28.06.2024 | Dokumente

Tagesaktuelles Plenarprotokoll 20/179

 

**** NACH § 117 GOBT AUTORISIERTE FASSUNG ****

*** bis 11:30 Uhr ***

 

Deutscher Bundestag

 

179. Sitzung

Berlin, Freitag, den 28. Juni 2024

Beginn: 9.00 Uhr

 

Präsidentin Bärbel Bas: 

Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich wünsche Ihnen allen einen wunderschönen guten Morgen. Die Sitzung ist eröffnet.

Interfraktionell wurde vereinbart, dass der Entwurf eines Medizinforschungsgesetzes auf Drucksache 20/11561 nachträglich dem Wirtschaftsausschuss zur Mitberatung überwiesen werden soll. - Ich sehe keinen Widerspruch. Dann verfahren wir so.

Ich rufe nun den Tagesordnungspunkt 19 sowie Zusatzpunkt 6 auf:

 

19.

 

Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes

Drucksachen 20/9469, 20/9875

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales (11. Ausschuss)

Drucksache 20/11997

 

 

ZP 6

 

Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Arbeit und Soziales (11. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordneten Susanne Ferschl, Gökay Akbulut, Matthias W. Birkwald, weiterer Abgeordneter und der Gruppe Die Linke 

Demokratie stärken – Betriebsräte vor mitbestimmungsfeindlichen Arbeitgebern schützen

Drucksachen 20/11151, 20/11842 

 

Für die Aussprache wurde eine Dauer von 68 Minuten vereinbart. 

Ich eröffne nun die Aussprache. Das Wort hat zuerst für die Bundesregierung der Bundesminister für Arbeit und Soziales, Hubertus Heil.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Hubertus Heil, Bundesminister für Arbeit und Soziales: 

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Fast 46 Millionen Beschäftigte, darunter 35 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigte, stehen morgens auf, arbeiten jeden Tag, halten unser Land am Laufen. Wir haben aber in den letzten Jahren erlebt und erleben auch aktuell, dass die vielen Krisen, die wir zu überstehen hatten - die Finanzkrise, die Coronapandemie, die wirtschaftlichen und sozialen Folgen des russischen Angriffskriegs und die Umbrüche in der Arbeitswelt, die Zeiten der Digitalisierung, des Umbaus der Industriegesellschaft hin zur Klimaneutralität -, zu wahnsinnigen Sorgen und zu Verunsicherung geführt haben. Wir alle spüren das täglich. Deshalb ist es wichtig, dass Beschäftigte Betriebsräte an ihrer Seite haben, dass betriebliche Mitbestimmung in diesem Land ein wirtschaftliches Pfund ist, mit dem wir in Deutschland rechnen können.

Ich habe in den vergangenen Jahren während meiner Amtstätigkeit oft erlebt, dass es Betriebsräte waren, die in Zeiten von Veränderungen und Krisen Verantwortung übernommen haben. Ich habe in einigen Fällen, in denen das Management das Unternehmen an die Wand gefahren hat, erlebt, dass es Betriebsräte waren, die für ihre Kolleginnen und Kollegen eingestanden sind, die nach neuen Investoren geguckt haben, die um Arbeitsplätze gekämpft haben. Ich habe erlebt, wie sich Betriebsräte für Arbeitsschutz und Gesundheit engagieren, für Weiterbildung und für Qualifizierung.

Meine Damen und Herren, heute ist der Tag, an dem wir mal den Tausenden von Betriebsräten, die Verantwortung für ihre Kolleginnen und Kollegen und für unsere Demokratie und ihre Unternehmen übernehmen, ganz, ganz herzlich Danke sagen.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der FDP und der Linken sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der AfD)

Wer sich als Betriebsrätin oder Betriebsrat ehrenamtlich für seine Kolleginnen und Kollegen engagiert, muss sich allerdings auch sicher sein können, dass er deswegen keine beruflichen Nachteile erlebt. Da reichen warme Worte und Sonntagsreden nicht aus. Da braucht es klare gesetzliche Vorlagen. Das betrifft auch die Frage der Festsetzung von Betriebsratsvergütungen. Deshalb hat die Bundesregierung einen Gesetzentwurf vorgelegt, der für Rechtssicherheit und Klarheit sorgt. 

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Was ist der Hintergrund? Wir haben erlebt, dass in diesem Bereich Unsicherheit entstanden ist. Nach Jahren einer einschlägigen Rechtspraxis und Urteilen des Bundesarbeitsgerichtes hat es im Jahr 2023 ein Urteil des Bundesgerichtshofs gegeben, das zu dieser Unsicherheit geführt hat. In einer Reihe von Fällen haben Unternehmen aufgrund dieser Unsicherheiten die Vergütung von Betriebsräten herabgesetzt. Damit machen wir jetzt Schluss. Wir sorgen für Rechtssicherheit für Betriebsräte,

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

für Anstand gegenüber Betriebsräten und übrigens auch für Rechtssicherheit für Personalverantwortliche in den Unternehmen. Das schafft Klarheit. Das stärkt die soziale Betriebspartnerschaft, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Christine Aschenberg-Dugnus (FDP))

Ich habe nach dieser Rechtsunsicherheit, die entstanden ist, eine Kommission aus Rechtsgelehrten eingesetzt. Ihr gehörten der frühere Präsident des Bundessozialgerichts, Herr Professor Schlegel, die frühere Präsidentin des Bundesarbeitsgerichts, Frau Schmidt, und ein erfahrener Arbeitsrechtsprofessor und Anwalt, Herr Thüsing, an. Sie sind im Leben, politisch und auch rechtlich, nicht immer einer Meinung, aber sie haben den Sachverhalt bewertet und uns einen sehr, sehr guten Vorschlag gemacht, für den wir uns herzlich zu bedanken haben.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Wir haben auf Basis dieses Vorschlages unseren Gesetzentwurf entwickelt, und wir haben im Verfahren erlebt - das ist in diesen Tagen etwas Besonderes -, dass die Empfehlungen sowohl bei Arbeitgeberverbänden als auch bei Gewerkschaften auf große Zustimmung getroffen sind. Das zeigt: Wir sind auf dem richtigen Weg.

Meine Damen und Herren, wir stärken mit dem vorliegenden Gesetzentwurf die soziale Betriebspartnerschaft. Wir sorgen für Rechtssicherheit, und im Kern hilft dieser Gesetzentwurf auch, die Demokratie in den Betrieben zu stärken. Demokratie lebt nicht allein vom Deutschen Bundestag und den Parlamentariern, so wichtig wir alle sind oder uns manchmal auch selbst nehmen. Demokratie ist ein Prinzip für alle Teile unserer Gesellschaft und auch für die Arbeitswelt.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Christine Aschenberg-Dugnus (FDP))

In mitbestimmten Unternehmen erleben Beschäftigte täglich, dass ihre Stimme zählt, dass sie mitgestalten können, dass nicht über ihre Köpfe hinweg entschieden wird. Ich habe zum Beispiel auch erlebt, dass sich Betriebsräte immer dafür einsetzen, dass Recht und Gesetz, das dieser Bundestag schafft, in der Praxis stärker eingehalten wird als in einzelnen anderen Bereichen, in denen es keine Betriebsräte gibt. Ich habe zum Beispiel erlebt, dass Betriebsräte im guten Dialog mit ihren Personalverantwortlichen in der Coronapandemie, in ganz schwierigen Zeiten mitgeholfen haben, dass Arbeitsschutz und Hygienekonzepte umgesetzt werden. 

Deshalb, meine Damen und Herren, ist es wichtig, dass wir den vorliegenden Gesetzentwurf, der heute in zweiter und dritter Lesung hier abschließend im Bundestag beraten werden soll, tatsächlich beschließen. Ich will an dieser Stelle auch den Parlamentariern Danke sagen, die dafür gesorgt haben, dass das endlich gelungen ist; das richte ich insbesondere an die Adresse der Koalitionsfraktionen. Ich will stellvertretend für viele Kolleginnen und Kollegen meiner Parlamentarischen Geschäftsführerin Katja Mast danken, die sich liebevoll in den Gesprächen 

(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)

mit unseren ziemlich besten Freunden in der Koalition dafür eingesetzt hat, dass wir das jetzt abschließen können. Ich möchte mich aber ausdrücklich auch bei den Demokratinnen und Demokraten der anderen Fraktionen ganz herzlich bedanken. Ich rechne damit, dass wir heute eine breite Mehrheit im Bundestag für diesen Gesetzentwurf bekommen.

Damit haben wir übrigens die Frage, wie wir den Betriebsräten in Deutschland den Rücken stärken können, in dieser Legislaturperiode noch nicht abgeschlossen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das will ich an dieser Stelle klar sagen. Denn nach dem Betriebsrätemodernisierungsgesetz der Großen Koalition, das wir damals gemeinsam beschlossen haben, ist es Zeit, die Mitbestimmung weiterzuentwickeln und beispielsweise dafür zu sorgen, dass wir wieder mehr mitbestimmte Unternehmen haben und dass zum Beispiel Menschen, die einen Betriebsrat gründen wollen und drangsaliert werden, den notwendigen Schutz bekommen, den sie brauchen. Wir brauchen mehr Mitbestimmung in Deutschland. Dafür sorgen wir.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Präsidentin Bärbel Bas: 

Als Nächster hat das Wort für die CDU/CSU-Fraktion Axel Knoerig.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Axel Knoerig (CDU/CSU): 

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mitbestimmung und Sozialpartnerschaft gehören zur DNA der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Wir stehen hinter der Mitbestimmung, und wir stehen insbesondere hinter den Betriebsräten, die sich tagtäglich für ihre Kollegen einsetzen. Deshalb sage auch ich an dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an all diejenigen, die dieses Ehrenamt jeden Tag ausüben.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP und des Abg. Norbert Kleinwächter (AfD))

Ich sage auch eines ganz klar: Für uns als CDU/CSU-Bundestagsfraktion sind das mehr als nur Worte. Erst gestern hat unsere Fraktion zur Betriebsrätekonferenz-Ost eingeladen. Durch diesen Austausch haben wir erfahren, wo die Kolleginnen und Kollegen vor Ort der Schuh drückt. Wir haben drei klare Botschaften mitgenommen: Stärkt unsere Arbeit als Betriebsräte, stärkt die Tarifbindung, und stärkt vor allem die Wirtschaft, weil an ihr die Arbeitsplätze hängen.

Wir kommen heute erneut zusammen, um über die Vergütung der Betriebsräte zu sprechen. Wir als Union freuen uns, dass hier Klarheit geschaffen wird; denn hier hat ja lange Unsicherheit geherrscht. Jetzt wurde rechtlich nachgebessert. Das war auch lange überfällig, vor allem, wenn man sich, wie die SPD, auf die Fahnen schreibt, dass die Mitbestimmung ganz wichtig ist.

Wir halten fest: Wir reden heute 68 Minuten über einen Gesetzentwurf, bei dem im Grunde genommen, Herr Minister, Einigkeit herrscht. Der Grund dafür ist einfach: Der Gesetzentwurf weist gar keinen politischen Gestaltungswillen auf, sondern bessert lediglich Unklarheiten in der Rechtslage aus. Dazu noch basiert es wortwörtlich - das haben Sie auch angesprochen, Herr Minister - auf einem Gutachten, welches bereits letztes Jahr vorgelegt wurde. Dabei wäre es nie dringender als heute, in der Mitbestimmung wirklich mehr zu schaffen.

Blicken wir auf die Wirtschaft! Das Wachstum stagniert, die Preise steigen, und für die Unternehmen wird es immer schwieriger, sich im Wettbewerb aufzustellen. Das hat Folgen. ZF will in den nächsten Jahren 12 000 Stellen in Deutschland streichen, bei Continental sind es 13 000, bei SAP 8 000, und Bosch baut fast 4 000 Stellen ab. Dazu kommen noch zahlreiche weitere Unternehmen wie BASF, Bayer und Miele. Insgesamt, meine sehr verehrten Damen und Herren, fehlen in den nächsten Monaten 50 000 Arbeitsplätze in Deutschland. Wer ist es dann, der für die Beschäftigten da ist und für einen angemessenen sozialen Ausgleich sorgt? Das ist natürlich der Betriebsrat. 

Gleichzeitig wissen wir, dass Mitbestimmung nicht nur den Beschäftigten, sondern auch den Unternehmen zugutekommt; denn mitbestimmte Unternehmen sind krisenfester und erfolgreicher als solche, die keine Mitbestimmung haben. Diese Robustheit von mitbestimmten Unternehmen benötigen wir auch, wenn wir auf die Innovationen schauen, insbesondere auf die künstliche Intelligenz. KI wird die Arbeitswelt umwälzen. Millionen von Arbeitsplätzen werden sich verändern müssen. Auch hier sind die Betriebsräte wieder einmal der richtige Ansprechpartner. Deshalb haben wir als Union im Jahr 2021 Betriebsräten das Recht gegeben, beim Einsatz von KI im Betrieb mitzubestimmen.

Für uns als Union steht fest: Bei so vielen Herausforderungen müssen wir die Mitbestimmung zukunftsfähig aufstellen. Deshalb schlagen wir seit Längerem ein Modernisierungspaket für unsere Betriebsräte vor. Ich nenne hier nur drei Punkte: Erstens. Betriebsräte müssen selbst entscheiden können, ob sie ihre Gremien digital durchführen wollen. Zweitens. Sie brauchen einen Onlinezugang zu einem schwarzen Brett; das haben wir im Innenministerium schon 2021 eingeführt. Drittens. Auch Betriebsratswahlen müssen online möglich sein.

Schauen wir doch noch mal in den Koalitionsvertrag der Ampel. Was steht drin? Da steht wortwörtlich: 

„Die Mitbestimmung werden wir weiterentwickeln. Betriebsräte sollen selbstbestimmt entscheiden, ob sie analog oder digital arbeiten.“

Was ist in den drei Jahren passiert? Nichts. Dabei wäre das in diesen Zeiten bitter nötig. Deswegen fordere ich die Bundesregierung auf: Schwingen Sie nicht nur schöne Sonntagsreden! Handeln Sie auch in diesem Bereich!

(Beifall bei der CDU/CSU)

Präsidentin Bärbel Bas: 

Als Nächster hat das Wort für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Frank Bsirske. 

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie des Abg. Carl-Julius Cronenberg (FDP))

Frank Bsirske (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): 

Frau Präsidentin! Abgeordnete! Der heute in zweiter und dritter Lesung zur Beschlussfassung anstehende Gesetzentwurf hat seit der ersten Lesung im parlamentarischen Verfahren keine Veränderungen mehr erfahren. Positiv zu werten ist, dass Betriebsvereinbarungen als Mittel der Wahl zur Festlegung sogenannter vergleichbarer Arbeitnehmer/-innen aufgegriffen werden. So hätte man sich durchaus vorstellen können, dass diese Betriebsvereinbarungen im Gesetz mittels Einigungsstelle auch erzwingbar ausgestaltet worden wären. Dazu ist es nicht gekommen. Aber auch so bedeutet dieses Gesetz einen unerlässlichen Schritt zur Wiederherstellung von Rechtssicherheit für Arbeitgeber wie für Betriebsräte. Gerade in Zeiten des Umbruchs, in Zeiten weitreichenden Umbaus betrieblicher Strukturen und Prozesse brauchen wir Menschen, die sich in den Betrieben und in der Interessenvertretung engagieren. Fehlende Entwicklungsmöglichkeiten dürfen da nicht abschrecken. 

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Betriebsräte erfüllen als Interessenvertretung der Beschäftigten elementare Aufgaben. Sie sind Träger der Mitbestimmung und Träger demokratischer Beteiligung in den Betrieben, sie sind Kooperationspartner und zugleich Konfliktpartner der Arbeitgeberseite. Als solche dürfen sie gemäß Betriebsverfassungsgesetz aufgrund ihrer Tätigkeit weder benachteiligt noch bevorzugt werden.

Hier hat ein Urteil des Bundesgerichtshofs nun zu erheblicher Rechtsunsicherheit bei der Auslegung dieses Gesetzes geführt. Was nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts als rechtmäßig galt, wurde vom BGH unter Untreueverdacht gestellt und strafrechtlich bedroht. In der Folge dieses Urteils und aufgrund der damit eingetretenen Rechtsunsicherheit haben mehrere Unternehmen vorsorglich die Vergütung von Betriebsratsmitgliedern und die Betriebsrenten ehemaliger Betriebsratsmitglieder gekürzt bzw. infrage gestellt. Auch dieses Vorgehen ist zum Gegenstand von Klageverfahren gemacht worden. Tatsächlich haben die Kläger zwischenzeitlich in mehreren Verfahren recht bekommen.

Die Rechtsunsicherheit ist entsprechend groß, und der Gesetzgeber ist gefordert, für Klärung zu sorgen. Es kann nicht sein, dass Manager wegen dieser Rechtsunsicherheit mit einem Bein im Gefängnis stehen, dass die Vergütungsgrundsätze für Betriebsräte unklar sind und in der Folge die Bereitschaft gerade besonders befähigter Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit überdurchschnittlichen beruflichen Entwicklungschancen gemindert wird, sich für die Übernahme betriebsverfassungsrechtlicher Aufgaben zur Verfügung zu stellen. Deshalb hat die Ampel diesen Gesetzentwurf vorgelegt. Damit wird im Einvernehmen mit den Sozialpartnern die Betriebsratsvergütung rechtssicher gestaltet. 

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der Linken sowie bei Abgeordneten der FDP)

Betrachten wir die Grundzüge des Gesetzentwurfs, so dürfen Betriebsratsmitglieder aufgrund ihrer Tätigkeit auch weiterhin weder benachteiligt noch bevorzugt werden. Um das sicherzustellen, wird die Gehaltsentwicklung des Betriebsratsmitglieds während der Dauer seiner Betriebsratstätigkeit ins Verhältnis zur Gehaltsentwicklung vergleichbarer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gesetzt. Zur Bestimmung der mit dem Betriebsratsmitglied vergleichbaren Arbeitnehmer/-innen ist auf den Zeitpunkt der Übernahme des Mandats abzustellen, wobei bei Vorliegen eines sachlichen Grundes auch eine Neubestimmung der Vergleichsgruppe vorgenommen werden kann. Und ganz wichtig: Soweit die Vergleichbarkeit in einer Betriebsvereinbarung konkretisiert ist, soll diese künftig nur noch auf grobe Fehlerhaftigkeit hin überprüft werden können.

Des Weiteren werden die Maßstäbe des Verbots von Begünstigung oder Benachteiligung von Betriebsratsmitgliedern dahin gehend konkretisiert, dass eine Begünstigung oder eine Benachteiligung im Hinblick auf das gezahlte Arbeitsentgelt immer dann nicht vorliegt, wenn das Betriebsratsmitglied die für die Gewährung des Arbeitsentgelts erforderlichen Anforderungen erfüllt. Normiert wird in diesem Zusammenhang ein allgemeines, umfassendes Benachteiligungsverbot, das ausdrücklich auch die berufliche Entwicklung der Betriebsratsmitglieder umfasst. Die bestehende Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes zum fiktiven Beförderungsanspruch und zu hypothetischen Karrieren wird explizit aufgegriffen. Der Arbeitgeber ist gehalten, den Betriebsratsmitgliedern eine berufliche Entwicklung zu gewährleisten, wie sie sie ohne Amtstätigkeit durchlaufen hätten, und eine entsprechende Bezahlung sicherzustellen - nicht mehr, aber auch nicht weniger.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Bei Stellenbesetzungen sind auch die durch die Amtstätigkeit und während der Amtstätigkeit erworbenen Kenntnisse, Fähigkeiten und Qualifikationen zu berücksichtigen, soweit sie im Unternehmen auch außerhalb des Betriebsratsamtes für die jeweilige Stelle karriere- und vergütungsrelevant sind. Diese Fähigkeiten und Qualifikationen müssen dabei das Ergebnis eines individuellen persönlichen Lernprozesses des Betriebsratsmitglieds sein. Der bloße Zuwachs von Kompetenzen, Kenntnissen und Fähigkeiten während der Ausübung des Amtes als Betriebsrat begründet ohne Bezug zu einer konkreten Stelle im Betrieb und ohne Bezug zum Anforderungsprofil dieser Stelle noch keinen Anspruch auf eine höhere Vergütung. 

Das Gesetz dient so der Wahrung der inneren und äußeren Unabhängigkeit der Mitglieder des Betriebsrats sowie der unentgeltlichen Wahrnehmung ihres Amtes als Ehrenamt. Denn es ist das Ehrenamtsprinzip, welches entscheidend dazu beiträgt, dass die vom Betriebsrat vertretenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer davon ausgehen können, dass die Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber nicht durch die Gewährung oder den Entzug materieller Vorteile für die Mitglieder des Betriebsrats beeinflussbar sind. Mit dem Gesetz stärken wir das Ehrenamtsprinzip und stärken die Betriebsräte für die Ausübung ihrer Aufgaben. 

Dieser Gesetzentwurf hat die Unterstützung beider Dachverbände, dem der Arbeitgeber wie dem der Gewerkschaften, und er verdient die breite Unterstützung dieses Hauses. 

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der Linken sowie bei Abgeordneten der FDP)

Präsidentin Bärbel Bas: 

Als Nächster hat das Wort für die AfD-Fraktion Norbert Kleinwächter.

(Beifall bei der AfD)

Carl-Julius Cronenberg (FDP): 

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Betriebsratsarbeit ist ein Ehrenamt. Daran halten wir fest; so soll es bleiben. Ganz grundsätzlich ist die betriebliche Mitbestimmung seit 100 Jahren tragende Säule gelebter Sozialpartnerschaft in Deutschland, und das ist gut so. Damit das auch in Zukunft so bleibt, verabschieden wir heute ein Gesetz, das Rechtsunsicherheiten und Unklarheiten in Fragen der Betriebsratsvergütung aus dem Weg räumt, und auch das ist gut so, liebe Kolleginnen und Kollegen. Der Gesetzentwurf stützt sich auf die Empfehlung einer hochkarätigen Kommission und auch auf die Ergebnisse der Sachverständigenanhörung. Und er wird getragen - das, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist uns Freien Demokraten besonders wichtig - von der positiven Bewertung der Sozialpartner. Was Arbeitgeber und Gewerkschaften gutheißen, das muss der Gesetzgeber nicht übersteuern. 

Gelebte Subsidiarität führt zu mehr als nur Rechtsfrieden in den Betrieben. Sie stärkt die vertrauensvolle Zusammenarbeit, zu der § 2 des Betriebsverfassungsgesetzes Arbeitgeber und Betriebsrat auffordert. Die Frage allerdings, wie hoch die Vergütung der Betriebsräte sein soll, ist knifflig. Es geht um die innere und äußere Unabhängigkeit der Betriebsräte; Kollege Bsirske hat dazu ausgeführt. Betriebsräte dürfen aufgrund ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit weder begünstigt noch benachteiligt werden. Das Begünstigungsverbot gilt, damit Betriebsräte nicht in Versuchung geraten, am Ende Arbeitgeberinteressen zu vertreten, das Benachteiligungsverbot, damit das Ehrenamt Betriebsrat attraktiv bleibt und nicht zum Karrierekiller wird. Nur so wird die hohe demokratische Legitimation der gewählten Betriebsräte einerseits und ihrer Vereinbarungen mit den Arbeitgebern andererseits gewährleistet; daran wird auch nicht gerüttelt. 

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Matthias W. Birkwald (Die Linke))

So weit, so gut. Wie jedoch setzt man nun das gleichzeitige Begünstigungs- und Benachteiligungsverbot praktisch um? Welche Laufbahn im Betrieb wird zugrunde gelegt? Darüber bestand Rechtsunsicherheit, nicht zuletzt, weil es in Einzelfällen zu erstaunlichen Auswüchsen gekommen war. Diese Unsicherheiten räumen wir nun aus dem Weg, indem wir die gesetzliche Möglichkeit schaffen, dass Arbeitgeber und Betriebsrat selbst im Rahmen einer Betriebsvereinbarung ein Verfahren zur Festlegung vergleichbarer Arbeitnehmer regeln. Das achtet nicht nur die Subsidiarität, das adelt sie, liebe Kolleginnen und Kollegen. 

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Im Übrigen hat die BDA in der öffentlichen Anhörung zu Protokoll gegeben, dass schon heute etliche Betriebe die Betriebsratsvergütung in Betriebsvereinbarungen geregelt haben, allen Rechtsunsicherheiten zum Trotz. Mir wäre nicht bekannt, dass es in diesen Betrieben zu Konflikten oder gar Rechtsstreitigkeiten gekommen wäre. Da ist Ruhe im Stall. 

(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)

Außerdem reduzieren wir mit dem vorliegenden Gesetzentwurf Risiken für redlich handelnde Arbeitgeber, ohne Betriebsratsrechte einzuschränken. Und auch das ist sehr viel wert in Zeiten großer Verunsicherung.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

So überrascht es nicht, dass sich eine sehr breite Zustimmung zum vorliegenden Gesetzentwurf abzeichnet. Wenn dem aber so ist, dass neben der Koalition auch die Opposition und vor allem auch die Sozialpartner dem Gesetzentwurf zustimmen und ihn gutheißen und damit ein Gesetzentwurf, der den Sozialpartnern mehr Freiheitsvertrauen entgegenbringt, breiteste Zustimmung erfährt, dann gerne mehr davon. Dann lohnt es sich, genau zu schauen, bei welchen Fragen dieses Gesetz Blaupause sein kann. Zum Beispiel beim Arbeitszeitrecht: Wir kennen doch alle irgendeinen Betrieb, zum Beispiel in der Pflege, wo Betriebsrat und Arbeitgeber für ihre Branche oder ihren Betrieb passende Arbeitszeitmodelle bei den Arbeitsschutzbehörden beantragen, die sie dann mit Verweis auf die aktuelle Gesetzeslage ablehnen. Muss das wirklich sein? 

Ein bisschen mehr Freiheitsvertrauen schafft auch da Rechtssicherheit.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Ein bisschen mehr Freiheitsvertrauen, und wir bauen eventuelle Vorbehalte von Arbeitgebern gegenüber der Einrichtung eines Betriebsrats ab. Ein bisschen mehr Freiheitsvertrauen, und wir helfen jungen Familien, Beruf und Betreuung besser unter einen Hut zu bekommen. So stärken wir den Standort Deutschland, liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Beifall bei Abgeordneten der FDP - Friedrich Merz (CDU/CSU): Ja, dann mal los!)

Krieg und Krisen fordern Wirtschaft und Gesellschaft in besonderem Maße heraus, und, ja, auch die Transformation wird anstrengend. Aber wir können selbstbewusst sagen: „Deutschland kann Strukturwandel“, nicht zuletzt, wenn und weil die Sozialpartner vertrauensvoll zusammenarbeiten.

(Beifall des Abg. Frank Bsirske (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Damit das so bleibt, stärken wir heute das Betriebsverfassungsrecht.

Wir Freie Demokraten stimmen dem Gesetzentwurf zu und laden den Rest des Hauses ein, es uns gleichzutun.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Präsidentin Bärbel Bas: 

Als Nächster hat das Wort für die CDU/CSU-Fraktion Wilfried Oellers.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wilfried Oellers (CDU/CSU): 

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir beraten heute abschließend einen Gesetzentwurf zur Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes. Dieser Gesetzentwurf ist notwendig geworden, weil der Bundesgerichtshof in einem Fall einer sehr hohen Vergütung von Betriebsräten den Tatbestand der Untreue angenommen hatte. 

Der Gesetzentwurf bringt nun Klarheit und Rechtssicherheit, und diese Rechtssicherheit brauchen auch die Betriebsräte und die Arbeitgeber, um auch diese Bereiche richtig regeln zu können. Die Betriebsräte - deswegen ist die Rechtssicherheit auch so wichtig - erfüllen eine ganz wichtige Aufgabe in der Wahrnehmung der Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den Betrieben, und für diese Wahrnehmung der Aufgabe danke ich ganz persönlich und im Namen meiner Fraktion allen Betriebsräten ganz herzlich.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP und der Abg. Frank Bsirske (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und Matthias W. Birkwald (Die Linke))

Richtig und wichtig ist an dieser Stelle allerdings auch, dass das bereits bestehende Ehrenamtsprinzip beibehalten wird. Der Einsatz für die Belange der Belegschaft soll aus Überzeugung erfolgen und nicht aus finanziellen bzw. monetären Gründen. Das war und ist für unsere Fraktion besonders wichtig, und wir freuen uns daher, dass das auch so bestehen bleibt. Die Personen, die sich in einem Betriebsrat und für die Belegschaft engagieren, dürfen also nicht bevorteilt werden, aber sie dürfen auch nicht benachteiligt werden.

Dieses Benachteiligungsverbot ist in § 78 Satz 2 Betriebsverfassungsgesetz niedergelegt. Es wird hier durch einen Mindestvergütungsanspruch ergänzt. Zur Ermittlung der Vergütung wird eine entsprechende Vergleichsgruppe gebildet. Auch zusätzlich erworbene Kompetenzen können später berücksichtigt werden. Diese Klarstellung in § 78 Satz 2 Betriebsverfassungsgesetz ist richtig, wichtig und sinnvoll und entspricht eben auch - und das ist ganz wichtig zu betonen - der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts an dieser Stelle.

Die zweite Präzisierung, die vorgenommen wird, erfolgt in § 37 Absatz 4 Betriebsverfassungsgesetz. Hier soll gesetzlich geregelt werden, was in großen Unternehmen bereits geübte Praxis ist. Betriebsräte können bei Start ihrer Betriebsratstätigkeit in Vergleichsgruppen eingeordnet werden. Diese Vergleichsgruppe bildet dann für den Betriebsrat vergleichbare Arbeitnehmer mit ähnlichen Qualifikationen ab. Wenn die Mehrheit dieser Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer befördert wird, gilt dies auch für die Betriebsrätin bzw. den Betriebsrat, sodass keine Benachteiligung erfolgt. 

Diese Vergleichsgruppen bestimmen die Tarifpartner, also der Arbeitgeber und der Betriebsrat selber. Somit ist auch in diesem Punkt eine entsprechende Transparenz gegeben. Die Überprüfung auf grobe Fehlerhaftigkeit ist das einzige Element, um mehr Rechtssicherheit auch für die Tarifpartner an der Stelle reinzubringen, und es ist gut, dass die Messlatte weit oben angesetzt wird, damit hier auch eine größtmögliche Rechtssicherheit gegeben ist. 

Allerdings hätte ich mir gewünscht - das muss man kritisieren, und das habe ich in der ersten Lesung, Herr Minister, auch bereits kritisiert -, dass es einige Verbesserungen im Hinblick auf die Rechtssicherheit gibt.

Der erste Punkt ist die Frage, ob bei der Übernahme eines Betriebsratsamtes weitere Qualifizierungen und Weiterbildungen, zum Beispiel ein Studium oder auch eine Meisterprüfung, ein sachlicher Grund für eine Neubestimmung der vergleichbaren Arbeitnehmer sein könnte. Eine Antwort darauf wäre in meinen Augen sehr wichtig gewesen, um hier mehr Rechtssicherheit reinzubringen. 

Der zweite Punkt ist, dass auch die Frage einer hypothetischen Karriere hätte geklärt werden können. In der Begründung hätte man sicherlich Gelegenheit gehabt, auch hier mehr Rechtssicherheit zu schaffen.

Im Kern setzt die Ampel mit dem Gesetzentwurf aber das um, was, wie eben schon mal gesagt, geübte Praxis ist und auch durch die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts bestätigt wird. 

Dass die Koalition auf Besitzwahrung beharrt und nicht weiterentwickelt, ist - das muss man sagen - etwas bedauerlich. Letztlich ist das wahrscheinlich auch darauf zurückzuführen, dass man hier im Ergebnis wohl keine große Diskussion aufmachen möchte und etwas auf Zeit spielt, nach dem Motto: Wenn ich mehr auf Zeit spiele, dann kann ich auch nichts falsch machen. Zeitspiel im Fußball bedeutet eigentlich, dass man Angst vor dem Ausscheiden hat. Es wäre meiner Ansicht nach besser gewesen, man hätte hier noch mehr Rechtssicherheit geschaffen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir danken den Betriebsräten für ihre Tätigkeit und danken ganz herzlich dafür, dass das Gesetz kommt. Es hätte bei der Einigkeit, die wir heute im Haus haben, natürlich auch früher kommen können.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Präsidentin Bärbel Bas: 

Als Nächster hat das Wort für die SPD-Fraktion Jan Dieren.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Jan Dieren (SPD): 

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Abgeordnete in den demokratischen Fraktionen und Gruppen! Liebe Kolleginnen und Kollegen in den Betrieben und Unternehmen! Das Gesetz, das wir hier heute endlich beschließen wollen, macht eigentlich nicht viel. Es sorgt bloß für rechtliche Klarheit bei der Vergütung freigestellter Betriebsratsmitglieder. Das ist nicht viel, aber es ist sehr wichtig. 

Die Arbeit im Betriebsrat ist ein Ehrenamt. Zigtausende Kolleginnen und Kollegen in den Betriebsräten in ganz Deutschland helfen bei Konflikten am Arbeitsplatz, sorgen dafür, dass Einstellungen, Versetzungen und Eingruppierungen fair ablaufen. Sie achten darauf, dass Arbeits- und Gesundheitsschutz eingehalten werden, nicht zu viele Überstunden gemacht werden, Unternehmen familienfreundlicher werden. All das machen sie ehrenamtlich und häufig sogar in ihrer Freizeit.

In Betrieben ab 200 Beschäftigten wird ein Betriebsratsmitglied freigestellt, da die Tätigkeit der Betriebsratsmitglieder so umfangreich ist, dass sie neben der eigentlichen Arbeit nicht mehr zu bewältigen ist. Freigestellte Betriebsratsmitglieder bekommen dafür keine Extravergütung, sondern ihren bisherigen Lohn einfach fortgezahlt. 

Bislang gab es dazu eine sehr klare Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts - von der haben wir jetzt schon häufiger gehört -, die besagte, dass sich die Löhne von freigestellten Betriebsratsmitgliedern so weiterentwickeln sollen wie die vergleichbarer Kolleginnen und Kollegen im Durchschnitt oder entsprechend dem, wie sich die Karriere des Betriebsratsmitglieds entwickelt hätte, wenn es nicht in den Betriebsrat gewählt und freigestellt worden wäre. Diesen Grundsatz hat nun der Bundesgerichtshof durch ein Urteil im letzten Jahr infrage gestellt und damit einen Widerspruch zwischen zwei höchsten deutschen Gerichten ausgelöst.

Diesen Widerspruch lösen wir jetzt mit diesem Gesetz auf und stellen klar: Die Vergütung von Betriebsratsmitgliedern soll sich an der Lohnentwicklung vergleichbarer Beschäftigter orientieren, und wenn sich Unternehmensleitung und Betriebsrat auf Grundsätze dafür einigen und sie transparent in Betriebsvereinbarungen festhalten, dann ist das rechtmäßig. Das sorgt für rechtliche Klarheit, für Betriebsräte, aber auch - der Minister hat es erwähnt - für die Unternehmensleitung.

Das ist also keine große Gesetzesänderung. Sie steht aber für viel mehr; denn sie gibt denen Sicherheit, die sich entscheiden, ihren Arbeitsplatz mitzugestalten, die sich nicht damit zufriedengeben, die Dinge zu lassen, wie sie sind. 

Viele Menschen erleben häufig auf der Arbeit, dass dort Entscheidungen getroffen werden, auf die sie keinen Einfluss haben: Investitionen, Arbeitsplatzabbau, Produktionsverlagerungen, Umschulungen. Gibt es Homeoffice oder nicht? - Das sind Entscheidungen, die für die Beschäftigten mal gut, mal schlecht sind, häufig weitreichende Folgen haben. In einer Zeit, die ohnehin von viel Unsicherheit geprägt ist, von Kriegen, Krisen, Inflation, kann es zu weiterer Verunsicherung beitragen, wenn Menschen dann auch noch am Arbeitsplatz erleben, dass dort Entscheidungen über ihren Kopf hinweg getroffen werden. 

Dieser Verunsicherung wirkt Mitbestimmung entgegen. Über die Mitbestimmung haben die Kolleginnen und Kollegen in den Betriebsräten nämlich Einfluss auf Entscheidungen, die sie in ihrer Arbeit, in ihrem Leben betreffen. Je mehr dieser Entscheidungen von der Mitbestimmung geprägt sind, umso mehr Sicherheit gibt ihnen das.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Demokratie heißt ja, dass wir Menschen es nicht anderen, nicht Einzelnen überlassen, über unser Leben, über unsere Arbeit zu bestimmen, sondern das selbst machen, selbst darüber entscheiden, wie wir unser Leben und unsere Arbeit gestalten. Hubertus Heil, der Arbeitsminister, hat es gerade gesagt: Das passiert nicht nur in den Parlamenten - im Bundestag, in den Landtagen, in den Stadträten und Gemeinderäten in diesem Land -, sondern wir können überall Entscheidungen demokratisch organisieren, natürlich auch da, wo die Menschen die meiste Zeit ihres Lebens verbringen: am Arbeitsplatz.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Und dafür sind Betriebsräte ein entscheidender Hebel. Betriebsräte sind unverzichtbar, um den Wandel der Arbeitswelt im Sinne der Menschen zu gestalten. Deshalb brauchen sie zeitgemäße Rechte, um zum Beispiel mit der Digitalisierung, mit künstlicher Intelligenz angemessen umgehen zu können, um diesen gesellschaftlichen Wandel selbst zu gestalten und Menschen darin Sicherheit zu geben, 

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

es ihnen also zu überlassen, sich Sicherheit selbst demokratisch zu organisieren. So sorgen Betriebsräte auch für mehr Demokratie am Arbeitsplatz, für mehr Demokratie in unserer Gesellschaft, und dabei wollen wir sie unterstützen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Präsidentin Bärbel Bas: 

Als Nächste hat das Wort für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Beate Müller-Gemmeke.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Beate Müller-Gemmeke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): 

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minister! Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen und Gruppen! Der Gesetzentwurf zur Betriebsratsvergütung ist überfällig. Er wurde in einer Kommission erarbeitet und zwischen der Gewerkschafts- und Arbeitgeberseite geeint. Hier im Bundestag wird er nachher hoffentlich eine große Mehrheit bekommen. Das schafft Vertrauen und Akzeptanz, und das ist gut und wichtig.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Dr. Martin Rosemann (SPD) und Carl-Julius Cronenberg (FDP))

Mit dem Gesetzentwurf schaffen wir bei der Betriebsratsvergütung Rechtssicherheit und auch Rechtsklarheit für alle Beteiligten. Das ist dringend notwendig; denn auch schon vor dem Urteil war es bei der Vergütung von Betriebsräten teilweise nicht ganz einfach, und auch hier im Bundestag gab es schon mal eine parlamentarische Initiative, die dann aber zurückgezogen wurde. 

Nach dem Urteil vom Bundesgerichtshof war die Unsicherheit sehr groß. Es gab natürlich Unternehmen, die sofort darauf reagiert und die Vergütung von Betriebsratsmitgliedern spürbar gekürzt haben. Wenn von heute auf morgen Einkommen spürbar wegbricht, dann geht das natürlich an die Existenz. Deshalb hat die IG Metall in Hunderten Verfahren Betriebsrätinnen und Betriebsräte vertreten, und deswegen ist es jetzt an der Zeit, dass wir die Vergütung endlich neu und rechtssicher ordnen. Das ist wichtig, damit sich die Beschäftigten auch weiterhin in Betriebsräten engagieren, und das ist vor allem auch Voraussetzung dafür, dass die Mitbestimmung im Unternehmen gut funktioniert.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Christine Aschenberg-Dugnus (FDP))

Zentral ist, dass die im Rahmen der Betriebsratsarbeit erworbenen Qualifikationen bei der Vergütung berücksichtigt werden, und zwar - das ist jetzt die Lösung -, wenn das bei anderen Tätigkeiten im Unternehmen auch üblich ist, wenn es also vergütungsrelevante Qualifikationen sind. Dieser Aspekt ist uns ein besonderes Anliegen; denn die Arbeit in den Betriebsräten muss natürlich fair und gerecht entlohnt werden. Guter Lohn bedeutet nämlich auch Anerkennung und Wertschätzung. 

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Das ist wichtig; denn die Mitbestimmung ist gelebte Demokratie, und die muss gestärkt werden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Wer als Betriebsrätin oder Betriebsrat arbeitet - und das vielleicht über viele Jahre -, lernt natürlich viel, um die Arbeit gut bewältigen zu können. Die Themen, mit denen sie sich beschäftigen müssen, sind vielfältig. Das reicht von juristischem Sachverstand, wenn es um das Betriebsverfassungsgesetz geht, über betriebswirtschaftliches Wissen - mittlerweile geht es um Kompetenzen bei der IT, bei KI und Software - bis hin zu Beratungs- und Verhandlungskompetenzen und auch psychologischem Feingefühl. Wenn sich Beschäftigte im Betriebsrat längere Zeit engagieren, dann haben sie nachweislich besondere zusätzliche Kompetenzen, und die müssen auch honoriert werden. Alles andere wäre nicht gerecht.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Der Bundesgerichtshof hat auch festgestellt, dass das Vergütungssystem transparent und nachvollziehbar sein muss; das ist vollkommen richtig. Auch das schafft Vertrauen und Akzeptanz. Deshalb haben wir im Gesetz explizit aufgenommen, dass eine transparente Vergütung am besten durch eine Betriebsvereinbarung zu regeln ist. Das ist nicht nur transparent, sondern auch ein Anreiz für passende Vereinbarungen auf betrieblicher Ebene. Ich hoffe sehr, dass diese Möglichkeit in den Unternehmen auch tatsächlich genutzt wird und viele Betriebsvereinbarungen abgeschlossen werden. Das stärkt die Mitbestimmung.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Carl-Julius Cronenberg (FDP))

Natürlich werden und müssen wir die Mitbestimmung auch noch gesetzlich stärken. Die Stichworte sind bekannt, und sie stehen auch im Koalitionsvertrag: Es geht um ein digitales Zugangsrecht für die Gewerkschaften; das Schwarze Brett ist einfach nicht mehr zeitgemäß. Es geht um das Offizialdelikt, wenn die Arbeit von Betriebsräten behindert oder verhindert wird. Wir wollen die Betriebsratsarbeit natürlich auch digitaler ausgestalten. Und wir werden auch nochmals darüber reden müssen, neue, zeitgemäße Mitbestimmungsrechte einzuführen. Da geht es dann um das Thema Qualifizierung, aber auch um die Klimabilanz in den Unternehmen. 

Das alles ist wichtig; denn wir brauchen bei den anstehenden Herausforderungen - Transformation und Digitalisierung - handlungsfähige Betriebsräte.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Carl-Julius Cronenberg (FDP))

Präsidentin Bärbel Bas: 

Als Nächster hat das Wort für die CDU/CSU-Fraktion Peter Aumer.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Peter Aumer (CDU/CSU): 

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir beschließen heute eine Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes, die in den Betrieben zu mehr Rechtssicherheit führt, und das ist gut so. Sehr geehrter Herr Minister, wir tragen dieses Gesetz auch mit. 

(Bernd Rützel (SPD): Sehr gut!)

Wenn man bei den Betriebsräten vor Ort unterwegs war - Herr Vorsitzender des Ausschusses, Sie waren das sicherlich auch sehr häufig -, dann merkte man aber, dass die Verunsicherung bei den Betriebsräten relativ groß war. Was wirklich traurig und schade ist: dass man so lange gebraucht hat, dieses kleine Gesetz auf den Weg zu bringen. 1,5 Jahre haben Sie jetzt gebraucht,

(Beifall bei der CDU/CSU - Marc Biadacz (CDU/CSU): Sehr gute Analyse, Peter!)

und das, meine Damen und Herren der Ampel, ist wirklich fast beschämend. Wenn man mit den Betriebsräten spricht und hört, dass sie ihren Lohn nur noch unter Vorbehalt ausbezahlt bekommen, dann sollte man eigentlich von der Regierung erwarten können, dass so was schneller geht. Solidarität schaut anders aus; Rückenstärkung, Herr Minister, wie Sie das vorhin genannt haben, schaut anders aus. 

(Hubertus Heil, Bundesminister: Die Regierung war schnell!)

- Gut, wenn das das Tempo ist, das der Bundeskanzler gestern angekündigt hat, dann sollte man hoffen, dass das nicht unbedingt eintritt.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Herr Minister Heil, Sie haben seit Langem mal wieder ein Thema des Arbeitsmarktes auf die Tagesordnung hier im Plenum gebracht. Sie waren ja eigentlich immer mehr Sozialminister als Arbeitsminister. Ich glaube, in der Zeit, in der wir heute sind, in der wir eine konjunkturelle Schwäche haben, ist es erforderlich, dass Sie sich stärker mit dem Arbeitsmarkt auseinandersetzen, 

(Beifall bei der CDU/CSU)

dass Sie Antworten auf die konjunkturelle Schwäche unseres Landes geben. Ich glaube, es macht einen guten Minister auch aus, das Richtige zur richtigen Zeit zu tun. 

Wir haben nächste Woche, am 2. Juli 2024, ein Jubiläum: Vor 20 Jahren wurde hier im Deutschen Bundestag die Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe beschlossen. Da hat sogar jemand aus Ihren Reihen erkannt, dass es dringender Maßnahmen bedarf, um unseren Arbeitsmarkt zu stärken. Leider ist die Ampelkoalition nicht imstande, das zu tun.

(Dr. Martin Rosemann (SPD): Aus Ihren Reihen war das ja niemand! Da haben Sie auch nur zugestimmt! - Angelika Glöckner (SPD): Sie haben sich immer nur weggeduckt, und jetzt sind Sie wieder am Reden! - Saskia Esken (SPD): Sie haben zugestimmt! - Beate Müller-Gemmeke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie haben immer nur zugestimmt! Keine eigenen Initiativen!)

- Wir haben dem damals zugestimmt, und es war eine richtige Entscheidung. Ich glaube, es macht dieses Haus auch aus, dass man richtige Entscheidungen auch gemeinsam trifft. 

Wenn man sich Ihre seit 20 Jahren größte Sozialreform, die Ihr Minister angekündigt hat, das Bürgergeld, anschaut, dann sieht man, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass es

(Saskia Esken (SPD): Sie haben zugestimmt!)

- ja, wir haben zugestimmt - nach eineinhalb Jahren schon Risse bekommt. Ihr Bundeskanzler hat sogar gesagt, dass man gewisse Nuancen ändern muss. Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, sollten Sie sich mal überlegen!

(Saskia Esken (SPD): Warum haben Sie denn zugestimmt?)

- Warum wir zugestimmt haben? Weil wir Schlimmeres verhindert haben, Frau Esken.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich glaube, Sie sollten es mit Ihrer Verdrehung der Tatsachen mal sein lassen und nicht in der Öffentlichkeit Dinge anders darstellen, als sie wirklich sind. 

(Saskia Esken (SPD): Sie verdrehen die Tatsachen! - Beate Müller-Gemmeke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ja, das kann man Ihnen auch mal sagen! Sie haben ja keine anderen Themen mehr!)

Kümmern Sie sich mal um die wichtigen Dinge in unserem Land! Kümmern Sie sich darum, dass die Sozialpartnerschaft gestärkt wird, Herr Minister Heil! Auch da sind Sie wieder auf Irrwegen. Wenn Sie jetzt mit dem Tariftreuegesetz um die Ecke kommen, ist das, glaube ich, wieder ein Zeichen dafür, dass Sie nicht Bürokratie abbauen, sondern dass Sie Bürokratie aufbauen.

(Kai Whittaker (CDU/CSU), an Bundesminister Hubertus Heil gewandt: Genau das haben Sie gemacht! - Gegenruf des Bundesministers Hubertus Heil - Beate Müller-Gemmeke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie wissen es immer besser!)

- Das ist so, Herr Heil. - Ich glaube, es wäre die Aufgabe der Zeit, Sozialpartner im Miteinander zu stärken. 

Deswegen, weil das Miteinander wichtig ist, stimmen wir diesem Gesetzentwurf zu und hoffen, dass man die soziale Marktwirtschaft stärkt. Dazu braucht es, glaube ich, andere Entscheidungen als die, die die Ampel auf den Weg bringt.

Danke.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Präsidentin Bärbel Bas: 

Als Nächster hat das Wort für die FDP-Fraktion Pascal Kober.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Pascal Kober (FDP): 

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der heutige Tag ist in der Tat ein guter Tag für die Mitbestimmung in Deutschland; denn wir schaffen ein Stück Rechtssicherheit beim Thema „Vergütung von Betriebsräten“. Das war längst überfällig. Deshalb ist es auch gut, dass wir in dieser Debatte die Arbeit der Betriebsrätinnen und Betriebsräte in dieser Republik, in den Betrieben auch in einer besonderen Weise würdigen und dass zur Sprache kommt, dass sie - überwiegend jedenfalls - sehr verantwortungsbewusst die Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in ihren konkreten Betrieben vertreten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es gibt in dieser Debatte aber doch eine kleine Schlagseite, und auf die möchte ich dann doch auch hinweisen. 

Insbesondere der Antrag der Linken, der hier ja auch zur Debatte vorgelegt worden ist, zeichnet doch ein Bild, das zu sehr schwarz-weiß ist. Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist nicht so in unserem Land, dass nur dort, wo es Mitbestimmung gibt, gute Arbeitsverhältnisse wirken. Und es ist nicht so, dass Betriebsrätinnen und Betriebsräte 

(Zuruf der Abg. Susanne Ferschl (Die Linke))

immer nur das Gute im individuellen Betrieb für ihre Kolleginnen und Kollegen im Schilde führen.

(Katja Mast (SPD): So wie Arbeitgeber auch nicht!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, natürlich ist es so, dass gerade auch in den Unternehmen, die vor Kurzem gegründet wurden und in denen sich vielleicht noch kein Betriebsrat gebildet hat, gute Arbeitsbedingungen existieren können. Das ist doch die überwiegend richtige Wahrheit. Das zeigt der differenzierte Blick auf die Wirklichkeit, und das sollten wir an dieser Stelle auch betonen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU - Saskia Esken (SPD): Es führen nicht alle das Beste im Schilde! Also wirklich!)

Die Mär vom bösen Arbeitgeber auf der einen Seite, der immer gegen die wehrlosen Beschäftigten vorgeht, und von den ehrenamtlichen Betriebsratsmitgliedern auf der anderen Seite als unbeeinflussbare Retter in der Not: All das ist zu schwarz-weiß und entspricht nicht der Wirklichkeit. Liebe Kolleginnen und Kollegen der Linken, in Ihrem Antrag zu schreiben, dass der Einsatz für Demokratie in den Betrieben eine Gefahr für diejenigen darstellen würde, die das umsetzen wollen: Das ist eine Hetze, die wir hier nicht weiter im Munde führen sollten.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP - Zuruf von der Linken) 

Auch unter Betriebsrätinnen und Betriebsräten gab es Fälle von kriminellem Handeln. Es gab Zahlungen in Millionenhöhe, die angenommen wurden. Es gab eine Finanzierung von Prostituierten. Es gab Zahlungen an Lebensgefährtinnen, und es gab Zahlungen für angebliche Beratungsleistungen, die nie erbracht worden sind. Auch diese Seite wird jetzt, wenn man so will, geordnet werden, weil wir durch das heute vorliegende Gesetz die Vergütungsregeln eben eindeutig definieren werden. Das ist auch gut, um auf der Seite den Missbrauch zu begrenzen.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns in unseren Debatten die gute Arbeit auf Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmerseite, auf der Seite der Betriebsrätinnen und Betriebsräte zu Recht würdigen. Lassen Sie uns aber auch nicht vergessen, dass die überwiegende Zahl der Unternehmerinnen und Unternehmer verantwortungsbewusst die Unternehmen führen, dass sie selber Interesse an guten Arbeitsbedingungen haben, dass es auch in Unternehmen, wo es keine formale Mitbestimmung durch Betriebsräte gibt, doch auch Mitarbeiterbeteiligungen gibt, und lassen Sie uns ernstnehmen, dass es Studien gibt, wonach es keinen Zusammenhang zwischen der Existenz eines Betriebsrates auf der einen Seite und der Zufriedenheit der Mitarbeiter auf der anderen Seite gibt.

(Widerspruch der Abg. Saskia Esken (SPD))

Liebe Kolleginnen und Kollegen, für diese Differenziertheit werbe ich; denn es muss uns ein Warnsignal sein, dass der Weg - die Lebensentscheidung -, Unternehmer zu werden, in Deutschland immer seltener beschritten wird. Die Zahl der Unternehmensnachfolger hat sich in den Jahren seit 2009 halbiert. Am Ende gilt doch: Wenn es keine Unternehmer gibt, gibt es auch keine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und dann auch keine Betriebsräte.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Dr. Martin Rosemann (SPD) - Zuruf des Abg. Thorsten Frei (CDU/CSU))

Präsidentin Bärbel Bas: 

Als Nächster hat das Wort für die SPD-Fraktion Bernd Rützel. 

(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Beate Müller-Gemmeke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Bernd Rützel (SPD): 

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Da, wo es Betriebsräte gibt, Pascal Kober, geht es den Menschen besser. Da, wo es Gewerkschaften gibt, da, wo es Tarifverträge gibt, geht es auch den Unternehmen besser. Da sind sie glücklicher, zufriedener und wirtschaftlich erfolgreicher. - Das ist nicht das, was ich mir heute früh ausgedacht habe; das ist das, was wissenschaftlich erwiesen ist.

(Beifall bei der SPD und der Linken sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich habe im Übrigen noch nie gehört, dass ein Unternehmen wegen eines knurrigen oder sturen Betriebsrates zugrunde gegangen ist; aber ich habe öfter darüber gelesen, dass durch falsches Management, durch Missmanagement, manche Betriebe in Schieflage gekommen sind.

(Beifall bei der SPD und der Linken sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Sie stimmen mir sicher zu, wenn ich sage, dass sich in Deutschland sehr viele Menschen in Gemeinderäten, in Kreisräten, 

(Zuruf von der CDU/CSU: Das kann man nicht vergleichen!)

in Stadträten organisieren und kümmern, ehrenamtlich. Sie stärken unsere Demokratie - die allermeisten zumindest. Aber wussten Sie, dass es sogar noch mehr Menschen in Deutschland sind, die sich in Personalräten, in Betriebsräten, in Jugend- und Auszubildendenvertretungen engagieren? Ihnen gebührt der große Dank - das ist heute auch mehrfach gesagt worden -; denn sie kümmern sich um diesen Interessenausgleich. 

Das ist oftmals nicht einfach, weil du in einer Sandwichposition bist und vermitteln musst, und du musst auch immer den Weitblick haben, dass es dem Unternehmen gut geht, das sich wandelt. Es ist vieles gesagt worden; Jan Dieren hat es aufgezählt. Es geht darum, immer dranzubleiben, damit man erfolgreich ist. Denn die Menschen in den Betriebsräten, in den Personalräten sind ja ihr ganzes Leben lang in dem Betrieb und haben ja voll den Blick darauf und das Interesse, dass es dem Betrieb und den Menschen besser geht.

Ich selber war Maschinenschlosser, später freigestellt als Jugend- und Auszubildendenvertreter und als Betriebsrat. In dieser Zeit entwickelt man sich weiter: Man bekommt Schulungen, man bekommt Einblicke, man lernt, zu leiten, man vermittelt; man hat ganz andere Kompetenzen. Frank Bsirske hat vorhin sehr deutlich ausgeführt, wie diese Gratwanderung, nicht schlechtergestellt zu werden, nicht benachteiligt zu werden, aber auch nicht bevorteilt zu werden, ist. Wenn man bevorzugt würde, wäre es ja auch schlecht. Dann würde mancher Betriebsrat ja das Lied des Unternehmers singen. 

Genau das auszumitteln, war also die Aufgabe vom BMAS, von Hubertus Heil, und er war klug genug - Hubertus Heil ist immer klug genug, weil er ein ganz starker Arbeits- und Sozialminister ist -,

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

eine Kommission aus lauter ebenfalls schlauen Leuten einzusetzen, die genau das ausgemittelt haben. Deswegen erwarten wir heute ja, was nicht sehr oft vorkommt, eine ganz große Zustimmung.

Ein letzter Satz, Frau Präsidentin: Letzte Woche war ich in Würzburg am Universitätsklinikum. Dort wollen sie einen Betriebsrat gründen. 1 250 Leute haben keinen Betriebsrat, haben keine Gewerkschaftsvertretung, haben keinen Tarifvertrag. Das muss geändert werden; denn die sorgen dafür, dass dieses Krankenhaus überhaupt funktioniert. Deswegen denke ich heute an die 1 250 Menschen in Würzburg und an die Menschen in Erlangen und in Regensburg, die seit Monaten für einen Betriebsrat streiken.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Susanne Ferschl (Die Linke))

Präsidentin Bärbel Bas: 

Als Nächster hat das Wort für die CDU/CSU-Fraktion Dr. Markus Reichel.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Dr. Markus Reichel (CDU/CSU): 

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben das ja heute schon alle festgestellt: Es ist gut, dass dieses Gesetz heute so verabschiedet wird. Allerdings stelle ich mir schon die Frage: Wenn eine Sache, die so unstrittig ist wie der heute vorliegende Gesetzentwurf, so lange braucht, um von Ihnen durch das Parlament gebracht zu werden: Wie lange werden Sie denn dann für den Haushalt 2025 brauchen? 

(Beifall bei der CDU/CSU - Zuruf von der CDU/CSU: Gute Frage!)

Herr Minister, Sie hatten in Ihrer Rede ein Thema angeführt, worauf ich etwas genauer eingehen will, nämlich die Frage: Wie kommen wir denn dahin, dass die betriebliche Mitbestimmung in unserem Land tatsächlich ausgeweitet wird?

Ich möchte dabei auf eine Gruppe eingehen, über die wir meines Erachtens viel zu selten sprechen, nämlich die kleinen und mittleren Unternehmen, die hier eine Schlüsselrolle einnehmen. Hier arbeiten immerhin mehr als die Hälfte aller Beschäftigten. Wenn man sich die Gruppe der Unternehmen mit 21 bis 50 Beschäftigten anschaut, dann stellt man fest, dass nur 17 Prozent von ihnen gegenwärtig einen Betriebsrat haben.

Wieso ist das so? Bei den Kleinstunternehmen, glaube ich, ist es klar: Da liegt es praktisch an der Minimalgrenze bei der Zahl von Arbeitnehmern. Dann gibt es natürlich eine große Gruppe von Unternehmen - Pascal Kober hat das angesprochen -, wo sich Mitarbeiter und Unternehmensführungen sehr gut abstimmen können, ohne dies über einen Betriebsrat formalisieren zu müssen. 

Und dann ist es natürlich - auch das muss der Fairness halber angesprochen werden - in einigen eigentümergeführten Unternehmen eben doch so, dass häufig oder zumindest nicht selten die Einführung eines Betriebsrats als Eingriff in die Verfügungsrechte, in die Entscheidungsprozesse gesehen wird. Wir sollten das allerdings nicht kriminalisieren, sondern wir sollten uns die Frage stellen: Wie gehen wir die Ursachen an? 

Natürlich werden Gründe, die für Betriebsräte sprechen, zu Recht angeführt: Betriebe, die einen Betriebsrat haben, zeigen im Durchschnitt eine höhere Produktivität, geringere Mitarbeiterfluktuation, bieten bessere Löhne. 

(Beate Müller-Gemmeke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Innovativer sind sie!)

Allerdings, Bernd Rützel, ist die Frage: Ist das eine Ursache-Wirkungs-Beziehung, oder ist das einfach eine Korrelation? Korrelation heißt, dass das eben zusammen auftritt. Darüber sollten wir mal nachdenken. 

Die Politik versucht auch häufig mit der - ich würde mal sagen - Holzhammermethode, weitere Vorteile zu schaffen, zum Beispiel indem mangelnde Mitbestimmung ausgesprochen unattraktiv gemacht wird; Carl-Julius Cronenberg hat das ja angeführt beim Thema der Arbeitszeitregulierung. Das halte ich wirklich für den falschen Weg.

Es ist doch klar: Eine gute Abstimmung zwischen Mitarbeiterschaft und Unternehmensführung ist entscheidend für den Unternehmenserfolg. Zu klären sind vor Ort ganz konkrete Dinge: Gesundheitsschutz, Arbeitsschutz, Arbeitszeitregelung, betriebliche Veränderungsprozesse. 

Diese über einen Betriebsrat zu institutionalisieren, kann ein sinnvoller Weg sein. Die Vorteile müssen aber für Unternehmer und für Beschäftigte in kleineren und mittleren Unternehmen klarer und deutlicher werden und klarer und deutlicher gemacht werden. Was ist deswegen aus meiner Sicht konkret zu tun?

Erstens. Die Gewerkschaften sollten sich konkreter um die Anliegen der kleinen und mittleren Unternehmen und ihrer Beschäftigten kümmern. Mir wurde von Handwerkskammern gesagt, dass nur noch wenige Spartengewerkschaften zum Beispiel den Kontakt mit der Handwerkerschaft suchen. 

Zweitens. Akteure wie das BMAS, der DBG und natürlich auch die BDA müssen konkrete, gute Beispiele vermitteln, wie kleine und mittlere Unternehmen durch betriebliche Mitbestimmung produktiver und sicherer werden, ohne dabei in eine Überregulierung zu verfallen. Solche Bemühungen, das darzustellen, kann ich aktuell nicht erkennen. 

(Beifall bei der CDU/CSU)

Drittens. Mitbestimmung - Axel Knoerig hat das vorhin angesprochen -muss moderner, flexibler, digitaler werden. Sie wird sich nur dann in den Unternehmen durchsetzen, wenn sie attraktiv ist und keine überzogenen Eingriffe und keine überbordende Bürokratie nach sich zieht; denn davon haben die Unternehmen und ihre Beschäftigten wahrlich genug. 

Vizepräsident Wolfgang Kubicki: 

Kommen Sie zum Schluss, bitte.

Dr. Markus Reichel (CDU/CSU): 

Das muss sich ändern. 

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. 

(Beifall bei der CDU/CSU)

Vizepräsident Wolfgang Kubicki: 

Vielen Dank. - Als nächster Redner hat das Wort der Kollege Mathias Papendieck, SPD-Fraktion. 

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Mathias Papendieck (SPD): 

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich habe 23 Jahre im Einzelhandel gearbeitet, bevor ich in den Bundestag gekommen bin, und war dort vorher auch Betriebsratsvorsitzender. Man kann sagen: Ich freue mich von ganzem Herzen, dass wir heute das Betriebsverfassungsgesetz verändern und es besser machen. 

(Beifall bei der SPD)

Vor allen Dingen die Betriebsrätevergütung ist immer ein heikler Punkt gewesen. Das Thema ist aus zwei Gesichtspunkten wichtig. 

Erstens. Es ist ganz klar, dass die Kolleginnen und Kollegen in den Betriebsräten immer Kollegen haben wollen, die Experten sind. Die Betriebsratsmitglieder bilden sich fort. Sie haben ein Anrecht auf Fortbildung: einerseits zum Thema Mitbestimmungsrechte, andererseits im Arbeitsrecht, aber genauso in wirtschaftlichen Belangen. 

Wenn die Kolleginnen und Kollegen uns fragen: „Ist denn die Unternehmenslage wirklich schlimm, oder ist die Unternehmenslage gut?“, dann wollen die eine konkrete Aussage haben. Wir müssen Bilanzen verstehen, wir müssen Bilanzen lesen, wir müssen Bilanzen interpretieren können. All diese Fähigkeiten kriegt man im Rahmen einer Betriebsratstätigkeit beigebracht und lernt man.

Zweitens - diesen Punkt finde ich an diesem Gesetzentwurf besonders gut -: Man kann jetzt eine Betriebsvereinbarung zu dieser Vergütung machen. Eine solche Betriebsvereinbarung hat nämlich einen gewaltigen Vorteil: § 77 Absatz 2 im Betriebsverfassungsgesetz sagt: Betriebsvereinbarungen müssen veröffentlicht werden. Jeder Kollege, jede Kollegin kann so einsehen, was da zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat zur Vergütung vereinbart worden ist. Und jeder kann genau sehen, was da in Zukunft genau gezahlt werden soll. Das ist richtig.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wir sind immer für Tarifverträge; denn auch in Tarifverträgen ist klar, wer was genau verdient. Darüber würden wir gerne reden, und darüber reden wir auch gerne. 

Ich möchte an der Stelle auch Danke sagen. Zu der Anhörung waren von der CDU oder der FDP Arbeitgebervertreter eingeladen worden. Andererseits waren Gewerkschaften da; Linke, Grüne, SPD hatten sie eingeladen. Und beide Seiten haben sich gemeinsam geeinigt. Solche Prozesse sind gut. An dieser Stelle ist es auch in Ordnung, dass hier verschiedenste Lobbygruppen klar Einfluss nehmen. Wenn das zum Wohle von allen geschieht, ist es ein guter Prozess. Ich finde gut, dass man sich da offen und ehrlich in die Augen schaut. 

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Frank Bsirske (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Eine Sache möchte ich aber hier noch sagen, und zwar in Richtung AfD: Wenn hier behauptet wird - Herr Kleinwächter, da spreche ich Sie ganz persönlich an -, dass Herr Hartz mal Arbeitsminister war, dann sage ich: Das war er nie, von keiner Bundesregierung hier in Deutschland. Wenn Sie behaupten, Sie wissen es immer besser als die anderen und die anderen wissen nichts, dann sage ich: Ganz vorsichtig an der Gleiskante, ganz vorsichtig!

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Dr. Till Steffen (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Auch Ihre Behauptungen in den Reden, die Sie in der ersten Lesung hier gehalten haben, dass Betriebsräte immer - ich zitiere hier aus der Rede von Frau Huy - wie Krähen sind, die einander nicht das Augenlicht aushacken, dass es Vetternwirtschaft unter Betriebsräten und Arbeitgebern gibt, sind falsch. Sie sind klar ein Feind der Arbeitnehmer. An den Reden, die Sie hier halten, ist völlig deutlich geworden, welche Auffassung Sie zu den Kolleginnen und Kollegen haben. Das ist nicht in Ordnung. 

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Manfred Todtenhausen (FDP))

Ich freue mich, dass dieses Gesetz jetzt verabschiedet wird, und danke allen, die hier mitgemacht haben. 

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Vizepräsident Wolfgang Kubicki: 

Vielen Dank, Herr Kollege. - Als nächste Rednerin hat das Wort die Kollegin Susanne Ferschl aus der Gruppe Die Linke. 

(Beifall bei der Linken)

Susanne Ferschl (Die Linke): 

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister! Es ist gut, dass jetzt endlich Rechtssicherheit in der Betriebsratsvergütung herrscht; deswegen stimmen wir dem Gesetz heute auch zu. 

(Beifall bei der Linken)

Nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs sind nämlich etlichen Betriebsräten die Gehälter eingefroren, ja sogar teilweise drastisch gekürzt worden. Ein unhaltbarer Zustand! 

(Beifall bei der Linken)

Allerdings wissen wir jetzt auch, was bei der Bundesregierung „eilbedürftig“ bedeutet. Als solches wurde der Gesetzentwurf im November vergangenen Jahres eingestuft. Sie haben fast sieben Monate dafür gebraucht, um diesen in ungeänderter Form durch das Verfahren zu bringen. Fleißbienchen gibt es dafür nicht. Und insbesondere an die Adresse der FDP will ich sagen: Sie sollten sich schämen, dass Sie selbst dieses Thema für Ihren regierungsinternen Kuhhandel missbrauchen. 

(Beifall bei der Linken)

Das Problem, dass Betriebsräte für ihre Arbeit häufig nicht angemessen bezahlt werden, hat die Bundesregierung mit diesem Gesetz allerdings nicht beseitigt. Wir sind da sehr klar: Sämtliche im Amt erworbenen Qualifikationen und auch die Amtsdauer müssen bei der Gehaltsfindung berücksichtigt werden. 

(Beifall bei der Linken)

Diese Anerkennung und Wertschätzung haben Betriebsräte verdient. Sie sind nicht nur ein Garant für mehr Demokratie am Arbeitsplatz, sondern auch für ein besseres Demokratieverständnis in der Gesellschaft. 

Aber es fehlt ja allein schon an ausreichendem Schutz, Stichwort „Union Busting“. Die Behinderung von Betriebsratsarbeit, das Verhindern von Betriebsratswahlen, Einschüchterungen, Bedrohungen: Das sind keine Kavaliersdelikte, das sind handfeste Straftaten. 

(Beifall bei der Linken sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Bei diesen Straftaten muss auch ohne Strafantrag von Amts wegen ermittelt werden. Notwendig ist eine Einstufung als Offizialdelikt. 

(Beifall bei der Linken - Bernd Rützel (SPD): Machen wir noch!)

Damit würden Betriebsräte im Kampf gegen mitbestimmungsfeindliche Arbeitgeber und ihre Anwaltskanzleien gestärkt. Das steht im Koalitionsvertrag, das verspricht der Arbeitsminister seit 2019, und der Kanzler hat es auf dem Deutschen Betriebsrätetag 2023 nochmals bekräftigt. Dort hat er zum Offizialdelikt gesagt - ich zitiere -: 

„… deshalb ist es meine feste Absicht, dass wir die Rechtslage, die das heute nicht hergibt, verbessern.“

Bloß passiert ist bislang nichts.

Herr Minister, Sie haben noch etliche Baustellen offen: Offizialdelikt, offizielles Zugangsrecht oder digitales Zugangsrecht der Gewerkschaften, 

(Bernd Rützel (SPD): Kommt! Kommt!)

Tariftreuegesetz, Aktionsplan Tarifbindung, Arbeitszeitgesetz. Sie müssen das alles trotz des Trupps der FDP noch schaffen. Sie sollten sich sputen, sonst wird es nichts mehr.

(Beifall bei der Linken)

Wir erinnern Sie jedenfalls heute mit unserem Antrag an das Versprechen zum Offizialdelikt, damit es kein leeres Versprechen bleibt.

Fakt ist: Wir brauchen mehr Betriebsräte und mehr Demokratie in der Arbeitswelt. 

Vielen Dank.

(Beifall bei der Linken)

Vizepräsident Wolfgang Kubicki: 

Vielen Dank, Frau Kollegin Ferschl. - Letzte Rednerin in dieser Debatte ist die Kollegin Angelika Glöckner, SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Angelika Glöckner (SPD): 

Sehr geehrter Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Herr Arbeitsminister Heil! Ausbildungsgarantie, Weiterbildungsgesetz, Mindestlohnerhöhung und, und, und. Herr Aumer, wo waren Sie all die Zeit, als wir in dieser Wahlperiode diese Gesetze auf den Weg gebracht haben? Warum erzählen Sie das den Menschen da draußen nicht?

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP - Zuruf des Abg. Peter Aumer (CDU/CSU))

Die immense Bedeutung von Betriebsräten für Beschäftigte und Betriebe in unserem Land wurde heute in dieser Debatte sehr häufig betont, und ich betone sie einmal mehr: Betriebsräte sind quasi das Herzstück eines jeden Unternehmens, wenn es darum geht, die Interessen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zu vertreten. Sie sorgen dafür, dass die Stimmen der Belegschaft gehört, ihre Anliegen berücksichtigt werden. Sie wachen über die Einhaltung von Arbeitsschutzstandards, die Anwendung von Tarifverträgen, die Betriebsvereinbarungen. 

Sie kämpfen auch - wie aktuell in meinem Wahlkreis - darum, Arbeitsplätze zu erhalten wie in Zweibrücken bei Tadano, wo viele Beschäftigte seit Monaten um ihre Arbeitsplätze fürchten müssen. Sie haben enorm viele Einblicke in die Abläufe im Betrieb. Ja, sie können auch entscheidende Impulse setzen. Und das ist ein wesentlicher Vorteil und Beweis dafür, dass auch Betriebsräte gut sind für die Unternehmen: Produktqualität, Arbeitsprozesse können verbessert werden.

Durch die Arbeit von Betriebsräten werden Beschäftigte in die Entscheidungen eingebunden. Mein Kollege Jan Dieren hat es gesagt: Dort, wo Beschäftigte mitreden dürfen, wo nicht allein die Unternehmensleitung das Sagen hat, wo alle um die beste Lösung ringen, ist gelebte Demokratie im Betrieb. Das ist genau das, worüber wir heute reden, wenn wir darüber sprechen, dass Betriebsräte gestärkt werden müssen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Für uns als SPD ist es deshalb vollkommen klar: Wir stehen natürlich auch aus unserer Historie heraus ‑ immer an der Seite der Arbeiterbewegung und der Betriebsräte.

(Bernd Rützel (SPD): So ist es! So sind wir gegründet worden! Genau!)

Wir stehen in regem Austausch mit Betriebsräten. Diese Woche hatten wir eine sehr erfolgreiche Betriebsrätekonferenz in Berlin. 

(Dr. Markus Reichel (CDU/CSU): Wir auch!)

Das zeigen wir einmal mehr mit diesem Gesetzentwurf: Wir beseitigen rechtliche Unklarheiten bei der Vergütung von Betriebsräten, die im Nachgang zu einem Urteil des Bundesgerichtshofes entstanden sind. Das ist essenziell. Ich habe selbst als Personalrätin erlebt, wie wichtig es ist, dass keine Nachteile für Betriebs- und Personalräte entstehen. Deswegen ist es sehr, sehr wichtig, dass wir heute diesen Punkt hier aufgreifen. Es ist gut, dass wir das gemacht haben.

Noch einen letzten wichtigen Punkt will ich betonen. Wir dürfen es nicht zulassen, dass es weniger Betriebsräte in unserem Land gibt. Gerade mal 9 oder 10 Prozent aller Unternehmen in Ost- und Westdeutschland haben Betriebsräte. Wir alle müssen dafür sorgen, dass es mehr Betriebsräte gibt, dass die Mitbestimmung gestärkt wird. Heute ist ein guter Tag dafür.

Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Vizepräsident Wolfgang Kubicki: 

Vielen Dank, Frau Kollegin Glöckner. - Damit schließe ich die Aussprache.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den von der Bundesregierung eingebrachten Gesetzentwurf zur Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes. Der Ausschuss für Arbeit und Soziales empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 20/11997, den Gesetzentwurf der Bundesregierung auf den Drucksachen 20/9469 und 20/9875 anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, um das Handzeichen. - Das ist einstimmig, wenn ich das richtig sehe. 

(Zuruf von der CDU/CSU: Das BSW ist nicht anwesend!

- Also, ich kann ja nur feststellen, dass diejenigen, die im Parlament sitzen, einstimmig so entschieden haben. Auch die Hälfte der CDU/CSU-Fraktion ist nicht anwesend, wenn ich das mal sagen darf. - Die Beschlussempfehlung ist angenommen. 

Jetzt geht es zur

dritten Beratung

und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben.

(Bernd Rützel (SPD): Jetzt stehen alle vor dem Präsidenten!)

- Das ist meine Lieblingsabstimmung.

(Heiterkeit)

Ich stelle fest: Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung wiederum einstimmig angenommen worden. Glückwunsch!

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Linken sowie bei Abgeordneten der FDP)

Wir kommen dann zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales zu dem Antrag der Gruppe Die Linke mit dem Titel „Demokratie stärken - Betriebsräte vor mitbestimmungsfeindlichen Arbeitgebern schützen“. Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 20/11842, den Antrag der Gruppe Die Linke auf Drucksache 20/11151 abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? - Dann stelle ich fest: regierungstragende Fraktionen, CDU/CSU-Fraktion und AfD-Fraktion. Wer stimmt dagegen? - Die Gruppe Die Linke. Wer enthält sich? - Niemand. Dann ist diese Beschlussempfehlung angenommen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 26 auf:

 

 

 

Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU

Modernisierung des deutschen Unternehmensteuerrechts voranbringen

Drucksache 20/11954 

 

 

 

 

Überweisungsvorschlag:

Finanzausschuss (f)

Rechtsausschuss

Wirtschaftsausschuss

Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft

Ausschuss für Arbeit und Soziales

Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung

Ausschuss für Tourismus

Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

Ausschuss für Digitales

Ausschuss für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen

Haushaltsausschuss

 

 

Für die Aussprache ist eine Dauer von 68 Minuten vereinbart. - Ich bitte die Kolleginnen und Kollegen, den Platzwechsel zügig vorzunehmen. 

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Redner dem Kollegen Fritz Güntzler, CDU/CSU-Fraktion, das Wort.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Fritz Güntzler (CDU/CSU): 

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrte Zuhörerinnen und Zuhörer! Im dritten Jahr der Ampelkoalition steckt die deutsche Wirtschaft in einer tiefen Krise. Der Wirtschaftsstandort Deutschland hat in den letzten Jahren substanziell an Attraktivität verloren, wie alle Indizes zeigen. Wir nehmen nur mal den Länderindex der Stiftung Familienunternehmen, wo wir Platz 18 von 21 Ländern einnehmen. Das heißt, wir sind Konjunkturschlusslicht, wie es auch der Internationale Währungsfonds wieder festgestellt hat. Die Weltwirtschaft wächst in diesem Jahr um 3,2 Prozent. Das Wachstum in den OECD-Staaten wird prognostiziert mit 2,9 Prozent, und in Deutschland liegen wir bei mageren 0,3 Prozent.

Aber auch andere Signale sind verheerend. Wir haben einen dramatischen Anstieg der Insolvenzen: 30 Prozent mehr als im Vorjahr; der höchste Stand der letzten zehn Jahre. Wir erleben eine Riesenkapitalflucht in Deutschland: 2022 ein Negativsaldo von 125 Milliarden Euro. Die Zahl der Patentanmeldungen geht zurück. Die Unternehmensgründungen und die Industrieproduktion gehen zahlenmäßig zurück. Alles Zeichen dafür, dass unser Wirtschaftsstandort schlecht dasteht. Das kann und darf nicht unser Anspruch sein.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das können wir uns schlicht nicht leisten; denn nur eine florierende Wirtschaft schafft die notwendigen Steuereinnahmen und die finanziellen Spielräume, die wir brauchen. Es wird allzu häufig vergessen: Vor dem Verteilen kommt das Verdienen. 

(Beifall bei der CDU/CSU)

Der Wirtschaftsstandort Deutschland ist in Gefahr. Eine schleichende Deindustrialisierung hat eingesetzt. Wir drohen wieder der kranke Mann Europas zu werden. Wir müssen also handeln. Wir müssen wieder wettbewerbsfähig werden, und wir dürfen nicht weiter Zeit verlieren.

Es gibt verschiedenste Gründe, die dazu geführt haben. Ich nenne nur drei: Wir haben die höchsten Arbeitskosten in Deutschland im Vergleich zu anderen Nationen. Wir haben die höchsten Energiekosten. Ja, und wir haben auch die höchsten Steuern.

Deutschland ist Hochsteuerland. Wenn man sich die Unternehmensteuersätze anguckt, liegen wir mittlerweile bei über 30 Prozent, in der OECD bei 23 Prozent, im EU-Schnitt bei 21 Prozent. Während andere Staaten ihre Steuern gesenkt haben - ich nenne nur Frankreich, Großbritannien, USA -, ist bei uns die Steuerlast gestiegen. Die letzte Reform kommt aus dem Jahre 2008. Wir brauchen endlich wieder eine Steuerpolitik, die Investitionen und Innovationen anreizt. Wettbewerbsfähige Steuern für Unternehmen ermöglichen höhere Löhne, bessere Beschäftigung und stabiles Wachstum, was wir wieder brauchen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wirtschaftsminister Habeck, dem ich ja nicht in allen Punkten zustimme, hat gesagt: Unser Unternehmensteuerrecht ist international nicht mehr wettbewerbsfähig und investitionsfeindlich. - Wenn das aber so ist, verstehe ich nicht, warum die Ampel hier nicht handelt. 

Damit Sie handeln können, haben wir heute einen Antrag vorgelegt, der aufbaut auf einem Papier der CDU/CSU-Fraktion aus dem Jahre 2019 - damals haben wir das mit der SPD leider nicht mehr umsetzen können; aber daran sieht man, dass der Handlungsdruck schon damals bestand -, einen Antrag, der für Sie - so ist Serviceopposition - ein Baukasten für ein modernes und effizientes Unternehmensteuerrecht sein könnte. Von daher: Nehmen Sie das an! Wir brauchen in Deutschland einen Steuer-Wumms; so würde es wohl der Kanzler sagen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Um was geht es? Es geht um die Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit; wir müssen die Strukturen im Steuerrecht verbessern, und wir müssen Bürokratie abbauen. 19 Maßnahmen haben wir Ihnen aufgelistet; ich kann hier jetzt nicht alle nennen. Es gibt vielleicht sogar noch weitere Ideen, die das Konzept noch verbessern können. 

Wir müssen endlich wettbewerbsfähige Steuern schaffen mit einem Steuersatz von 25 Prozent für thesaurierte Gewinne. Wir müssen den Unternehmen bei Investitionen die Möglichkeit geben, schneller abzuschreiben. Wir brauchen eine verbesserte Verlustverrechnung. Verluste sind betriebswirtschaftlich schon mal bezahlt. Es ist völlig unverständlich, dass ich dann, wenn ich nach einer Verlustsituation wieder Gewinne mache, diese nicht vollständig verrechnen kann. 

Wir müssen das Steuerrecht auf den Kopf stellen. Nach der Einführung der Mindestbesteuerung müssen wir uns Missbrauchsbekämpfungsvorschriften angucken, die ihren Sinn verfehlt haben, aber die Unternehmen mit viel Bürokratie belasten. Also, wir brauchen einen wirtschaftlichen Aufbruch, und dafür kann dieses Steuerrecht einen wichtigen Impuls setzen. 

Ich kann mir jetzt schon vorstellen, was Sie gleich wieder sagen werden: Das ist alles nicht finanzierbar; das geht alles nicht. - Da bin ich aber ganz beim Bundesfinanzminister Lindner, der immer wieder sagt - zuletzt auch auf dem Steuerberaterkongress, wenn ich mich richtig erinnere -: Deutschland hat kein Einnahmeproblem, sondern Deutschland hat ein Ausgabeproblem. 

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP und des Abg. Jörn König (AfD) - Manfred Todtenhausen (FDP): Recht hat er! - Katja Mast (SPD): Machen Sie mal Vorschläge! Einfach Vorschläge machen! - Armand Zorn (SPD): Dann machen Sie doch mal Vorschläge! Was schlagen Sie denn vor?)

Und wenn das so ist, dann gibt es auch die Spielräume für so eine Steuerreform. Wir haben bald Steuereinnahmen von über 1 Billion Euro in diesem Land, das ist ein Anstieg von über 60 Prozent in den letzten zehn Jahren. 

(Dr. Sebastian Schäfer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Reden Sie hin und wieder auch mit den Ländern? - Katja Mast (SPD): Einfach Vorschläge machen!)

Von daher können wir sehen, dass die Ausgaben überproportional zu den Einnahmen gestiegen sind. 

Ich will Ihnen auch sagen: Alle Studien - jedenfalls die seriösen - 

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU - Zuruf der Abg. Katja Mast (SPD))

zeigen, dass jede Steuerreform nicht zu Steuermindereinnahmen, sondern sogar zu Steuermehreinnahmen geführt habt, weil sie Investitionsimpulse ausgelöst habt. Von daher ist es richtig, dass wir hier handeln. 

(Beifall bei der CDU/CSU)

Denn die Frage ist ja - der Betriebswirt würde von Opportunitätskosten sprechen -: Was ist denn hier die Opportunität? Was ist denn die Alternative? Nichts tun? Dann sage ich Ihnen: Dann brechen die Steuereinnahmen irgendwann mal ein, weil wir vor leeren Fabrikhallen stehen und die deutsche Industrie nicht mehr erwirtschaften kann, was wir brauchen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Von daher müssen wir jetzt handeln. 

Das alles, meine Damen und Herren - das will ich deutlich sagen; auch das wird wahrscheinlich nachher wieder gesagt -, ist kein Steuergeschenk für Unternehmen, 

(Heiterkeit des Abg. Markus Herbrand (FDP))

sondern das legt das Fundament für Wachstum, Wohlstand und den Erhalt von Arbeitsplätzen. 

Von daher: Lassen Sie uns das gemeinsam anpacken - für den Wirtschaftsstandort Deutschland! 

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Vizepräsident Wolfgang Kubicki: 

Vielen Dank, Herr Kollege Güntzler. - Nächster Redner ist der Kollege Parsa Marvi für die SPD-Fraktion. 

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Parsa Marvi (SPD): 

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist in der ökonomischen Diskussion um die Lage unserer Volkswirtschaft vollkommen unbestritten, dass wir eine ganze Reihe von strukturellen Herausforderungen und Bremsen haben, die unser Potenzialwachstum nach unten drücken. 

Wenn wir den überragenden Anteil der Ökonominnen und Ökonomen nehmen, die sich unseren Standort anschauen - entweder aus dem Inland heraus oder in der internationalen Betrachtung unseres Standortes -, dann sehen wir, dass es immer wieder ganz klare Hinweise gibt, auf welche Themen und auf welche Hausaufgaben es für uns ankommt: Sorgt für mehr Fachkräfte! Macht mehr für Bildung und Qualifizierung! Sorgt dafür, dass ihr nicht nur spitze seid bei Forschung und Patenten, 

(Fritz Güntzler (CDU/CSU): Beim Steuerrecht!)

sondern dass ihr das in den Markt, in die Anwendung bekommt! Investiert deutlich mehr in eure Infrastruktur, in Energie- und Verkehrsnetze! Und beschleunigt vor allem die Genehmigung dafür! 

(Dr. Hermann-Josef Tebroke (CDU/CSU): Ja, machen!)

Sorgt für besseren Zugang für Gründer und für kleine und mittlere Unternehmen zu Kapital, Daten und Beratung, und baut bürokratische Hürden ab! 

Wir als Regierung haben die Signale in dieser Legislaturperiode nicht nur gehört, sondern wir haben durch sehr viel politisches Handeln ganz konkrete Weichen für deutlich mehr Potenzialwachstum für Deutschland gestellt, 

(Fritz Güntzler (CDU/CSU): Kommt bloß noch nicht an!)

zum Beispiel mit einem modernen Fachkräfteeinwanderungsrecht - gegen die Stimmen der CDU/CSU -, 

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

mit der Ansiedlung von Schlüsseltechnologien, mit massiven Investitionen in Erneuerbare und ganz konkret mit massivem Bürokratieabbau bei der Solarförderung. 

Weil wir unser Land nicht schlechtreden, können wir als Ampelfraktionen auf diese harte politische Arbeit, die dahintersteht, selbstbewusst schauen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall des Abg. Frank Bsirske (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) - Friedrich Merz (CDU/CSU): Tosender Beifall im Haus!)

Wenn Sie dem Sachverständigenrat der Bundesregierung und der Breite der volkswirtschaftlichen Debatten, national und international, zuhören, dann finden Sie ganz viel von diesen Analysen und Lösungsvorschlägen wieder, die ich gerade benannt habe. 

Was Sie weniger wiederfinden werden, sind überholte und aus unserer Sicht nicht zukunftsorientierte Rezepte, die wir in Ihrem Antrag lesen: Senkung der Unternehmensteuer für thesaurierte Gewinne auf 25 Prozent, die vollständige Abschaffung des Solis und weitere Evergreens aus dem steuerpolitischen Instrumentenbaukasten der Union, 

(Fritz Güntzler (CDU/CSU): Aus dem FDP-Beschluss! Beschlusslage FDP-Präsidium!)

die auf das Prinzip Gießkanne und Hoffnung setzen und wieder einmal ohne irgendeinen seriösen Vorschlag zur Gegenfinanzierung für diese milliardenschweren Steuergeschenke auskommen. Ronald Reagan und Margaret Thatcher wären stolz auf Sie.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN - Fritz Güntzler (CDU/CSU): Die waren erfolgreich!)

Zum Soli ist in der letzten Sitzungswoche alles gesagt worden. Wir stehen zur Entlastung für über 90 Prozent der Steuerzahler/-innen. Sie setzen auf eine Trickle-down-Ökonomie, bei der oben massiv entlastet wird, damit unten etwas abfällt. Wir dagegen wollen, dass die 10 Prozent Bestverdienenden in unserem Land ihren angemessenen Teil zur Finanzierung unseres Gemeinwesens beitragen. 

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN - Fritz Güntzler (CDU/CSU): Bleibt der Soli doch? - Jörn König (AfD): Und dann sind sie halt weg, die 10 Prozent Bestverdienenden!)

Und wir wollen, wie gesagt, raus aus dieser absoluten Verengung der Standortdebatte auf reine Steuersatzdebatten. Es ist ja richtig, dass in den letzten Jahrzehnten in der OECD ein massiver Wettlauf um die niedrigsten Steuersätze stattgefunden hat, der die öffentlichen Haushalte stark belastet und staatliche Handlungsfähigkeit eingeschränkt hat. Und wir sehen, wie bescheiden die erhofften Effekte gerade bei den großen Konzernen waren, wie viel Geld davon dann tatsächlich einbehalten wurde, eben nicht reinvestiert wurde und später einmal in Ausschüttungen und Finanzinvestments gemündet ist. 

Wir sind für Entlastung von Unternehmen; aber die müssen dann auch zielgenau sein. Schade, dass die Investitionsprämie nicht durch den Bundesrat gekommen ist! Zulagenmodelle, Steuergutschriften, gezielte Investitionsanreize für mehr Innovation: Das ist neben den anderen großen Themen unsere Vorstellung von einer zeitgemäßen und modernen Standortpolitik. 

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wir wollen kein Zurück in die 80er- und 90er-Jahre, Sie aber schon mit Ihrem Antrag. 

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsident Wolfgang Kubicki: 

Vielen Dank, Herr Kollege Marvi. - Als nächster Redner hat das Wort der Kollege Klaus Stöber, AfD-Fraktion. 

(Beifall bei der AfD)

Klaus Stöber (AfD): 

Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kollegen! Ich komme zunächst mal zur Analyse des CDU/CSU-Antrags. Sie haben ja die Feststellung gewählt: Der Wirtschaftsstandort Deutschland hat in den letzten zehn Jahren an Attraktivität verloren. Das kann man natürlich auch noch wesentlich konkreter machen - Sie haben es ja gesagt -: Wir sind das einzige Industrieland mit einem negativen Wachstum. Wir haben 125 Milliarden Euro Nettokapitalabfluss in Deutschland. Das heißt also, von deutschen Unternehmen wurden 125 Milliarden Euro mehr ins Ausland investiert als in Deutschland selbst. 

Wir haben die Situation, dass immer mehr Unternehmen Deutschland verlassen. Laut einer der Umfrage des BDI plant ungefähr ein Drittel aller Unternehmen ab einer bestimmten Größe, den Standort Deutschland teilweise oder ganz zu verlassen. 

Einige Beispiele: Bosch baut gerade 3 000 Stellen ab und verlagert diese nach Polen. Miele verlagert 700 Stellen nach Polen. BASF verlagert 3 000 Stellen nach China. Continental streicht 800 Stellen. ZF plant einen Stellenabbau von 12 000 Arbeitsplätzen. Und am besten ist es ja, wenn man das direkt vor der Haustür hat: Bei mir im Nachbarort Brotterode sind allein im letzten halben Jahr 2 000 Industriearbeitsplätze abgebaut worden, und das in einer Gemeinde mit 6 000 Einwohnern. Ich denke mal, da kann sich jeder vorstellen, was das für Auswirkungen auf die Region hat. 

Aber es sind nicht nur die Steuersätze oder die Steuergesetze, die die Unternehmen hier in Deutschland abschrecken: Es ist natürlich noch viel mehr: Das sind die Energie- und Kraftstoffpreise, die hier schon angesprochen wurden; das ist die schlechte Digitalisierung - wir stehen beim Internet in vielen Regionen hinter Afrika -, dann das Bürokratiemonster hier in Deutschland, das viele Unternehmen abschreckt, und natürlich auch der Fachkräftemangel. 

Der Fachkräftemangel hier in Deutschland ist enorm. 

(Maximilian Mordhorst (FDP): Und was kann man da machen? Was könnte man da tun? - Dr. Till Steffen (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Dann würde ich gegen Ausländer hetzen! Dann wird’s besser!)

Und die Vorschläge, die hier immer von den linken Fraktionen kommen, sind nicht tauglich. Ich würde Ihnen einfach empfehlen: Fahren Sie doch mal nach Australien! Ich war mit Ihrer Kollegin Filiz Polat vor ungefähr einem Jahr in Australien. Da waren wir auch im Migrationsministerium. Da wurde uns erzählt, wie dort Migration funktioniert: Maximal 20 000 Flüchtlinge werden im Jahr aufgenommen. Bootsflüchtlinge landen in Nauru. Das muss man nicht gut finden; aber Australien macht es so. 

(Zuruf des Abg. Tobias B. Bacherle (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

- Sie haben doch gar keine Ahnung. - Arbeitskräfte werden zielgerichtet angeworben - nicht so wie hier, wo man einfach mal 1 Million reinlässt und dann guckt, ob man vielleicht 100 000 findet, die irgendwie auf dem Arbeitsmarkt untergebracht werden können. Nein, wer nach Australien kommt, muss fließend Englisch sprechen können und muss natürlich auch einen entsprechenden Beruf haben, der dort gebraucht wird.

(Beifall bei der AfD)

Aber diesen Fachkräftemangel haben wir ja nicht nur in der Industrie und im Handwerk. Den haben wir ja auch hier im Bundestag. Wenn ich mir die Biografien einiger Abgeordneter von der SPD und den Grünen anschaue: Es ist ja erbärmlich, sich hier reinzusetzen und anderen Leuten vorzuschreiben, welche Autos sie zu fahren haben, was für eine Heizung sie zu betreiben haben, obwohl sie nicht mal einen Berufsabschluss haben. Das ist so was von lächerlich.

(Susanne Menge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie lügen!)

Früher war Amerika das Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Jetzt ist es Deutschland. Hier kann man ohne Berufsabschluss in den Bundestag einziehen, man kann Bundestagsvizepräsidentin werden,

(Zurufe der Abg. Tobias B. Bacherle (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und Stefan Gelbhaar (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

man kann Parteivorsitzende werden, man kann Generalsekretär werden - alles bei Ihnen von der SPD und den Grünen; ganz toll.

(Michael Schrodi (SPD): Sie dürfen ja auch hier sprechen!)

Kommen wir zu den Steuersätzen. Herr Güntzler hat es schon angesprochen.

(Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

- Es ist klar, dass Sie das nicht hören wollen. Regen Sie sich nicht auf! In einem Jahr sind Sie alle eh nicht mehr da. Dann ist das sowieso erledigt bei Ihrer Fraktion. Sie brauchen sich nicht aufzuregen. Sie können einen Beruf lernen. Das wird dann schon.

Vizepräsident Wolfgang Kubicki: 

Herr Kollege Stöber, kommen Sie bitte zur Sache.

(Armand Zorn (SPD): Keine Ahnung von nichts!)

Klaus Stöber (AfD): 

Entschuldigung. - Wir haben eine durchschnittliche Steuerbelastung von 30 Prozent in Deutschland; Herr Güntzler hat es gesagt. Allein in Europa ist die Steuerbelastung deutlich niedriger: Ungarn mit 9 Prozent, Holland mit 12 Prozent, Polen und Tschechien mit 15 Prozent, unser Nachbarland Frankreich - es wurde gerade erwähnt - hat die Steuerlast noch mal reduziert auf 25 Prozent. Wir sind also der Spitzenreiter in Europa. Das ist natürlich auch ein Standortfaktor. 

Ich sage mal etwas zu Ihren Forderungen. Eine Forderung fand ich besonders interessant: die Abschaffung des Solidaritätszuschlags. Ich weiß nicht, ob Sie sich noch daran erinnern können. Ich glaube, am 5. Juni gab es dazu hier eine Debatte. Wir hatten einen Antrag zur Abschaffung des Solidaritätszuschlags eingebracht. Es gab sogar eine namentliche Abstimmung. Ich habe heute noch mal nachgeschaut. Nicht ein einziger Abgeordneter aus Ihrer Fraktion hat diesem Antrag zugestimmt. Warum Sie das jetzt wieder auf Ihre Agenda nehmen, kann ich nicht ganz nachvollziehen.

Ansonsten: Ihre Forderungen haben den Mangel, dass sie sich nur in dem bisherigen System bewegen. Das heißt: Da ein bisschen Turboabschreibung, da ein bisschen mehr Verlustrücktrag, da ein bisschen mehr Bürokratieabbau. Eine Steuerreform ist das beim besten Willen nicht.

(Beifall bei der AfD)

Eine Unternehmensteuerreform stelle ich mir anders vor. Ich kann Ihnen mal ein paar Stichpunkte sagen, was wir unter Unternehmensteuerreform verstehen: zum Beispiel die Abschaffung der Gewerbesteuer, die es nur in Deutschland gibt, dann eine rechtsformneutrale Unternehmensbesteuerung. Das heißt, unabhängig davon, ob ich ein Einzelunternehmen, eine GmbH oder eine Personengesellschaft führe, gilt eine einheitliche Unternehmensteuer. Und wir wollen einen Staffeltarif einführen. Wir wollen insbesondere kleine und mittlere Unternehmen entlasten mit differenzierten Steuersätzen. Kleine Unternehmen zahlen weniger Steuern als große Unternehmen. Das ist auch gerecht.

(Stefan Schmidt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Gerade haben Sie das Gegenteil behauptet! Gerade haben Sie gesagt, die Rechtsform ist Ihnen egal!)

- Sie verstehen das nicht. Herr Schmidt; ich kann Ihnen das gern mal in einem persönlichen Gespräch erklären, wenn Sie es möchten. Aber ich glaube, hier ist der falsche Platz dafür.

Wir wollen natürlich die Kommunen für die ausfallenden Gewerbesteuereinnahmen entlasten, indem sie einen Aufschlag auf die Unternehmensteuer und einen höheren Anteil an der Einkommensteuer und der Umsatzsteuer erhalten. Das wird ihnen weiterhelfen. Und wir wollen auch bei der Umsatzsteuer, insbesondere für Kleinunternehmer, also für Existenzgründer, die Kleinunternehmergrenze von 22 000 auf 50 000 Euro erhöhen, damit sie von Bürokratie entlastet werden.

Ein letztes Wort. Herr Lindner, Sie sind ja heute auch da. Ich sage Ihnen mal eins: Sie sind einer der Minister, den ich als besonders kompetent einschätze, im Vergleich zu Ihren Kollegen. 

(Stephan Brandner (AfD): Ja, im Vergleich!)

Aber

(Manfred Todtenhausen (FDP): Aber?)

Sie sehen ja an den Umfragen und an der Situation im Land, dass Sie mit Ihren Gesetzesvorhaben bei der Bevölkerung nicht ankommen. Selbst wirklich positive Gesetze wie das Zukunftsfinanzierungsgesetz, dem wir als AfD ja auch zugestimmt haben, kommen bei der Bevölkerung nicht an. Sie werden von den rot-grünen Kollegen in der Ampel mitgezogen. Ich kann Ihnen nur eins sagen: Wenn Sie Ihre Partei retten wollen, nehmen Sie sich ein Beispiel an 1982 und sprechen Sie dem Bundeskanzler das Misstrauen aus.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Vizepräsident Wolfgang Kubicki: 

Vielen Dank, Herr Kollege Stöber. - Nächste Rednerin ist die Kollegin Katharina Beck, Bündnis 90/Die Grünen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Katharina Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): 

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Bürgerinnen und Bürger! Wenn man hier so sitzt und den Reden zuhört, dann klatscht man manchmal fast automatisch. In der Regel klatscht man eher für die Reden der eigenen Fraktion oder die der Koalition und nicht unbedingt für die der Opposition. Aber als der liebe Kollege Fritz Güntzler gerade seine Rede beendete mit den Worten „für den Wirtschaftsstandort Deutschland“, habe ich mich dabei ertappt, sehr gerne dafür klatschen zu wollen.

(Fritz Güntzler (CDU/CSU): Und? Haben Sie es gemacht?)

Denn für den Wirtschaftsstandort Deutschland machen wir die ganze Zeit Politik.

Bevor ich auf die Details eingehe, möchte ich kurz starten mit dem Thema Wettbewerbsfähigkeit. Wettbewerbsfähigkeit ist das, was wir mit dieser Ampelregierung die ganze Zeit stärken. Wir haben es geschafft, uns unabhängig zu machen von Gas, das wir bis 2022 zu 55 Prozent aus Russland bezogen haben, und können uns jetzt stärker aus eigener Kraft mit Energie versorgen. Das ist unfassbar wichtig.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Maximilian Mordhorst (FDP))

Wir reden gleich über Steuern. Wie wichtig sind Steuern dafür, dass ein Land wettbewerbsfähig ist? Spoiler: Sie sind wichtig, aber - auch Spoiler - nicht so wichtig wie eine funktionierende Infrastruktur. 

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Infrastruktur ist viel entscheidender. Schauen Sie sich das mal an!

(Thorsten Frei (CDU/CSU): Also besser ist, man ist in beidem gut!)

Es gibt Indizes zum Beispiel vom Weltwirtschaftsforum oder vom IW Köln - das sind konservative Institutionen -, die die Faktoren für Wettbewerbsfähigkeit benennen. Ja, das sind Infrastruktur und funktionierende Logistik. Es ist ja logisch, dass ein Unternehmen, das seine Brötchen von A nach B transportieren muss, nicht dauernd über Schlaglöcher fahren sollte. Das ist nur ein Beispiel. 

Ein weiterer Faktor für Wettbewerbsfähigkeit ist, dass es genug Fachkräfte gibt. Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz haben wir beschlossen. Da musste sehr viel passieren. Diese Fortschrittskoalition ist da viel moderner.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Dagmar Andres (SPD))

Sie hat Menschen, die schon hier sind, aber lange nicht arbeiten durften unter der unionsgeführten Bundesregierung,

(Thorsten Frei (CDU/CSU): Das stimmt doch gar nicht!)

ermöglicht, endlich arbeiten zu dürfen.

(Thorsten Frei (CDU/CSU): Das ist einfach nicht wahr!)

- Das stimmt sehr wohl. - Auch bei den Ukrainerinnen und Ukrainern ist es am Anfang nicht immer einfach gewesen, sofort hier arbeiten zu dürfen.

(Thorsten Frei (CDU/CSU): Hä?)

Auch das erleichtern wir jetzt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ein dritter Faktor ist Sicherheit. Man muss sicher unterwegs sein können.

(Stephan Brandner (AfD): So gut wie gar nicht!)

Ein weiterer Faktor sind Steuern. Nach der Gewichtung der Wirtschaftsinstitute sind Infrastrukturfaktoren ungefähr zu einem Drittel, also zu etwa 30 Prozent, relevant, Steuern nur zu 3 Prozent oder weniger. Aber sie sind wichtig. Vor allen Dingen ist wichtig - das lobe ich auch an Ihrem Antrag -, wie das Steuerrecht organisiert ist. Ihr Antrag thematisiert ja nicht nur die steuerliche Wettbewerbsfähigkeit, sondern auch den Abbau der Bürokratie im Steuerrecht in Teil 2 und die Verbesserung der Strukturen im Steuerrecht in Teil 3. Ich bin sehr glücklich, dass Sie das einbringen. Aber ich wäre noch glücklicher, wenn Sie mehr mit Ihren Ländern darüber reden würden;

(Fritz Güntzler (CDU/CSU): Auch mit Ihren Ländern!)

denn wir haben ja eine föderale Finanzverfassung.

Zum Beispiel bei der Digitalisierung stehen wir vor riesigen Herausforderungen. Wir möchten gerade eine klitzekleine Änderung an den Steuerklassen vornehmen. Es gibt die Steuerklassen III und V - wer verheiratet ist, kennt sie -, die teilweise komische Anreize setzen. Wir wollen sie in ein Faktorverfahren - das alles ist jetzt ein bisschen kompliziert; vielleicht kann ich das in einer anderen Rede noch mal erklären - überführen.

(Jörn König (AfD): Können Sie mal zur Unternehmensteuer reden?)

Es wird wahrscheinlich fünf Jahre dauern, bis wir das einführen können, einfach weil die Digitalisierung so lange braucht, weil das KONSENS - das ist ein digitales System - einfach zu langsam ist. Wir müssen da moderner werden. Wenn Sie da mitmachen wollen, dann bitte ich Sie, wirklich ernsthaft mit den von Ihnen geführten Ländern zu reden, damit wir das zusammen hinbekommen. Das schaffen wir nämlich nur zusammen. Es reicht nicht, hier nur einen Schaufensterantrag einzubringen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Zum Thema Steuern. Ich möchte hier mit einem Mythos aufräumen, nämlich dem, dass diese Ampelregierung nicht entlastet. Das Gegenteil ist der Fall. Ich habe es noch mal ausgerechnet. Wir haben mit dem Vierten Coronahilfe-Steuergesetz, dem Energiesteuersenkungsgesetz, dem Steuerentlastungsgesetz, dem Jahressteuergesetz 2022, dem Gesetz zur temporären Senkung des Umsatzsteuersatzes auf Gaslieferungen über das Erdgasnetz, dem Zukunftsfinanzierungsgesetz, dem Inflationsausgleichsgesetz und dem Wachstumschancengesetz

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

für dieses Jahr über 45 Milliarden Euro an Steuern gesenkt - für die Menschen, aber auch für die Unternehmen. Das ist einfach unfassbar viel. Ja, wir kämpfen jetzt andererseits beim Haushalt damit. Aber wir entlasten die Menschen und die Unternehmen in diesem Land massiv.

(Julia Klöckner (CDU/CSU): Merkt nur keiner!)

Es ist wichtig, dass das ankommt.

(Jörn König (AfD): Kommt aber nicht an!)

Das haben wir ganz klar im Blick. Denn wir wissen, dass aufgrund der Inflation alles teurer geworden ist. Deswegen ist uns das so wichtig.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie fordern in Ihrem Antrag zusätzliche Steuersenkungen von ungefähr 40 Milliarden Euro. Ist das Ihr Ernst?

(Dr. Mathias Middelberg (CDU/CSU): Nee! So viel ist das nicht!)

Ich sehe zumindest einen, nämlich Jens Spahn, der auch bei den Bund-Länder-Verhandlungen zum Wachstumschancengesetz dabei war. Da wollten wir vonseiten des Bundes um 7 Milliarden Euro entlasten. Woran ist es gescheitert, dass es nicht 7 Milliarden Euro an Entlastungen, sondern dann nur 3,2 Milliarden Euro geworden sind?

(Beifall der Abg. Dr. Paula Piechotta (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Weil die Landeshaushalte unter einer noch strikteren Schuldenbremse leiden und sehr enge Haushalte haben.

(Dr. Mathias Middelberg (CDU/CSU): Für den Soli brauchen wir die Länder gar nicht!)

Ich weiß wirklich nicht, ob Sie von der Bundestagsfraktion überhaupt mal mit Ihren Landesfinanzministern reden, wie es möglich sein soll, jetzt noch ein My mehr Steuersenkungen zu machen, wenn mehr als 3,2 Milliarden Euro damals nicht drin waren, und das ist erst drei Monate her. Da muss man sich ehrlich machen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Trotzdem haben wir es geschafft, Träume, die Sie immer hatten, mit der SPD umzusetzen, nämlich beim Verlustvortrag. Das fanden wir auch nicht toll, aber wir haben es jetzt gemacht.

(Fritz Güntzler (CDU/CSU): Ein bisschen gemacht!)

Es ist eine Erleichterung. Wir einigen uns miteinander. Das haben Sie nie geschafft. Wir als Ampel haben das jetzt geschafft, und das ist auch mal Applaus wert.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Zudem habe ich mich sehr amüsiert, als ich gesehen habe, dass Sie eine Turboabschreibung fordern. Wir wollten eine Superabschreibung; das fanden wir super. Ihre Länder fanden das nicht so super, Sie selber fanden das auch nicht super. Jetzt wollen Sie aber Turbo. Ich muss sagen: Das finde ich megaunseriös.

(Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Denn wenn Sie Super schon nicht wollen, wie wollen Sie dann Turbo hinbekommen? 

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Außerdem haben wir Abschreibungserleichterungen im Wohnungsbau gemacht, die Sie sich, glaube ich, auch nie vorstellen konnten:

(Fritz Güntzler (CDU/CSU): Wir reden hier über Unternehmen und nicht über Wohnungsbau!)

5 Prozent bei der Wohn-AfA, noch mal 6 Prozent on top nach § 7b EStG.

Vizepräsident Wolfgang Kubicki: 

Frau Kollegin, kommen Sie zum Schluss, bitte.

Katharina Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): 

Das ist ein absoluter Wohnbooster.

Vielen Dank für die Vorschläge und das Angebot, bei den Strukturen und der Bürokratie was zu machen! Und bei der Steuerpolitik in Zukunft bitte seriöser vorgehen!

Vielen Dank. 

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Vizepräsident Wolfgang Kubicki: 

Vielen Dank, Frau Kollegin Beck. - Als nächster Redner hat das Wort der Kollege Markus Herbrand, FDP-Fraktion.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Markus Herbrand (FDP): 

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Union stellt zehn Jahre Substanzverlust des deutschen Wirtschaftsstandortes fest und fordert ein modernisiertes Unternehmensteuerrecht. Die Feststellung an sich ist nicht von der Hand zu weisen, sie ist zugleich aber auch eine Art Schuldeingeständnis der Antragsteller.

(Dr. Hermann-Josef Tebroke (CDU/CSU): Darum geht es doch jetzt gar nicht!)

Denn leider waren die Damen und Herren der Union für die damit verbundenen Forderungen nach Reformen in ihren eigenen Regierungsjahren weniger empfänglich. Die Politik bis 2021 hat zu einseitig auf Staatskonsum und zu wenig auf Investitionen gesetzt. Das macht die strukturelle Schwäche aus, die unser Land bis heute lähmt. Von Steuerreformen war da keine Rede.

Auch von der FDP-Bundestagsfraktion wird das Problem nahezu täglich adressiert, weil auch uns der Zustand des Standortes besorgt. Viele können es schon bald nicht mehr hören, wenn wir nahezu täglich die Notwendigkeit einer Wirtschaftswende betonen. Aber es ist so: Wir brauchen eine Wirtschaftswende.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der Abg. Armand Zorn (SPD) und Dr. Paula Piechotta (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Jetzt also dieser Antrag, dessen Forderungen inhaltlich für sich betrachtet - das ist auch keine Überraschung - in weiten Teilen die Zustimmung auch bei Liberalen finden.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU - Dr. Astrid Mannes (CDU/CSU): Hört! Hört!)

Ja, auch wir halten eine Mischung aus besseren Abschreibungsbedingungen und Tarifentlastungen für erstrebenswert; wir benötigen Entlastungen. Ja, auch wir wollen, wenn auch in zwei Stufen, den Soli abschaffen; erst letzte Plenarwoche hatten wir darüber debattiert. Ja, auch wir wollen Bürokratieabbau im Steuerecht; wir halten ihn für dringend notwendig. Ja, auch wir halten den Einsatz von mehr digitalen Verfahren im Besteuerungsrecht für geboten - um nur auf einige Ihrer Forderungen einzugehen.

(Fritz Güntzler (CDU/CSU): Also: So schlecht ist der Antrag nicht!)

Allerdings stellt sich dann schon die Frage, warum Sie in der aktuellen Legislaturperiode drei Jahre lang warten, um Ihren angeblich seit 2019 vorliegenden Antrag erst jetzt in den Bundestag einzubringen.

(Jens Spahn (CDU/CSU): Wir wollten euch eine Chance geben! - Heiterkeit des Abg. Fritz Güntzler (CDU/CSU))

War Ihnen das Thema in den letzten drei Jahren nicht wichtig genug, oder kommt jetzt blinder Aktionismus auf? Aktionismus deswegen, weil Sie erkennen, dass die Ampelkoalition mit ihren aktuell konstruktiven Beratungen zum Bürokratieentlastungsgesetz

(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU - Jens Spahn (CDU/CSU): Da muss er ja gleich selber lachen!)

viele Hürden für die wirtschaftliche Entwicklung in unserem Land aus dem Weg räumt. Wir beseitigen Fehler, die in vielen Fällen genau aus Ihrer Regierungszeit stammen.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN - Widerspruch bei der CDU/CSU)

Aktionismus auch deshalb, weil Bundesfinanzminister Lindner und Bundeswirtschaftsminister Habeck ihre Vorstellungen über notwendige Entlastungen und gezielte Unterstützungen für Unternehmen bereits im Frühjahr artikuliert haben. Wir erwarten dazu auch steuerrechtliche Regelungen.

Und Aktionismus auch deshalb, weil Sie merken, dass die Ampelkoalition in den vergangenen noch nicht ganz drei Jahren sehr viel im Steuerrecht umgesetzt hat, im Übrigen inklusive zahlreicher Maßnahmen, die in der Vergangenheit auch von Ihnen immer gefordert worden sind, Herr Kollege Güntzler. Sie sind an politischen Realitäten gescheitert. Politische Realitäten sind beispielsweise die unterschiedlichen Vorstellungen von Parteien, die miteinander koalieren, aber dennoch eigenständige Parteien sind. Ich ahne, Sie erkennen, was ich meine.

(Fritz Güntzler (CDU/CSU): Ich kann Ihr Leid nachvollziehen!)

Ich kann Ihnen versichern, dass auch wir an ganz vielen Stellen mit unseren Koalitionspartnern inhaltlich viel debattieren und um die richtigen Lösungen ringen.

(Jens Spahn (CDU/CSU): Das versteckt ihr aber ganz gut, muss man sagen!)

Die Medien nennen das Streit, die Opposition reibt sich die Hände. Und dennoch ist das nicht entscheidend. Entscheidend ist, dass es mit dem Land vorangeht.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN - Jens Spahn (CDU/CSU): Ja, wenn es denn so wäre!)

Oder nicht zuletzt Realitäten, die beispielsweise bei den oft unionsgeführten Ländern zu finden sind. Haben Sie Ihre Forderungen und Ihren Wünsch-dir-was-Katalog eigentlich mit Ihren Ländern abgestimmt?

(Zuruf von der SPD: Das machen die doch nie!)

Oder erleben wir hier wieder die unionsinternen Katz-und-Maus-Spiele von Dr. Jekyll und Mr. Hyde? Wir haben diese zwei Gesichter der Union zuletzt beim Wachstumschancengesetz gesehen.

(Michael Schrodi (SPD): So ist es! Vollkommen richtig!)

Eine Bundestagsfraktion, die bei ihren Forderungen kein Morgen kennt, und die Länder, die dann kommen und sagen: Da können wir nicht mitmachen. - Da sind Sie nicht glaubwürdig.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Sehr geehrte Damen und Herren, diese Regierungskoalition zeichnet aus, dass sie Lösungen in Kompromissen findet. Dafür benötigen wir Ihren Antrag nicht und lehnen ihn deshalb ab.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsident Wolfgang Kubicki: 

Vielen Dank, Herr Kollege Herbrand. - Als nächster Redner hat das Wort der Kollege Dr. Mathias Middelberg, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Dr. Mathias Middelberg (CDU/CSU): 

Herr Herbrand, lobenswerterweise haben Sie ja angesprochen, dass wir eine Wirtschaftswende brauchen. Da sind wir mit Ihnen völlig einer Meinung. Wir finden es auch sehr lobenswert und anerkennenswert, dass die FDP ungefähr jede Woche einen Präsidiumsbeschluss fasst, was dazu erforderlich ist, zum Beispiel Dynamisierungspakete. Vieles davon teilen wir; das unterstützen wir auch ausdrücklich. Das Problem ist nur: Sie sind Teil der Regierung,

(Markus Herbrand (FDP): Das waren Sie bis 2021 auch!)

und Sie müssen jetzt mal irgendwann liefern.

(Beifall bei der CDU/CSU - Markus Herbrand (FDP): Werden wir machen!)

Wenn der Problembefund so dramatisch ist und wir wie zu Anfang der Debatte fast einhellig feststellen, dass wir in allen internationalen Rankings mittlerweile Schlusslicht sind, dass Unternehmen und Arbeitsplätze mittlerweile in Massen unseren Standort verlassen, dass wir Kapital- und Investitionsabflüsse zu verzeichnen haben - ich glaube, darüber sind vor allen Dingen wir, Union und FDP, uns ziemlich einig und bestreiten diese Analyse überhaupt nicht; auch der Bundesfinanzminister spricht das ja regelmäßig an -, dann muss man allerdings sehr ernsthaft von Ihnen verlangen, dass Sie zu dem Thema jetzt auch wirklich liefern. Und dazu haben Sie heute kein Wort und keinen Satz gesagt.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Sie können gerne sagen: Dieses und jenes an dem Unionskonzept gefällt mir nicht, und ich hätte gerne das noch anders und dies auch noch ein bisschen anders. - Ich habe von Ihnen heute aber nichts Konkretes dazu gehört, was eigentlich Ihr Konzept ist.

Eben kam der Satz: Warum bringt die Union erst nach drei Jahren dieses Unternehmensteuerkonzept in den Bundestag ein? - Okay, den Vorwurf kann man annehmen. Nur, wir sind die Opposition, Sie sind die Regierung.

(Beifall bei der CDU/CSU - Dr. Till Steffen (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Haben Sie eben zugehört?)

Sie müssten doch längst liefern, und zwar nicht nur Anträge.

(Katharina Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Über 45 Milliarden Euro Steuererleichterungen allein in diesem Jahr! Hören Sie auf mit diesen Desinformationen!)

Sie müssten hier konkrete Gesetze vorlegen. Stattdessen gucken Sie sich an, wie dieses Land sachte vor die Hunde geht. Wir hatten im letzten Jahr einen Wachstumsrückgang, eine Schrumpfung. Wir sind in diesem Jahr Schlusslicht in Europa. Bei einem weltweiten Wachstum von über 3 Prozent - das hat Ihnen der Kollege Fritz Güntzler eben vorgerechnet - sind wir Schlusslicht mit vielleicht plus 0,3 Prozent. 

Noch vor einem Jahr hat der Wirtschaftsminister Steuererhöhungen für die Unternehmen gefordert.

(Katharina Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir haben über 45 Milliarden Euro Steuersenkungen allein in diesem Jahr!)

Mittlerweise hat er geschnallt, dass die Steuern runter müssen. Und zur Feier seiner eigenen Prognose - das hat das Wirtschaftsministerium selbst errechnet -, dass das Wachstum in diesem Jahr vielleicht 0,1 Prozent höher ausfallen könnte, bestellt er gleich die Presse in sein Haus ein. Ich weiß nicht, ob es das in dieser Republik überhaupt je gegeben hat.

(Beifall bei der CDU/CSU - Tobias B. Bacherle (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Nein, Pressekonferenzen im BMWK gab es noch nie!)

Das ist doch der Hammer: ein Wirtschaftsminister, der die ganze Hauptstadtpresse in sein Haus einbestellt, um zu verkünden, dass das Wirtschaftswachstum 0,1 Prozent besser ausfallen könnte. Ich finde, es ist der Hammer. Ich kann es gar nicht fassen. Das ist der Oberkracher.

(Beifall bei der CDU/CSU - Markus Herbrand (FDP): Das sagten Sie schon!)

Jetzt kommen wir mal zu dem Punkt - das ist wirklich der Oberkracher -, was Sie schon alles Tolles gemacht hätten und für welche steuerlichen Erleichterungen Sie gesorgt hätten. Das Einzige, was Sie hier durchgesetzt haben - und das haben Sie nicht mal vollständig durchgesetzt -, ist, dass Sie die Steuersätze geändert und den Grundfreibetrag - dazu sind Sie von Verfassungs wegen übrigens gezwungen - ein bisschen an die Inflationsentwicklung angepasst haben. Das ist es dann allerdings auch. Dann ist die Party weitestgehend beendet.

(Katharina Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Nein, das stimmt nicht!)

Ich will Ihnen jetzt mal klar und deutlich sagen, was Sie sonst gemacht haben. Sie haben hier völlig schwachsinnige Diskussionen um eine Gasumlage, also um eine Gaspreiserhöhung, geführt, als wir die Energiekrise hatten. Und am Ende haben Sie nach drei Monaten festgestellt: Das Konzept ist völlig hirnrissig.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)

Herr Habeck hat es wieder zurückgenommen und gesagt: Wir brauchen eine Gaspreisbremse, um die Verbraucher zu schonen.

Dann haben Sie hier schwachsinnige Debatten um einen Industriestrompreis geführt, den der Bundeskanzler vor der Wahl versprochen hatte. Jetzt haben Sie gar nichts geliefert, und unsere energieintensive Industrie wandert vom Standort Deutschland ab. Das ist die Wirklichkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU - Katharina Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Was machen Sie hier für Desinformation! Das ist unerträglich! - Dr. Sebastian Schäfer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Der Strompreis ist deutlich gesunken!)

Sie haben ein Heizungsdesaster hier veranstaltet - ein Heizungsdesaster! Sie kommen immer damit, das sei die Vorgängerregierung gewesen, die für die jetzige schlechte wirtschaftliche Entwicklung verantwortlich ist.

(Dr. Sebastian Schäfer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ja, ist sie auch!)

- Nein, dafür sind Ihre Regierung und das Chaos, das Sie permanent veranstalten, verantwortlich.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)

Das Heizungsdesaster hat dazu geführt, dass am Ende kein Mensch mehr in eine Wärmepumpe investiert hat; das ist doch die Wirklichkeit.

(Tobias B. Bacherle (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wer hat denn hier den ganzen Quatsch verzapft? Sie haben die deutsche Innovation in Grund und Boden geredet hier! - Katharina Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das war Ihre Antikampagne! Mit Lügen haben Sie das gemacht! Das geht so nicht!)

Sie haben das Gegenteil dessen erreicht, was Sie erreichen wollten. Sie haben die Kernkraftwerke abgestellt und damit den Strompreis nach oben getrieben; da sind wir uns sogar mit der FDP, Ihrem Koalitionspartner, einig. Sie haben ein eigenes Digitalministerium versprochen, damit alles schneller läuft. Nichts ist passiert; die Zuständigkeiten sind weiter völlig zersplittert. Sie kommen bei dem Thema keinen Zentimeter weiter.

(Markus Herbrand (FDP): Zum Antrag, bitte!)

Der Finanzminister - dankenswerterweise hört er sich diese Debatte an - fordert regelmäßig und immer wieder eine Reform des Bürgergeldes. Was passiert bei Ihnen? Gar nichts.

(Stephan Brandner (AfD): Die CDU hat doch auch zugestimmt!)

Der Lohnabstand müsste größer werden. Er wird in Ihrer Regierungszeit aber immer kleiner. Die Zahl der Bürgergeldempfänger steigt. Effektive Sanktionen gibt es praktisch gar nicht.

(Maximilian Mordhorst (FDP): Wie hatten Sie da noch abgestimmt?)

Damit komme ich zum nächsten Punkt. Sie meinen ja, so toll bei der Fachkräftezuwanderung zu sein.

(Katharina Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Na ja, besser als ihr auf jeden Fall! - Stephan Brandner (AfD): Aha!)

Gucken Sie sich doch mal an, wie das in Wirklichkeit läuft. Die Fachkräftezuwanderung, die Sie organisieren, ist in erster Linie eine Asylzuwanderung,

(Tobias B. Bacherle (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist so ein großer Quatsch!)

und die findet bedauerlicherweise überwiegend in das Bürgergeld statt. Sie kommen keinen Zentimeter weiter.

Vizepräsident Wolfgang Kubicki: 

Herr Kollege, kommen Sie zum Schluss.

Dr. Mathias Middelberg (CDU/CSU): 

Sie müssen jetzt liefern, und zwar ganz dringend.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU - Katharina Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Absolut unseriös!

Vizepräsident Wolfgang Kubicki: 

Vielen Dank, Herr Kollege Middelberg. - Als nächster Redner hat das Wort der Kollege Michael Schrodi, SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Michael Schrodi (SPD): 

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Middelberg, Sie haben in Ihrer Rede kein einziges Wort zu Ihrem eigenen Antrag verloren. Ich weiß auch, warum.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP - Dr. Mathias Middelberg (CDU/CSU): Das haben Sie früher auch nicht!)

Sie blasen hier die Backen weit auf, und dann kommt ein kleines Püstchen raus. Das, was Sie in den letzten Monaten gemacht haben, waren zahlreiche Anträge zum Wirtschaftswachstum, alle mit unterschiedlichen Schwerpunkten und in sich widersprüchlich. Nun wollen Sie mit einem kleinteiligen Antrag mit 19 Spiegelstrichen das Wirtschaftswachstum anschieben. Das glauben Sie doch selber nicht! Deswegen reden Sie auch nicht dazu. Dieser Antrag ist doch wirklich das Papier nicht wert, auf dem er geschrieben ist, Herr Middelberg.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN - Thorsten Frei (CDU/CSU): Herr Güntzler hat doch schon alles erklärt!)

Nun zu Ihrer ständig wiederholten Erzählung vom kranken Mann Europas. Wie Sie sich erinnern können, war unter anderem der Bundesbankpräsident Joachim Nagel bei uns im Ausschuss im Deutschen Bundestag und hat gesagt, er halte diese Erzählung für eine glatte Fehldiagnose, die bei vielen in der Union anscheinend allzu leicht verfängt. Wir als drittstärkste Wirtschaftsnation sollten selbstbewusster sein

(Thorsten Frei (CDU/CSU): Super! Schrumpfende Wirtschaft!)

angesichts von Rekordhandelsbilanzüberschüssen, Rekorddirektinvestitionen in Deutschland und wieder anziehender Wirtschaft. Reden Sie diesen Standort nicht schlecht! Wir wollen ihn stärken - mit starken Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und mit einer starken Wirtschaft.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN - Thorsten Frei (CDU/CSU): Sie sind für die Rezession verantwortlich, meine Güte!)

Ich darf drei Punkte aus Ihrem Antrag aufgreifen. 

Erstens. Sie reden von einer Weiterentwicklung und einer Beschleunigung der Betriebsprüfung. Dazu Folgendes: Auch die Bundesbetriebsprüfung wurde modernisiert; 2022 gab es dazu einen Bericht. Richtig ist: Wir können Regelwerke im Bund gerne ändern, aber wenn in den Ländern, auch in unionsgeführten Ländern, die Umsetzung nicht erfolgt, weil entsprechendes Personal in den Finanzverwaltungen nicht da ist, gelingt es nicht. Das ist der Adressat, den Sie hier anschreiben müssten; das haben Sie nicht getan, Herr Middelberg.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD - Thorsten Frei (CDU/CSU): Ach so, die Finanzbeamten!)

Zum Zweiten. Sie fordern eine verlässliche und auskömmliche Finanzausstattung der Kommunen. Wunderbar, alles gut! Die in Ihrem Antrag vorgesehene Regelung zum Verlustvortrag würde aber vor allen Dingen die Kommunen finanziell am härtesten treffen. Genau dieser Effekt wurde im Rahmen des Wachstumschancengesetzes verringert,

(Jens Spahn (CDU/CSU): 14 Prozent, sage ich nur!)

und das Thema Gewerbesteuer wurde herausgenommen. Sie würgen die Finanzkraft der Kommunen ab. Das ist die Folge dessen, was in Ihrem Antrag steht.

Zum Dritten. Wir haben - das wurde schon erwähnt - milliardenschwere Entlastungsmaßnahmen sowohl für die Verbraucherinnen und Verbraucher als auch für die Unternehmen auf den Weg gebracht. Sie kommen wieder mit dem Evergreen „Soli komplett abschaffen!“. Das hätte 12 Milliarden Euro Mindereinnahmen zur Folge. Sie sagen aber nirgendswo, wie Sie das gegenfinanzieren wollen.

Sie nehmen in Ihrem Antrag auf die Studie des ifo-Instituts Bezug. Sie, Herr Güntzler, haben auch auf den IWF und die OECD verwiesen. Was Sie vergessen haben in Ihren Antrag zu schreiben, sind die Schlussfolgerungen des ifo-Instituts in der von Ihnen zitierten Studie, die gezogen werden sollen, um Wirtschaftswachstum anzuregen. Neben Bürokratieabbau wird da vor allem auf den Infrastrukturausbau verwiesen.

(Beifall der Abg. Dagmar Andres (SPD) und Katharina Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Der BDI fordert 400 Milliarden Euro mehr Investitionen. Das kommt bei Ihnen nicht vor, und die Finanzierung gleich dreimal nicht.

(Fritz Güntzler (CDU/CSU): Das ist ein Steuerantrag!)

Sie reden in Ihrem Antrag am eigentlichen Thema vorbei.

Außerdem geht es in der Studie um den Fachkräftemangel und die Arbeitsmigration nach Deutschland. Auch da haben wir gerade wieder gehört, dass Sie jede Form von qualifizierter Zuwanderung verhetzen wollen.

(Thorsten Frei (CDU/CSU): Also, bitte! - Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

Angesichts dessen, was der Fraktionsvorsitzende zum Staatsbürgerschaftsrecht gestern gesagt hat, muss ich sagen: Sie sind der wirkliche Risikofaktor für den Standort Deutschland, wenn Sie Zuwanderung, die wir dringend brauchen, so verhetzen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Thorsten Frei (CDU/CSU): Das ist doch Unsinn! Deswegen klappt’s nicht, Herr Schrodi!)

Die Schlussfolgerungen in der Studie des Ifo-Instituts sind: Bürokratieabbau, Infrastrukturausbau und Bekämpfung des Fachkräftemangels.

(Thorsten Frei (CDU/CSU): Und schnellere Einbürgerungen, oder was?)

Nichts von dem steht in Ihrem Antrag, außer Bürokratieabbau.

Nun zu den Maßnahmen, die eingefordert wurden und die wir auf den Weg bringen sollten. Ich sage Ihnen, was wir schon gemacht haben. Das Bürokratieentlastungsgesetz, das für eine nie gekannte Entlastung sorgt, wird auf den Weg gebracht. Wir werden mit dem Wachstumschancengesetz

(Fritz Güntzler (CDU/CSU): Wann kommt es denn?)

und dem angekündigten Dynamisierungspaket die Maßnahmen, die Ihre Länder verkleinert haben, verstetigen und fortsetzen.

(Fritz Güntzler (CDU/CSU): Wann kommt denn das?)

Sie beinhalten gezielte und auch steuerliche Abschreibungsmöglichkeiten und Investitionsanreize, damit Unternehmen investieren.

(Fritz Güntzler (CDU/CSU): Wann?)

- Im zweiten Halbjahr dieses Jahres, Herr Güntzler. - Und wir haben Maßnahmen auf den Weg gebracht, um den Fachkräftemangel zu beheben und das Erwerbspotenzial zu steigern.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Antrag ist, wie gesagt, das Papier nicht wert, auf dem er steht. Wir haben Maßnahmen auf den Weg gebracht, wir werden Maßnahmen auf den Weg bringen, um den Wirtschaftsstandort zu stärken. Das machen wir gemeinsam in dieser Ampelkoalition in den nächsten Wochen und Monaten, und darauf freue ich mich schon.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Vizepräsident Wolfgang Kubicki: 

Vielen Dank, Herr Kollege Schrodi. - Als nächster Redner hat das Wort der Kollege Dr. Sebastian Schäfer, Bündnis 90/Die Grünen. 

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Dr. Sebastian Schäfer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): 

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Lage im Land ist schwierig. Deshalb brauchen wir hier konstruktive Debatten. Mit Beiträgen wie denen des Kollegen Dr. Middelberg ist das eine echte Herausforderung. Ich will es dennoch versuchen. 

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

„Unser Steuersystem muss einfacher, transparenter und gerechter werden.“ Diese Unionsforderung teile ich uneingeschränkt. Wir haben auch gar keine andere Möglichkeit mehr. Wir haben jetzt schon große Probleme in der Finanzverwaltung, freie Stellen überhaupt zu besetzen. Und wir müssen uns vor allem viel stärker auf das konzentrieren, was wirklich Wertschöpfung schafft. Die Verwaltung muss das unterstützen und darf das nicht blockieren. Da sind wir alle gefragt. 

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Die letzte große Steuerreform im Bereich der Unternehmensbesteuerung stammt aus dem Jahr 2008. Daraus ergeben sich notwendige Modernisierungsnotwendigkeiten; da haben Sie mich an Ihrer Seite.

(Fritz Güntzler (CDU/CSU): Schon wieder?)

Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union, Sie überstrapazieren das Recht, das ich der Opposition durchaus zugestehe, nämlich eine gewisse Unschärfe beim Rechnen, ein großzügiges Runden. Ihre Rechnung geht leider im mindestens zweistelligen Milliardenbereich nicht auf.

Mit Ihrer Erlaubnis, Herr Präsident, möchte ich den Berliner Finanzsenator Stefan Evers aus der Debatte zum Wachstumschancengesetz im Bundesrat zitieren: „Die Lage der öffentlichen Finanzen in den Ländern und vor allem auch in den Kommunen ist dramatisch. Sie ist dramatisch. Die Grenzen der finanziellen Leistungsfähigkeiten der öffentlichen Haushalte sind auf diesen Ebenen erreicht. Wir sind dafür zuständig, ob als Länder oder Kommunen, die meisten staatlichen Dienstleistungen sicherzustellen.“

Was ist Ihre Antwort darauf in Ihrem Antrag?

(Zuruf des Abg. Dr. Mathias Middelberg (CDU/CSU))

Sie fordern, „den Kommunen eine verlässliche und auskömmliche Finanzausstattung zuzuordnen, die zugleich Anreize zur wirtschaftlichen Initiative und zur Ansiedlung von Arbeitsplätzen setzt“. Bei diesem Ziel bin ich sofort dabei. Aber was heißt es denn konkret? Die Kommunen sind verfassungsrechtlich Teil der Länder. Was machen Sie denn dafür in Nordrhein-Westfalen oder in Bayern? Der Berliner Finanzsenator scheint diese Frage jedenfalls nicht beantworten zu können. Das ist einfach nur wohlfeil, was Sie hier vorlegen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Die Haushaltsgesetze der Länder 2024 sehen ein kumuliertes Defizit von 14,9 Milliarden Euro vor. Sie beinhalten auch noch globale Minderausgaben in Höhe von 4,2 Milliarden Euro. Die Situation für 2025 sieht nicht besser aus. Für die Wettbewerbsfähigkeit - Kollegin Beck hat es ausgeführt - ist am Ende der Steuersatz nur ein kleiner Teil der Wahrheit. Forschung, Bildung, Verfügbarkeit von qualifizierten Fachkräften, Zugang zu Kapital und Ressourcen, eine gute Infrastruktur - das zählt viel mehr. Da haben wir große Aufgaben in unserem Land. Am Ende wird das nicht mit weniger Geld zu lösen sein, selbst wenn wir alle Effizienzreserven heben. 

Wir haben ein intertemporales Problem. Was heißt das? Gerade in der aktuellen Lage wären auch steuerliche Anreize wie die von Ihnen im Antrag angesprochen Turbo-mega-super-Abschreibungen sehr hilfreich,

(Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

um unsere Konjunktur zu stabilisieren und Wachstumsimpulse auszulösen. Gleichzeitig müssen wir unter den Regeln der Schuldenbremse, wie sie aktuell gelten, die öffentlichen Haushalte fast ohne Neuverschuldung aufstellen. 

Der Regierende Bürgermeister unserer Bundeshauptstadt, Kai Wegner, Parteibuch bekannt, hat diese Woche im „Handelsblatt“ gesagt - Zitat -:

„Wir haben unser Land in wichtigen Bereichen kaputt gespart - bei der Verkehrsinfrastruktur, bei den Universitäten, Schulen oder den Dienstgebäuden von Polizei und Feuerwehr. Wir können die Versäumnisse vergangener Jahre aber nicht aus dem normalen Haushalt finanzieren, weder im Bund noch in den Ländern. Deswegen brauchen wir eine Reform der Schuldenbremse oder die Möglichkeit, im Bund wie in den Ländern Sondervermögen für Zukunftsinvestitionen zu schaffen.“

Zitat Ende. 

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD - Dr. Mathias Middelberg (CDU/CSU): Ach, jetzt kommt es wieder! War ja klar!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen der Unionsfraktion, vielleicht müssen Sie sich noch mal mit den Vertreterinnen und Vertretern der B-Länder unterhalten; der Weg ins Rote Rathaus ist ja nicht so weit. Die haben den Ernst der Lage erkannt und kommen mit konkreten Vorschlägen, nicht mit wohlfeilen Anträgen.

Herzlichen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Vizepräsident Wolfgang Kubicki: 

Vielen Dank, Herr Kollege Schäfer. - Das Wort hat nunmehr der Kollege Sebastian Brehm, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Sebastian Brehm (CDU/CSU): 

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Seit Jahren mahnen wir hier im Deutschen Bundestag dringend notwendige Modernisierungsmaßnahmen für das Unternehmensteuerrecht in Deutschland an. Wir warten nicht erst drei Jahre, sondern wir mahnen immer wieder. Wir gehen nach dem pädagogischen Prinzip vor, dass Sie, wenn man es Ihnen fünfmal oder siebenmal vorträgt, es vielleicht endlich kapieren. Aber, lieber Herr Kollege Schrodi, wenn man mit der SPD über Steuern spricht, ist es so, wie wenn man mit Blinden über Farben spricht: Sie haben dafür null Komma null Verständnis.

(Beifall bei der CDU/CSU - Marianne Schieder (SPD): Sie haben doch nie mit Blinden über Farbe gesprochen! - Zuruf des Abg. Michael Schrodi (SPD))

Leider ist unser wertvoller Ansatz der Modernisierung der Unternehmensbesteuerung in der letzten Legislaturperiode an dieser SPD gescheitert.

(Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Diese Blockadehaltung im Deutschen Bundestag ist jetzt in ganz Deutschland spürbar. Es wird noch verschlimmert durch die planwirtschaftlichen Gedankenspiele und Umverteilungen der Grünen.

(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Also, schlimmer kann es gar nicht werden! - Michael Schrodi (SPD): Ihre ideologiegetriebene Steuerpolitik!)

Aber merken Sie eigentlich nicht, liebe Kollegen, was Sie mit dieser Politik in Deutschland gerade anrichten? 

(Michael Schrodi (SPD): Sie füllen Ihre Taschen als bestverdienender Nebeneinkünftebezieher des Deutsches Bundestags!)

Merken Sie denn nicht, dass Unternehmen aus Deutschland abwandern und woanders investieren? Das müssen Sie doch sehen.

Oder sind Sie auf beiden Augen blind?

(Beifall bei der CDU/CSU - Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Bundesfinanzminister geht durch Deutschland und verkündet, was man an Unternehmensteuerreformen machen könnte. Wir stimmen dem zu, aber es wird gar nichts, null Komma null, von diesen Gedanken in dieser Bundesregierung umgesetzt. 

(Dr. Sebastian Schäfer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wie finanzieren Sie es?)

Gemacht worden ist in dieser Legislaturperiode nichts.

(Katharina Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist Desinformation!)

Und das liegt an Ihrer politischen Agenda. Das liegt an Ihrem Mindset, das Sie haben. 

(Katharina Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Nein! Über 45 Milliarden Steuersenkung allein in 2024!)

Ihr Mindset heißt: Wir sammeln von den Bürgern und von den Unternehmern möglichst viel Geld ein und verteilen es an diejenigen um, die uns politisch und ideologisch wichtig und richtig sind. 

(Katharina Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist Desinformation!)

Das ist aber Planwirtschaft.

(Beifall bei der CDU/CSU - Katharina Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ach, so ein Quatsch! Als ob Sie auf einem anderen Planeten leben! - Weitere Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist weit entfernt von sozialer Marktwirtschaft, liebe Kolleginnen und Kollegen. 

Wir brauchen starke Unternehmen. 

(Zuruf der Abg. Katharina Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Ihre Reden heute zeigen doch, welchen Neid Sie gegenüber Unternehmen haben, die erfolgreich sind. 

(Michael Schrodi (SPD): Das stimmt doch alles gar nicht!)

Wir brauchen diese Unternehmen; denn die Unternehmen und der Mittelstand in Deutschland sind das Rückgrat für Wohlstand, für Arbeitsplätze; aber auch für alle anderen Ausgaben im Staat. Wenn wir diese Unternehmen nicht haben, können Sie alle anderen Ausgaben im Staat auch vergessen.

(Beifall bei der CDU/CSU - Katharina Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sagen Sie doch mal was Neues!)

Deswegen haben wir heute einen Antrag eingebracht, der auf drei wesentlichen Säulen beruht. Erstens: die steuerliche Wettbewerbsfähigkeit in Deutschland wiederherstellen. Zweitens: die Bürokratie im Steuerrecht abbauen. 

(Michael Schrodi (SPD): Sie fordern ja gar nicht die Körperschaftsteuerabsenkung! Was ist denn damit passiert?)

Drittens: die Strukturen im Steuerrecht verbessern. Ich sage Ihnen eines: Wenn wir über die steuerliche Wettbewerbsfähigkeit - - 

(Michael Schrodi (SPD): Was ist denn mit der Körperschaftsteuerabsenkung? Die haben Sie gar nicht mehr! Die fehlt!)

- Ich weiß, Sie haben nicht so viel Interesse daran, aber ich gebe Ihnen mal ein Beispiel.

(Michael Schrodi (SPD): Aber was ist denn mit der Körperschaftsteuerabsenkung? Haben Sie das mal formuliert?)

- Lassen Sie mich doch mal ausreden! Hören Sie doch mal zu! Vielleicht lernen Sie auch was dabei. 

(Katharina Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wenn Sie Quatsch reden, muss man dazwischenschreien, mindestens fürs Protokoll!)

Wenn man in Deutschland eine Personengesellschaft besteuert, haben wir 42 Prozent Spitzensteuersatz, ab 270 000 Euro 45 Prozent. Dazu kommt die überschießende Gewerbesteuer. Dazu kommt der Solidaritätszuschlag. Dazu kommt die Kirchensteuer. In allen anderen Ländern ist die Steuer 20 Prozent niedriger. 

(Katharina Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ach Quatsch! Das ist doch gelogen!)

Deswegen wandern doch die Unternehmen genau in diese anderen Länder ab. 

(Katharina Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das stimmt nicht!)

Und wenn Sie die Steuern nicht senken, dann wird dieser Verfall des Arbeitsplatzstandortes Deutschland weitergehen.

(Beifall bei der CDU/CSU - Katharina Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): So ein Quatsch! - Zuruf der Abg. Marianne Schieder (SPD))

Das sind ja Fakten. 

(Michael Schrodi (SPD): Eben nicht! Das ist ja gerade das Problem!)

Übrigens haben wir auch bei Kapitalgesellschaften eine Grenzbelastung von über 32 Prozent; in anderen Ländern sind es 10 Prozent, 15 Prozent.

(Michael Schrodi (SPD): Und der effektive Steuersatz? - Katharina Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Effektiver Steuersatz 20 Prozent!)

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Herr Kollege Brehm, ich muss Sie kurz unterbrechen. - Frau Kollegin Beck, Sie haben bereits geredet. Herr Kollege Schrodi, Sie haben bereits geredet. Zwischenrufe, besonders wenn sie intelligent sind, sind erwünscht, weil sie die Debatte beleben.

(Zuruf von der CDU/CSU: Die Gefahr besteht nicht!)

Aber Koreferate durch Zwischenrufe zu halten, finde ich unangemessen. Bitte lassen Sie den Redner einfach mal ausreden, und dann können Sie im Zweifel reagieren.

(Beifall bei der CDU/CSU - Zuruf des Abg Michael Schrodi (SPD))

Sebastian Brehm (CDU/CSU): 

Vielen Dank, Herr Präsident. - Also, wir haben im internationalen Vergleich ein großes Delta zwischen der Steuerbelastung für Unternehmen in Deutschland und ausländischen Unternehmen. Wir reden doch nicht davon - und das ist wieder Ihre neidgeprägte Agenda -, was die Unternehmer aus ihrem Unternehmen rausnehmen und privat verwenden, sondern wir reden davon, dass wir das Geld im Unternehmen belassen, und das Geld, das im Unternehmen bleibt, begünstigt besteuern. Das ist doch ein Riesenunterschied!.

Deswegen brauchen wir eine andere Agenda, ein anderes Mindset. Nehmen Sie den Unternehmen nicht das Geld ab, sondern lassen Sie es in den Unternehmen mit einer niedrigeren Besteuerung, sodass die Unternehmen entscheiden können, was sie in die Digitalisierung oder in die Transformation der Wirtschaft investieren! Ich glaube, die Unternehmen können das besser als Sie in der Bundesregierung.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Vizepräsident Wolfgang Kubicki: 

Herr Kollege Brehm, erlauben Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Beck? 

(Zuruf von der AfD: Was für ein Zufall!)

Sebastian Brehm (CDU/CSU): 

Ja, gerne.

Vizepräsident Wolfgang Kubicki: 

Frau Beck, Sie können die Zwischenfrage stellen.

Katharina Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): 

Ich wollte nur noch mal etwas erläutern und natürlich eine kleine Frage einbauen. Es ist einfach so: Wenn hier Dinge erzählt werden, die so nicht stimmen, dann ist es mir ein Anliegen, lieber Herr Brehm, dazu auch was zu sagen. Ich möchte Ihnen natürlich Ihre Redezeit gönnen, so wie jeder hier seine Redezeit hat. Aber wenn Dinge erzählt werden, die nicht stimmen, dann muss ich etwas sagen. Auch Herr Middelberg hat eben erwähnt, wir hätten nichts gemacht, außer den Grundfreibetrag abzusenken. Das stimmt einfach nicht. Allein in diesem Jahr haben wir durch diverse Gesetze schon Steuersenkungen von über 45 Milliarden Euro bewirkt.

Sebastian Brehm (CDU/CSU): 

Wo denn?

Katharina Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): 

Deswegen war es mir gerade ein Anliegen, an einigen Punkte auch mal „Das stimmt nicht!“ dazwischenzurufen. Und dann noch die Frage: Was versprechen Sie sich davon, hier teilweise auch Desinformationen vorzutragen?

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Sebastian Brehm (CDU/CSU): 

Also, Frau Kollegin Beck, was Desinformationen angeht, würde ich gerne mal wissen, wo Sie 45 Milliarden Euro einsparen

(Frauke Heiligenstadt (SPD): Sie waren wohl nicht in der Finanzausschusssitzung dabei!)

über das gesetzliche Maß hinaus, das das Bundesverfassungsgericht eh schon jedes Jahr fordert. Da sind Sie - -

(Michael Schrodi (SPD): Kalte Progression! Überkompensiert!)

- Überkompensiert haben Sie überhaupt nicht, sondern da sind Sie noch weit hinterher.

(Michael Schrodi (SPD): Nein!)

Die Menschen in unserem Land werden jeden Tag durch Ihre Nichtüberkompensation ärmer, meine lieben Damen und Herren! Das ist die Wahrheit.

(Michael Schrodi (SPD): Das stimmt doch nicht! - Weiterer Zuruf von der SPD: Das stimmt nicht! Lüge!)

Und wenn Sie mir sagen, Frau Beck, dass wir Desinformationen streuen, dann frage ich Sie zurück. Wir haben 45 Prozent Spitzensteuersatz. Wir haben eine überschießende, nicht anrechenbare Gewerbesteuer bei den Gemeinden über 380 Prozent Hebesatz. Wir haben den Solidaritätszuschlag für diejenigen Unternehmer, die eben nicht entlastet worden sind. 

(Katharina Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich bin Finanzpolitikerin! Ich weiß das!)

Wir haben die Kirchensteuerbelastung. Das heißt, wir sind bei einer Belastung von knapp 50 Prozent der deutschen Unternehmerinnen und Unternehmer in den Personengesellschaften.

(Stefan Gelbhaar (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wollen Sie die Kirchensteuer abschaffen?)

Und die Steuern in den anderen Nachbarländern sind 20 bis 30 Prozent niedriger. Das haben Sie bestritten, aber es ist die Wahrheit.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Schauen Sie ins Gesetz! Schauen Sie sich die Steuersätze an! Sie verkennen die steuerliche Realität in Deutschland. Haben Sie überhaupt schon mal mit Mittelständlern gesprochen?

(Katharina Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ständig! - Dr. Anja Reinalter (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Was ist denn das für eine Unterstellung? - Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Was ist denn das für ein Unsinn? Sie sind doch nicht von dieser Welt!)

Die sind völlig auf der Zinne, täglich, weil sie mit Bürokratie belastet werden. 

(Dr. Anja Reinalter (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Also, irgendwann ist mal gut!)

Jeder Mittelständler hat inzwischen zwei bis drei Tage in der Woche nur mit Bürokratie zu tun.

(Dr. Anja Reinalter (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie sind beleidigend! Das sind lauter Beleidigungen!)

Und dann kommen Sie mit Ihrer Investitionsprämie. Das wäre ein bürokratischer Irrsinn geworden. Immer wenn Sie ein Gesetz einführen wollen, hängen Sie eine riesige Bürokratiephalanx dran. Das ist doch so nicht mehr händelbar.

(Dr. Anja Reinalter (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie sind nicht händelbar!)

Kein Mensch kann noch Ihre Bürokratie abarbeiten.

(Beifall bei der CDU/CSU - Katharina Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Turboabschreibung?)

Deswegen haben wir wesentliche Punkte in unseren Antrag aufgenommen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der dritte Gedanke des Antrags - neben der Wettbewerbsfähigkeit und der Bürokratieentlastung - ist der, dass wir in die Strukturen des Steuerrechts gehen müssen.

(Zuruf der Abg. Dr. Anja Reinalter (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Wenn wir eine internationale Mindestbesteuerung einführen, dann kann man doch das Außensteuerrecht mit den Missbrauchsvorschriften einfach abschaffen. Aber nein, Sie vertrauen den Unternehmen nicht 

(Katharina Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das stimmt nicht!)

und legen mit Ihrer kleinen Zinsschranke und anderen Dingen noch eine Missbrauchsvorschrift obendrauf. Sie belasten mit Ihrer Missgunst und mit Ihrem Misstrauen gegen die Unternehmer den Standort jeden Tag aufs Neue.

(Beifall bei der CDU/CSU - Katharina Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das stimmt nicht!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie von den Grünen sagen ja, einige Punkte seien richtig. Sie von der FDP sagen auch, einige Punkte seien richtig. Die SPD hat null Komma null Verständnis für die steuerlichen Sachverhalte. Dann machen Sie doch was daraus! Beenden Sie diese Regierung, und setzen Sie mit uns gemeinsam diese Punkte um!

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU - Zuruf der Abg. Marianne Schieder (SPD))

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Vielen Dank, Herr Kollege Brehm. - Nächster Redner ist der Kollege Maximilian Mordhorst, FDP-Fraktion.

(Beifall bei der FDP)

Maximilian Mordhorst (FDP): 

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Sehr geehrter Herr Brehm, ich fand es ja interessant, dass Sie als Bayer und CSU-Mitglied uns die Steuerkompetenz absprechen, während Ihr eigener Ministerpräsident damals bei der Mehrwertsteuerdebatte kurzerhand eine „Gastrosteuer“ erfunden hat. Also, etwas weniger Söder und etwas mehr Steuerrecht würde vielleicht auch der CSU guttun.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Besonders interessant finde ich, dass Sie hier darüber sprechen, dass zumindest die kalte Progression ausgeglichen werden sollte, während Ihr eigener NRW-Finanzminister, CDU, öffentlich im Landtag beklagt, dass ihm Geld fehlt, weil die kalte Progression ausgeglichen wird. Bekommen Sie erst mal Ihre eigenen Leute in den Griff in dieser Frage! Wir verhindern zumindest schleichende Steuererhöhungen.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich komme aber nicht umhin - lieber Herr Kollege Dr. Schäfer, Sie haben das in der Debatte aufgebracht -, kurz etwas zur Schuldenbremse zu sagen. Wieder einmal haben Sie in einer Plenarrede nicht die Position der Ampelkoalition vertreten,

(Fritz Güntzler (CDU/CSU): Was? - Dr. Sebastian Schäfer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich habe über die CDU/CSU gesprochen!)

die sich eindeutig darauf festgelegt hat, dass die Schuldenbremse in Deutschland eingehalten wird, und das hat gute Gründe.

(Beifall bei der FDP)

Sie haben Zukunftsinvestitionen genannt. Es ist kein politisches Geheimnis, dass von der rechten bis zur linken Seite dieses Hauses jeder ein anderes Verständnis davon hat, was solche Investitionen sind. Man kann sicherlich über Bildung, über Infrastruktur sprechen. Wenn aber andere über Investitionen sprechen, dann meint die SPD Sozialausgaben, und dann meinen Sie von den Grünen Entwicklungshilfe. 

(Michael Schrodi (SPD): Nein, nein! - Dr. Sebastian Schäfer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Es geht um Investitionen in unser Land, Herr Kollege!)

Vor diesem Hintergrund ist es gut, dass die Schuldenbremse den Dammbruch verhindert. Es ist gut, dass uns die Schuldenbremse dazu zwingt, mit dem Steuergeld sorgsam umzugehen.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wir sind ja in einer ernsthaften Lage. Wenn man über die wirtschaftliche Lage spricht - erlauben Sie mir diese Zwischenbemerkung -, dann kann man das, was gestern Nacht in den USA in der Präsidentschaftsdebatte passiert ist, nicht unerwähnt lassen. Denn wir müssen uns große Sorgen machen, 

(Mike Moncsek (AfD): Hoffnungen! Nicht Sorgen!)

ob westliche Demokratien, westliche Wirtschaften zukunftsfähig sein werden, ob wir in der Lage sein werden, zu Einigungen zu kommen.

(Dr. Mathias Middelberg (CDU/CSU): Sehr richtig!)

Da muss Europa in Zukunft eine stärkere Führungsrolle übernehmen. Wir müssen für stärkere, wachsende Wirtschaften sorgen. Um es mit dem Bundeskanzler zu sagen: Wir brauchen einen funktionsfähigen europäischen Kapitalismus. Ich finde, da hatte er vorgestern im Plenum vollkommen recht.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU - Stephan Brandner (AfD): Biden und Scholz: Einer vergesslicher als der andere!)

Wir haben revolutionäre Ideen entwickelt mit dem Wachstumschancengesetz, mit der Stromsteuer, die wir für Betriebe ausgesetzt haben - das wurde noch gar nicht erwähnt -, mit dem Zukunftsfinanzierungsgesetz. Wie wäre es, wenn wir den Unternehmen und den Bürgern im Land nicht das Geld wegnehmen, um es nach Gutdünken umzuverteilen, sondern ihnen mehr von dem lassen, was sie erwirtschaften?

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

- Danke, dass Sie für unsere Gesetze klatschen. - Das reizt auch Menschen an, zu uns zu kommen. Das reizt Fachkräfte an, zu uns zu kommen. 

(Dr. Mathias Middelberg (CDU/CSU): Aber Herr Mordhorst, dann machen Sie das doch! Machen Sie das!)

Mittlerweile - auch das möchte ich nicht unerwähnt lassen - sind wir das nicht englischsprachige Land auf der Welt mit der höchsten Arbeitszuwanderung. 

(Lachen des Abg. Stephan Brandner (AfD) - Stephan Brandner (AfD): Träumen Sie weiter!)

Ja, wir haben Probleme bei der Migration, aber wir haben auch immer mehr Fachkräfte und Arbeitskräfte, die nach Deutschland kommen. Diesen Weg müssen wir weiter beschreiten.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wenn wir mit den Familienunternehmen und dem Mittelstand in Deutschland sprechen, dann sprechen sie als größtes Problem erstens die Bürokratie an. Gut also, dass wir endlich ein Bürokratieentlastungsgesetz IV auf den Weg bringen. Zur Erinnerung: Die ersten drei Gesetze waren von Ihnen und haben nicht wirklich geholfen. Insofern ist das ein guter Fortschritt. 

Als Zweites sprechen sie Fachkräfte an. Dazu habe ich gerade etwas gesagt. Wir müssen für Arbeitszuwanderung im Land sorgen. Sie müssen Ihre Positionen bei der Migration modernisieren. Es geht nicht, mit Abschottung dafür zu sorgen, dass unsere Wirtschaft wächst. Das ist ein Widerspruch. 

(Beifall bei der FDP - Fritz Güntzler (CDU/CSU): Nun zum Antrag!)

Als Drittes sprechen sie Steuern in Deutschland an. Wir sprechen ja oft über Steueranträge von Ihnen; darüber freue ich mich. Es würde mich aber auch freuen, Herr Dr. Middelberg, wenn Sie sich dazu mal im Finanzausschuss äußern würden statt nur hier in allgemeinen Debatten. Wir haben ein Problem mit dem Steuerrecht in Deutschland; das schreiben Sie in Ihrem neuen Antrag, und das unterstützen wir. Aber wenn Sie nicht mal mehr einen Haushaltsvorbehalt in Ihre Anträge schreiben, dann mache ich mir Sorgen.

Keine höheren Steuern, weniger Schulden im Land: Das ist unser Weg, und an dem halten wir fest. Das nützt auch unserer Wirtschaft.

(Beifall bei der FDP)

Vizepräsident Wolfgang Kubicki: 

Vielen Dank, Herr Kollege Mordhorst. - Nächste Rednerin ist die Kollegin Nadine Heselhaus, SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD)

Nadine Heselhaus (SPD): 

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir beraten heute den Antrag der CDU/CSU-Fraktion mit dem Titel „Modernisierung des deutschen Unternehmensteuerrechts voranbringen“. Was wir darin finden, ist ein Katalog von 19 Punkten, von denen nur ein Teil tatsächlich das Unternehmensteuerrecht betrifft. Die anderen Punkte gehen am Thema vorbei. Was wir darin auch finden, sind Maßnahmen mit unterschiedlichen Zuständigkeiten, teils der Bundesländer oder auch der EU, also nicht unbedingt unseren eigenen. Was wir ebenfalls darin finden, sind jede Menge unbestimmte Forderungen und Worthülsen: Wir sollen etwas verbessern, bürgerfreundlicher gestalten, modern ausgestalten, 

(Fritz Güntzler (CDU/CSU): Das steht da doch gar nicht!)

überprüfen, vereinfachen. Was wir wenig darin finden, sind ganz konkrete Vorschläge mit echten Zahlen.

(Beifall bei der SPD)

Und was wir darin überhaupt nicht finden, sind Vorschläge zur Finanzierung der darin enthaltenen Mindereinnahmen von vielen Milliarden Euro. Das alles zusammen ist vollkommen unseriös.

(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Dr. Paula Piechotta (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Da wir gerade schon beim Thema sind: Ich war ja doch ein bisschen überrascht. In der Begründung des Antrags steht auch: Unser Steuersystem muss einfacher werden. Ja, das würden wir alle sofort unterschreiben. Das klingt nach einer guten Sache. Frau Tillmann, wir waren ja schon ein paarmal gemeinsam beim „Tag der Ein- und Ausblicke“, das ist der Tag der offenen Tür hier im Deutschen Bundestag. Eine gute Sache; kommen Sie gerne vorbei! 

(Beifall des Abg. Mathias Stein (SPD))

Dort haben wir als Vertreterinnen des Finanzausschusses mit den Bürgerinnen und Bürgern zusammengesessen und uns ihren Fragen gestellt. Und ich erinnere mich sehr gut daran, was Sie auf die Kritik an unserem komplexen Steuerrecht erwiderten. Sie sagten, dass Sie zu Beginn auch eine Vereinfachung gefordert und in Ihren Wahlkämpfen sogar selbst versprochen hätten, das aber nicht mehr tun, weil Sie inzwischen schon so lange dabei seien und deshalb genau wüssten, dass das in unserer immer komplexer werdenden Welt einfach nicht umsetzbar ist. Trotzdem fordern Sie hier genau das, und das ist unseriös. 

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ein Punkt des Katalogs zeigt beispielhaft das ganze Dilemma des Antrags ziemlich deutlich; denn zur Modernisierung des deutschen Unternehmensteuerrechts zählen Sie auch die verlässliche und auskömmliche Finanzausstattung der Kommunen. Diese Verknüpfung verstehe ich nicht. Ja, Kommunen müssen gut ausgestattet sein. Ich habe selbst in kommunalen Verwaltungen gearbeitet, deshalb hängt daran auch wirklich mein Herz. Unsere Städte und Gemeinden haben ja auch richtig viel zu stemmen. Gerade deshalb hätten sie es doch auch verdient, hierzu von Ihnen etwas ganz Konkretes zu erfahren. Was wollen Sie denn genau? Ich meine, mit einem konkreten Betrag und allem Pipapo, und dazu gehört eben auch eine Gegenfinanzierung. Zu all dem steht auch da nichts: wieder nur Worthülsen. 

Ich finde es auch dramatisch, dass die CDU/CSU-Fraktion nicht weiß, dass die Bundesländer für genau diese verlässliche und auskömmliche Finanzausstattung der Kommunen zuständig sind. Der Bund unterstützt nur. Und dafür, dass die Zuständigkeit gar nicht bei uns liegt, machen wir sehr viel. Dafür hat uns der Bundesrechnungshof im letzten Jahr sogar kritisiert. Ihnen scheint das trotzdem nicht zu reichen. Wollen Sie etwa den Föderalismus abschaffen? - Eine Antwort wäre schön, aber egal. 

Halten wir also fest: Fehlende Zuständigkeiten, nichts Konkretes, keine Gegenfinanzierung und irgendwie am Thema vorbei. Das ist unseriös.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Aber sei’s drum: Uns eint der Wunsch nach gut ausgestatteten Kommunen. Damit auch überschuldete Kommunen eine gute Basis erhalten, muss das Grundgesetz mit einer Zweidrittelmehrheit des Bundestages geändert werden, also auch mit Ihnen von der Union.

Ich werte den Punkt, dass Sie trotz fehlender Zuständigkeit die verlässliche und auskömmliche Finanzierung der Kommunen an den Bund adressieren, deshalb so: als Zustimmung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion zur Lösung der Altschuldenproblematik, die gerade auch für Kommunen in meinem Bundesland NRW eine große Rolle spielt.

(Alexander Hoffmann (CDU/CSU): Ja, genau! SPD-geführte Kommunen!)

Dafür herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsident Wolfgang Kubicki: 

Vielen Dank, Frau Kollegin Heselhaus. - Ich erteile das Wort nunmehr der Kollegin Janine Wissler, Gruppe Die Linke.

(Beifall bei der Linken)

Janine Wissler (Die Linke): 

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Union will ein modernes und effizientes Unternehmensteuerrecht schaffen, weil der Standort Deutschland in den vergangenen zehn Jahren substanziell an Attraktivität verloren habe. Da fragt man sich schon: Wer hat dieses Land eigentlich bis vor drei Jahren regiert?

(Beifall bei der Linken - Zurufe von der CDU/CSU: Oh!)

Jetzt fordern Sie - Überraschung! - Steuersenkungen für Unternehmen: Körperschaftsteuer senken, Soli abschaffen, Steuergeschenke von über 30 Milliarden Euro für Reiche und Unternehmen. 

(Sebastian Brehm (CDU/CSU): Das sind keine Geschenke!)

Das ist das, was Sie hier als mögliche Entlastung für Unternehmen vorlegen. Aber wer entlastet denn eigentlich die Reinigungskräfte dieser Unternehmen?

(Beifall bei der Linken sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN - Zuruf von der CDU/CSU: Wer schafft denn die Arbeit überhaupt?)

Wer entlastet denn die Menschen, die sich ihre Einkäufe und die Miete kaum noch leisten können? 

(Katharina Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Mindestlohn erhöhen!)

Da muss ich leider sagen: Die Ampel tut es nicht, und die Union fordert es nicht mal. 

Dass Steuersenkungen für Unternehmen zu höheren Löhnen führen, das ist doch wirklich ein Märchen, das durch die Realität schon lange überholt ist.

(Beifall bei der Linken)

Wie wollen Sie denn diese Steuergeschenke finanzieren? Um mal die Größenordnung deutlich zu machen: Die Ampel ist nicht bereit, 10 Milliarden Euro für eine vernünftige Kindergrundsicherung auszugeben. Um Ihre geplanten Steuerausfälle im Haushalt auszugleichen, müsste man dann noch das Kindergeld halbieren, oder man müsste die gesamten Bildungsausgaben des Bundes inklusive BAföG streichen. Sagen Sie uns doch, wie es finanziert werden soll!

(Alexander Hoffmann (CDU/CSU): Wir würden eine gute Wirtschaftspolitik machen!)

Verraten Sie doch das Geheimnis: Woher soll das Geld kommen, mit dem Sie Wohlhabende beschenken und Unternehmen pampern wollen? Wo kommt das Geld her, und wer zahlt dafür?

(Beifall bei der Linken sowie bei Abgeordneten der SPD)

Diesen Antrag legen Sie auch noch vor, kurz nachdem bekannt wurde, was die Maskengeschäfte von Ex-Gesundheitsminister Spahn den Steuerzahler kosten könnten, nämlich 2,3 Milliarden Euro. 2,3 Milliarden Euro - das ist zehnmal Andreas Scheuer, Herr Spahn, was Sie da in den Sand gesetzt haben. Bei ihm waren das „nur“ 243 Millionen für die Maut. Wenn man den Schaden mal ausrechnet, kommt man zu dem Ergebnis, dass Ihre Maskendeals pro Tag Ihrer Amtszeit die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler 1,7 Millionen Euro gekostet haben. Da habe ich jetzt die anderen Schäden und die politischen Schäden noch gar nicht mit eingerechnet. 

(Alexander Hoffmann (CDU/CSU): Sie erzählen dummes Zeug! Das ist AfD-Niveau! - Gegenruf des Abg. Stephan Brandner (AfD): Nee! Nee! Nee!)

Mein gutgemeinter Rat an die Union: Ich finde, gerade in dieser Woche sollten Sie zu Fragen, die den Haushalt betreffen, besser schweigen; denn Ihre finanzpolitische Kompetenz haben Sie hinreichend unter Beweis gestellt.

(Beifall bei der Linken und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Dann fragt man sich: Was hat eigentlich Ihr Konzept mit Modernisierung zu tun? Wo geht es denn mal darum, wie Steuerhinterziehung, wie Steuermissbrauch endlich wirksam bekämpft werden kann? Ist das keine überfällige Aufgabe? Sie könnten sich ja auch wenigstens mal für Steuergerechtigkeit zwischen den Unternehmen einsetzen. Warum wird der Bäckermeister mit drei Filialen im Ort steuerlich stärker belastet als der große Backwarenhersteller, der seine Gewinne übers Ausland steuermindernd gestaltet? Aber das will niemand anpacken: Das will die Union nicht anpacken, das packt die Ampel nicht an. 

Statt Steuerhinterziehung zu bekämpfen, wird dann Stimmung gegen Menschen gemacht, die ohnehin wenig haben. Wir sind der Meinung: Wir brauchen höhere Einnahmen, eine gerechte Steuerpolitik und Steuerehrlichkeit, 

(Alexander Hoffmann (CDU/CSU): Sozialistenpopulismus!)

damit es nicht immer weitere Kürzungen im Sozialbereich gibt.

Vizepräsident Wolfgang Kubicki: 

Frau Kollegin, kommen Sie zum Schluss bitte.

Janine Wissler (Die Linke): 

Denn das ist schäbig, und das spaltet die Gesellschaft.

Vielen Dank.

(Beifall bei der Linken)

Vizepräsident Wolfgang Kubicki: 

Vielen Dank, Frau Kollegin Wissler. - Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege Armand Zorn, SPD-Fraktion. 

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Armand Zorn (SPD): 

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Brehm, ich muss erst mal mit einem Hinweis anfangen: Das, was Sie über blinde Menschen und die SPD, wenn es um Steuerpolitik geht, gesagt haben, gehört sich nicht. Dieser Vergleich war respektlos.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wir können in der Sache sehr gerne hart miteinander streiten; das mögen wir. Aber dieser Vergleich war deplatziert und hat hier nichts verloren.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich frage mich, wo Sie in den letzten Monaten waren, als wir diese ganzen Maßnahmen auf den Weg gebracht haben. Das Jahressteuergesetz, das Wachstumschancengesetz, das Kreditzweitmarktförderungsgesetz, das Zukunftsfinanzierungsgesetz - alle diese Maßnahmen sind in den letzten Wochen und Monaten erfolgt. Ich kann sagen: Es ist kein Zufall, dass ausgerechnet dann, wenn die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hier in der Opposition ist, plötzlich so viel passiert, wenn es darum geht, das Unternehmensteuerrecht bei uns in Deutschland zu reformieren. Dort, wo Sie sitzen, sitzen Sie richtig, nämlich als Teil der Opposition hier im Deutschen Bundestag.

(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Katharina Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Ich will auch an Ihre politische Verantwortung appellieren. Denn es reicht nicht, immer wieder Anträge zu schreiben, mal mehr sinnvoll, mal weniger sinnvoll, und das hier vorzutragen. 

(Stephan Brandner (AfD): Mehr sinnvoll war die CDU noch nie! Immer nur weniger!)

Sie müssen der Verantwortung, die Sie haben, gerecht werden. Und Sie haben auf kommunaler Ebene, auf Landesebene und auf europäischer Ebene auch eine Verantwortung.

Wie war das denn beim Wachstumschancengesetz? Man hatte da den Eindruck, dass die CDU/CSU-Bundestagsfraktion gar nicht wollte, dass die Sache besser wird. Man hatte den Eindruck, dass Sie hart daran gearbeitet haben, dass wir bloß keine Lösung finden. 

(Marianne Schieder (SPD): Genau!)

Sie wollten diese Stimmung, die es in einigen Kreisen in der Wirtschaft gab, weiterkochen. Sie wollten daraus Kapital schlagen. Warum? Weil Sie sich erhoffen, dass es am Ende dafür sorgt, dass Sie gewählt werden.

Aber die Menschen können das ganz klar sehen, 

(Stephan Brandner (AfD): Genau! Die wählen AfD! Ich kenne keinen einzigen SPD-Wähler!)

und sie wissen, dass ein Grund, warum wir in dieser Misere sind, ein Grund, warum die ganzen Wirtschaftszahlen, die Sie vorgelesen haben, so sind, wie sie sind, ist, dass Sie in den letzten Jahren Ihre Hausaufgaben nicht gemacht haben. Sie haben einen großen Anteil daran, dass wir die ganzen Transformationsprozesse in diesen Zeiten auf den Weg bringen müssen. Dem sollten Sie sich stellen; das sollten Sie nicht verheimlichen. Auch das gehört zur Ehrlichkeit.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Mit einem Mythos will ich tatsächlich brechen - das ist mir sehr wichtig -: Sie suggerieren, dass die deutsche Wettbewerbsfähigkeit und die Erfolgsgeschichte der deutschen Wirtschaft auf einem niedrigen Steuerniveau basieren. Das war noch nie so, und das wird nie der Fall sein. Unternehmen und Investoren kommen nicht nach Deutschland, siedeln sich nicht bei uns in Deutschland an, weil man hier wenig Steuern zahlt. Unternehmen bleiben nicht in Deutschland, weil das Steuerniveau niedrig ist. Das war in der Vergangenheit nicht der Fall; das wird auch in Zukunft nicht der Fall sein. Unsere Erfolgsgeschichte basiert vielmehr darauf, dass wir qualifizierte Fachkräfte haben und hatten, auf einer verlässlichen und funktionierenden Infrastruktur und auf unserer Rechtsstaatlichkeit.

Ich muss sagen, gestern war ja der Tag, an dem die Reform des Staatsangehörigkeitsrechts in Kraft getreten ist. 

(Stephan Brandner (AfD): Schlimm genug!)

Ich war sehr erstaunt, was ich da alles in der Zeitung lesen musste. Dass solche Töne von der AfD kommen, ist keine Überraschung. 

(Stephan Brandner (AfD): Das Gesetz ist eine Katastrophe! Eine absolute Katastrophe!)

Aber wenn der Oppositionsführer, der Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion, bei der Reform des Staatsangehörigkeitsrecht davon spricht, dass es ein schwarzer Tag für Deutschland sei, 

(Friedrich Merz (CDU/CSU): Ja!)

wenn Sie sagen, das sei die erste Maßnahme, die Sie wieder umkehren wollen, wenn Sie an die Regierung kommen, dann muss ich sagen: Sie verkennen die Realitäten. Wir brauchen Fachkräfte. Sie sollten hier nicht ideologisch unterwegs sein. Sie können anscheinend nicht trennen. Wir reden von qualifizierten Fachkräften, die zu uns nach Deutschland kommen, die hier einen Beitrag dazu leisten, dass es besser wird, die integriert sind, die die deutsche Sprache erlernt haben, die arbeiten, die Steuern zahlen 

(Stephan Brandner (AfD): Ja, die gibt es aber leider nicht!)

und die am Ende natürlich auch eine Perspektive brauchen. Ja, was denn sonst?

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Sollen die für ein paar Jahre hier zu uns kommen, zwei, drei Jahre arbeiten und dann wieder weitergehen? Wo leben Sie denn? Haben Sie nicht aus der Vergangenheit gelernt?

Vizepräsident Wolfgang Kubicki: 

Herr Kollege Zorn, erlauben Sie eine Zwischenfrage?

Armand Zorn (SPD): 

Ja, ich will den Satz aber noch zu Ende führen; dann gerne die Zwischenfrage. - Ich will feststellen, dass die CDU/CSU-Bundestagsfraktion zum größten Wirtschaftsrisikofaktor 

(Lachen bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)

für die Bundesrepublik geworden sind. Sie sollten sich schämen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Friedrich Merz (CDU/CSU): 13,9 Prozent!)

Alexander Hoffmann (CDU/CSU): 

Herr Kollege Zorn, vielen Dank, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. - Sie haben ja gerade Unverständnis über unsere Haltung zu Ihrem neuen Staatsangehörigkeitsrecht geäußert und dann gesagt: Wir brauchen Fachkräfte. 

Nun will ich Ihnen mal sagen, wie Ihre Bundesregierung dieses neue Staatsangehörigkeitsrecht bewirbt, nämlich in arabischer Sprache, also adressiert an Menschen, die es offensichtlich in Englisch oder in Deutsch nicht lesen können. 

(Frauke Heiligenstadt (SPD): Nicht zu fassen! - Michael Schrodi (SPD): Und das können keine Fachkräfte sein?)

Und in diesen Texten wird dann noch darauf hingewiesen, dass man die Staatsangehörigkeit auch erlangen kann, wenn man den eigenen Lebensunterhalt nicht sicherstellen kann.

(Michael Schrodi (SPD): Hören Sie doch mal auf mit dieser Propaganda!)

Jetzt würde ich gerne von Ihnen, Herr Zorn, wissen, ob das in der Adresse die Fachkräfte sind, die Sie haben wollen.

Armand Zorn (SPD): 

Herr Kollege, vielen Dank für die Zwischenfrage. Das gibt mir auch die Gelegenheit, mit einigen Mythen aufzuräumen

(Alexander Hoffmann (CDU/CSU): Entschuldigung, aber das gibt es schwarz auf weiß!)

und mit Klarheiten und Fakten dafür zu sorgen, dass wir in der Debatte die Ideologie ein bisschen beiseiteschieben und uns auf die Fakten beziehen.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN - Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU und der AfD)

Es ist so: Wenn Menschen sich auf den Weg machen und überlegen, wohin sie für die nächsten Jahre gehen - beispielsweise der gut qualifizierte, ausgebildete Ingenieur aus Indien, die Krankenschwester aus Brasilien oder der Wirtschaftsmathematiker aus Ghana -,

(Ingo Wellenreuther (CDU/CSU): Ja, die sprechen alle Arabisch!)

dann brauchen sie eine Perspektive. Wir stehen da in einem internationalen Wettbewerb mit Großbritannien, mit Kanada und mit den USA. Es ist wichtig, dass wir beim Thema Staatsangehörigkeitsrecht sagen: Nein, es gibt nicht nur die Perspektive, zu uns nach Deutschland zu kommen, Teil der Gesellschaft zu werden, zu arbeiten und sich zu integrieren, sondern es gibt auch die Perspektive, wenn man das möchte, bei uns in Deutschland ein Zuhause zu haben.

(Alexander Hoffmann (CDU/CSU): Ja, aber dafür gibt es erst mal den Aufenthaltstitel und doch nicht gleich die Staatsbürgerschaft!)

Das geschieht dann in letzter Instanz auch mithilfe der Staatsbürgerschaft. 

Das, was Sie machen, ist komplett falsch. Sie versuchen, zwei Sachen miteinander zu vermischen.

(Jens Spahn (CDU/CSU): Frage erst mal beantworten! - Nicolas Zippelius (CDU/CSU): Zur Sache!)

Ein Kollege von Ihnen hat vorhin das Thema „Flüchtlinge“ mit dem Thema „Fachkräfteeinwanderung“ in Verbindung gebracht. Das ist genau das, was wir nicht machen. Wir haben beide Wege voneinander getrennt.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN - Stephan Brandner (AfD): Also kriegen doch nur Fachkräfte die Staatsbürgerschaft?)

Wir wollen mit dem einen Weg dafür sorgen, dass es mehr Zuwanderung gibt, die kontrolliert ist, die an bestimmte Regeln gebunden ist und die dafür sorgt, dass diejenigen, die das wollen, am Ende auch die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten können. Das, was Sie tun, ist blanker Populismus, und Sie sollten sich dafür schämen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN - Jens Spahn (CDU/CSU): Frage nicht beantwortet!)

Ich fahre gerne mit meiner Rede fort: Wir brauchen tatsächlich Fachkräfte. Wir brauchen sie für die Wettbewerbsfähigkeit und für die Innovationsfähigkeit der deutschen Wirtschaft.

(Stephan Brandner (AfD): Die kommen doch seit zehn Jahren angeblich millionenfach! Wo sind die denn alle?)

Aber auch die Frage der Infrastruktur ist etwas, was uns alle miteinander stark beschäftigt, und zwar die Frage der Energieinfrastruktur, der digitalen Infrastruktur und auch der physischen Infrastruktur.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, am Ende geht es darum, dass wir viele verschiedene Maßnahmen auf den Weg bringen müssen.

(Stephan Brandner (AfD): Ja! Eine schlechter als die andere!)

Das haben wir mit den vorliegenden Gesetzen, die wir bereits besprochen haben, getan. Das werden wir weiterhin tun. Und wie Sie ja wissen, diskutieren wir in diesen Tagen sehr viel über das sogenannte Wirtschaftsdynamisierungspaket. Ich halte es für richtig. Damit werden wir dafür sorgen, dass wir die deutsche Wirtschaft unterstützen. 

(Markus Herbrand (FDP): Genau!)

Liebe Union, ich bin gespannt, ob Sie sich da konstruktiv einbringen werden oder ob Sie nach wie vor den populistischen Weg wählen.

Vielen Dank, liebe Kolleginnen und Kollegen. 

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP - Stephan Brandner (AfD): Haben Sie „Wirtschaftsislamisierungspaket“ gesagt? Nee, oder?)

Vizepräsident Wolfgang Kubicki: 

Vielen Dank, Herr Kollege. - Damit schließe ich die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf Drucksache 20/11954 an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Gibt es weitere Überweisungsvorschläge? - Das ist nicht der Fall. Dann verfahren wir so.

 

 

 

Der folgende Berichtsteil – und damit der gesamte Stenografische Bericht der 
179. Sitzung – wird am

Montag, den 01. Juli 2024

auf der Website des Bundestages unter „Dokumente“, „Protokolle“, „Endgültige Plenarprotokolle“ veröffentlicht.

 

 

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