Regierung will bei Pauschalreisen nachbessern
Die Bundesregierung will sich bei der Umsetzung einer EU-Richtlinie über Pauschalreisen für weitere Verbesserungen einsetzen. Das sagte der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, Ulrich Kelber (SPD), am Montag, 6. März 2017, während einer öffentlichen Sitzung des Petitionsausschusses unter Vorsitz von Kersten Steinke (Die Linke).
Die Bundesregierung sei derzeit bei „Umsetzungs-Workshops“sehr aktiv. Man spreche dabei einzelne Punkte aus der Richtlinie an und mache deutlich, dass diese „in der Umsetzung schwierig sind“, sagte Kelber. Grundsätzlich müsse aber festgestellt werden, dass die Umsetzung der Richtlinie zu einer Erhöhung des Verbraucherschutzes führe, befand er.
Petentin: Verbraucher werden deutlich schlechter gestellt
Das bewertete die Petentin Marija Linnhoff, Reisebürobesitzerin in Iserlohn, anders. Verbraucher würden durch den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Umsetzung der Richtlinie über Pauschalreisen und verbundene Reiseleistungen (18/10822) deutlich schlechter gestellt als in der bisherigen Regelung, heißt es in ihrer Petition. Nach der neuen Richtlinie könne bis zu 20 Tage vor Reiseantritt ein Mehrpreis von bis zu acht Prozent für gestiegene Kerosinkosten, geänderte Wechselkurse und Ähnliches berechnet werden, wobei der Reiseveranstalter nicht beweisen müsse, dass die Kosten tatsächlich gestiegen sind, kritisiert die Petentin in der Vorlage.
Die Richtlinie berge aber auch die Gefahr inakzeptabler Haftungsrisiken bei der Vermittlung verbundener Reiseleistungen in sich, sagte Linnhoff vor den Abgeordneten. Bei verbundenen Reiseleistungen - also beispielsweise der Buchung von Flug, Hotel und Veranstaltung verschiedener Anbieter in einem Reisebüro - würden Reisebüros in die möglicherweise sehr teure Veranstalterhaftung rutschen, obwohl sie lediglich Reisemittler seien, sagte sie. „Der Reisemittlerstand wird zerstört“, betonte die Petentin. Aber auch Touristeninformationen oder Hoteliers seien in ihrer Existenz gefährdet. In Brüssel, so Linnhoffs Einschätzung, sei nicht verstanden worden, „was der Unterschied zwischen einem Reiseveranstalter und einem Reisemittler ist“. Von Bundestag und Bundesregierung fordere sie nun den „Mut“, die geforderte Umsetzung nicht zu vollziehen.
Kelber: EU-Vertragsverletzungsverfahren droht
Laut Staatssekretär Kelber würde dies zu einem Vertragsverletzungsverfahren seitens der EU-Kommission gegen Deutschland führen - verbunden mit einem Strafgeld in Höhe von pauschal 11,7 Millionen Euro und einem Tagesgeld bis zu 800.000 Euro. Außerdem könnten Verbraucher, die sich auf einzelne Regelungen der gültigen Richtlinie berufen würden, Deutschland für die nicht stattgefundene rechtliche Absicherung haftbar machen.
Kelber sagte weiter, man wolle stattdessen einzelne Punkte nachbessern. So etwa bei der Frage, ob es bei der Betrachtung einzelner Leistungen bleiben kann, auch wenn es am Ende eine gemeinsame Zahlung gegeben hat. Deutschland sei das einzige Land, das dieses Thema angesprochen habe, so der Staatssekretär. „Wir bekommen aber zunehmend Unterstützung aus anderen Mitgliedstaaten und positive Signale der Kommission“, sagte Kelber. Man hoffe daher, „im Gesetzgebungsverfahren entsprechende positive Umformulierungen anbieten zu können“.
Ausweitung der Gewährleistung
Kelber teilte nicht die Kritik der Petentin an der Ausweitung der Regressmöglichkeit von vier Wochen auf 24 Monate. Nach Ansicht Linnhoffs sei dies „weit weg von der Realität“. Niemand könne mehr nachvollziehen, wie die Umstände um eine derartig weit zurückliegende Beschwerde gewesen seien, sagte sie.
Kelber bewertete die Regelung hingegen als Stärkung des Verbraucherschutzes. Künftig gebe es damit zwei Ansprechpartner für unzufriedene Kunden. Im Übrigen sei das Reisebüro durch die Neuregelung nicht automatisch haftend. „Es ist nur eine Stelle zum Vortragen“, betonte der Staatssekretär. Mit der Ausweitung der Gewährleistung auf zwei Jahre erfolge außerdem eine Anpassung an die Frist, die in den allermeisten Bereichen schon gelte, was gut für Verbraucher sei, die schließlich „keine Experten für einzelne Branchen sind“. (hau/06.03.2017)