlung des Umweltausschusses (18/12572) zugrunde.
Grenzüberschreitende Luftverunreinigungen: Der Bundestag hat der Ratifizierung des geänderten POP-Protokolls einstimmig zugestimmt. Einen entsprechenden Gesetzentwurf hatte die Bundesregierung (18/11843) vorgelegt. Das Protokoll bezieht sich auf weiträumig grenzüberschreitende Luftverunreinigungen durch persistente organische Schadstoffe (POP). Grundlage ist ein Übereinkommen von 1979. Die Änderungen des Protokolls zielen laut Bundesregierung unter anderem darauf, die Liste der unter das Protokoll fallenden POP zu aktualisieren und „den Beitritt zum Protokoll von Vertragsparteien im Übergang zur Marktwirtschaft in Südost- und Osteuropa, Kaukasien und Zentralasien zu vereinfachen“. Ebenfalls einstimmig ratifiziert wurde ein von der Bundesregierung vorgelegter Gesetzentwurf zur Ratifizierung der Änderungen am sogenannten Göteborg-Protokoll (18/11845). Das auch als Multikomponenten-Protokoll bezeichnete Regelwerk sieht laut Begründung in seiner geänderten Fassung unter anderem „Emissionsgrenzwerte für Kraftfahrzeuge, mobile Maschinen und Geräte und Anlagen fest“. Minderungsverpflichtungen für Schwefeldioxid, Stickstoffoxide, Ammoniak, flüchtige organische Verbindungen ohne Methan und Feinstaub sind ebenfalls vorgesehen. Diese Grenzwerte seien nicht „anspruchsvoller als die national oder europarechtlich verbindlichen Standards“, schreibt die Bundesregierung. Die Emissionsminderungsverpflichtungen „werden von Deutschland mit den bereits eingeleiteten Maßnahme eingehalten werden“. Das Protokoll basiert auf dem „Übereinkommen von 1979 über weiträumige grenzüberschreitende Luftverunreinigung betreffend die Verringerung von Versauerung, Eutrophierung und bodennahmen Ozon“. Darüber wurde das Schwermetall-Protokoll einstimmig ratifiziert. Dazu hatte die Bundesregierung einen entsprechenden Gesetzentwurf (18/11846) vorgelegt. Die Änderungen des Protokolls, das auf eine Übereinkunft von 1979 über weiträumige grenzüberschreitende Luftverunreinigung zurückgeht, aktualisieren laut Bundesregierung insbesondere „Regelungen zu Definitionen und Überwachungs- und Berichterstattungspflichten“. Ziel sei die „weitere Verringerung und Überwachung anthropogener Emissionen von Blei, Kadmium und Quecksilber in die Luft, um die menschliche Gesundheit und die Umwelt besser zu schützen“. Der Entscheidung über alle drei Ratifizierungen lag eine Beschlussempfehlung des Umweltausschusses (18/12569) zugrunde.
Teilfluorierte Kohlenwasserstoffe: Einstimmig hat der Bundestag der Ratifizierung zur schrittweisen Reduktion und langfristigen Vermeidung des Einsatzes von 17 teilfluorierten Kohlenwasserstoffen (HFKW) gemäß dem Montrealer Protokoll zugestimmt. Dazu hatte die Bundesregierung ein Gesetzentwurf (18/12048, 18/12480) vorgelegt. Ziel des Montrealer Protokolls von 1987 ist es, ozonschichtschädigende Stoffe zu eliminieren. HFKW sind Ersatzstoffe, die zwar nicht die Ozonschicht schädigen, aber laut Gesetzesbegründung ein „sehr hohes Treibhauspotenzial aufweisen“. Industrieländer sollen die Herstellung und den Einsatz von HFKW zwischen 2019 und 2036 begrenzen. Für Entwicklungsländer sind spätere Zeiträume vorgesehen. Der Entscheidung lagen eine Beschlussempfehlung des Umweltausschusses (18/12570) und ein Bericht des Haushaltsausschusses nach Paragraf 96 der Geschäftsordnung des Bundestages (18/12617) zugrunde.
Kampf gegen Zigarettenschmuggel: Der Bundestag hat der Ergreifung von Maßnahmen zur Bekämpfung des internationalen Zigarettenschmuggels beigepflichtet. Mit den Stimmen von CDU/CSU, SPD, Die Linke und Grüne wurde eine Gesetzentwurf der Bundesregierung zum „Protokoll zur Unterbindung des unerlaubten Handels mit Tabakerzeugnissen“ vom 12. November 2012 (18/11868) ratifiziert. Ziel ist die effiziente Überwachung der Lieferkette für Tabakerzeugnisse. Geplant ist laut dem Gesetzentwurf ein Lizenz- beziehungsweise Kontrollsystem sowie ein weltweites Verfolgungs- und Rückverfolgungssystem für Tabakprodukte. Das Protokoll regelt zudem Buchführungspflichten und die Verfolgung von Verstößen gegen Protokollbestimmungen. Die Bundeszollverwaltung hat den Angaben zufolge 2014 insgesamt 140 Millionen geschmuggelte Zigaretten in Deutschland sichergestellt. 2015 waren es 75 Millionen. Das Protokoll gewährleiste einen gemeinsamen Ansatz gegen den grenzüberschreitenden illegalen Handel mit Tabakwaren. Der Entscheidung lag eine Beschlussempfehlung des Gesundheitsausschusses (18/12605) zugrunde.
Bundeszentralregister: Die Abgeordneten haben den besseren Schutz der Allgemeinheit, unter anderem vor Straftätern, und einer Erhöhung des Datenschutzstandards zugestimmt. Mit dem Gesetzentwurf der Bundesregierung (18/11933) zur Änderung des Bundeszentralregistergesetzes soll zudem ein EU-Rahmenbeschluss von 2009 über den Austausch von Informationen aus dem Strafregister zwischen den Mitgliedstaaten endgültig umgesetzt werden. Für den Entwurfs in geänderter Fassung stimmten CDU/CSU und SPD bei Stimmenthaltung der Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen. Ein wesentlicher Punkt in dem umfangreichen Regelwerk betrifft die Ausstellung von Führungszeugnissen. Künftig sollen dies für Deutsche und andere EU-Bürger ausnahmslos Europäische Führungszeugnisse sein, in die auch alle Verurteilungen durch Gerichte anderer EU-Mitgliedstaaten eingetragen werden. Dadurch werde „verhindert, dass EU-Bürgerinnen und -Bürger, die innerhalb der Europäischen Union strafrechtlich in Erscheinung getreten sind, in der Bundesrepublik Deutschland ein eintragungsfreies Führungszeugnis erhalten können“, heißt es in der Begründung des Gesetzentwurfs. Dem Schutz der Allgemeinheit soll auch eine Änderung dienen, welche die Zulassung für freie Berufe wie Ärzte und Rechtsanwälte betrifft. Einer Eintragung wegen Unzuverlässigkeit, Ungeeignetheit oder Unwürdigkeit sollen Betroffene nicht mehr dadurch entgehen können, dass sie von sich aus auf die Zulassung verzichten. Dadurch soll verhindert werden, dass sie anschließend „unbelastet in einem anderen Bundesland die Neuerteilung einer Berufszulassung beantragen“ können, wie die Bundesregierung schreibt. Eine ähnliche Regelung soll auch für „waffenrechtliche Erlaubnisse“ getroffen werden. Der Abstimmung lag eine Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses (18/12592) zugrunde.
Teilhabeminimum: Der Bundestag hat einen Antrag der Fraktion Die Linke mit der Mehrheit von CDU/CSU, SPD und Grüne abgelehnt, der ein Verfahren zur Ermittlung des Existenz- und Teilhabeminimums (18/6589) einführen wollte. Die Bundesregierung sollte einen entsprechenden Gesetzentwurf vorlegen. „Die bisherige Praxis, dass die konkreten Verfahren in Kenntnis und zur Rechtfertigung eines im Vorfeld politisch gesetzten Ergebnisses festgelegt werden, muss für die Zukunft ausgeschlossen werden“, schreibt Die Linke. Darüber hinaus fordern sie, das Bildungs- und Teilhabepaket grundlegend umzugestalten. Regelmäßig anfallende Bedarfe sollen in die allgemeinen Regelbedarfe der Kinder- und Jugendlichen mit einbezogen werden. Die Absicherung aller Kinder und Jugendlichen soll zu einer Kindergrundsicherung weiterentwickelt werden. Der Abstimmung lag eine Beschlussempfehlung des Sozialausschusses (18/7110) zugrunde.
Basisschutz in Entwicklungsländern: Die Abgeordneten haben der Forderung der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD bei Enthaltung der Linken und Grünen zugestimmt, das sich die Bundesregierung stärker für den Auf- und Ausbau eines sozialen Basisschutzes in Entwicklungsländern (18/8862) einsetzen soll. Die Absicherung gegen Arbeitslosigkeit, Krankheit und Alter sei ein wesentlicher Baustein zur Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung in den Partnerländern, sagte ein Vertreter der Unionsfraktion. Wichtig sei es, soziale Sicherungssysteme dauerhaft in den staatlichen Strukturen zu implementieren. Der Entscheidung lag eine Beschlussempfehlung des Entwicklungsausschusses (18/11650) zugrunde.
EU-Bildungsprogramm Erasmus Plus I: Der Bundestag hat mit den Stimmen von CDU/CSU und SPD bei Enthaltung der Linken und Grünen der Erhöhung der Mittel für das EU-Förderprogramm Erasmus zugestimmt. Nach dem Willen der Koalitionsfraktionen soll das EU-Programm „Erasmus Plus“ für Studien- und Lernaufenthalte im Ausland mit einem höheren Gesamtetat ausgestattet werden, da in allen Programmbereichen den Förderquoten eine deutliche höhere Nachfrage gegenüberstehe. In dem entsprechen gemeinsamen Antrag von CDU/CSU und SPD (18/11726) fordern die Fraktionen zudem, dass die im Finanzrahmen 2014 bis 2020 vorgesehenen Mittel vor Zweckentfremdung gesichert werden müssen. Nach Angaben von Union und SPD wurde das Budget von „Erasmus Plus“ für den Zeitraum von 2014 bis 2020 gegenüber der Vorperiode um 40 Prozent auf 14,7 Milliarden Euro erhöht. Abgelehnt wurde mit den Stimmen von CDU/CSU und SPD bei Enthaltung der Linksfraktion ein Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zum „Erasmus Plus“-Programm (18/11737). Die Grünen fordern die Regierung auf, sich auf der EU-Ebene dafür einzusetzen, dass in allen Teilnehmerstaaten des Programms vor allem jene Menschen gefördert werden, die sich einen Lernaufenthalt im Ausland ohne die Förderung nicht leisten können. Zudem müsse mit einer Offensive endlich die „europäische Jugendgarantie“ umgesetzt werden, damit alle Jugendlichen in Europa spätestens vier Monate nach ihrem Schulabschluss einen Ausbildungs- oder Arbeitsplatz erhalten. Den Entscheidungen lag eine Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung (18/12539) zugrunde.
EU-Bildungsprogramm Erasmus Plus II: Die Abgeordneten haben einen Antrag der Fraktion Die Linke ab mit dem Titel „Erasmus+ stärken – Teilprogramme sichtbarer machen“ (18/12552) mit der Mehrheit von CDU/CSU und SPD bei Enthaltung der Grünen abgelehnt. Die Fraktion spricht sich darin entschieden für die Weiterführung und Aufwertung des Programms Erasmus+ aus und fordert die Bundesregierung auf, sich dafür einzusetzen, dass die Mittel für das Programm deutlich aufgestockt werden, damit eine bessere Bedarfsdeckung erreicht werden kann, und dass die Antragstellung deutlich erleichtert und für kleine Vereine und Verbände handhabbar wird.
Bundeseigene Großprojekte: Der Bundestag hat mit den Stimmen der Koalition gegen das Votum der Opposition einen Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (18/8402) abgelehnt, der Großprojekte künftig in geordneteren Bahnen abwickeln helfen sollte. Die Fraktion verweist unter anderem auf die negativen Erfahrungen mit der Hamburger Elbphilharmonie und dem Bau des Berliner Flughafens. Die Grünen fordern bei bundeseigenen Großprojekten daher, ein Programm zur Einhaltung des Zeit- und Kostenrahmens aufzulegen. Darunter sollen unter anderem Maßnahmen fallen, die Planung und Controlling „realistischer“ ausgestalten und die Verlässlichkeit rechtlicher Rahmenbedingungen stärken. Wichtig seien zudem „die konsequente Einhaltung des Wirtschaftlichkeitsprinzips“, was die Grünen mit einer Absage an ÖPP-Projekte (öffentlich-private Partnerschaften) verbinden, und „eine Stärkung der Schlüsselrolle der Bauverwaltung sowie Transparenz und Bürgerbeteiligung von Anfang an“. Der Abstimmung lag eine Beschlussempfehlung des Bauausschusses (18/12571) zugrunde.
Abstimmung über Petitionen: Die Abgeordneten des Bundestages haben die Sammelübersichten 440 bis 443 mit Petitionen angenommen, zu denen der Petitionsausschuss Beschlussempfehlungen vorgelegt hat (18/12388, 18/12389, 18/12390,18/12391).
Petition zu Verjährungsvorschriften bei Rentenbescheiden
Darunter befindet sich in der Sammelübersicht 442 eine Petition mit der Forderung nach einer Änderung der Verjährungsvorschriften des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch bei fehlerhaften Bescheiden seitens des zuständigen Rentenversicherungsträgers. Die Petentin führt zur Begründung ihres Anliegens an, das bei ihr im Zusammenhang mit der sogenannten „Mütterrente“ festgestellt worden sei, dass ihr wegen einer falschen Todeserklärung durch die zuständige Krankenkasse für ihren Sohn keine Kindererziehungszeiten angerechnet worden sind. Die sich durch die nachträgliche Anrechnung der Kindererziehungszeit ergebende Differenz zu ihrer bisherigen Rente sei ihr – der derzeitigen gesetzlichen Regelung entsprechend - rückwirkend nur für vier Jahre ausgezahlt worden.
Der Fall stellt sich laut der Begründung zur Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses so dar, dass die damalige Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (heute Deutsche Rentenversicherung Bund – DRV Bund) im maschinellen Datenaustausch die – nicht zutreffende - Meldung erhalten habe, dass der Sohn der Petentin als Säugling verstorben sei. Auf die Vorlage von Nachweisen würden die Rententräger in der Regel verzichten, wenn sie von Einwohnermeldeämtern oder Krankenkassen Sterbemitteilungen erhalten, die keinen unmittelbaren Leistungsanspruch auslösen, schreibt der Ausschuss.
Ausschuss beschließt Überweisung an Bundesregierung
Die Petentin wurde laut der Vorlage in drei Bescheiden (Erwerbsunfähigkeitsrente, Schwerbehindertenrente und Regelaltersrente) darüber unterrichtet, dass in ihrem Versicherungskonto lediglich zwei Monate mit Pflichtbeiträgen für Kindererziehungszeiten gespeichert waren. Keinen dieser Bescheide habe die Petentin beanstandet, schreibt der Petitionsausschuss. Erst als sie sich mit der Bitte um Überprüfung ihrer Rente im Zusammenhang mit der sogenannten „Mütterrente“ an die DRV Bund gewandt hatte, sei der Fehler im Datenabgleich aufgefallen.
Die Petentin beklagt nun, dass ihre Rente lediglich rückwirkend für vier Jahre neuberechnet worden sei und macht geltend, dass die frühere, nicht vollständige Berücksichtigung der Kindererziehungszeiten auf einem grob fahrlässigen Verhalten des Rentenversicherungsträgers beruhe. Der Petitionssauschuss kommt im Rahmen seiner parlamentarischen Prüfung zu dem Ergebnis, dass die Leistungsbegrenzung auf vier Jahre gesetzlich zwingend sei. Der Rentenversicherungsträger habe keinen Ermessensspielraum. Auf ein Verschulden des Sozialleistungsträgers komme es ebenfalls nicht an.
Die in der Sitzung des Petitionsausschusses am 17. Mai 2017 einstimmig verabschiedete Beschlussempfehlung sieht nun vor, die Petition der Bundesregierung – dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales – „als Material“ zu überweisen, „soweit sich die Petition auf folgenschwere Fehler der Sozialversicherungen bezieht“ und das Petitionsverfahren im Übrigen abzuschließen. Der Ausschuss hält laut der Begründung zur Beschlussempfehlung die zugrundeliegende Rechtslage zwar für sachgerecht und vermag sich nicht für eine Gesetzesänderung im Sinne der Petentin auszusprechen. Hinsichtlich des konkreten Falls sehen die Abgeordneten gleichwohl eine Veranlassung zum Tätigwerden.
Regionalkennzeichnung von Lebensmitteln: Im Anschluss hat der Bundestag ohne Aussprache einen Antrag von Bündnis 90/Die Grünen (18/9544) mit den Stimmen von CDU/CSU und SPD gegen das Votum der Linken und Grünen abgelehnt, der eine transparente Regionalkennzeichnung einführen und die regionale Produktion, Verarbeitung und Vermarktung von Lebensmitteln stärken sollte. Dazu lag eine Beschlussempfehlung des Ernährungsausschusses (18/11230) vor. Konkret wollen die Abgeordneten erreichen, dass der Mindestanteil regionaler Zutaten als Voraussetzung für die Vergabe eines Regionalfensters auf entsprechenden Produkten mindestens 70 Prozent beträgt. Darüber hinaus soll eine bundesweit gültige Positivkennzeichnung für regionale Lebensmittel eingeführt werden, die bei freiwilligen Angaben zur regionalen Herkunft zur Definition der selbstgewählten Angabe auf dem Etikett verpflichtet.
Weniger Tiertransporte: Ebenfalls auf Empfehlung des Ernährungsausschusses (18/11231) hat der Bundestag mit den Stimmen von CDU/CSU und SPD bei Enthaltung der Linksfraktion einen weiteren Antrag der Grünen (18/10251) abgelehnt, Tiertransporte zu reduzieren, zu beschränken und zu verbessern. Die Regierung solle sich EU-weit für eine Begrenzung der Transportzeit von Schlachttieren auf acht Stunden und für eine Überarbeitung der Transportverordnung einsetzen. Außerdem sollen regionale Schlachthöfe und mobile Schlachtunternehmen gefördert werden, um die Transportzeit auf maximal vier Stunden und die Entfernung auf maximal 200 Kilometer zu beschränken. Des Weiteren sollen lange Wartezeiten an den EU-Außengrenzen vermieden werden. Sollte dies nicht möglich sein, müssen Einrichtungen zur Verfügung stehen, um die Tiere abladen, füttern, tränken und melken zu können. Die Grünen fordern außerdem, dass die nationale Tierschutztransportverordnung geändert wird, um Verstöße bei Nichtbeachtung der Transportfähigkeit von Tieren entsprechend der alten Fassung der Verordnung mit Geldbußen bis 25.000 Euro zu ahnden.
Missstände beim Tierschutz: Abgelehnt wurde ferner mit den Stimmen von CDU/CSU und SPD bei Enthaltung der Linken ein Antrag der Grünen (18/9798), Missstände und Stillstand beim Tierschutz zu beenden und den gesellschaftlichen Konsens umzusetzen. Dazu lag eine Beschlussempfehlung des Ernährungsausschusses (18/11824) vor. Die Fraktion verlangt darin eine grundlegende Novellierung des Tierschutzgesetzes. Der Bund solle gemeinsam mit den Ländern und Kommunen auf effektivere Kontrollen hinarbeiten und „wirkungsvollere Sanktionen bei Tierschutzvergehen im Tierschutzgesetz verankern“. Darüber hinaus solle das Verbandsklagerecht für anerkannte Tierschutzorganisationen eingeführt werden. Dadurch könnte die Einhaltung von Tierschutzrechten gerichtlich einklagt werden. Die Kontrolle der für den Tierschutz zuständigen Behörden des Bundes solle zudem durch die Ernennung eines Bundesbeauftragten für den Tierschutz gewährleistet werden, der über Auskunfts- und Akteneinsichtsrechte verfügen müsse. Des Weiteren müsse eine Überprüfung der Haltung von Sauen in Kastenständen vorgenommen werden. Auch müssten die Betäubungsmethoden bei der Schlachtung von Schweinen verbessert und verbindliche Regelungen zur Schlachtung hochträchtiger Säugetiere im letzten Drittel der Trächtigkeit gefunden werden.
Gute Landwirtschaft: Abgelehnt wurde schließlich mit den Stimmen von CDU/CSU und SPD bei Enthaltung der Linken ein Antrag der Grünen (18/10872) mit dem Titel „Landwirtschaft braucht Zukunft - Gutes Essen braucht eine gute Landwirtschaft“. Auch dazu lag eine Beschlussempfehlung des Landwirtschaftsausschusses (18/12579) vor. Die Grünen fordern, den maximalen Satz von 15 Prozent von EU-Geldern für eine tiergerechte Haltung, mehr Ökolandbau, Umwelt-, Natur- und Klimaschutz sowie regionale Vermarktung umzuschichten. Des Weiteren verlangen sie unter anderem die Einführung einer Tierhaltungskennzeichnung entsprechend der „erfolgreichen Eierkennzeichnung“. Auf Fleisch und Milch solle erkennbar werden, unter welchen Bedingungen die Tiere gehalten wurden. „Verbrauchertäuschende Werbung und Produktaufmachung, die Bauernhof-Idylle vorgaukelt, wo industrielle Massentierhaltung drinsteckt, muss wirkungsvoll unterbunden werden“, heißt es in dem Antrag.
Sanktionen bei Rechtsverstößen von Unternehmen I: Der Bundestag hat mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen gegen das Votum der Linksfraktion und Bündnis 90/Die Grünen einen Antrag der Grünen (18/10255) abgelehnt, der ein Gesetz zur Verankerung verbindlicher menschenrechtlicher Sorgfaltspflichten fordert. Zur Abstimmung hatte der Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung eine Beschlussempfehlung vorgelegt (18/12209). Wie die Grünen schreiben, soll dieses Gesetz unter anderem eine fortlaufende, menschenrechtsbezogene Risikoanalyse, geeignete Präventionsmaßnahmen zur Verhinderung von Menschenrechtsverletzungen und Abhilfemaßnahmen bei Menschenrechtsverstößen festschreiben. Kriterien wie Bilanzssumme, Umsatzerlöse und Mitarbeiterzahl sollen berücksichtigt werden. Außerdem soll die Bundesregierung die Klagemöglichkeiten für Opfer von Menschenrechtsverletzungen, die von Unternehmen verursacht wurden, verbessern und kollektive Klagemöglichkeiten schaffen. Gegen Unternehmen soll sie bei Verstößen gegen menschenrechtliche Sorgfaltspflichten Sanktionsmöglickeiten verankern.
Sanktionen bei Rechtsverstößen von Unternehmen II: Die Einführung schmerzhafter Sanktionen für Unternehmen, die gegen Gesetze verstoßen, wurden mit den Stimmen von CDU/CSU und SPD bei Enthaltung von Die Linke gegen die Stimmen der Grünen abgelehnt. Das hatten die Grünen in einem Antrag (18/10038) gefordert, über den der Bundestag auf der Grundlage einer Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses (18/11783) ohne Aussprache abstimmt hat. Solche Rechtsverstöße könnten schwerwiegende Folgen haben, schreiben sie darin unter Verweis auf Skandale von Firmen „wie VW, Siemens, KiK oder Rheinmetall“. Nach dem deutschen Individualstrafrecht könnten aber nur konkrete Personen zur Rechenschaft gezogen werden. Die „Möglichkeit, Verantwortung insbesondere in großen Unternehmen gezielt zu verschleiern“, führe zusammen mit überlasteten Staatsanwaltschaften dazu, dass es „selten zu individuellen Schuldfeststellungen gegenüber einzelnen Wirtschaftsakteuren“ komme. Die Grünen fordern von der Regierung einen Gesetzentwurf, der „die bestehenden Regelungen zur Sanktionierung von Unternehmen und Verbänden in einem eigenständigen Gesetz zusammenfasst“ und um mehrere, im Antrag einzeln aufgeführte Tatbestände und Sanktionen ergänzt. Zudem solle das Gesetz eine Regelung enthalten, nach der „zukünftig widerlegbar vermutet wird, dass bei Straftaten, pflichtwidrigem Verhalten oder schwerwiegenden Ordnungswidrigkeiten aus Unternehmen heraus ein dortiges Organisationsverschulden vorliegt“. Dadurch sollen Sanktionen gegen das Unternehmen als solches statt gegen individuelle Mitarbeiter oder Führungskräfte verhängt werden können.
(hau/eis/vom/01.06.2017)