Der Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen (18/10631) zur Zukunft der Sozialkassen im Baugewerbe wird von einer Mehrheit von Sachverständigen begrüßt und als notwendig erachtet. Das ist das Ergebnis einer Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales unter Vorsitz von Jutta Eckenbach (CDU/CSU) am Montag, 23. Januar 2017. Mit dem Gesetzentwurf reagieren die Fraktionen auf ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 21. September 2016, in dem die Wirksamkeit von Allgemeinverbindlicherklärungen des Tarifvertrags über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe für ungültig erklärt worden war.
Rechtsgrundlage für Sozialkassenverfahren im Baugewerbe
Diese vom BAG erkannte Unwirksamkeit sei geeignet, den weiteren Bestand der Sozialkassen zu gefährden und damit Nachteile sowohl für Betriebe als auch Beschäftigte mit sich zu bringen. Denn die Kassen müssten damit rechnen, mit hohen Beitragsrückzahlungen konfrontiert zu werden, schreiben die Koalitionsfraktionen. Um dies abzuwenden, sollen die bislang stets nach Paragraf fünf des Tarifvertragsgesetzes (TVG) für allgemeinverbindlich erklärten Tarifverträge, die dem Sozialkassenverfahren zugrunde liegen, beginnend mit dem 1. Januar 2006 „kraft Gesetzes mittels statischer Verweisung für alle Arbeitgeber verbindlich angeordnet werden“.
Das Gesetz schaffe damit eine eigenständige Rechtsgrundlage für die Sozialkassenverfahren im Baugewerbe, so die Bundesregierung. Die Kassen könnten ausstehende Beiträge wieder einziehen, die Risiken aufgrund ausstehender Rückforderungsansprüche könnten abgewendet werden, heißt es im Entwurf. Das Gesetz soll einen Rechtsgrund für das Behaltendürfen der eingezogenen Beiträge im Sinne der Paragrafen 812 und folgende des Bürgerlichen Gesetzbuches schaffen.
„Nachteile für die Bauwirtschaft vermeiden“
Der Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB) sprach sich in seiner Stellungnahme für eine rasche Verabschiedung des Entwurfs aus, um „schwerwiegende Nachteile für die Bauwirtschaft und die Arbeitgeber und Arbeitnehmer dieser Branche zu vermeiden“.
Prof. Dr. Dr. h.c. Ulrich Preis, Dekan der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität zu Köln, bezeichnete den Entwurf in seiner Stellungnahme als „verfassungsrechtlich geboten, weil eine seit Jahrzehnten gelebte Praxis der Allgemeinverbindlicherklärung durch eine nicht vorhersehbare Rechtsprechung des BAG die soziale Institution der Gemeinsamen Einrichtungen der Sozialpartner des Baugewerbes gefährdet“.
„Rechtsunsicherheit schnellstmöglich beseitigen“
Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) begrüßte den Gesetzentwurf und betonte die bedeutende Rolle der Sozialkassen. Der Entwurf gewährleiste „die umfassende Sicherung der individuellen Ansprüche von Millionen Bauleuten, die ansonsten massiv gefährdet wären“. Die derzeitige Rechtsunsicherheit müsse schnellstmöglich beseitigt werden, so der DGB.
Deutlich kritisiert wurde der Plan der Koalitionsfraktionen dagegen vom Zentralverband der Deutschen Elektro- und Informationstechnischen Handwerke. Der Gesetzentwurf sei überflüssig und diene den Tarifvertragsparteien des Baus dazu, sich auch künftig den Zugriff auf anderweitig tarifgebundene Mitgliedsunternehmen der handwerklichen Ausbaugewerke zu sichern, so der Verband in seiner Stellungnahme. (che/23.01.2017)
Liste der geladenen Sachverständigen
- Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA)
- Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin)
- Zentralverband des Deutschen Baugewerbes e. V. (ZdB)
- Zentralverband der Deutschen Elektro- und Informationstechnischen Handwerke (ZVEH)
- Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB)
- Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG Bau)
- Dr. Thomas Möller
- Prof. Dr. Frank Bayreuther
- Prof. Dr. Dr. h.c. Ulrich Preis
- Gregor Asshoff
- Thomas Berger
- Dr. Thomas Klein