Überweisungen im vereinfachten Verfahren
Der Bundestag hat am Donnerstag, 9. März 2017, eine Reihe von Vorlagen ohne Aussprache in erster Lesung an die zuständigen Ausschüsse überwiesen.
Internationale Rechtshilfe in Strafsachen: Mit einem Gesetzentwurf (18/11140) will die Bundesregierung die innerstaatlichen Voraussetzungen für die Überstellung von Tatverdächtigen zwischen den EU-Staaten und den am Schengen-System teilnehmenden Staaten Norwegen und Island schaffen. Die Vorlage soll zur weiteren Beratung an den Rechtsausschuss überwiesen werden. Grundlage ist ein Übereinkommen vom 28. Juni 2006 zwischen der Europäischen Union einerseits sowie der Republik Island und dem Königreich Norwegen andererseits über das Übergabeverfahren. Mit der vorgeschlagenen „Änderung des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen“ werden „die Verpflichtungen aus dem Übereinkommen ins innerstaatliche Recht umgesetzt und das Auslieferungsverfahren mit den Schengen-assoziierten Staaten Island und Norwegen an das bereits eingeführte Verfahren gegenüber Mitgliedstaaten der Europäischen Union auf Grundlage des Europäischen Haftbefehls angeglichen“, schreibt die Bundesregierung.
Änderung des Bundesfernstraßengesetzes: Im Verkehrsausschuss weiterberaten werden soll ein Entwurf der Bundesregierung für ein siebtes Gesetz zur Änderung des Bundesfernstraßengesetzes (18/11236). Mit diesem Gesetz soll es dem Bund ermöglicht werden, sich finanziell am Bau von Radschnellwegen in fremder Baulast der Länder, Gemeinden und Gemeindeverbände durch die Gewährung von Finanzhilfen zu beteiligen.
Einheitliches Patentgericht: Mit dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zu dem Protokoll vom 29. Juni 2016 über die Vorrechte und Immunitäten des Einheitlichen Patentgerichts (18/11238 neu) soll sich ausschließlich der Rechtsausschuss befassen. Das Einheitliche Patentgericht mit einer Zentralkammer in Paris und Abteilungen in London und München sowie weiteren Lokal- und Regionalkammern soll Streitigkeiten über europäische Patente und europäische Patente mit einheitlicher Wirkung regeln. Dem Einheitlichen Patentgericht, einer neuen internationalen Organisation mit Völkerrechtspersönlichkeit, und seinen Mitarbeitern (Richterinnen und Richtern, der Kanzlerin oder dem Kanzler, der Hilfskanzlerin oder dem Hilfskanzler sowie den Bediensteten) sollen mit dem Protokoll im üblichen Rahmen Vorrechte und Befreiungen eingeräumt werden.
Schutz vor ionisierender Strahlung: Ebenfalls an den Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit überwiesen werden soll der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Neuordnung des Rechts zum Schutz vor der schädlichen Wirkung ionisierender Strahlung (18/11241). Doppelregelungen, die bisher in der Strahlenschutzverordnung und der Röntgenverordnung enthalten sind, sollen durch Zusammenführung in das Strahlenschutzgesetz entfallen. Durch den Wegfall der Aufteilung der – weitgehend identischen – Regelungen zwischen Strahlenschutzverordnung und Röntgenverordnung erwartet die Bundesregierung, dass es künftig deutlich weniger Fälle geben wird, in denen für einen Betreiber mehrere Behörden für den Strahlenschutz zuständig sind. Sachverhalte, für die bisher zwei getrennte Verwaltungswege beschritten werden mussten (Anzeige des Betriebs einer Röntgeneinrichtung verbunden mit dem Antrag auf Genehmigung des Umgangs mit radioaktiven Stoffen), sollen nun in einem Verwaltungsverfahren zugelassen werden können. Im Zusammenhang mit der medizinischen Forschung will die Regierung zudem ein elektronisches Anzeigeverfahren und die Möglichkeit einer gemeinsamen Stellungnahme der Ethikkommission nach Arzneimittel-, Medizinprodukte- und Strahlenschutzgesetz einführen.
Erstellung gesamtwirtschaftlicher Vorausschätzungen: Die Erstellung gesamtwirtschaftlicher Vorausschätzungen der Bundesregierung soll in Zukunft von einer unabhängigen Einrichtung überprüft werden. Dieses Ziel verfolgt die Regierung mit ihrem Gesetzentwurf zur Erstellung gesamtwirtschaftlicher Vorausschätzungen (18/11257). Der auch als Vorausschätzungsgesetz bezeichnete Entwurf betrifft die regelmäßig erstellten Jahresprojektionen sowie die Frühjahrs- und Herbstprojektionen. Diese Vorausschätzungen sind Grundlage der Haushalts- und Finanzplanung. Mit dem Gesetz soll das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie ermächtigt werden, in einer Rechtsverordnung die unabhängige Einrichtung zu benennen, falls erforderlich ihre Zusammensetzung zu regeln und Einzelheiten des Überprüfungsverfahrens festzulegen. Federführend soll die Vorlage im Wirtschaftsausschuss weiterberaten werden.
Seilbahndurchführungsgesetz: Hinter dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Durchführung der Verordnung (EU) 2016/424 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2016 über Seilbahnen und zur Aufhebung der Richtlinie 2000/9/EG verbirgt sich ein sogenanntes Seilbahndurchführungsgesetz (18/11258). Es soll federführend im Verkehrsausschuss beraten werden. Die in der EU-Verordnung vorgesehenen „Konformitätsbewertungsverfahren für Seilbahnprodukte“ sehen im Rahmen der Qualitätssicherung die Verpflichtung der Hersteller vor, die notwendigen technischen oder formalen Produktprüfungen durch von ihnen unabhängige Drittstellen („notifizierte Stellen“) durchführen zu lassen. Diese Stellen müssen von einer nationalen Behörde („notifizierende Behörde“) überwacht werden. Aufgrund dieses Gesetzes kann das Bundesverkehrsministerium die Aufgaben der notifizierenden Behörde an eine Landesbehörde übertragen.
Änderung des Atomgesetzes: Der Entwurf der Bundesregierung für ein 15. Gesetz zur Änderung des Atomgesetzes (18/11276) soll federführend im Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit beraten werden. Die Änderungen des Gesetzentwurfs betreffen erweiterte Pflichten des Genehmigungsinhabers einer kerntechnischen Anlage nach Paragraf 7c des Atomgesetzes, die Veröffentlichung von bestimmten Mindestinformationen für den Bereich der nuklearen Sicherheit nach Paragraf 24a des Atomgesetzes sowie die Einführung von themenbezogenen technischen Selbstbewertungen und deren internationaler Überprüfung durch Mitgliedstaaten der Europäischen Union (Peer Reviews) nach Paragraf 24b des Atomgesetzes.
Schienenlärmschutzgesetz: Der Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur soll sich federführend mit dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Verbot des Betriebs lauter Güterwagen (18/11287) befassen. Eine wesentliche Ursache für die Schallemission im Schienengüterverkehr ist laut Regierung die Ausrüstung der Güterwagen mit Grauguss-Bremssohlen. Diese rauten beim Bremsen die Radlaufflächen der Räder auf. Durch raue Radlaufflächen entstehe im Betrieb mehr Schall als bei glatten Radlaufflächen, schreibt die Bundesregierung. Raue Radlaufflächen verriffelten zudem die im Neuzustand glatten Laufflächen der Schienen. Raue Radlaufflächen und Riffeln auf den Laufflächen der Schienen verstärkten gegenseitig die beim Abrollen des Rades entstehende Schallemission. Die beim Betrieb von Güterwagen unvermeidlich entstehende Schallemission solle auf den Wert reduziert werden, der sich beim durchgängigen Einsatz von Eisenbahnfahrzeugen ergäbe, die dem derzeitigen Stand der Technik und den derzeitigen Kriterien für die Inbetriebnahme entsprechen. Der Verzicht auf die bisher üblichen Grauguss-Bremssohlen und deren Ersatz durch lärmmindernde Technologien, etwa durch Verbundstoff-Bremssohlen in Form der LL-Bremssohle, würde zu einer deutlichen Lärmminderung führen, heißt es weiter. Der Bund fördere daher die Umrüstung vorhandener Güterwagen auf eine zugelassene lärmmindernde Technik. Weitere Anreize würden durch ein lärmabhängiges Trassenpreissystem der Deutsche Bahn Netz AG für den größten Teil der in Deutschland betriebenen Schienenwege gesetzt. Der Gesetzentwurf sieht vor, ab dem 13. Dezember 2020 grundsätzlich den Betrieb lauter Güterwagen mit Grauguss-Bremssohlen zu verbieten.
Neuordnung der Eisenbahnunfalluntersuchung: Federführend im Verkehrsausschuss beraten werden soll der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Neuordnung der Eisenbahnunfalluntersuchung (18/11288). Eine Organisationsuntersuchung im Jahr 2015 hat nach Angaben der Regierung gezeigt, dass es sinnvoller sei, die Eisenbahnunfalluntersuchung des Bundes einer selbstständigen Behörde zu übertragen. Bisher ist die Leitung der Eisenbahn-Unfalluntersuchungsstelle des Bundes (EUB) im Verkehrsministerium verankert, als operative Stelle fungiert die Untersuchungszentrale beim Eisenbahn-Bundesamt (EBA). Mit dem vorliegenden Gesetz will die Regierung die gesetzlich erforderlich Grundlagen für diese Neuordnung schaffen.
Meldungen für Schiffe im Seeverkehr: Der Verkehrsausschuss wird sich federführend mit dem Gesetzentwurf der Bundesregierung über das Verfahren für die elektronische Abgabe von Meldungen für Schiffe im Seeverkehr über das Zentrale Meldeportal des Bundes und zur Änderung des IGV-Durchführungsgesetzes befassen (18/11292; IGV steht für internationale Gesundheitsvorschriften). Bisher wurden Meldungen in der Seeschifffahrt an mehrere Behörden einzeln gemeldet. Es existiert lediglich bereits die Möglichkeit, entweder über die Hafeninformationssysteme der Länder oder über das Zentrale Meldesystem für Gefahrgut im Seeverkehr gebündelte Meldungen abzugeben, worüber aber nicht alle Meldungen erfasst werden konnten. Aufgrund von EU-Vorgaben muss in Deutschland ein System zur Verfügung gestellt werden, das alle Meldungen entgegennimmt und an die zuständigen datenverarbeitenden Stellen weiterleitet. Dieses neue System hat am 27. Mai 2015 seinen Wirkbetrieb aufgenommen. Die Meldungen werden über eine Eingangsschnittstelle, das Zentrale Meldeportal, abgegeben und von dort automatisiert an die verschiedenen Empfängerbehörden durchgeleitet. Diese Empfängerbehörden sind Bundes-, aber auch Landesbehörden. Für den Wirkbetrieb des neuen Systems sind aber zusätzliche rechtliche Regelungen notwendig, da die rechtliche Grundlage für die Datenweiterleitung geschaffen werden muss. Das Gesetz soll das Verfahren der elektronischen Abgabe von Meldungen für Schiffe beim Einlaufen in, Aufenthalt in und/oder Auslaufen aus deutschen Gewässern oder Seehäfen sowie beim Befahren des Nord-Ostsee-Kanals über das Zentrale Meldeportal allgemein regeln.
Neustrukturierung des Bundeskriminalamtgesetzes: Federführend im Innenausschuss weiterberaten werden soll der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Neustrukturierung des Bundeskriminalamtgesetzes (18/11326). Einen von CDU/CSU und SPD eingebrachten wortgleichen Gesetzentwurf (18/11163) hat der Bundestag bereits am 17. Februar in erster Lesung beraten. Als Ziele des Gesetzentwurfs nennt die Bundesregierung die Stärkung des Datenschutzes, die Verbesserung des Informationsflusses zwischen den Polizeibehörden in Europa und die Modernisierung des Bundeskriminalamtes als Zentralstelle, unter anderem nach dem Vorbild von Europol.
Grüne fordern Genmais-Verbot: Zur weiteren Beratung an den federführenden Landwirtschaftsausschuss überwies der Bundestag einen Antrag von Bündnis 90/Die Grünen (18/11415), der sich auf die Entwürfe für eine Durchführungsverordnung und zwei Durchführungsbeschlüsse der EU-Kommission über das Inverkehrbringen von Saatgut zum Anbau der gentechnisch veränderten Maislinien MON 810, 1507 und Bt11 bezieht (Ratsdokumente 10702/2016, 10703/2016, 10704/2016). Die Fraktion will, dass sich die Bundesregierung in Brüssel dafür einsetzt, dass die genannten gentechnisch veränderten Maislinien für den Anbau in der EU nicht zugelassen werden. Während die Grünen ihren Antrag direkt abstimmen lassen wollten, setzte sich die Koalitionsmehrheit mit ihrem Wunsch nach Überweisung durch. Steffi Lemke, Parlamentarische Geschäftsführerin von Bündnis 90/Die Grünen, beklagte, dass mit dieser Entscheidung Oppositionsrechte beschnitten würden. Hintergrund sei, dass die Bundesregierung sich in Brüssel in dieser Sache bisher enthalten habe, weil Landwirtschaftsminister Schmidt (CSU) den Genmais-Anbau zulassen und Umweltministerin Hendricks (SPD) ihn verhindern wolle. Am 27. März tage der Berufungsausschuss in Brüssel. Das Europaparlament habe sich für ein Verbot des Anbaus ausgesprochen, sagte Lemke. Elvira Drobinski-Weiß (SPD) räumte diesen Sachverhalt ein, berief sich beim Abstimmungsverhalten ihrer Fraktion aber auf die Koalition mit der Unionsfraktion. Die deutsche Enthaltung habe immerhin verhindert, dass die Maislinien in Brüssel zugelassen wurden. (vom/09.03.2017)