Opposition rügt Schwesigs Entwurf zu transparenten Entgeltstrukturen
Arbeitgeber mit mehr als 200 Beschäftigten sollen zukünftig ihren Angestellten mitteilen müssen, nach welchen Kriterien sie wie bezahlt werden. Dies sieht der Gesetzentwurf der Bundesregierung (18/11133) für mehr Transparenz und Lohngerechtigkeit vor, über den der Bundestag am Donnerstag, 16. Februar 2017, in erster Lesung beriet. Zudem sollen Betriebe mit mehr als 500 Beschäftigten verpflichtet werden, regelmäßig ihre Entgeltstrukturen auf die Einhaltung der Lohngleichheit von Männern und Frauen zu überprüfen und entsprechende Berichte vorzulegen, die frei einsehbar sind.
Ministerin: Gleichstellung von Frauen ein Grundrecht
Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes verdienen Frauen gegenüber Männern bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit und Qualifikation noch immer sieben Prozent weniger. Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) sagte, die Gleichstellung von Frauen sei „kein Genderquatsch“, wie von Rechtspopulisten behauptet, sondern ein Grundrecht.
Die Politik habe den im Grundgesetz formulierten Auftrag, diese Gleichstellung aktiv zu fördern. Dazu gehöre auch, für mehr Transparenz bei den Löhnen zu sorgen. Erst dann könnten Frauen auch bessere Lohnabschlüsse aushandeln.
Linke bezweifelt Verbesserungen für berufstätige Frauen
Oppositionsfraktionen übten scharfe Kritik an der Gesetzesvorlage und bezweifelten, dass sie Verbesserungen für berufstätige Frauen bringe. Cornelia Möhring (Die Linke) monierte, dass das Auskunftsrecht erst für Betriebe ab 200 Beschäftigten gelten soll. Die meisten Frauen würden aber in kleineren Betrieben arbeiten. „Diese Frauen lassen sie im Regen stehen“, sagte Möhring.
Sie bemängelte zudem, dass die Verfahren zur Überprüfung der Entgeltstrukturen auf Lohnungleichheit durch die Arbeitgeber frei gewählt werden dürften und nicht zertifiziert sein müssten. Es wäre besser, wenn der Bundestag das Gesetz nicht verabschiede, denn es nehme den jahrelangen Bemühungen und Kampagnen für mehr Lohngerechtigkeit den Wind aus den Segeln, sagte Möhring.
Grüne fordern ein Verbandsklagerecht
In diesem Sinne argumentierte auch Katja Dörner (Bündnis 90/Die Grünen). Der Union warf sie vor, den ursprünglichen Referentenentwurf aus dem Familienministerium in den Verhandlungen mit der SPD weichgespült zu haben.
Transparenz über die Lohnstrukturen allein reiche nicht aus, den Frauen müsse es auch ermöglicht werden, gegen Lohnungerechtigkeiten vorgehen zu können. Deshalb müsse ein Verbandsklagerecht eingeführt werden. Von der Möglichkeit einer Individualklage würden die betroffenen Frauen kaum Gebrauch machen, argumentierte Dörner.
CDU/CSU: Keine Entgeltgleichheit „per Knopfdruck“
Innerhalb der Koalition wird die Gesetzesvorlage unterschiedlich beurteilt. Entgeltgleichheit werde sich nicht per Gesetz, „per Knopfdruck“, herbeiführen lassen, sagte Nadine Schön (CDU/CSU). Die Gründe für die Lohnunterschiede von Frauen und Männern seien sehr unterschiedlich.
Trotzdem sei das Gesetz richtig. Es sei ein „Skandal“, dass Frauen für die gleiche Arbeit noch immer schlechter bezahlt werden. Verboten sei diese Form der Diskriminierung allerdings schon jetzt, sagte Schön.
SPD will Auskunftsrecht für alle Beschäftigten
Dr. Carola Reimann (SPD) räumte ein, dass ihre Fraktion für ein Auskunftsrecht für alle Beschäftigten und nicht erst ab einer Betriebsgröße von 200 Angestellten eintrete.
Ohne Ministerin Schwesig hätte es das Gesetz aber gar nicht gegeben, sagte Reimann mit Blick in die Unionsfraktion. In jedem Fall aber müsse Schluss gemacht werden mit der Geheimniskrämerei bei den Löhnen auf dem Rücken der Frauen. Der Gesetzentwurf wurde zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend überwiesen. (aw/16.02.2017)