10.09.2024 | Dokumente

Tagesaktuelles Plenarprotokoll 20/183

 

**** NACH § 117 GOBT AUTORISIERTE FASSUNG ****

*** bis 12.55 Uhr *** 

 

Deutscher Bundestag

 

183. Sitzung

Berlin, Dienstag, den 10. September 2024

Beginn: 12.00 Uhr

 

Präsidentin Bärbel Bas: 

Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich wünsche Ihnen allen einen schönen Tag. Die Sitzung ist eröffnet.

Bevor wir beginnen, begrüße ich vier neue Kollegen in unserer Mitte: Für die ausgeschiedene Abgeordnete Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann hat der Kollege Fabian Griewel die Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag erworben.

(Beifall)

Als Nachfolger des Abgeordneten Dr. Marc Jongen begrüße ich den Kollegen Volker Münz.

(Beifall)

Für den ausgeschiedenen Abgeordneten Petr Bystron hat der Kollege Manfred Schiller die Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag erworben.

(Beifall)

Und schließlich folgt auf den Abgeordneten Michael Theurer als Nachfolger der Kollege Julian Grünke.

(Beifall)

Ihnen allen: Herzlich willkommen und auf gute Zusammenarbeit!

Außerdem möchte ich einige nachträgliche Gratulationen aussprechen - nach der Sommerpause sind das erfahrungsgemäß ein paar mehr -: Ich gratuliere nachträglich ganz herzlich dem Kollegen Max Straubinger zum 70. Geburtstag,

(Beifall)

dem Kollegen Udo Schiefner zum 65. Geburtstag

(Beifall)

und dem Kollegen Dr. Harald Weyel ebenfalls zum 65. Geburtstag.

(Beifall)

Jetzt folgt eine etwas längere Liste, weil wir viele Kolleginnen und Kollegen hatten, die 60 geworden sind. Denen gratuliere ich natürlich ebenfalls im Namen des ganzen Hauses nachträglich sehr herzlich. Das sind der Kollege Mike Moncsek,

(Beifall)

der Kollege Harald Ebner,

(Beifall)

der Kollege Thomas Heilmann,

(Beifall)

der Kollege Detlef Müller,

(Beifall)

der Kollege Michael Sacher,

(Beifall)

der Kollege Michael Thews

(Beifall)

sowie die Kollegin Antje Tillmann.

Und schließlich gehen nachträgliche Glückwünsche an den Kollegen Thomas Erndl zum 50.

Jetzt komme ich zur Tagesordnung. Interfraktionell ist vereinbart worden, die Tagesordnung um die in der Zusatzpunkteliste aufgeführten Punkte zu erweitern:

 

ZP 1

 

Erste Beratung des von den Fraktionen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verbesserung der inneren Sicherheit und des Asylsystems

Drucksache 20/12805

Überweisungsvorschlag:

Ausschuss für Inneres und Heimat (f)

Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft

Ausschuss für Arbeit und Soziales

 

 

ZP 2

 

Erste Beratung des von den Fraktionen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verbesserung der Terrorismusbekämpfung

Drucksache 20/12806

Überweisungsvorschlag:

Ausschuss für Inneres und Heimat (f)

Rechtsausschuss

Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

Ausschuss für Digitales

Haushaltsausschuss

 

 

ZP 3

 

Erste Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Begrenzung des illegalen Zustroms von Drittstaatsangehörigen nach Deutschland (Zustrombegrenzungsgesetz)

Drucksache 20/12804

Überweisungsvorschlag:

Ausschuss für Inneres und Heimat (f)

Auswärtiger Ausschuss

Rechtsausschuss

 

 

ZP 4

 

Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Gottfried Curio, Dr. Christian Wirth, Martin Hess, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der AfD

Kehrtwende in der Migrationspolitik jetzt einleiten – Maßnahmen zur sofortigen Beendigung der illegalen Einwanderungsströme treffen

Drucksache 20/12802

Überweisungsvorschlag:

Ausschuss für Inneres und Heimat (f)

Rechtsausschuss

Ausschuss für Arbeit und Soziales

Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

 

 

ZP 5

 

Weitere Überweisung im vereinfachten Verfahren

(Ergänzung zu TOP 4)

 

 

 

 

a)

Erste Beratung des von den Fraktionen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Korrektur schwebender Änderungen im Passgesetz, im Personalausweisgesetz und im eID-Karte-Gesetz

Drucksache 20/12807

t

 

 

Überweisungsvorschlag:

Ausschuss für Inneres und Heimat

 

 

 

b)

Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Bernd Baumann, Dr. Gottfried Curio, Martin Hess, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der AfD

Islamistisches Bedrohungspotential erforschen – Wiedereinsetzung des Expertenkreis Politischer Islamismus dringend notwendig

Drucksache 20/12803

 

 

 

Überweisungsvorschlag:

Ausschuss für Inneres und Heimat (f)

Ausschuss für Kultur und Medien

 

 

 

ZP 6

 

Abschließende Beratungen ohne Aussprache

(Aufruf Donnerstag nach TOP 4)

 

 

 

a)

Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Auswärtigen Ausschusses (3. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordneten Petr Bystron, Markus Frohnmaier, Tino Chrupalla, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der AfD

Stabilität und Sicherheit für den Westbalkan

Drucksachen 20/7196, 20/8436

 

 

 

b)

Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Inneres und Heimat (4. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordneten Petr Bystron, Matthias Moosdorf, Tino Chrupalla, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der AfD

Grenzschutzzäune gemeinsam finanzieren – Gemeinsam gegen illegale Einwanderung vorgehen

Drucksachen 20/6717, 20/6934

 

 

 

c)

Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Inneres und Heimat (4. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordneten Petr Bystron, Markus Frohnmaier, Stefan Keuter, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der AfD

Schleuserkriminalität bekämpfen und profitorientierten sowie weltanschaulich motivierten Schleusungsorganisationen entschlossen entgegentreten – Das Mittelmeer darf kein Massengrab werden

Drucksachen 20/8873, 20/10805

 

 

 

d)

Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Gesundheit (14. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordneten Martin Sichert, Jörg Schneider, Dr. Christina Baum, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der AfD

Überlebenschancen von Dialysepatienten verbessern – Cross-over-Lebendspende als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung erlauben

Drucksachen 20/4565, 20/6848

 

 

 

ZP 7

 

Wahlvorschlag der Fraktion der AfD

Wahl eines Stellvertreters der Präsidentin

Drucksache 20/12203

 

 

 

ZP 8

 

Wahlvorschlag der Fraktion der AfD

Wahl eines Mitglieds des Parlamentarischen Kontrollgremiums gemäß Artikel 45d des Grundgesetzes

Drucksache 20/12204

 

 

Von der Frist für den Beginn der Beratungen soll, soweit erforderlich, abgewichen werden.

Vor der Fortsetzung der Haushaltsberatung am Donnerstag sollen in verbundener Beratung zum Themenkomplex Innere Sicherheit und Migrationspolitik zwei Gesetzentwürfe der Koalitionsfraktionen sowie ein Gesetzentwurf der Fraktion der CDU/CSU und ein Antrag der Fraktion der AfD aufgesetzt werden. Für die Debatte sind insgesamt 90 Minuten vorgesehen.

Schließlich mache ich auf eine nachträgliche Ausschussüberweisung im Anhang zur Zusatzpunkteliste aufmerksam:

Der am 4. Juli 2024 (181. Sitzung) überwiesene nachfolgende Gesetzentwurf soll zusätzlich dem Ausschuss für Klimaschutz und Energie (25. Ausschuss) zur Mitberatung überwiesen werden:

 

 

Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Stärkung der frühen Öffentlichkeitsbeteiligung in Planungs- und Genehmigungsverfahren

Drucksache 20/11980

 

 

Überweisungsvorschlag:

Ausschuss für Inneres und Heimat (f)

Rechtsausschuss

Wirtschaftsausschuss

Verkehrsausschuss

Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz

Ausschuss für Klimaschutz und Energie

 

 

Ich sehe dazu keinen Widerspruch. Dann können wir so verfahren.

Ich rufe nun auf die Tagesordnungspunkte 1 a und 1 b sowie 2 und 3:

 

1.

a)

Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2025 (Haushaltsgesetz 2025 – HG 2025)

Drucksache 20/12400

 

 

Überweisungsvorschlag:

Haushaltsausschuss

 

 

b)

Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung 

Finanzplan des Bundes 2024 bis 2028

Drucksache 20/12401 

 

 

 

Überweisungsvorschlag:

Haushaltsausschuss

 

 

2.

 

Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Haushaltsbegleitgesetzes 2025

Drucksache 20/12772 

 

 

 

 

Überweisungsvorschlag:

Haushaltsausschuss (f)

Wirtschaftsausschuss

Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft

Ausschuss für Arbeit und Soziales

Ausschuss für Klimaschutz und Energie

 

 

3.

 

Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung eines Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 2024 (Nachtragshaushaltsgesetz 2024)

Drucksache 20/12770 

 

 

berweisungsvorschlag:

Haushaltsausschuss

Im Rahmen der Haushaltsberatungen sind für die heutige Aussprache im Anschluss an die 45-minütige Einbringung des Haushalts sechs Stunden, für Mittwoch acht Stunden, für Donnerstag neun Stunden sowie für Freitag vier Stunden und 30 Minuten vereinbart.

Das Wort zur Einbringung des Haushalts hat der Bundesminister der Finanzen, Herr Christian Lindner.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Christian Lindner, Bundesminister der Finanzen: 

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Bundesregierung legt ihren Entwurf für den Haushalt 2025 vor. Man darf sagen: Das war kein Selbstläufer. Um diesen Haushalt haben wir hart gerungen. In der Regierung wirken drei politische Denkschulen zusammen. Wir haben äußere Bedingungen unseres Handelns, die unsere Entscheidungen erschweren. Wir müssen umgehen mit einer ausgeprägten Wachstumsschwäche unseres Landes, und ich werde niemals engagierten Kolleginnen und Kollegen im Bundeskabinett einen Vorwurf machen, wenn sie für ihre Projekte und Programme kämpfen. Wir haben ökonomische und rechtliche, aber auch unsere jeweiligen politischen Grenzen gesehen. Dennoch legen wir hier einen Entwurf für den Bundeshaushalt vor. Solange es möglich ist, sich zu einigen, ist es nötig, sich zu einigen; denn mit der Stabilität der Bundesrepublik Deutschland geht man nicht leichtfertig um.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Bei der Aufstellung haben wir die Finanzplanung als Ausgabenobergrenze für die Einzelpläne vorgesehen. Weiteren Konsolidierungsbedarf haben wir durch übergreifende Maßnahmen geschlossen. Mir ist wichtig zu sagen: Der vorliegende Haushaltsentwurf ist rechtssicher. Wir haben aus einem Fehler gelernt. Um etwaige Zweifel frühzeitig auszuräumen, haben wir unabhängige Sachverständige beauftragt und sie gebeten, vorgeschlagene Lösungen verfassungsrechtlich und wirtschaftlich zu prüfen. Die Stellungnahmen haben wir dem Deutschen Bundestag und damit der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt. Die Schlussfolgerungen und Argumente haben wir intensiv analysiert und dann unsere politischen Schlussfolgerungen daraus gezogen. Sorgfalt und Transparenz sollten in unser aller Interesse sein; denn die Demokratie schützt man nicht, indem man die Verfassung schädigt.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Gelegentlich gab es Kritik, zum Beispiel vom Kollegen Haase, dass das Eckpunkteverfahren als Top-down-Prozess nicht genutzt wurde. Das Verfahren kommt freilich aus einer anderen Zeit. Es kommt aus einer Zeit,

(Jens Spahn (CDU/CSU): Der guten alten!)

als Steuermehreinnahmen auf die Einzelpläne zur Verteilung anstanden.

(Ingo Gädechens (CDU/CSU): Also, in der guten alten Zeit!)

Aber in dieser Zeit leben wir nicht mehr.

(Jens Spahn (CDU/CSU): In guten alten Zeiten!)

Es zeigt sich, dass offensichtlich viele in der Unionsfraktion unter ganz anderen Umständen Haushaltspolitik gemacht haben,

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN - Friedrich Merz (CDU/CSU): Stimmt!)

nämlich in Zeiten eines künstlich, niedrigen Zinses - zumindest für Deutschland - sehr niedrigen Zinses - so wie er jetzt für unsere wirtschaftliche Lage im Übrigen zu hoch ist, aber wir sind eben in einer Wirtschaftsunion -, zu Zeiten eines enormen Wachstums

(Jens Spahn (CDU/CSU): Wachstum!)

in unserem Land und großer Wettbewerbsfähigkeit. In diesen Zeiten haben Sie Haushaltspolitik gestaltet und dennoch keine Unternehmensteuerreform beschlossen, dennoch einen massiven Investitionsstau hinterlassen und dennoch eine Schuldenquote von 69 Prozent übergeben.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wie hat Bundespräsident Gustav Heinemann so treffend gesagt? „Wer mit dem Zeigefinger“ auf andere „zeigt, der sollte daran denken, dass in der Hand mit dem ausgestreckten Zeigefinger zugleich drei andere Finger auf ihn selbst zurückweisen.“

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN - Jens Spahn (CDU/CSU): Ach herrje!)

Ich weiß im Übrigen noch, liebe Kolleginnen und Kollegen, wie Haushaltskonsolidierung mit der CDU/CSU war. 

(Andreas Mattfeldt (CDU/CSU): Ich auch! - Jens Spahn (CDU/CSU): Schwarze Null!)

Also, nicht alle in Ihrer Fraktion haben das noch vor Augen. Ich weiß das noch sehr genau. Friedrich Merz war 2010 nicht dabei; auch Christian Haase war nicht dabei. 

(Beifall der Abg. Dr. Paula Piechotta (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

2010/2011 war ich als Mitglied des Koalitionsausschusses dabei, und ich darf bezeugen: Auch dort gab es bei Verfahren und der Art des Umgangs Anlass zur weiteren Vervollkommnung bürgerlicher Umgangsformen.

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und auch die damaligen Ergebnisse weisen die Parteien CDU/CSU und FDP als nicht unfehlbar aus; denn die Kernbrennstoffsteuer von Frau Merkel war im Nachhinein verfassungswidrig, und auf die Aussetzung der Wehrpflicht als Sparbeitrag des CSU-Verteidigungsministers wird hierzulande niemand mehr stolz sein.

(Friedrich Merz (CDU/CSU): Kein Beifall da drüben!)

Das könnten viele in der Union wissen, die damals dabei waren. Einer, der es besser wissen sollte, ist der Kollege Middelberg. Dem habe ich heute Morgen im Deutschlandfunk zugehört. Er müsste es eigentlich besser wissen, weil auch er damals dabei war; aber er hat offenbar mentale Techniken entwickelt, mit denen er sein eigenes, besseres Wissen sogar vor sich selbst unterdrücken kann. 

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Peter Boehringer (AfD): Würde die FDP nie tun!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, dass der Weg bis hierhin so schwierig war, liegt auch in der Situation begründet, in der wir uns befinden. Wir stehen zwischen „Zeitenwende“ und „Zukunft“, 

(Lachen der Abg. Ulrike Schielke-Ziesing (AfD))

zwischen „Krise bewältigen“ und „Kurs halten“, zwischen „Rückstand aufholen“ und „wieder Weltspitze sein wollen“. Aufgaben wie die Bewältigung der geringen Produktivität, der überbordenden Bürokratie, 

(Zuruf von der CDU/CSU: Oh!)

der schleppenden Digitalisierung und der vernachlässigten Infrastruktur begleiten diese Bundesregierung seit Tag eins. Hinzu kommen große globale Herausforderungen, geoökonomische Fragmentierungen und der demografische Wandel, und seit Tag 78 gibt es Krieg in Europa - mit den verheerenden Folgen, die wir gemeinsam bewältigt haben und weiter werden bewältigen müssen. Dieser Krieg in der Ukraine währt heute 929 Tage. Er ist ein bitterer, ein schmerzhafter Teil unserer Gegenwart geworden. 

Der Regierungsentwurf für den Bundeshaushalt 2025 trägt all diesen Umständen Rechnung. Er beendet endgültig den Ausnahmemodus und hält sich an die Regeln der Verfassung. Kurz gesagt: Er nimmt die neue Normalität unserer Gegenwart an. 

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Mit dem Bundeshaushalt gehen wir weitere Schritte zur angebotsseitigen Stärkung unseres Landes, insbesondere durch Rekordinvestitionen und die Entlastung der Bürgerinnen und Bürger. Zugleich begrenzen wir Ausgabesteigerungen und schichten für Strukturen so schonend wie möglich um. Das zeigt: Ausgabedisziplin und Arbeit für einen neuen Aufschwung in unserem Land schließen sich nicht aus. Im Gegenteil: Sie bedingen einander. 

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, naturgemäß wird in dieser Haushaltswoche die Komposition der Ausgaben des Bundeshaushalts im Zentrum der Debatte stehen. 

(Peter Boehringer (AfD): Die Einnahmen geben auch einiges her!)

Da wird diskutiert werden über die einzelnen Titel, über Programme und Vorhaben. Ich will deshalb bewusst nicht mit der Ausgabeseite beginnen, sondern mit der Einnahmeseite des Bundeshaushalts. 

(Peter Boehringer (AfD): Das ist gut!)

Denn all das Geld, das wir verausgaben, wird von den Menschen in unserem Land erarbeitet. Was wir verteilen, muss zuvor von Menschen erwirtschaftet und versteuert werden. 

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN - Peter Boehringer (AfD): Oder von der nächsten Generation über Schulden!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bin überzeugt: Jeden Euro, über den wir hier beraten, müssen wir alle vertreten gegenüber den Menschen, die am Ende des Monats auf ihre Lohnsteuerabrechnung schauen und sich fragen: Was wird mit meinem Geld bewirkt? 

(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Unser Staatshaushalt basiert auf der wirtschaftlichen Stärke unseres Landes. Alle unsere sozialen und ökologischen Vorhaben haben eine Voraussetzung, nämlich ein stabiles wirtschaftliches Fundament. Im vergangenen Jahrzehnt ist es nicht gelungen, die Zeit niedriger Zinsen und robuster Wachstumsraten zu nutzen, um unseren Wirtschaftsstandort konsequent zu stärken, zu modernisieren und die Transformation voranzutreiben. Jetzt sind die Zeiten andere, und der Handlungsbedarf ist größer denn je. 

Seit dem Amtsantritt steuert die Bundesregierung gegen Krisen, Knappheiten und konjunkturelle Schwächen an, durchaus mit Erfolg: Die Inflation ist zurückgegangen, Bürger und Betriebe wurden entlastet, Reallöhne und Kaufkraft erholen sich langsam. Allerdings wachsen wir immer noch zu wenig.

(Andreas Mattfeldt (CDU/CSU): Gar nicht!)

Das hat wenig zu tun mit dem konjunkturellen Umfeld und sehr viel mit strukturellen Schwächen unseres Standorts. 2014 war Deutschland in den globalen Rankings der Wettbewerbsfähigkeit auf Platz 6, und seit 2014 - also seit einem Jahrzehnt - sind wir in jedem Jahr Schritt für Schritt zurückgefallen, um insgesamt nun 18 Plätze auf den Platz 24. Damit sich all unsere Bemühungen lohnen und Deutschland aus Stagnation und dem Verlust von Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft herausfindet, brauchen wir eine Wirtschaftswende. 

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wirtschaftliches Wachstum, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist im Übrigen die Voraussetzung dafür, dass Menschen individuell leichter im Leben vorankommen. Wir wissen doch, dass nicht jeder in unserem Land mit seiner Lebenssituation zufrieden sein kann, seien es Menschen, die geflüchtet und zu uns gekommen sind, sei es, dass junge Menschen in das Arbeitsleben einsteigen oder dass Menschen nach einem Schicksalsschlag eine neue Chance suchen. Wenn Menschen mit ihrer Lebenssituation nicht zufrieden sein können: Wie machen wir es ihnen leichter? In der stagnierenden Gesellschaft gelingt doch die Verbesserung der eigenen Lebenssituation nur dadurch, dass man jemand anderem etwas wegnimmt. Die stagnierende Gesellschaft führt zum harten Ellbogenwettbewerb. Die dynamisch wachsende Gesellschaft macht es aber jedem leichter, die individuelle Lebenssituation durch Fleiß und Einsatzbereitschaft zu verbessern. 

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Deshalb ist unsere wachstumsorientierte Politik ein Gebot sozialer Gerechtigkeit. Wirtschaftliche Stärke ist die Voraussetzung auch für neue Spielräume im Haushalt, und nicht zuletzt ist unsere wirtschaftliche Stärke im wahrsten Sinne des Wortes sicherheitsrelevant.

(Paul Lehrieder (CDU/CSU): Ja!)

Die Bundesregierung hat deshalb zusammen mit dem Entwurf für den Bundeshaushalt 2025 eine Wachstumsinitiative für eine neue Dynamik in Deutschland vorgelegt. 120 Maßnahmen unter 49 Überschriften zielen insbesondere darauf ab, den Wirtschaftsstandort Deutschland und dessen Wettbewerbsfähigkeit nachhaltig zu stärken, unnötige Bürokratie abzubauen, die Arbeitsanreize zu erhöhen und die Leistungsfähigkeit des Finanzplatzes auszubauen. Diese Wachstumsinitiative ist nicht nur politisch untrennbar mit dem Bundeshaushalt verbunden. Wir benötigen ihre Maßnahmen auch, um durch mehr wirtschaftliche Dynamik die Einnahmeseite unseres Haushalts zu stärken und um die weitere Steigerung von Ausgaben zu begrenzen. 

Im Einzelnen: Der Entwurf der Bundesregierung für den Bundeshaushalt 2025 und die Wachstumsinitiative ermöglichen umfassende Entlastungen und Leistungsverbesserungen für Bürgerinnen und Bürger. So wird die Bundesregierung die kalte Progression auch für die Jahre 2025 und 2026 im Tarif der Lohn- und Einkommensteuer sowie in der Milderungszone des Solidaritätszuschlags ausgleichen. 

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Es ist ein Gebot der Fairness, dass infolge der Inflationsentwicklung die Steuerbelastung nicht weiter steigt. Mit dem Steuerfortentwicklungsgesetz und der steuerlichen Freistellung des Existenzminimums entlasten wir Steuerzahlerinnen und Steuerzahler in den nächsten Jahren erheblich.

Kinder, Jugendliche und Familien erhalten mehr Unterstützung. So werden der Kinder- und der Grundfreibetrag in den Jahren 2025 und 2026 erhöht, auch schon rückwirkend für das Jahr 2024. Ab dem Jahr 2026 wird gesetzlich sichergestellt, dass Kindergeld und Kinderfreibetrag weiter gleichzeitig steigen. Um berufstätigen Eltern mit geringen Löhnen zu helfen, wird für den Kinderzuschlag ab dem Jahr 2025 mehr als 1 Milliarde Euro zusätzlich zu Verfügung gestellt. Und der bestehende Kindersofortzuschlag bleibt erhalten und wird erhöht.

(Beifall bei der FDP und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Unternehmen und Betriebe unterstützen wir mit zusätzlichen steuerlichen Anreizen, um finanziellen Spielraum für Investitionen und Innovationen zu schaffen. Dafür erleichtern wir die Abschreibungsbedingungen von Anlageinvestitionen und weiten die Forschungszulage aus. Wir verstetigen die auf das europäische Minimum abgesenkte Stromsteuer für das produzierende Gewerbe. Kurz gesagt: Die Bundesregierung schlägt vor, dass der Staat vorsätzlich auf Einnahmen verzichtet, um die Kaufkraft der arbeitenden Bevölkerung zu stärken und private Investitionen zu erleichtern.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Wachstumsbremsen Nummer eins für die deutsche Wirtschaft sind überbordende Bürokratie und zähe Genehmigungsverfahren. Bürokratie bremst Engagement und Ideen aus. Die Bundesregierung hat in den vergangenen Monaten zahlreiche Initiativen zur Entbürokratisierung auf den Weg gebracht, zum Beispiel das Bürokratieentlastungsgesetz IV. Wir bauen mit der Wachstumsinitiative darauf auf und entschlacken beispielsweise das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz in Deutschland, indem zwei Drittel der bisher von der Vorgängerregierung verpflichteten Unternehmen aus dem Kreis der Verpflichteten herausfallen.

(Beifall bei der FDP - Jens Spahn (CDU/CSU): Wann denn?)

Um das wirtschaftliche Wachstum in Deutschland zu fördern, müssen wir unseren Arbeitsmarkt mobilisieren. Mehrarbeit und Leistungsbereitschaft sollen belohnt werden. Aufgrund des demografischen Wandels wird das Angebot an Arbeitskräften in den kommenden Jahren weiter abnehmen. Älteren Berufstätigen erleichtern wir daher künftig den Verbleib im Job. Sie sollen nicht länger in die Rentenkasse einzahlen müssen, sondern diese Beiträge beispielsweise als Lohnaufschlag erhalten. 

Ein weiterer Ansatzpunkt ist, Menschen ohne Arbeit schneller wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Dafür stärken wir unter anderem den fordernden Charakter des Bürgergelds, zum Beispiel mit Sanktionen bei Verstößen gegen die Mitwirkungspflicht; denn das Bürgergeld ist kein bedingungsloses Grundeinkommen.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Mehr Arbeitsanreize und Änderungen im System des Bürgergelds sind ein klares Zeichen, dass die Sozialausgaben nicht immer weiter dynamisch steigen können, sondern dass Anpassungen nötig sind. Daher wird es im kommenden Jahr und wohl auch 2026 aufgrund der zum Glück zurückgegangenen Inflation keine Erhöhung des Bürgergeldes geben. Dies bremst den Anstieg der Sozialausgaben, stärkt das Vertrauen in die sozialen Sicherungssysteme und sorgt auch für mehr Gerechtigkeit; denn Fairness verdienen auch diejenigen, die mit ihrer Arbeit und ihrem Einsatz den Bundeshaushalt ja erst ermöglichen.

(Beifall bei der FDP und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wir stärken den Finanzstandort Deutschland und wollen zusätzliches Kapital mobilisieren. Wir werden mit dem Zukunftsfinanzierungsgesetz II beispielsweise die steuerlichen Rahmenbedingungen von Investitionen in Venturecapital verbessern. Wir lockern den Kündigungsschutz für die Spitzenverdiener im Finanzsektor, um attraktiv zu werden für Standortverlagerungen zum Beispiel nach Frankfurt im Wettbewerb mit Amsterdam, Paris und London. Und wir verschlanken aufsichtliche Vorgaben für den Finanzmarkt. 

(Beifall des Abg. Christoph Meyer (FDP))

Mit der WIN-Initiative für Wachstums- und Innovationskapital wollen wir zudem dafür sorgen, dass unsere Kapitalsammelstellen stärker in Deutschland investieren. 

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Nicht zuletzt, liebe Kolleginnen und Kollegen, arbeiten wir weiter an der Kostenseite der Energieversorgung. Sie ist ein wesentlicher Teil unserer deutschen Wettbewerbsfähigkeit. Die Wachstumsinitiative der Bundesregierung zielt darauf, dass noch mehr Marktteilnehmer von günstigen Strompreisen bei viel Wind und Sonne profitieren, die Netzkosten sinken, die Netzentgelte stabilisiert werden und die Wasserstoffinfrastruktur aufgebaut wird. 

(Peter Boehringer (AfD): Sie glauben das wirklich? - Weiterer Zuruf von der AfD: Zu Wucherpreisen!)

Wir schaffen dafür einen verlässlichen Investitionsrahmen, ermöglichen mehr Flexibilisierung, senken die Kosten des Netzausbaus und sorgen für Planungs- und Investitionssicherheit. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf dem effizienten und marktintegrierten Ausbau erneuerbarer Energien, um die Netzkosten zu senken.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, all diese skizzierten Maßnahmen und weitere sind im Bundeshaushalt 2025 bereits eingepreist. All das gelingt uns durch Umschichtung und klare Prioritätensetzung. Eine erste Analyse zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Eine kürzlich veröffentlichte Studie hat bereits die Wirksamkeit ausgewählter Maßnahmen der Wachstumsinitiative berechnet. Und selbst bei einer vorsichtigen, bei einer konservativen Schätzung erwarten die Wissenschaftler spürbare Impulse von unserer Wachstumsinitiative. Im kommenden Jahr rechnen die Autoren mit einem zusätzlichen Wachstum von immerhin 0,4 Prozent.

(Zurufe von der CDU/CSU: Oh! - Zuruf von der AfD: Homöopathie!)

Vor allem aber berge das Paket bei konsequenter Umsetzung das Potenzial, die Perspektive Deutschlands dauerhaft zu stärken. Bis in das Jahr 2028 könnte die jährliche Wirtschaftsleistung um fast 1 Prozent höher liegen als ohne Wachstumsinitiative. Diese Initiative ist kein Anlass, die Hände in den Schoß zu legen. Aber das, was jetzt in diesem Herbst entschieden werden kann, sollte auch in diesem Herbst getan werden. Es entbindet uns nicht von weiterer Ambition in der Zukunft, aber das, was vorliegt, braucht unser Land genau jetzt.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zur Einnahmeseite gehört auch die Nettokreditaufnahme. Die Neuverschuldung wird im Jahr 2025 gegenüber den Notlagejahren reduziert und in den folgenden Jahren auch weiter schrittweise abgebaut. Wir gehen im Regierungsentwurf nun von einer Neuverschuldung von 51,3 Milliarden Euro aus. Schuldenbremse bedeutet also nicht „keine Verschuldung“; das muss man sich immer klarmachen. 

51,3 Milliarden Euro, das ist nicht nichts. Ich erinnere mich sehr gut: Als ich zum ersten Mal in ein Parlament gewählt worden bin - wir hatten ja eben eine Gedenkstunde; da denkt man auch an solche Szenen zurück -, hat die damalige rot-grüne Landesregierung von Nordrhein-Westfalen im Jahr 2000 einen Haushalt für das ganze Land Nordrhein-Westfalen vorgelegt, der gut 43 Milliarden Euro groß war. Wir machen in diesem Jahr mehr Schulden alleine im Bund. Also, das ist nicht nichts. 

Und dennoch ist es richtig, dass wir die Möglichkeiten der Schuldenbremse im Konjunkturverlauf nutzen, aber eben auch nur die Möglichkeiten nutzen, die uns die Schuldenbremse gibt. Warum ist das so wichtig?

Erstens. Schulden muss man zurückzahlen, und so lange kosten sie Zinsen, und zwar nicht zu knapp. Ich möchte das Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler lieber nutzen, um direkt zu investieren, statt Zinsen an andere zu zahlen.

(Beifall bei der FDP)

Und ich möchte zudem, dass auch künftige Generationen diese Möglichkeit haben. Es ist eine Frage der Generationengerechtigkeit, den Jungen nicht durch zusätzliche fiskalische Lasten jedweden Handlungsspielraum zu verbauen.

(Beifall bei der FDP - Peter Boehringer (AfD): Deshalb haben Sie inzwischen 500 Milliarden Euro Schulden in Ihrer Amtszeit gemacht!)

Zweitens. Die Einhaltung der Schuldenbremse ist eine Frage der Weitsicht. Gerade passiert doch genau das, wofür sie eingeführt worden ist: Sie zwingt die Politik, Prioritäten zu setzen. Sie zwingt uns zu der Entscheidung, was notwendig und unentbehrlich ist und was wünschenswert, aber auch später realisierbar ist. Es ist eine Art Selbstdisziplinierungsmechanismus. 

Und dabei sind Schulden ja nicht per se zu verteufeln, aber sie müssen eben tragbar sein; denn nur wenn es uns gelingt, die Tragfähigkeit unserer Staatsfinanzen zu sichern, werden wir als Staat perspektivisch in der Lage sein, in Zeiten außergewöhnlicher Krisen zu handeln. 

(Florian Oßner (CDU/CSU): Eben!)

Wir müssen uns also daranmachen, die fiskalischen Puffer wiederaufzubauen, die wir im Fall weiterer verschärfter Krisen benötigen. Anders gewendet: Fiskalische Stabilität ist auch ein Faktor der Sicherheitspolitik dieses Landes.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)

Die Kontrolle staatlicher Ausgaben sichert langfristig die Kontinuität staatlicher Leistungen, und das bedeutet, stabilitätsorientierte Finanzpolitik zu formulieren. Wir dürfen dabei nicht den Fehler machen, unsere öffentlichen Finanzen nur national zu betrachten. Wir müssen den europäischen und globalen Kontext sehen. Wir gestalten unsere Politik nicht nur für uns allein als viertgrößte Volkswirtschaft der Welt und größte in Europa. Wir sind eingebunden in die geoökonomische Situation, und wir sind insbesondere in Europa ein Stabilitätsanker.

Die Europäische Kommission hat gegen sieben Mitgliedstaaten der EU Defizitverfahren eingeleitet, darunter auch Frankreich und Italien.

Die Vereinigten Staaten von Amerika haben so massive Haushaltsdefizite, dass der Internationale Währungsfonds eindringlich appelliert, diese anzugehen. In diesem geoökonomischen Kontext stehen wir.

Wir haben unlängst - auch auf Betreiben Deutschlands - die europäischen Fiskalregeln zwar realistischer ausgestaltet, zugleich aber auch verlässlicher in ihrem Ziel, Defizite und Schuldenquoten zu reduzieren. Uns haben inzwischen die Empfehlungen der Europäischen Kommission zu unserem eigenen Nettoprimärausgabepfad erreicht, und er entspricht in etwa der Finanzplanung der Bundesregierung unter Einhaltung der Schuldenbremse. Also, all die vielen Schulden, von denen manche träumen zur Finanzierung ihrer Vorhaben, die wären nach meiner festen Überzeugung mit europäischem Recht nicht vereinbar, selbst wenn man mich wegbeamen würde.

(Beifall bei der FDP - Zuruf von der CDU/CSU)

Welche Wirkung aber hätte es, wenn Deutschland als größte Volkswirtschaft der Europäischen Union vorsätzlich den europäischen Stabilitätspakt brechen würde? Es wäre eine Einladung an alle anderen, ebenfalls diese Regeln nicht mehr zu achten. Wenn wir eine Schuldenkrise wie vor gut 15 Jahren vermeiden wollen, dann muss Deutschland durch Vorbild führen und nicht nur die eigenen, sondern insbesondere auch die europäischen Regeln achten.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Übrigens ist diese deutsche Disziplin - das hat der gestrige Tag gezeigt - aktueller und nötiger denn je. Gestern hat ja Mario Draghi seinen Bericht zur Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Union vorgelegt. Um es klar zu sagen: Aus Sicht der Bundesregierung enthält dieser Bericht wichtige Impulse, beispielsweise zur Stärkung der Kapitalmarktunion, um nur eins von vielen guten Beispielen zu nennen. Aber Mario Draghi ergreift auch die Initiative für die Vergemeinschaftung der Schuldenaufnahme in der Europäischen Union nach dem Vorbild des einmaligen Programms NextGenerationEU.

Wir wissen inzwischen vom Ablauf der Mittel aus dem damaligen Programm, dass die Aufnahmefähigkeit noch nicht einmal aller Volkswirtschaften in der Europäischen Union ausreicht, um die Mittel, die auf dem Tisch liegen, zu nutzen. Es ist auch hinsichtlich seiner Wachstumsstärke noch nicht klar evaluiert, und trotzdem wird ein neuer Anlauf unternommen, Schulden und Risiken in Europa zu vergemeinschaften. Die Bundesregierung sieht hier demokratische und fiskalische Probleme. Durch die Vergemeinschaftung von Schulden wird nämlich zum einen die direkte Zuordnung von politischer Verantwortung für die Folgen der eigenen Wirtschaftspolitik auf die europäische Ebene verlagert. Und zum anderen kann die Vergemeinschaftung von Risiken und Haftung, also Schulden, auch dazu führen, dass die Schuldenaufnahme in der Europäischen Union insgesamt zu hoch ist.

Jeder einzelne Mitgliedstaat der Europäischen Union muss weiter Verantwortung für die eigenen Staatsfinanzen tragen. Haftung ist nicht nur in der Privatwirtschaft zwischen den Bürgerinnen und Bürgern ein wichtiges Instrument, um unverantwortbare Risiken zu vermeiden, sondern auch zwischen Staaten gilt dasselbe.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU und der Abg. Dr. Paula Piechotta (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Im Übrigen ist ja dankenswerterweise die CDU/CSU-Bundestagsfraktion in die Rolle der Hüterin der Verfassung eingetreten.

(Zurufe der Abg. Ingo Gädechens (CDU/CSU) und Dr. Ingeborg Gräßle (CDU/CSU))

Bei nahezu bei jeder Gelegenheit versuchen Sie, zu prüfen, ob die Bundesregierung sich auf dem Boden des Grundgesetzes bewegt.

(Zurufe von der CDU/CSU)

Das ist eine verdienstvolle Aufgabe. Aber jetzt kommt die nächste Aufgabe auf Sie zu. Denn die Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat sich ja offen gezeigt für die gemeinsame Schuldenaufnahme in der Europäischen Union. 

(Christian Dürr (FDP): So ist es!)

Jetzt erwarte ich das Gutachten der CDU/CSU, ob das europa- und verfassungsrechtlich eigentlich möglich ist.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Dr. Paula Piechotta (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und Peter Boehringer (AfD))

Das ist jetzt Ihr Auftrag. Im Übrigen würden Sie damit nur Ihre eigenen Interessen vertreten; denn wenn ich es noch richtig in Erinnerung habe, hat sich ja die EVP - und damit auch die CDU/CSU in Deutschland - gegen die Vergemeinschaftung von Schulden noch im jüngsten Europawahlkampf ausgesprochen.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU - Florian Oßner (CDU/CSU): Sehr richtig! Das bleibt auch so!)

Meine Damen und Herren, ich will zur Ausgabeseite kommen. Solide Staatsfinanzen - das habe ich ausgeführt - sind ein Faktor unserer Sicherheitspolitik, aber zugleich müssen wir mit unseren Ausgaben auch Sicherheit schaffen. Bereits in diesem Jahr werden wir mehr als 2 Prozent des Bruttoinlandsproduktes für unsere Verteidigungsfähigkeit und die unserer Bündnispartner aufwenden. Der Etat des BMVg wächst.

(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Dennis Rohde (SPD))

Er bleibt der zweitgrößte Posten im Bundeshaushalt. Darüber hinaus profitiert das BMVg natürlich unverändert von unserem 100-Milliarden-Euro-Sonderprogramm für die Bundeswehr. Sowohl 2025 als auch in allen Finanzplanjahren bis 2028 wird das 2-Prozent-Ziel der NATO von uns übertroffen. 

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich habe gelesen, lieber Friedrich Merz, dass Ihre Fraktion beklagt, dass der Verteidigungsminister auch mit Verpflichtungsermächtigungen zusätzliche Aufgaben für Rüstungsgüter in der Zukunft absichert. 

(Zuruf des Abg. Friedrich Merz (CDU/CSU))

Ich habe, ehrlich gesagt, diese Kritik nicht verstanden. Man kann diese Verpflichtungsermächtigungen für Rüstungsgüter nur dann kritisieren, wenn man selbst nicht klar hinter dem 2-Prozent-Ziel auf Dauer für unsere Verteidigungsfähigkeit steht. 

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN - Friedrich Merz (CDU/CSU): Das ist eine ganz billige Nummer hier!)

Denn darauf bauen ja diese Verpflichtungsermächtigungen auf, 

(Zurufe der Abg. Dr. Yannick Bury (CDU/CSU) und Thorsten Frei (CDU/CSU))

dass auch bis in die 30er-Jahre alle Parteien des demokratischen Zentrums sich zu diesem Ziel committen. 

Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch die bilaterale deutsche Hilfe für die Ukraine bleibt auf einem hohen Niveau. Das ist richtig und notwendig so. Zudem arbeitet die Bundesregierung - übrigens auch schon in dieser Woche - intensiv mit unseren Partnern und Freunden über den Atlantik und in Europa daran, dass die Ukraine zusätzliche Hilfen gewinnt aus den Zinserträgen der eingefrorenen russischen Vermögenswerte. Das ist unsere klare Botschaft an Wladimir Putin und zugleich unsere Zusage an die Ukraine. Wir werden weiter Verantwortung mit anderen dafür übernehmen, dass die Durchhaltefähigkeit der Ukraine größer ist als die Bösartigkeit, die von Putins Krieg ausgeht. 

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Die Bundesregierung weiß im Unterschied zu anderen, dass in der Ukraine auch Frieden und Freiheit in Deutschland verteidigt werden.

(Peter Boehringer (AfD): Am Hindukusch!)

Da geht es um das internationale Recht. Und deshalb stellen wir uns all denjenigen entgegen, die darüber spekulieren, Deutschland könnte aus der Europäischen Union austreten, was uns politisch isolieren und wirtschaftlich ruinieren würde. 

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Und wir stellen uns auch all denjenigen entgegen, die über die Köpfe der Ukraine hinweg mit Putin verhandeln wollen. Er würde seine Kriegsziele erreichen, und das Ergebnis wäre nur ein Diktatfrieden und nicht das Selbstbestimmungsrecht des ukrainischen Volkes. 

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

- Hier klatscht dankenswerterweise auch die CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Ich habe jetzt nur in deren Richtung geschaut. Ich könnte aber genauso in Richtung des Kollektivs Wagenknecht schauen; die haben nämlich ähnliche Positionen. 

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN - Zuruf des Abg. Christian Leye (BSW))

Und die wollen sie im Übrigen auch zum Gegenstand von Koalitionsgesprächen zur Bildung von Landesregierungen machen. Ich hoffe, dass die CDU/CSU - in diesem Fall die CDU - weiß, welche überragende staatspolitische Verantwortung sie in diesen Fragen trägt. 

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN - Zuruf des Abg. Friedrich Merz (CDU/CSU))

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die schrecklichen Attentate von Mannheim und Solingen haben es jüngst wieder gezeigt: Wir werden aufgrund unserer offenen Gesellschaft und unserer freiheitlichen Lebensweise in unseren Städten, in unserem Alltag angegriffen. Die innere Sicherheit stärken wir deshalb im Bundeshaushalt 2025 mit rund 1 Milliarde Euro mehr, die in die Sicherheitsbehörden des Bundes, insbesondere die Bundespolizei und das Bundeskriminalamt, fließen. Gewaltbereiten Extremismus oder Islamismus müssen wir wirkungsvoll bekämpfen können. Jeweils weitere rund 200 Millionen Euro werden wir für den Zoll und die Bekämpfung der Geldwäsche sowie die Bereiche Integration und Migration bereitstellen. 

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn wir ein weltoffenes, tolerantes, ein liberales Land bleiben wollen, dann müssen wir Konsequenz und Kontrolle bei der Einwanderung sicherstellen. Die Bürgerinnen und Bürger müssen den Eindruck gewonnen haben, dass seit 2015 mitunter schlichtweg die Ordnung entglitten ist. Und das hat Auswirkungen auch auf diesen Bundeshaushalt. Allein im Haushalt 2025 veranschlagen wir flüchtlingsbezogene Aufwendungen in Höhe von insgesamt 24 Milliarden Euro. Sozialleistungen für anerkannte Schutzsuchende belaufen sich auf 13 Milliarden Euro. Für die Integrationsleistungen stellen wir rund 1,9 Milliarden Euro zur Verfügung. Länder und Gemeinden haben ebenfalls Belastungen. 

Wir merken alle, wie dieses Thema einen Triggerpunkt in unseren öffentlichen Debatten darstellt. Unser Land muss weltoffen, tolerant und vielfältig bleiben. Als eine exportorientierte Nation sind wir existenziell darauf angewiesen, dass wir in der Welt geachtet sind. 

(Zuruf des Abg. Dr. Harald Weyel (AfD))

Als eine alternde Gesellschaft sind wir darauf angewiesen, dass fleißige Menschen und kluge Köpfe zu uns kommen wollen, um hier ihr Glück im Arbeitsmarkt zu suchen. Zugleich müssen wir aber für Weltoffenheit, Toleranz und Vielfalt die Akzeptanz unserer Gesellschaft erhalten. Die Bürgerinnen und Bürger erwarten hier Kontrolle und Konsequenz.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wie hat es der Herr Bundespräsident unlängst formuliert? Ich zitiere ihn:

„Ich bin überzeugt, dass es an den Parteien der demokratischen Mitte ist, Lösungen für Fragen zu erarbeiten, die viele Bürgerinnen und Bürger umtreiben. Es bedarf einer gesamtstaatlichen Anstrengung - über Parteigrenzen und staatliche Ebenen hinweg.“

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist nicht die Zeit für Denkverbote. Es ist aber auch nicht die Zeit für parteipolitische Manöver. 

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)

Am Ende des Tages - anlässlich der heutigen Feierstunde zum 75. Jahrestag der konstituierenden Sitzung des Deutschen Bundestages sollten wir uns daran erinnern - geht es darum, den Bürgerinnen und Bürgern zu zeigen, dass die Demokratie liefert. Die Demokratie muss Lösungen für die Probleme der Bürgerinnen und Bürger liefern. 

(Florian Oßner (CDU/CSU): Dann liefert! - Jens Spahn (CDU/CSU): Dann macht mal!)

Denn wenn die Demokratie nicht liefert, dann suchen sich manche Alternativen zur Demokratie, und unsere Verantwortung ist es, das nicht zuzulassen.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Deshalb ist es richtig und ausdrücklich zu begrüßen, dass die CDU/CSU-Opposition das erneute Gesprächsangebot der Bundesregierung, zusammen mit den Ländern ins Gespräch über Maßnahmen zu kommen, angenommen hat. 

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir alle wollen in einem freien und sicheren Land leben. Wir wollen uns darauf verlassen, dass Deutschland funktioniert. Wir wollen darauf vertrauen, dass dieses Land seine Leistungsversprechen einlöst und auch in Zukunft mithalten kann. Zu viel wurde dabei in der Vergangenheit vernachlässigt. Die Deutsche Bahn ist leider - spätestens seit der Fußballeuropameisterschaft auch international - zu einem Symbol für all das geworden, was bei uns verspätet oder defekt ist. 

(Friedrich Merz (CDU/CSU): Wie heißt der zuständige Minister?)

Das dürfen wir nicht zulassen. Es ist schon eine Frage der Selbstachtung, dass wir das nicht zulassen.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ein prosperierendes Land braucht eine intakte Infrastruktur. Für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer brauchen wir verlässliche Verkehrswege, für die digitale Transformation stabile Netze, und für eine sichere Energieversorgung brauchen wir klimafreundliche Alternativen. Hier darf es nicht zu - wie heißt es so schön? - „Verzögerungen im Betriebsablauf“ kommen. Im Gegenteil: Es ist höchste Eisenbahn für massive Investitionen.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wir setzen in unserem Regierungsentwurf klare Prioritäten. Wir investieren dort, wo es für die Menschen und die Unternehmen wichtig ist: bei der Generalsanierung der Schienen, bei der Straße, bei der digitalen Infrastruktur, bei Klimatechnologie und bei anderen neuen digitalen Technologien. Für das Jahr 2025 sind Rekordinvestitionen in Höhe von 81 Milliarden Euro vorgesehen,

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

43 Milliarden Euro mehr als im Vorkrisenjahr 2019, und das alles unter Wahrung der Schuldenbremse. Damit steigt das Investitionsvolumen weiter. Zudem stellen wir sicher, dass es auch im Finanzplan bis 2028 auf diesem hohen Niveau verbleibt. 

(Peter Boehringer (AfD): Auf dem Papier schon!)

Im Übrigen fließt auch die größte Einzelinvestition von 18,1 Milliarden Euro in die Bundesschienenwege.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, unser wichtigstes Investment - es ist ja keine Investition im haushaltsrechtlichen Sinne - in die Zukunft sind Verbesserungen im Bereich von Bildung und Betreuung.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Die Finanzierung des KiTa-Qualitätsgesetzes wird deshalb 2025 und 2026 mit jeweils rund 2 Milliarden Euro fortgesetzt, um die Kinderbetreuung in den Kommunen zu verbessern. Mit dem Startchancen-Programm unterstützt der Bund mit 1 Milliarde Euro jährlich gezielt Schulen mit einem hohen Anteil sozial benachteiligter Schülerinnen und Schüler und schafft so schlicht mehr Lebenschancen. 

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Zur Stärkung von Forschungsvorhaben sind rund 3 Milliarden Euro eingeplant. Außerdem stellt der Bund im Jahr 2025 rund 8 Milliarden Euro für die großen Wissenschaftsorganisationen zur Verfügung. 

Damit in Deutschland mehr und bezahlbarer Wohnraum zur Verfügung steht, setzt der Bund die soziale Wohnraumförderung langfristig fort. Bis zum Jahr 2028 sind hierfür mehr als 20 Milliarden Euro vorgesehen, mit denen der Bau neuer, bezahlbarer und klimafreundlicher Wohnungen unterstützt wird. Außerdem unterstützt der Bund Familien mit zusätzlich 1 Milliarde Euro beim klimaneutralen Neubau. Ebenso wird die Städtebauförderung auf hohem Niveau fortgesetzt. Diese Bundesregierung investiert in unser Land.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, trotz aller Bemühungen und trotz der überzeugenden Eckdaten dieses Bundeshaushaltes verbleiben noch Aufgaben, auch und insbesondere für den Deutschen Bundestag; denn trotz aller Bemühungen gehen wir noch von einer globalen Minderausgabe von 12 Milliarden Euro aus, die wir noch nicht so haben reduzieren können, wie wir es uns vorgenommen hatten. Die Bundesregierung geht davon aus, dass die globale Minderausgabe bis zum Ende der Haushaltsberatungen durch die wirtschaftlichen Entwicklungen, durch Aktualisierungsnotwendigkeiten auf gesetzlicher Basis und durch politische Entscheidungen weiter reduziert werden kann. Wir wissen aus der Staatspraxis, dass eine GMA von 2 Prozent regelmäßig erreicht wird. Das wären bezogen auf diesen Bundeshaushalt etwa 9,6 Milliarden Euro. Ich habe deshalb gern und mit Zustimmung gehört, dass der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, der Kollege Dennis Rohde, ja ebenfalls öffentlich gesagt hat, es sei sein Ziel und das seiner Fraktion, die GMA in diesen Bereich zu bringen. Seitens des Bundesfinanzministeriums sagen wir dafür alle notwendigen Hilfen und Beratungen zu.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN - Zurufe von der CDU/CSU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist nicht nur und zuerst eine verfassungsrechtliche Frage. Dieses Argument ist bemüht worden, aber ich glaube, es ist eher eine wirtschaftliche Frage. 

(Andreas Mattfeldt (CDU/CSU): Da freue ich mich jetzt schon auf die Kürzungen!)

Denn, liebe Kolleginnen und Kollegen, je höher eine globale Minderausgabe ist - bei all den Unsicherheiten, die wir wirtschaftlich haben -, desto wahrscheinlicher können auch notwendige Bewirtschaftungsmaßnahmen werden. Je geringer die globale Minderausgabe ist, die wir einplanen, desto klarer ist auch der Haushaltsvollzug im nächsten Jahr zu planen. Und darauf kommt es an: dass Bürgerinnen und Bürger Gewissheit haben, dass dieser Haushalt, auch wenn sich das wirtschaftliche Umfeld verändert, vollzogen werden kann.

(Zuruf der Abg. Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ein Blick nach vorn; denn dieser Haushalt 2025 ist der letzte Bundeshaushalt, den der Deutsche Bundestag in dieser Wahlperiode beschließen wird. 

(Friedrich Merz (CDU/CSU): Mit dieser Regierung!)

Es ist eine Illusion, zu glauben, dass Konsolidieren und Priorisieren ein vorübergehendes Phänomen dieser Wahlperiode seien. Ich prognostiziere: Niemand wird dem so schnell entfliehen können. Ganz im Gegenteil: Auch in den nächsten Jahren stehen große Aufgaben bevor. Die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes, die Modernisierung unserer Wirtschaftsstruktur, Investitionen in Sicherheit und Klimaneutralität, die Modernisierung und Sicherung der Sozialstaatlichkeit in unserem Land: All diese Kernaufgaben des Staates werden in den nächsten Jahren neu diskutiert werden. In der nächsten Wahlperiode werden Richtungsentscheidungen anstehen, und es gibt unterschiedliche Denkschulen in unserem Land. Das gehört ja zur Demokratie dazu. Man kann doch nicht, wie eben in der Feierstunde, die Lebendigkeit der Demokratie und den Austausch der Argumente und Positionen loben und auf der anderen Seite beklagen, dass es unterschiedliche politische Positionen gibt. Das gehört zur Demokratie dazu. 

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wenn der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion beispielsweise Gespräche zur Änderung unseres Grundgesetzes im Bereich der Schuldenbremse anbietet, dann ist das seine souveräne Entscheidung mit Blick auf eine nächste Wahlperiode. Andere müssen entscheiden, wer diese Einladung annimmt. Wenn andere Fraktionen sagen: „Nein, wir setzen eher darauf, das Verhältnis zwischen Staat und Privat neu zu justieren, die Bürgerinnen und Bürger und die Betriebe zu entlasten und eher den Staat zurückzunehmen als Bürger und Wirtschaft in ihren Lebensplänen einzuschränken“, dann ist auch das eine legitime Position. Streit gehört zur Demokratie. In diesem Sinne wünsche ich uns eine lebendige Haushaltswoche.

(Anhaltender Beifall bei der FDP - Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Der folgende Berichtsteil – und damit der gesamte Stenografische Bericht der 
183. Sitzung – wird am

Mittwoch, den 11.09.2024

auf der Website des Bundestages unter „Dokumente“, „Protokolle“, „Endgültige Plenarprotokolle“ veröffentlicht.

 

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