Finanzen

Im Jahressteuergesetz 2024 geplante Maßnahmen stoßen auf geteiltes Echo

Zeit: Montag, 7. Oktober 2024, 10.30 bis 13 Uhr

Die Umsatzsteuerpflicht für Bildungseinrichtungen und die steuerliche Wohngemeinnützigkeit haben am Montag, 7. Oktober 2024, im Mittelpunkt der Anhörung des Finanzausschusses zum Jahressteuergesetz 2024 (20/12780) gestanden. Zuvor hatten die Ampelfraktionen 14 Entwürfe für Änderungsanträge zum Gesetzentwurf der Regierung versandt, einer davon bezieht sich auf die Umsatzsteuerpflicht für Bildungseinrichtungen, wobei hier vor allem Musikunterricht im Fokus der Debatte steht und die Frage, inwiefern für diesen künftig Mehrwertsteuer anfallen und dieser sich damit verteuern könnte.

Umsatzsteuerbefreiung für Bildungseinrichtungen

In dem Entwurf des Änderungsantrags ist vorgesehen, dass eine Umsatzsteuerbefreiung eintritt, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass eine Einrichtung Schul- und Hochschulunterricht, Aus- und Fortbildung sowie berufliche Umschulung erbringt. Diese Bescheinigungsvorgabe gilt bereits heute, sollte aber im ursprünglichen Gesetzentwurf entfallen.

Politik soll an Thema „grundsätzlich“ rangehen

Hier forderte der Sachverständige Dr. Roland Ismer, Professor für Steuerrecht an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg und geladen auf Vorschlag der SPD-Fraktion, dass die Politik an das Thema „grundsätzlich rangehen“ solle, gegebenenfalls im Rahmen einer Kommission. Die Experten hätten hier unterschiedliche Sichtweisen.

Ismer begrüßte bereits in seiner schriftlichen Stellungnahme, dass die Ampel-Koalition mit ihrem Änderungsantrag eine „gesonderte Regelung für Privatlehrer“ schaffen wolle. Dieser bringe zwar „keine wesentlichen Änderungen, sondern nur eine zu begrüßende Klarstellung“, die mit Blick auf ein laufendes Vertragsverletzungsverfahren der Europäischen Union gegen die Bundesrepublik angenommen werden solle. Andere Neuregelungen sollten aus seiner Sicht indes zurückgestellt werden.

„Rechtslage war bisher gespalten“

Dr. Stephan Schauhoff, Jura-Professor an der Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn und geladen auf Vorschlag der CDU/CSU-Fraktion, erklärte in der Anhörung, er könne Ismer nur zustimmen, es bestehe die Gefahr, dass Musikschulen nicht mehr umsatzsteuerfrei arbeiten könnten.

In seiner schriftlichen Stellungnahme begrüßte Schauhoff, dass der Wortlaut des deutschen Umsatzsteuerrechts nun an die Vorgaben des EU-Rechts angepasst werde. „Die Rechtslage für die gemeinnützigen wie kommerziellen Bildungsanbieter war bislang gespalten, da sich nach europäischem Recht eine andere Reichweite der Umsatzsteuerbefreiung als nach nationalem Recht ergab“, heißt es dort. Er spricht sich darin für die Abschaffung des Bescheinigungsverfahrens aus.

Dr. Jörg Grüne, Jurist bei Indicet Partners Rechtsanwaltsgesellschaft und ebenfalls auf Vorschlag der Union geladen, warnte, dass im Änderungsentwurf Bildungseinrichtungen möglicherweise keine Möglichkeit mehr hätten, freiwillig umsatzsteuerpflichtig zu werden, was mit Blick auf hohe Möglichkeiten des Vorsteuerabzugs für diese interessant sein könne.

„EU-Kommission Genüge tun und Status quo beibehalten“

Simone Schlewitz vom Zentralverband des Deutschen Handwerks, geladen auf Vorschlag der FDP-Fraktion, warnte, dass laut dem ursprünglichen Regierungsentwurf selbstständige Lehrkräfte an Bildungseinrichtungen umsatzsteuerpflichtig hätten werden können. Da die Bildungsstätten selbst indes nicht steuerpflichtig seien, könnten sie die Vorsteuer nicht abziehen und müssten diese an ihre Kunden in Form von Preiserhöhungen weitergeben, was beispielsweise mittelständige Handwerksbetriebe belasten würde. „Der Änderungsantrag ist ein wunderbar minimalinvasiver Versuch, einerseits der EU-Kommission Genüge zu tun, private Lehrer zu begünstigen, andererseits den Status quo beizubehalten“, sagte Schlewitz.

Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK), vertreten durch Dr. Rainer Kambeck und ebenfalls geladen auf Initiative der FDP-Fraktion, sprach sich dafür aus, das Bescheinigungsverfahren beizubehalten und sich auf EU-Ebene für ein Optionsrecht einzusetzen. Die Neuregelung solle auf den 1. Januar 2026 verschoben werden.

Lob und Kritik an Plänen zur Wohngemeinnützigkeit

Den Ansatz der Förderung der Wohngemeinnützigkeit im Regierungsentwurf nannte Jura-Professor Schauhoff „unausgegoren“. Weiter sagte er: „Deswegen rechne ich auch nicht damit, dass es zu großen Investitionen kommt.“

Auch der Deutsche Mieterbund, vertreten durch Dr. Melanie Weber-Moritz und auf Vorschlag der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen geladen, verlangte „einen großen Wurf“ und erklärte: „Das Konzept der Bundesregierung wird dem nur teilweise gerecht.“ Steuererleichterungen reichten nicht aus, damit der gemeinnützige Wohnungsbau an Dynamik gewinne. „Es fehlen die im Koalitionsvertrag vereinbarten Investitionszulagen“, erklärte Weber-Moritz. Außerdem sei es nötig, dass die öffentliche Hand Grundstücke in ihrem Besitz vergünstigt bereitstelle.

Prof. Dr. Dirk Löhr, Sozialökonom und Steuerberater von der Hochschule Trier und auf Vorschlag der SPD-Fraktion geladen, beurteilte die geplant Förderung der Wohngemeinnützigkeit positiv, inklusive der vergleichsweise „großzügigen Einkommensgrenzen“, bis zu denen Personen davon profitieren könnten. „Das Problem des bezahlbaren Wohnraums geht weit in die Mittelschicht hinein“, erklärte er.

Jan Kuhnert von der KUB Kommunal- und Unternehmensberatung, geladen auf Vorschlag der Gruppe Die Linke, sprach hingegen von einem „enttäuschenden Versuch der Bundesregierung“ und einer „Nischenlösung“. In seiner schriftlichen Stellungnahme kritisiert Kuhnert unter anderem „die im Gesetzentwurf enthaltene unbestimmte Mietregelung“. Er schlägt vor, dass eine Steuerbefreiung erst möglich ist, wenn eine Miete 20 Prozent unter der ortsüblichen Vergleichsmiete angesetzt wird. (bal/07.10.2024)