Regierung stellt Umsetzungsstand der Bundesengagementstrategie vor
Zeit:
Mittwoch, 20. März 2024,
16.30
bis 18.30 Uhr
Ort: Berlin, Paul-Löbe-Haus, Sitzungssaal 4.800
Der Stand der Umsetzung der Bundesengagementstrategie war Thema der öffentlichen Sitzung des Unterausschusses „Bürgerschaftliches Engagement“ am Mittwoch, 20. März 2024. „Wir haben die Auswertung der Vorschläge nahezu abgeschlossen“ und man sei jetzt dabei einen Entwurf zu texten, erläuterte Dr. Christoph Steegmans vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend das weitere Vorgehen. Ein Jahr lang hatte die Deutsche Stiftung für Engagement und Ehrenamt in einem Beteiligungsprozess für die Zivilgesellschaft Vorschläge gesammelt. Auch die Ergebnisse der Fachgespräche des Unterausschusses Bürgerschaftliches Engagement seien eingeflossen.
Kabinettsbeschluss im vierten Quartal
Ab Juni wolle man die anderen beteiligten Ressorts einbeziehen und im vierten Quartal einen Kabinettsbeschluss fassen. Ziel sei, die neue Engagementstrategie zum Engagementtag am 4. Dezember der Öffentlichkeit vorzustellen. Gesammelt worden waren Vorschläge zu vier vorgegebenen Handlungsfeldern: Digitale Transformation der Zivilgesellschaft; Engagement krisenfest machen; strukturelle Herausforderungen für Engagement sowie: grenzüberschreitendes Engagement.
Die nun präsentierten Ergebnisse dürfe man nicht als Vorgriff auf die zu formulierende Strategie verstehen. Er trage lediglich vor, „was wir im Beteiligungsprozess übermittelt bekommen haben“ und verwies auf die Bandbreite der Zuschriften. Nicht jeder Vorschlag werde sich in dem Entwurf wiederfinden. Auch die anderen Ministerien hätten noch ein Wort mitzureden.
Förderung digitaler Teilhabe und Kompetenzen
In dem ersten Themenfeld stünden die digitale Teilhabe und die Förderung digitaler Kompetenzen im Vordergrund. Die Bedeutung des zivilgesellschaftlichen Engagements für das Funktionieren und den Zusammenhalt der Gesellschaft anzuerkennen sowie ein Austausch auf Augenhöhe mit Politik seien im zweiten Handlungsfeld genannt worden. Ebenso die systematische Einbeziehung der Zivilgesellschaft in die staatliche Krisenvorsorge. Man müsse sich überlegen einmal bewährte Strukturen dauerhaft vorzuhalten.
Zu den strukturellen Herausforderungen gehöre für die Engagierten vor allem, genügend Nachwuchs, aber auch Anerkennung und Würdigung zu finden. Es gehe um die Vereinbarkeit mit Schule, Ausbildung, Studium und Beruf. Die Ehrenamtlichen wünschten sich Anerkennung ideeller und materieller Natur.
Die genannten Punkte, in denen Handlungsbedarf herrschte, reichten von Freistellungsmöglichkeiten oder Sonderurlaub über Vergünstigungen, die Anrechnung auf Sozialleistungen und steuerliche Fördermöglichkeiten bis hin zu angemessenen Aufwandsentschädigungen und Auslagenerstattungen oder dem Erwerb von Rentenpunkten durch ehrenamtliches Engagement. „Es ist fast endlos“, sagte Steegmans.
Verbesserung der Rahmenbedingungen
Die Engagementstrategie wolle die Rahmenbedingungen für bürgerschaftlichen Engagement verbessern. „Durch Bürokratieabbau, Rechtssicherheit und finanzielle Ressourcen.“ Dazu gehöre die Förderung auf allen Ebenen, die Klärung des Verhältnisses zum Hauptamt, die Ermöglichung kontinuierlicher Projektlaufzeiten über das Haushaltsjahr hinaus, die Sicherung und der Ausbau der Freiwilligendienstplätze. Die Verwaltungsebenen von Kommunen, Land und Bund seien zu synchronisieren und das Gemeinnützigkeitsrecht müsse ebenso überarbeitet werden wie der Versicherungsschutz, vor allem die Rechtssicherheit von Vorständen. Man strebe aber auch Vereinfachungen im Steuerrecht, im Zuwendungsrecht, im Vereinsrecht, im Datenschutzrecht und bei Gebührenregelungen an. Im Parlament wolle man sämtliche Gesetzesvorhaben einer „Engagementverträglichkeitsprüpfung“ unterziehen.
Schließlich müsse sich Engagement über Deutschland hinaus vernetzen. Einst mühsam etablierte Formen beispielsweise des Jugendaustauschs gelte es zu erhalten oder wieder zu beleben. Oft laufe als selbstverständlich Geglaubtes nicht automatisch weiter, sondern man müsse sich immer wieder neu darum bemühen. Die „Weltzugewandtheit“ der jungen Generation und auch die Entwicklungsziele der Vereinten Nationen spielten eine wichtige Rolle in der neuen Engagegmentstrategie, betonte Steegmans. Zu den vier meist genannten Themen gehörten finanzielle Förderung, Nachwuchsgewinnung, Anerkennung und Wertschätzung sowie die Entlastung von Bürokratie, berichteten Jan Holze, Vorstand, und Tobias Quednau von der Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt, die den Beteiligungsprozess organisiert hatte.
Engagementpolitik als Querschnittsaufgabe
Dr. Lilian Schwalb, Geschäftsführerin, und Rainer Hub vom Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement, sagten, die Engagementstrategie solle vor allem „das Bewusstsein in der Gesellschaft fördern, welche bedeutende Rolle Zivilgesellschaft für das Funktionieren der Demokratie hat“. Die Zivilgesellschaft müsse als „aktiver Akteur für die Bewältigung der ökologischen, ökonomischen, kulturellen und sozialen Herausforderungen“ gefördert werden. Es gelte, die Strategie mit ausreichenden finanziellen Ressourcen zu unterfüttern und jährlich deren Umsetzung zu evaluieren. Die Politik müsse zudem „Ebenen-übergriefend“ handeln, von der Kommune bis nach Europa, und Maßnahmen der Engagementförderung weiter im Dialog mit der Zivilgesellschaft entwickeln.
Das Bündnis für Gemeinnützigkeit sieht die „Engagementpolitik als Querschnittsaufgabe über alle Ministerien“ mit einer starken Verankerung im Bundeskanzleramt und einem Staatsminister als Koordinator. Zudem wolle man vor allem das Gemeinnützigkeits- und das Zuwendungsrecht neu fassen, den bürokratischen Aufwand für die Ehrenamtlichen verringern und die Engagementförderung als Pflichtaufgabe der kommunalen Daseinsvorsorge festschreiben, sagte Jan Wenzel, Sprecher des Bündnisses für Gemeinnützigkeit. In einem „Enagementfördergesetz“ könnte dazu eine Bundesfinanzierung geregelt werden. (ll/21.03.2024)