Verfassungswirklichkeit in der DDR
Die DDR war kein demokratischer Rechtsstaat. Verfassungsfragen besaßen eine nur untergeordnete Bedeutung. Mit den Verfassungen von 1949, 1968 und 1974 wollte sich die DDR den Anschein eines Rechts und Verfassungsstaates geben. Doch die Realität sah anders aus: Die Verletzung von Menschenrechten wie Rede, Versammlungs- und Pressefreiheit war an der Tagesordnung. Das 1950 gegründete Ministerium für Staatssicherheit überwachte und verfolgte Regimekritiker und andere Bürger. Nicht erst seit dem Bau der Mauer 1961 wurde „Republikflucht“ hart bestraft. Teile der Bevölkerung arrangierten sich mit dem System und suchten Freiräume in Nischen der sozialistischen Gesellschaft.
Die Verfassung von 1949 sicherte zwar formal einige Grundrechte zu, doch galten diese aufgrund einschränkender Gesetze faktisch nicht und waren auch nicht einklagbar. Mit Verweis auf den Artikel zum Verbot der „Boykotthetze gegen demokratische Einrichtungen und Organisationen“, mit dem alle gegen die SED gerichteten Aktivitäten gemeint waren, bekämpfte der Staat Oppositionelle.
Um den Anschein von Legitimität zu bewahren, wurde 1968 eine neue Verfassung durch eine von der Staatsführung manipulierte Volksabstimmung beschlossen. Doch wie alle Wahlen in der DDR war auch diese Abstimmung nicht frei und geheim. Die zentrale Führungsrolle der SED verankerte Artikel 1 der Verfassung.
Laut Verfassung konnte nur die Volkskammer Gesetze beschließen. Tatsächlich bestimmte jedoch ausschließlich die SED-Führung die Politik. Die Rolle der Abgeordneten beschränkte sich auf die Zustimmung zu den von der SED vorbereiteten Gesetzesvorlagen. Eine parlamentarische Opposition existierte nicht.