Wirtschaft

Öffentliche Anhörung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zum ERP-Wirtschaftsplangesetz 2023

Ein Gabelstaplerfahrer hebt eine Palette mit Drahtzäunen an.

Im Jahr 2023 sollen Mittel in Höhe von rund 943 Millionen Euro für die Förderung von Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft zur Verfügung gestellt werden. (© picture alliance/dpa | Philipp Schulze)

Zeit: Montag, 7. November 2022, 13 bis 14.30 Uhr
Ort: Berlin, Paul-Löbe-Haus, Sitzungssaal E.200

Die geplante Einmalzahlung für Gaskundinnen und Gaskunden im Dezember und die sogenannte Gaspreisbremse war am Montag, 7. November 2022, Gegenstand einer öffentlichen Anhörung im Wirtschaftsausschuss. Die Bundesregierung plant, private Haushalte sowie Unternehmen mit einem Jahresverbrauch bis zu 1,5 Millionen Kilowattstunden durch die Erstattung der Abschlagszahlungen im Dezember finanziell zu entlasten. Die Umsetzung ist durch eine Änderung des bereits eingebrachten Gesetzentwurfes zum ERP-Wirtschaftsplan 2023 (20/3437) geplant. Das durch einen entsprechenden Antrag der Koalitionsfraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP geänderte Gesetz soll am Donnerstag, 10. November, im Plenum in zweiter und dritter Lesung beraten und abgestimmt werden.

Zweifel an der zeitlichen Umsetzbarkeit der Zahlung

Die von den Fraktionen geladenen Sachverständigen waren sich einig, dass die geplante Entlastung der Privathaushalte und kleinerer und mittleren Unternehmen richtig sei – allerdings gab es Zweifel an der zeitlichen Umsetzbarkeit der Zahlung und auch am geplanten Start der sogenannten Gaspreisbremse ab März. Während Thomas Engelke, Leiter Team Energie und Bauen bei der Verbraucherzentrale Bundesverband eine rückwirkende Einführung zum Januar forderte, „um die Lücke im Winter zu schließen“, in der die Verbraucherinnen und Verbraucher keine Entlastung erhielten, sprach sich Kay Laudien vom GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen dafür aus, die für Dezember geplante Entlastung auf den Januar und Februar auszuweiten: „Ein Vorziehen der Gaspreisbremse ist für uns bürokratisch nicht machbar“, so Laudien. Dem schloss sich auch Ingbert Liebing, Hauptgeschäftsführer des Verbands kommunaler Unternehmen an: „Wenn dann geht höchstens eine Wiederholung der Dezemberlösung im Januar und Februar.“ Er appellierte, die Gaspreisbremse weder vorzuziehen und auch nicht rückwirkend abzurechnen.

Um aus der akuten Hilfe langfristig wirkende Hilfen abzuleiten, schlugen die beiden Sachverständigen Isabella Weber, Wirtschaftsprofessorin an der University of Massachusetts Amherst und Mitglied der „Unabhängigen ExpertInnen-Kommission Gas und Wärme“ (Gaspreiskommission) und Engelke vor, Haushalte, die einen weiterhin hohen Gasverbrauch haben, durch eine Obergrenze zu weiterem Sparen zu „motivieren“ (Engelke). Die Haushalte, die nicht mehr sparen könnten, sollten auch in Zukunft weiter entlastet werden, zum Beispiel durch ein Moratorium. Weber brachte zudem eine Besteuerung der Soforthilfen für Haushalte mit einem Jahreseinkommen von 72.000 Euro und darüber vor: „Das würde helfen, die Zielgenauigkeit der Maßnahme weiter verbessern, damit eine wachsende soziale Schieflage verhindert werden kann.“

Experte: Notwehr ohne nachhaltige Wirkung

Kritik an den geplanten Hilfen kam von den Fachleuten Friedemann Berg, Geschäftsführer des Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks und Frank Hennig, Diplomingenieur für Kraftwerksanlagen und Energieumwandlung. Berg bewertete die Hilfen zwar als Unterstützung jener Betriebe, die mit Gas wirtschafteten, jedoch würden 30 Prozent der Bäckereibetriebe mit Öl, Pellets und anderen Energieträgern arbeiten. Sie seien in der Situation auch belastet, erhielten aber keine Unterstützung. Der Gesetzentwurf zur Einmalzahlung für Gaskunden müsse daher ergänzt werden, unter anderem durch eine effektive Härtefallregelung für kleinere und mittlere Unternehmen, die andere Energieträger als Gas nutzen.

Henning bezeichnete die Pläne der Bundesregierung als „Notwehr ohne nachhaltige Wirkung“. „Die Preisbremsen bekämpfen die Symptome und nicht die Ursachen“, so der Fachmann. Er nannte stattdessen das Aussetzen der CO2-Steuer als langfristiges Mittel, sowie die dauerhafte Absenkung der Mehrwertsteuer für Energieversorgung. Auf die Situation in den Kommunen gingen Nadine Katharina Schartz vom Deutschen Landkreistag und Tim Bagner vom Deutschen Städtetag ein. „Wir wünschen uns eine Klarstellung, ob kommunale Einrichtungen erfasst sind oder nicht“, so Schartz. Die selbe Frage stellt auch Bagner, fügte aber hinzu, dass er nicht glaube, dass die Daseinsvorsorge gefährdet sei: „Schulen und Rathäuser werden deshalb nicht schließen.“


Werner Hesse, Geschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes kritisierte, dass aus dem geänderten Gesetz nicht klar hervorgehe, ob große Einrichtungen wie beispielsweise Kinderdörfer unter die Rückausnahmen für Großverbraucher fielen. So entstehe unter Umständen ein Missverständnis und eine seltsame Schieflage: Während kleine Jugendhilfen von den Hilfen profitieren, fielen die Dachverbände heraus.

Optimistisch, dass bei den Auszahlungen alles glatt laufen werde, zeigte sich Lutz-Christian Funke, Generalsekretär bei der für die Abwicklung zuständigen Kreditanstalt für Wiederaufbau: Es handele sich dabei zwar um ein für die Bank atypisches Geschäft und die Schwierigkeiten lägen in der Kurzfristigkeit, so Funke. Aber er sagte auch, dass es funktionieren werde: „Wir werden das hinkriegen.“

Förderung von Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft

Mit dem ERP-Sondervermögen (European Recovery Programm), das auf den Marshallplan der Nachkriegszeit zurückgeht, sollen im nächsten Jahr Mittel in Höhe von rund 943 Millionen Euro für die Förderung von Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft, vor allem des Mittelstands, und von Angehörigen freier Berufe bereitgestellt werden, zum Beispiel in Form von zinsgünstigen Darlehen und Beteiligungskapital.

Das Wirtschaftsplangesetz 2023 sieht unter anderem Finanzierungshilfen zur Unterstützung von Unternehmensgründungen und -übernahmen sowie zur Förderung der Leistungssteigerung mittelständischer Unternehmen und für Exporte der gewerblichen Wirtschaft vor. Hierfür sind für das Jahr 2023 rund 60,2 Millionen Euro vorgesehen (2022: 56,4 Millionen Euro). Für Zusagen bis zum 31. Dezember 2022 werden Förderkosten in Höhe von etwa 136,1 Millionen Euro eingeplant (2022: 144,3 Millionen Euro). (emu/eis/07.11.2022)