Helmut Federle
Helmut Federle, geboren 1944 in Solothurn/Schweiz, lebt und arbeitet in Wien
Impressionen der automatisierten Abweichung (The China Project), 2001
Sperrholz, Blattgold, Siebdruck, siebenteilig, je 200 x 100 cm
Europasaal im Paul-Löbe-Haus
Ohne Titel (Paul Jolles gewidmet), Sichtbetonrelief an der Schweizerischen Botschaft Berlin – Architekten: Diener & Diener, Basel, 2001
Helmut Federle begann Ende der 1950er Jahre mit geometrisch-abstrakten Arbeiten, die von einer minimalistisch reduzierten Flächengestaltung ausgehen. Besondere Spannung erhalten seine Arbeiten durch die Verbindung von strenger Geometrie mit einer delikaten, den individuellen Farbauftrag deutlich erkennen lassenden Farbflächengestaltung (Panthera Nigra, 1997). Auf vielen Reisen setzte er sich mit vergleichbaren künstlerischen Ansätzen auseinander, wie sie sich in den Werken des Bauhauses, der amerikanischen Nachkriegsmoderne und speziell in der Arbeit von Mark Rothko oder Agnes Martin finden.
Auf diesen Reisen suchte Helmut Federle auch den Kontakt zu fremden Kulturkreisen, sei es im fernen Osten, in Nordafrika oder Mittelamerika. Eine Frucht dieser Beschäftigung ist eine bedeutende Sammlung von Kunstgegenständen, die er aus den dortigen Kulturkreisen zusammengetragen hat. Darüber hinaus ließen die von diesen Erfahrungen beeinflussten Arbeiten einen lyrischen Gegenpol zu den geometrisch-abstrakten Werken entstehen, indem sie auf impressionistische Lichteffekte, die Auflösung der Form und die unmittelbare Wirkung des freien Farbauftrages setzen. In Fortführung dieser Konzeption entstanden mehrere Werkkomplexe, darunter bereits 1991 die „Mongolian Summer Series“, die zunächst ein Solitär zu sein schien, ehe Helmut Federle weitere Arbeiten in einem vergleichbaren Duktus anschloss.
Einen Höhepunkt bildet in dieser Werkfolge der siebenteilige Zyklus im Europa-Saal: Er wirkt in seiner Reduktion auf das Spiel von Gold- und Schwarzflächen wie eine Reminiszenz an Kalligraphien oder Lackbilder asiatischer Kulturen und behauptet sich trotz des wie leicht hingetuschten Gold- und Schwarzauftrags in dem gewaltigen Raumvolumen des Saales. Hoch über den Köpfen der Betrachter öffnen die Tafeln, wie Wolkenbilder wirkend, den Europa-Saal nach oben, wie auch der Raum selbst sich zu einer Terrasse hin öffnet, die einen weiten Blick über Spree und Parlamentsbauten ermöglicht. So verbinden sich in diesen Tafeln auf paradoxe Weise Zartheit und Stärke, Individualität und serielle Bindung, Kostbarkeit und Vergänglichkeit. Durch die Spannung zwischen diesen Polen verleihen die sieben Tafeln dem Saal und der Arbeit, die dort geleistet wird, gleichermaßen Leichtigkeit und Würde.
Bemerkenswert ist, dass in Sichtweite des Europa-Saales eine weitere Installation Helmut Federles ihren Platz im öffentlichen Raum des Parlaments- und Regierungsviertels gefunden hat: Ein monumentales Sichtbetonrelief bestimmt die Westwand der Schweizerischen Botschaft in ihrer Gesamtheit: Miteinander verschränkte Bänder geben die zeichenhafte Form einer Lochfassade mit blinden Tür- und Fensteröffnungen zu erkennen und spielen zugleich auf die Initialen HF an. Helmut Federles Brandwandgestaltung und der kubische, ganz aus dem Werkstoff Beton entwickelte Neubau der Architekten Diener & Diener (Basel) auf der Ostseite, fassen den historischen Altbau wie ein Juwel ein. Der Künstler widmete seine Arbeit Paul Jolles (1919-2000), einem bedeutenden Außenhandelsdiplomaten der Schweiz, der sich als Präsident der Kunsthalle Bern bleibende Verdienste um das Kulturleben in der Schweiz erwarb. (akae)