Besuch

POLITEIA - Rede Marianne Hochgeschurz

Zur Einführung in die POLITEIA-Ausstellung
„Frauen die Geschichte mach(t)en“
am 7. Mai 2003 im Deutschen Dom
von Marianne Hochgeschurz

- Es gilt das gesprochene Wort -

 

„POLITEIA realisiert etwas, das über Jahrzehnte hinweg zu wenig Beachtung fand: das Wirken und die Leistung von Frauen in den vergangenen fünf Jahrzehnten intensiv aufzuarbeiten, zu dokumentieren und damit auf die Dauer öffentlich zu machen“, das schrieb uns Rita Süssmuth, eine der vier Schirmfrauen des POLITEIA-Projekts ins Gästebuch. Die anderen drei Schirmfrauen sind Christa Wolf, Heide Simonis und Christine Bergmann.

Die heute hier eröffnete Ausstellung wird einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, dass das Wissen um Wirken und Leistungen von Frauen in der deutschen Nachkriegsgeschichte in die öffentliche Erinnerung gebracht und hoffentlich dauerhaft dort verankert wird.

In diesem Sinne danke ich sehr herzlich dem „Domherrn“, dem Präsidenten des Deutschen Bundestages, Herrn Wolfgang Thierse, dafür, dass er „unsere POLITEIA-Frauen“ in dieses „hohe Haus“ eingeladen hat. Sicherlich hätten es sich die meisten der porträtierten Frauen nicht träumen lassen, dass sie einmal in einem deutschen Dom gewürdigt werden!

Für die finanzielle Unterstützung dieser Ausstellung danke ich dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

Am Zustandekommen der Bundestags-Ausstellung haben aber auch „Bundestags-Frauen“ einen beträchtlichen Anteil. In irgendeiner Form haben alle (ehemaligen) Stellvertreterinnen des Präsidenten daran mitgewirkt. Deshalb danke ich den Vizepräsidentinnen a. D. Frau Anke Fuchs und Frau Petra Bläss und der noch amtierenden Vizepräsidentin Antje Vollmer.

Anke Fuchs möchte ich von dieser Stelle aus auch zu ihrer neuen Führungsaufgabe gratulieren: Sie wurde soeben zur Vorsitzenden der Friedrich-Ebert-Stiftung gewählt

Danken möchte ich auch den Frauen im Referat PI 5, die in den letzten Wochen und Tagen die konkreten Vorbereitungen für unsere Ausstellungen mitgetragen und meine Nervösität ertragen haben, stellvertretend für alle nenne ich Frau Kerstges und Frau Geisler.

Einer weiteren „Bundestagsfrau“ möchte ich danken. Denn sie hat im Prinzip das POLITEIA-Fahnen-Ausstellungsprojekt angestoßen: Karin Rehbock-Zureich hat im Oktober 1999 die erste POLITEIA-Porträt-Ausstellung in ihrer Wahlkreisstadt Waldshut organisiert. Damals musste sie sich allerdings noch mit Großkopien unserer POLITEIA-Kalenderblätter begnügen- und trotzdem war die Ausstellung in Waldshut ein schöner Erfolg!

Inzwischen haben wir neben der „Fahnen“-Serie, die zur großen POLITEIA-Ausstellung gehört (die übrigens demnächst - nach den Stationen: Bonn, Berlin, München, Offenbach und Leipzig - an ihrer 6. Station: in Halle, eröffnet werden wird) noch drei Wanderausstellungsfassungen der POLITEIA-Porträt-„Fahnen“ herstellen können. So dass wir nun die große Nachfrage von Frauen erfüllen und unsere „Frauen, die Geschichte mach(t)en“ auf „Wanderschaft“ schicken können. Seit gut einem Jahr „wandern“ die „POLITEIA-Frauen“ durch die gesamte Bundesrepublik. Gestern habe ich eine „Fahnen-Ausstellung“ in Parchim in Mecklenburg-Vorpommern eröffnen können und morgen werde ich in Lübbenau in Brandenburg zur Eröffnung der anderen Fahnen-Ausstellung sein. Eingeladen werden „unsere“ Frauen von Gleichstellungsbeauftragten, Volkshochschulen, Bibliotheken, Universitäten und Kirchen.

Die „Fahnen-Ausstellung“, die nun heute hier eröffnet wird, ist eine ganz neue, erweiterte „POLITEIA-Porträt-Ausstellung“. Sie enthält mehr und großformatigere „Fahnen“. Und das Material ist so gewählt, dass die „Fahnen“ auch auf öffentlichen Plätzen - wie beispielsweise dem Gendarmenmarkt - gezeigt werden könn(t)en. Von einer Außenhängung hatten wir in der Vorbereitung der Ausstellung hier ja auch einmal kurz „geträumt“. Doch dieser „Traum“ ließ sich nicht realisieren. Diesmal noch nicht!

Die neue, größere Ausstellung umfasst die „Fahnen-Porträts“ von 87 „Frauen die Geschichte machten und machen“ und zusätzlichen fünf „Textfahnen“, mit denen in die jeweiligen „historischen Räume“ des Frauenwirkens eingeführt wird.

Da der Deutsche Dom aber zu klein ist, um eine solche Frauen-Fülle aufzunehmen, konnten wir nur insgesamt 47 der 87 Porträt-Fahnen und die 5 Textfahnen hängen. - Vollständig dokumentiert ist die Ausstellung mit allen Porträtfahnen in den beiden Begleitbändchen: „Frauen, die treibende Kraft“ und „Frauen, die Geschichte mach(t)en“. Im ersten Bändchen, das auch einen „Streifzug durch die deutsche Nachkriegsgeschichte“ aus Frauensicht enthält, sind im Fließtext noch weitere 30 „Frauen, die Geschichte mach(t)en“ „ins Bild“ gesetzt. Die Porträts dieser Frauen finden Sie in den POLITEIA - Historischen Wochenkalendern.

Seit 1999 erscheint unser Historischer Wochenkalender mit jeweils 52 Porträts von Frauen der deutschen Nachkriegsgeschichte. So dass wir bisher 5 x 52 = 260 „Frauen, die Geschichte mach(t)en“ porträtieren konnten. Meine Kollegin Dr. Uta Schmidt und ich sitzen derzeit - zusammen mit einem Autorinnenteam aus Ost und West - an der Erarbeitung des Kalenders für 2004 mit dem wir weitere 52 „Frauen, die Geschichte mach(t)en“ aus der deutschen Nachkriegsgeschichte porträtieren werden. Dieser neue Kalender wird Ende September erscheinen.

Alle dann 312 „Kalenderfrauen“ sind natürlich auch potentielle „Fahnen-Frauen“. Und vermutlich sind ja unter unseren Besucherinnen hier im Raum heute neben den bereits von uns porträtierten Frauen auch noch etliche weitere potentielle Kalender- bzw. Fahnenfrauen. Anregungen nehmen Uta Schmidt und ich gerne an! Denn: Die POLITEIA-Arbeit zur Würdigung der Leistungen von Frauen in der deutschen Nachkriegsgeschichte wird weitergehen! Sie muss weiter gehen!

Denn: Wir können uns eben immer noch nicht darauf verlassen, dass von der dominanten „männlichen“ Geschichtssicht, also von denen die die sogeannte „allgemeine“ Geschichte darstellen, der Anteil von Frauen an den gesellschaftspolitischen Entwicklungen wahrgenommen und gewürdigt wird.

Meine diesbezügliche Skepsis möchte ich mit einem Beispiel begründen, das ich aus der Ausstellung: „Wege, Irrwege, Umwege. Die Entwicklung der parlamentarischen Demokratie in Deutschland“ nehme, die als Dauerausstellung des Deutschen Bundestages hier in diesem Dom zu sehen ist. Ich wähle dazu ein Beispiel, das auch im Ausstellungskatalog dokumentiert ist: Auf den Seiten 66 und 67 ist je eine Abbildung von politischen Versammlungen im Kontext der demokratischen Revolutionen von 1848/49 zu sehen. Die eine Abbildung auf der Seite 66 zeigt eine Versammlung von Frauen, bei der eine Frau am Podium steht, andere Frauen davor sitzen oder stehen und sichtlich miteinander bzw. mit der vom Podium sprechenden Frau in einer angeregten Diskussion sind. Die Bildunterschrift heißt: „Politischer Damenclub“ (in Anführungszeichen). „Karikaturauf das politische Engagement von Frauen, 1848/49“.

Auf der gegenüberliegenden Katalogseite 67 ist eine sehr ähnliche Abbildung zu sehen, die eine Versammlung von Männern zeigt. Die Bildunterschrift heißt hier: „Mitglieder der konstitutionell-liberalen Fraktion “Casino„.

Das eine ist eine “Karikatur„, das andere ist eine Darstellung!
Bemerken Sie den entscheidenden Unterschied!

Historisch richtig ist, dass Frauen zu allen Zeiten “treibende Kräfte„ der Entwicklungen waren. Das gilt auch und gerade auch für die Entwicklungsgeschichte der Demokratien in Deutschland und Europa.

Die inzwischen dank der Frauengeschichtsforschung etwas bekannter gewordene Olympe de Gouges ist alles andere als ein einsames, missratenes Frauenzimmer, dass sich in männliche Politik-Bereiche verrannte. Olympe de Gouges ist eineder Pionierinnen der Französischen Revolution, sie ist eine der Frauen, die in politischen Frauenclubs ihre Gerechtigkeits- und Demokratievorstellungen diskutierten und formulierten. Aus diesen politischen Frauenkontexten heraus entstand das, was Olympe de Gouges dann formulierte und als “Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte aus Frauensicht„ vorlegte.

Mit dieser “Frauen-Erklärung„ lag die einzige umfassende “Menschenrechtserklärung„ der Französischen Revolution vor. Denn: Nur hierin war von sozialer und politischer Gerechtigkeit auf der Basis von Geschlechterdemokratie die Rede. Während die bis heute als die Basis unserer Demokratie gefeierten “männlichen„ Menschenrechtserklärungen die eine Hälfte der Menschheit und ihre Wohlfahrts- und Demokratievorstellungen einfach unbeachtet ließ. Folglich gerieten die “revolutionären Frauen„ im Lauf der Französischen Revolution mit ihrer umfassenden Demokratievorstellung immer stärker in Opposition zu den männlichen Genossen, denen es vor allem um die Machtveränderung bzw. Machtübernahme ging. “Männer, könnt Ihr überhaupt gerecht sein?„ hatte Olympe de Gouges ihre Genossen gefragt! Sie wurde bekanntlich von denen, die sie zunächst für Weggefährten gehalten hatte, hingerichtet.

Ich habe an diese historische Erfahrung erinnert, weil ich davon überzeugt bin, dass nicht Gedankenlosigkeit oder Unwissen die eigentliche Ursache für die Marginalisierung oder Ignorierung des Wissens von den historisch-politischen Frauenleistungen ist. Ich glaube vielmehr, dass den “wortführenden„ Männern einfach die Fähigkeit und Bereitschaft dazu fehlt, sich mit den anderen Politikvorstellungen von Frauen auseinander zu setzen.

Sie, lieber Herr Thierse, gehören ganz offensichtlich zu einer Minderheit unter Ihren Geschlechtsgenossen. Sie haben vor gut 3 Jahren schon einmal eine frauengeschichtliche Ausstellung im Deutschen Bundestag - damals noch in Bonn - eröffnet und präsentiert: “Bilder zur Frauenbewegung des 19.Jahrhunderts„ hieß diese Ausstellung, in der Bild- und Textdokumente des politischen Handelns von Frauen zu sehen waren. Und nun eröffnen Sie wieder eine Ausstellung, mit der die politischen Fähigkeiten und Stärken von Frauen erinnert und öffentlich gewürdigt werden - und das auch noch unter diesem autoritätsspendendem Dach!

Mir kommt ein Transparent in den Sinn, das Frauen-für-den-Frieden-Gruppen beim Kirchentag 1988 in Halle zeigten. Darauf war zu lesen: “Einige mächtige Männer stehen im Horizont, verdecken die Sonne und fragen (uns Frauen): Wo bleibt Eure Perspektive? (Die Antwort der Frauen:) „Geht uns aus der Sonne, dann reden wir weiter über unsere Perspektive!“

Liebe Frauen, ist das nicht eine wunderbare, ein „goldrichtige“ Antwort: „Geht uns aus der Sonne!“ - Sollten wir Frauen es uns nicht endlich abgewöhnen, unsere Energien damit zu vergeuden, den Männern beweisen zu wollen, das wir auch wir „etwas im Kopf haben“? Männer wissen das eh längst, sie werten uns Frauen ja nicht ab, weil sie uns für „zu dumm“, sondern, weil uns für „zu klug“ halten.

Vor 75 Jahren schrieb der damals sehr bekannte englische Publizist, Samuel Johnson über seine Geschlechtsgenossen: „Die Männer wissen, dass die Frauen ihnen überlegen sind, und daher suchen sie sich die schwächsten oder dümmsten aus. Denn wenn nicht von der Überlegenheit der Frauen überzeugt wären, dann hätten sie nicht so viel Angst davor, dass die Frauen so viel lernen, wie sie selbst“. Virginia Woolf zitiert diesen Zeitgenossen in ihrem berühmten Essay „Ein Zimmer für sich“ ( A Room of one's own).

Bis heute - so scheint es mir - mögen die meisten Männer die Frauen nicht, die nicht bereit dazu sind, „Weibchen“ zu werden oder „Männchen“ machen.

Aber: Wichtiger als das, was Männer von uns denken, ist ja doch, was wir Frauen von uns wissen und wie wir Frauen von und über uns denken.

Damit wir Frauen uns unser selbst bewusst werden können, brauchen wir das Wissen um unsere Geschichte.

Die Männer haben eine Geschichte, weil ihre Geschichte, die sie die „allgemeine“ Geschichte nennen, überall erinnert, tradiert, gewürdigt wird: in Schul-, Lehr- und Fachbüchern, in Medien und Museen. Frauen haben diese öffentlichen Kraftquellen - in der Regel - nicht. In diesem Sinne sind wir das schwächere Geschlecht!

Ich finde, dass wir Frauen, wie die Männer das Recht auf unsere Geschichte haben. Wir Frauen brauchen das Wissen darum, dass Frauen von Anbeginn der Menschheitsgeschichte an Kulturstifterinnen, Gemeinschaftsstifterinnen, Garantinnen für Entwicklung waren- und sind. Nicht zufällig setzt ja unsere derzeitige Ministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Heidemarie Wieczorek-Zeul, - in der Tradition ihrer Vorgängerin Marie Schlei - in ihrem anderen „Welt-Sicherheitspolitik-Konzept“ vor allem auf die Förderung und Unterstützung der Gestaltungskräfte von Frauen.

Wir Frauen brauchen das Wissen um die Frauen-Bewegungen aller historischen Zeiten - und ich spreche bewusst von Frauen-Bewegungen. Denn die Einzelnen, die aus den „Kornfeldern“ herauswachsen und als wunderbaren „Blumen“ sichtbar geworden sind, konnte ja doch „im Kornfeld“, d.h. in einem Frauenkontext, zu dieser Leuchtkraft hervorwachsen.

Wenn es uns Frauen nicht gelingt, den „roten Faden“ zu unserer eigenen Geschichte aufzunehmen, bzw. wenn uns dieser „rote Faden“ immer wieder verloren geht, dann verlieren wir eben immer wieder „den Boden unter den Füssen“ - und derart „bodenlos“ geraten wir Frauen dann sehr leicht in die Gefahr, uns da anlehnen zu wollen, wo „die Macht“ herrscht oder wir werden gar zu Komplizinnen auch von Gewaltherrschaften. Phänomene wie Frauen, die „schlimmer als Männer“ sind, werden uns ja dann als abschreckende Beispiele vorgehalten.

Wir Frauen haben eine erinnerungswürdige Geschichte - und wir wollen, dass sie erinnert und tradiert wird - auch in Fach- und Schulbücher und Museen.

„Geht uns aus der Sonne“, sagen wir und so arbeitet nun der Verein „Haus der Frauen Geschichte“ daran, einen öffentlichen Raum zu schaffen, in dem die gesamte Menschheitsgeschichte von den Anfängen bis in unsere Tage auch aus Frauensicht neu und anders erinnert und gewürdigt werden kann.

Annette Kuhn, die Vorsitzende dieses Vereins, ist /war die erste Lehrstuhlinhaberin für historische Frauenforschung in der Bundesrepublik Deutschland. An ihrem Lehrstuhl entstand eine ganze Flut von frauengeschichtlichen und geschichtsdidaktischen Veröffentlichungen. So dass das Erbe dieses Lehrstuhls zu einem stabilen Grundstein für das „Haus der FrauenGeschichte“ werden wird. Weitere Grundsteinen werden derzeit gegossen. Ein vorläufiges Konzept ist erarbeit und ein ersten öffentlichen Frauenfachdiskurs erweitert worden. Eine Machbarkeitsstudie ist in Arbeit. Im Herbst des kommenden Jahres soll das Konzept für das „Haus der FrauenGeschichte“ in einem Symposion einer größeren (Fach-) Öffentlichkeit vorgestellt werden.

In Ihnen, lieber Herr Bundestagspräsident Thierse, sehen wir, erhoffen wir uns einen machtvollen Förderer dieses umfassenden frauengeschichtlichen Projekt.

Vor allem aber hoffen wir natürlich auf die machtvolle Unterstützung der Frauen, die inzwischen Macht haben - im Großen und im Kleinen - und die mit uns begriffen haben, dass wir Frauen auf die Dauer nur machtvoll sein werden, sein können, wenn wir uns auf einer stabilen frauengeschichtlichen Basis in die Zukunft bewegen.

Nun aber zur Ausstellung selbst. Die Ausstellung ist gegliedert in die Teile:

  1. Probleme des Anfangs - Nationalsozialismus, Kriegsende, Befreiung
  2. Gesellschaftspolitischer Neuanfang - Die Jahre 1945 - 1949
  3. „Wann wird was wir woll'n, gewollt? Die 50er und 60er Jahre
  4. Aufbruch - Frauen bewegen das Land. Die 70er und 80er Jahre
  5. Vereinigt - Frauen bauen Brücken zwischen ihrer Geschichte und unserer Zukunft - Die 90er Jahre

Die einzelnen Ausstellungsteile, die sehr eng beieinander hängen, sind jeweils eingeführt mit einer Textfahne, auf der die historischen Hintergründe des jeweiligen Frauenhandelns in Kurzform erinnert werden.

Die porträtierten Frauen sind den fünf “historischen Räumen„ zugeordnet. Viele der Porträtierten sind natürlich über Jahrzehnte hinweg politisch aktiv gewesen. Wir haben uns dafür entschieden, die Frauenporträts jeweils den “historischen Räumen„, zuzuordnen, in denen ein besonderer Schwerpunkt ihres historisch-politischen Wirkens war / ist.

Obwohl das POLITEIA-Projekt sich auf die deutsche Geschichte nach 1945 bezieht, beginnen wir dennoch mit der Vor-Geschichte dieser deutschen Nachkriegsgeschichte. “Das Vergangene ist nicht tot; es ist nicht einmal vergangen. Wir trennen es von uns ab und stellen uns fremd,„ diese Eingangssätze aus Christa Wolfs autobiografischem Buch “Kindheitsmuster„ haben wir an den Beginn unserer Ausstellung gestellt und den ersten “historischen Raum„ (Teil) mit dem Titel: “Probleme des Anfangs„ überschrieben.

Die Biografien der hier Porträtierten zeigen, wie sehr Leben und Wirken von Frauen von der nationalsozialistischer Gewaltherrschaft und von der Gewalt im Nach-Krieg bestimmt war. Unter den Porträtierten finden Sie Frauen, die “mitmachten„, aber: wie Ilse Schmidt, über ihr Mitmachen “nicht länger schweigen wollten„. Unter dem Titel “Die Mitläuferin - Erinnerungen einer Wehrmachtsangehörigen„ hat sie ihre Erinnerung öffentlich gemacht.

Sie finden auf den “Fahnen„ Frauen, die “widerstanden„ haben, wie beispielsweise die Berliner Ärztin Elfriede Paul, deren Arztpraxis als “Sprechzimmer der Roten Kapelle„ in die Geschichte einging. Sie finden Frauen, die die Hölle von Auschwitz “überlebten„, wie Ruth Elias, die heute in Israel lebt, oder Frauen, die im Exil überlebten, wie beispielsweise die Physikerin, mit der Otto Hahn sich den Nobelpreis für Physik hätte teilen müssen: Lise Meitner.

Im zweiten “historischen Raum„ finden Sie die Porträts von Frauen, die in allen Bereichen der Gesellschaft einen Neuanfang nach der faschistischen Gewalterfahrung zu gestalten gewillt waren. Auffällig ist, dass es gerade die Frauen waren, die sich dem Mitmachen versagt, dem Faschismus widerstanden hatten oder Frauen, die im Exil überlebt hatten, die nun eine besondere Verantwortungs- und Versöhnungsbereitschaft zeigten.

Sie finden die Porträts von Frauen, wie der bekannten Schriftstellerin Ricarda Huch, die ihre kurzen Nachkriegslebensjahre in verantwortlicher Weise für ein “neues Deutschland„ nutzte. Sie finden Frauen, wie die promovierte Theologie Gerta Scharffenorth, die trotz Kriegs- und Vertreibungserfahrung mit der “Kraft der Muttergesellschaft„ eine neue Versöhnungsarbeit begann. Sie finden politisch engagierte Frauen, wie Elly Schmidt oder Ulla Illing, die in Frauenausschüssen wirkten, die die wichtigste politische Kraft der Nachkriegsjahre bildeten.

Mehr als 5000 überparteiliche Frauenausschüsse gab es in den Städten Nachkriegsdeutschlands. Von den hier aktiven Frauen wurden nicht nur die Bedingungen des Überlebens geschaffen, sondern zugleich auch die Konzepte für ein geschlechterdemokratisches, gerechtes, friedvolles nachfaschistisches Deutschland formuliert. “Die Frauen haben begonnen, an der Neugestaltung des Landes mitzuwirken. Sie wollen mit ihren fraulichen Kräften helfen, dass nicht nur Neues, sondern Besseres entsteht. Und sie haben auch organisatorische Formen gefunden, um den weiblichen Einfluss im öffentlichen Leben zu verbreitern„, schrie die Rheinische Post am 20. April 1946. Diese gesamtdeutsche demokratische Nachkriegs-Frauenbewegung wird in der sogenannten “allgemeinen„ Darstellung der Nachkriegsgeschichte nicht erinnert!

Selbstverständlich finden Sie im Ausstellungsbereich II auch die Porträts von Frauen, die erste Machtpositionen in Deutschland nach dem Faschismus übernahmen, wie Louise Schroeder, die erste Oberbürgermeisterin von Berlin oder Marie Torhorst, die als “Minister für Volksbildung„ in Thüringen die erste Frau in Deutschland in einem Ministeramt war.

Bereits Ende der 40er Jahre machen sich die “heimkehrenden„ Männer in der Politik wieder breit. Das beklagt die Recklinghausener Friedel Pfeifer, die 1946 für die SPD in den Rat der Stadt gewählt worden war, so: Es waren damals fünf Frauen von unserer Partei, die 1946 in den Rat gewählt wurden. Der erste Rat hat aber ja nur zwei Jahre gedauert. Als der nächste Rat dann gewählt wurde, da waren von den fünf Frauen vier schon wieder weg. Nur ich war übriggeblieben. Die anderen Frauen haben aufgehört, weil die Männer sich breit machten., weil die Männer ihre Ellbogen benutzt haben. Die Frauen benutzten keine Ellbogen. Das ist ganz selten, wenn sie das tut.

Eine Frau musste zur damaligen Zeit immer über dem Durchschnitt sein. Ich habe unseren Männern gesagt: ‚Eine Frau über dem Durchschnitt und bei Euch genügt nur die Hose.' Ja, bei den Männern genügte die Hose. Die Frauen aber mussten im Kopf etwas mitbringen“.

Den dritten „historischen Raum“ haben wir mit einem Ausspruch von Inge Müller ( Dramatikerin und Schriftstellerin, erste Frau von Heiner Müller) überschrieben: „Wann wird, was wir woll'n gewollt?“ Die hier gezeigte Porträts machen deutlich, dass Frauen in Ost und West schon in den 50er-60er Jahren in Opposition zu den herrschen (Männer-)Politiken gerieten. Im Westen war die Restaurationspolitik der Adenauer-Regierung extrem frauenfeindlich, währen im Ost zunächst die Konzepte von Frauen den Bemühungen um Schaffung eines „neuen Deutschlands“ aufzugehen schienen.

Die Porträts in diesem „historischen Raum“ erinnern daran, dass Frauen entscheidende Aufgaben im politischen und wirtschaftlichen Aufbau der beiden deutschen Vaterländern übernommen haben. Ohne die bezahlten und die unbezahlten Arbeiten von Frauen wären die wirtschaftlichen Entwicklungen in beiden deutschen Vaterländern nicht möglich gewesen. So finden Sie beispielsweise das Porträt der Dresdner Dachdeckermeisterin Charlotte Pietsch, der QUELLE-Chefin Grete Schickedanz oder der Wissenschaftlerin - die später als Autorin „Der Söhne der großen Bärin“ bekannt wurde - Liselotte Welskopf-Henrich.

In der „heißen Phase des Kalten Krieges“ waren es gerade die Frauen, die mit ihrer Arbeit und mit ihren Beziehungen die verordneten Trennungen außer Kraft setzten. Sie finden die Porträts von Politikerinnen der Versöhnung, wie Jeanette Wolff, von Politikerinnen, die der restaurativen herrschenden Politik widersprachen, wie „den stärksten Mann der Liberalen“: Elisabeth Lüders und die erste Bundesministerin, Elisabeth Schwarzhaupt. Die CDU-Politikerin beklagte, dass „der Gesetzgeber viel zu spät reagiere und eben als Mann!“ Sie finden die Gewerkschaftlerin und Betriebsausschussvorsitzende der Rostocker Warnowerft, Minna Lehmann. Und Sie finden Frauen, die mit ihrer Arbeit gegen die Restaurationspolitik der Adenauer-Regierung protestierten, wie die erste Vorsitzende des Müttergenesungswerks, Elly Heuss-Knapp oder die Filmschauspielerin und Sängerin Hildegard Knef.

Imvierten historischen Raum zeigen die Porträts, dass in den 70er und 80er Jahren in Ost und West die Frauen erneut zur treibenden Kraft von demokratischen Entwicklungen geworden waren. Den männlichen Vorstellungen von „gesellschaftlichen Liberalisierung - sexueller Befreiung“ im Westen und dem männlich geprägten „Gleichstellungskonzept“ im Osten setzten die Frauen ihre anderen Freiheits- und Demokratievorstellungen entgegen.

Frauen reagierten besonders sensibel auf die Gewaltstrukturen und Lieblosigkeiten ihrer Gesellschaften. Sie erkannten und formulierten die Zusammenhängen von gesellschaftlicher Gewalt und Gewalt in den Geschlechterbeziehungen - und sie suchten und fanden neue gewaltfreie Lösungswege.

Sie finden in diesem historischen Bereich selbstverständlich die Porträtfahne von Christa Wolf, die mit ihrer Literatur den emanzipatorischen Aufbruch von Frauen fundiert und vorangebracht hat. Sie finden Maxie Wander, deren „Guten Morgen, Du Schöne“ Millionen Frauen nicht nur überrascht, sondern auch miteinander in Verbindung gebracht hat.

Sie finden die Popp-Musikerin Tamara Danz, die Frauen- und Bürgerrechtlerin (und heutige Leiterin der „Gauß-Behörde“), Marianne Birthler, die gewerkschaftlich engagierte Betriebsrätin Grete Prill. Sie finden Frauenforscherinnen und Frauenpolitikerinnen: Die erste Vorsitzende des Deutschen Frauenrates, Irmgard von Meibom ebenso wie die damalige Vorsitzende der FrauenUnion, Helga Wex, die in entscheidender Weise frauenpolitische Vorstellungen in die CDU-Politik einbrachte. Und natürlich finden sie in diesem „historischen Raum“ die erste Präsidentin des Deutschen Bundestages: Annemarie Renger, die im Internationalen Jahr der Frau 1975 den damals keineswegs unumstrittenen Versuch gewagt hat, das gesamte Spektrum der (westdeutschen) Frauen von den „etablierten“ bis zu den „autonomen“ an einen Tisch zu bringen.

Aktivistinnen der Frauen.- und Friedensbewegung sind natürlich auch auf unseren „Fahnen“, beispielsweise die spätere „Grüne“-Poliikerin Petra Kelly oder die spätere Sprecherin der „Demokratie-Jetzt-Bewegung, Ulrike Poppe. Unter dem Einfluss der Frauen-Bewegungen in West und Ost haben sich die Gesellschaften verändert - im Westen wie im Osten. Im Westen waren im Laufe der 80er Jahre die starken Frauen allmählich wieder in allen Bereichen der Gesellschaft sichtbar! Mit der erheblich größeren Anzahl von Frauen drang auch ein erheblich größeres Maß an Frauenrealität und Frauenbewusstsein in die Gesellschaft ein. In der DDR wuchsen im “Dämmerlicht der Perestroika„ Veränderungswille und Gestaltungskraft von Frauen zusammen, so dass sie eine treibende Kraft im “Demokratischen Aufbruch„ bildeten.

Die Frauenporträts im fünften und letzten historischen Raum machen die ganze Ambivalenz der Vereinigungsgeschichte deutlich. Einerseits waren Frauen nie so stark, wie in den 90er Jahren an den Machtpositionen von Politik und Gesellschaft beteiligt. Die feministische Politikerin Rita Süssmuth war Präsidentin des Deutschen Bundestages, Jutta Limbach, eine Frau, die sich immer wieder öffentlich auf ihre eigene Frauentradition beruft, war Präsidentin des höchsten deutschen Gerichts, des Bundesverfassungsgerichts. Zum ersten Mal in der deutschen Geschichte regiert(e) eine Frau ein Bundesland: Schleswig-Holsteins Ministerpräsidentin Heide Simonis. Zur weltweit ersten Bischöfin wurde in Hamburg Maria Jepsen gewählt. Eine deutsche Frau, Christiane Nüsslein-Volhard, erhielt den Nobelpreis für Medizin. - Gemeinsam haben Frauen im Deutschen Bundestag mit Unterstützung einer breiten außerparlamentarischen Frauensolidarität in fraktionsübergreifenden Zusammenarbeiten den Gleichberechtigungsartikel des Grundgesetzes erweitert, den § 218 reformiert und die “Vergewaltigung in der Ehe„ zum strafwürdigen Vergehen erklärt. Nie zuvor in der deutschen Geschichte waren so viele Frauen an der Regierungsmacht beteiligt, wie nun in der “Rot-Grünen-Koalition„. Und viele der nun mit Macht ausgestatteten Frauen haben ihre politische Haltung in den Frauen-. Friedens- und Demokratiebewegungen der 70er-80er Jahre aufgebaut, z.B. die jetzige Parlamentarische Staatssekretärin im “Bundesfrauenministerium„, Christel Hanewinckel oder die inzwischen “strafversetzte„ Justizministerin Herta Däubler-Gmelin.

“Die Sensibilität für die Belange der sozial Schwachen und die Empfindlichkeit gegenüber Gewalt ist ein Resultat frauenbewegten und feministischen Denkens„, sagte Jutta Limbach.

Zugleich mit dieser sichtbaren Frauenstärke sind andererseits Frauen in ungeheuerer Weise zu den “Verliererinnen„ der Einheit geworden. “Wir dachten, wir kämen in die Freiheit des Westens, tatsächlich kamen wir in die Herrenwelt des Kapitals„, klagte die Sprecherin des Unabhängigen Frauenverbandes der DDR, Ina Merkel Anfang der 90er Jahre.

Und Regine Hildebrandt, die wie keine andere das Amt einer Sozialministerin ausgefüllt hat, geriet in Rage, wenn sie vom Sozialabbau im Zuge der Vereinigungspolitik sprach und davon, wie Frauen dabei in patriarchaler Weise geknebelt werden.

Den Gewaltentwicklungen einer wieder vermännlichten Politik setzen Frauen ihre andere Lösungswege entgegen, beispielsweise die Polizeipräsidentin, Uta Leichsenring in Eberwalde, oder die katholische Nonne (ohne Verschleierung) Lea Ackermann, die ein Hilfsorganisation gründete, die Frauen, die durch sexualisierte Gewalt, z.B. auch deutscher Sextouristen in ihren Heimatländern oder durch Heiratsschwindler oder Zuhälter hier bei uns geschädigt sind. Brutale Diskriminierung und Gewalt gegen Frauen ist ja leider nicht nur ein Markenzeichen fundamentalistisch-islamischen Männerbünde. Beshid Najafi, eine Iranerin, der als Flüchtling bei uns Asyl fand und mit der Frauen-Orgaisation Agisra gegen alle Formen von Gewalt gegen Frauen hier und da und weltweit arbeitet.

Christine Bergmann, die als Bundesfrauenministerin auch die ostdeutsche Frauenerfahrung in die gesamtdeutsche Politik einbrachte, war davon überzeugt, dass “die Zukunft kann nur gestaltet werden kann, mit dem geistigen Potential von Frauen und der Entfaltung ihrer Initiativen„. Ja! So ist es!

Bevor ich Sie nun zum Rundgang durch unsere Fahnenausstellung einlade, möchte ich doch noch auf Folgendes hinweisen: Ich sagte bereits, dass wir nicht alle 87 Porträtfahnen hängen konnten. Deshalb ist es mir wichtig, Ihnen zu sagen, dass die Auswahl der Porträtfahnen die sie nun in den oberen Räumen sehen können, keineswegs bedeutet, dass diese ausgewählten Frauen uns wichtiger erschienen als die nicht “gehängten„ Porträts. Glauben Sie mir, jede Porträt-Fahne, die nicht gehängt werden konnte, schmerzt mich. Die Mitarbeiterinnen hier im Haus haben mein Ringen um jede Fahne mitbekommen!

Ein paar Erklärungen zu der notwendig gewordenen Auswahl möchte ich Ihnen mit auf den Weg geben:

Vermutlich werden Sie die “Mütter des Grundgesetzes„ unter den gehängten “Fahnen„ vermissen. Selbstverständlich gehören sie zu unserer Ausstellung! Doch wir haben auf die Hängung ihrer Fahnen verzichtet, weil diese vier Frauen bereits in einem eigenen Räum neben unserer Ausstellung gewürdigt werden. Noch nicht gewürdigt sind dagegen die “Mütter„ der Verfassung der DDR, Frauen, die aber ebenfalls würdigenswerte demokratischen Leistungen vollbrachten. Deshalb haben wir uns beispielsweise für die Hängung der Porträtfahne von Elli Schmidt entschieden, die nicht nur “Verfassungsmutter„ war, sondern auch dem Präsidium der ersten Volkskammer angehörte.

Überhaupt haben wir uns dafür entschieden, nicht unbedingt immer die bekanntesten Frauen “zu hängen„. So gehört natürlich Hannah Arendt zu den Fahnenporträts unserer Ausstellung. Doch wir haben uns diesmal dafür entschieden, an ihrer Stelle die Auschwitz-Überlebende Ruth Elias in den Vordergrund zu rücken.

Alice Schwarzer, die “bekannteste westdeutsche Feministin„ gehört selbstverständlich zu unserer “Fahnen-Ausstellung„. Wir haben uns aber diesmal dafür entschieden, der Frauenforschung einen besonderen Stellenwert einzuräumen.

Und selbstverständlich gehört Rita Süssmuth zu unseren “Fahnen-Frauen„. Wir haben aber diesmal Maria Böhmer, ihre Nachfolgerin als Vorsitzende der FrauenUnion, “gehängt„. Statt Jutta Limbach und Heide Simonis haben wir diesmal Heidemarie Wieczorek-Zeul und statt Antje Vollmer und Rita Grießgaber haben wir die Eberswalder Polizeipräsidentin Uta Leichsenring “gehängt„! - usw.

Ich hoffe sehr, dass Sie diese Entscheidungen akzeptieren können und dabei wissen, dass sie nicht aufgrund einer Werteskala zustande kamen.

In einem Fall ist allerdings eine “Werteentscheidung„ gefallen. Das möchte ich Ihnen nicht verheimlichen. Selbstverständlich gehört(e) auch Angela Merkel zu unserer Fahnen-Ausstellung. Ihr penetrantes Unterhaken beim us-amerikanischen “Gotteskrieger„ Bush, macht es uns derzeit aber nicht möglich, sie in unser Ausstellung “Frauen, die Geschichte mach(t)en„ zu würdigen.

Ganz bestimmt werden Sie viele Frauen in der Ausstellung vermissen. Einen Großteil der Vermissten werden Sie dann in den Begleitbändchen wiederfinden und erfahren, dass sie eigentlich zur Ausstellung gehören! Wenn darüber hinaus aber noch weitere “Fehlende„ in Ihre Erinnerung kommen - dann sehen wir auch darin einen Erfolg unser Arbeit. Denn ohne die große Anzahl der Sichtbargemachten, würden vermutlich auch der “Fehlenden„ nicht erinnert werden.

Vielleicht wird uns ja eines Tages ein “ganzer Dom„, sprich ein “Haus der FrauenGeschichte„ zur Verfügung stehen - dann werden wir alle “Frauen, die Geschichte mach(t)en„ würdigen können!

Zwei Frauen möchte ich zu Schluss noch ansprechen, die mir während meiner Rede den “Rücken„ gestärkt haben. Die eine ist die “Grand Dame„ der (west)-deutschen Nachkriegsdemokratie, Hildegard Hamm-Brücher, die auch mit ihren 83 Jahren immer noch in segensreicher demokratischer Weise gesellschaftspolitisch wirkt. Aus tiefster Überzeugung spreche ich sie mit “Sehr verehrte Frau Hamm-Brücher„ an. Die andere ist die große, die großartige deutsche Schriftstellerin Anna Seghers. Sie ist zwar schon vor 20 Jahren aus dieser Welt gegangen ist, ihre Literatur lebt und belebt (mich jedenfalls) auch weiterhin in kräftigender Weise. Nach ihrer Rückkehr aus dem mexikanischen Exil formulierte Anna Seghers ihre damalige Sehnsucht an die neue Zeit. Angesichts der nie vorher so erlebten weltweiten Friedensbewegung scheint es mir, dass Anna Seghers' Sehnsucht in diesen Tagen von Millionen Menschen mitgetragen wird. Anna Seghers schrieb 1946: “Ich habe große Sehnsucht nach einer besonderen Art von Welt, in er man arbeiten und atmen und sich manchmal wie verrückt freuen kann„.

Ich danke Ihnen für Ihr hier Sein und wünsche Ihnen gute Begegnungen mit den POLITEIA-Frauen und einen gewinn- und freudebringenden Ausstellungsrundgang.