Antrag zur maritimen Wirtschaft im Parlament angenommen
Die Abgeordneten des Bundestages haben am Donnerstag, 6. Juni 2023, einen Antrag der Koalitionsfraktionen sowie des fraktionslosen Abgeordneten Stefan Seidler zur maritimen Wirtschaft angenommen. Für die entsprechende Vorlage mit dem Titel „Maritime Souveränität in der Zeitenwende“ (20/7571) votierten SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP sowie der Abgeordnete Seidler. Die Oppositionsfraktionen stimmten gegen die Vorlage.
Einen Antrag der CDU/CSU-Fraktion mit dem Titel „Zukunft der maritimen Wirtschaft sichern“ (20/7582) überwies das Parlament nach der Debatte zur weiteren Beratung an den federführenden Wirtschaftsausschuss.
Grüne betont maritime Souveränität in der Zeitenwende
Felix Banaszak (Bündnis 90/Die Grünen) sagte, dass die maritime Wirtschaft Teil der Herausforderung der wirtschaftlichen und klimapolitischen Transformation sei, aber auch Teil der Lösung. „Wir werden die Klimaziele nicht erreichen, wenn sich die Häfen nicht zu Hubs entwickeln“, sagte Banaszak im Plenum und versprach: „Wir werden die Häfen als Bundesregierung dabei unterstützen.
Mit dem Antrag der Fraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP habe man in 66 Punkten ausbuchstabiert, was maritime Souveränität in der Zeitenwende bedeute, so der Abgeordnete. Er bedankte sich bei seinen Kollegen für die gute fraktionsübergreifende Zusammenarbeit, insbesondere auch bei dem fraktionslosen Abgeordneten Stefan Seidler vom Südschleswigschen Wählerverband.
CDU/CSU will mehr Wertschöpfung in Deutschland
Michael Grosse-Brömer (CDU/CSU) betonte, dass die maritime Wirtschaft einen hohen Stellenwert in Deutschland habe: 90 Prozent des internationalen Warenhandels und zwei Drittel des deutschen Außenhandels würden über die Seehäfen abgewickelt. Es gebe ein jährliches Umsatzvolumen von 50 Milliarden Euro, 400.000 Arbeitsplätze werden laut dem Abgeordneten dem Sektor zugerechnet.
“Das ist ein ganz wichtiger Teil unseres Wohlstandes und unserer Wirtschaft„, so Grosse-Brömer. Um diesen Wohlstand zu erhalten, sei es wichtig, die richtigen Rahmenbedingungen für mehr Wertschöpfung in Deutschland zu schaffen. “Es sind jetzt schon zwei Jahre unter dieser Regierung vergangen, ohne, dass das was passiert ist„, schloss der Christdemokrat.
SPD will Ausbau der Offshore-Winderzeugung
Bernd Westphal (SPD) befand, es gebe gar nicht so viele Punkte, in denen sich Ampelfraktion und Unionsfraktion in ihren Anträgen nicht einig seien. Die Entwicklungsperspektiven der Branche seien enorm, so Westphal.
Neben den Export- und Logistikstrategien, die man erweitern müssen, spiele die maritime Wirtschaft bei der Energieerzeugung eine wichtige Rolle, sagte der Abgeordnete und nannte die Offshore-Winderzeugung, die weiter ausgebaut werden soll. Diesen Ausbau gelte es mit dem der richtigen Infrastruktur zu begleiten. “Die Küste wird eine enorme Bedeutung bekommen„, so Westphal. “Dafür werden wir leistungsfähige Häfen brauchen„.
AfD: Deutscher Schiffbau liegt am Boden
Enrico Komning (AfD) sagte, dass der deutsche Schiffbau am Boden liege. Dass Deutschland bei der weltweiten Schiffproduktion nur noch einen Anteil von 0,3 Prozent habe, sei die Folge der Politik der vergangenen Jahre.
“Und die noch halbwegs funktionierende mittelständische Zulieferindustrie verscheuchen Sie mit ihren Auflagen für die Energiewende ins Ausland oder den Ruin„, so Komning in Richtung der Ampelfraktionen. Der Antrag sei mehr “eine Drohung als eine Hilfestellung„ und fügte an: “Sie geben an, möglichst viel Wertschöpfung im Land halten zu wollen, verschachern aber Teile des Hamburger Hafens an China.„
FDP: Der Antrag ist ambitioniert und anspruchsvoll
Hagen Reinhold (FDP) berichtete, dass er seit Jahren die immer gleichen Punkte in den Anträgen lese. Es sei bislang zu wenig passiert, das habe die Branche nicht verdient. “Und ich glaube, dass ist gefährlich für Deutschland.„ Der nun vorliegende Antrag sei “ambitioniert, anspruchsvoll, und zeige ressortübergreifend einen klaren Kurs„, so der Liberale.
Er nannte eine leistungsfähige Infrastruktur mit einer guten Hinterlandanbindung, eine starke Flotte aus Schiffseignern, Reedern und Charterern mit eigenen Schiffen sowie einen leistungsfähigen Schiffsbau als wichtige Punkte, bei denen in Zukunft angesetzt werden müsse, damit Deutschland nicht den Anschluss verliere.
Linke kritisiert Arbeitsbedingungen und Bezahlung
Bernd Riexinger (Die Linke) nahm die Arbeitsbedingungen und Bezahlung auf den Schiffen und in den Häfen in den Fokus. Diese müssten fair und attraktiv gestaltet werden. “Die Arbeitsbedingungen auf manchen Handelsschiffen sind teilweise nicht akzeptabel„, sagte der Linke im Plenum.
Es brauche eine Ausbildungsbildungsoffensive von Seeleuten an Land und an Bord. Zudem sei der Erhalt von Werften ein strategisch wichtiger Punkt. “Auch bei den Häfen kann sich der Bund nicht länger einen schlanken Fuß machen„, schloss Riexinger.
Regierung: Die Häfen müssen sich wandeln
Dieter Janecek, Koordinator der Bundesregierung für Maritime Wirtschaft und Tourismus (Bündnis 90/Die Grünen), sagte, bei den Standorten im deutschen Norden gehe es nicht um regionale, sondern um das bundesdeutsche Interesse. Als Bundesrepublik wolle man einen Teil der Wertschöpfung des Europäischen Bunds in Deutschland halten. “Die Infrastruktur spielt eine Rolle, Häfen müssen sich wandeln„, so der Grüne.
Um dabei unterstützen zu können, spielten Bürgschaften eine Rolle, dass sei eine Frage, die die Bundesregierung beschäftige; auch, wie man die Finanzierung stemmen könne. Janecek sieht bei der Weiterentwicklung der maritimen Wirtschaft besonders kleine und mittlere Unternehmen am Zug: “Der Mittelstand hat eine Chance.„
Antrag der Koalition und des Abgeordneten Seidler
Resilienz und Unabhängigkeit, Wettbewerbsfähigkeit und Finanzierung, sozial-ökologische Transformation und maritime Infrastrukturen - das sind nach Angaben der Koalitionsfraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP, sowie des fraktionslosen Abgeordneten Stefan Seidler (Südschleswigscher Wählerverband, SSW) die vier Dimensionen der maritimen Souveränität Deutschlands. In ihrem Antrag (20/7571) fordern die Abgeordneten die Bundesregierung unter anderem dazu auf, sich innerhalb der Europäischen Union und der Nato weiterhin für eine verstärkte Überwachung der kritischen Infrastrukturen in Nord- und Ostsee einzusetzen. Außerdem sei “angesichts der veränderten sicherheits- und verteidigungspolitischen Gegebenheiten„ der Aufbau einer Deutschen Küstenwache in Komplementarität zur Marine prüfen.
Gefordert wird außerdem, das zentrale Voruntersuchungsverfahren und die Genehmigungsverfahren für Offshore-Windkraftanlagen weiter zu beschleunigen und eine begrenzte Anzahl weiterer Flächen auf Basis der Ausbauziele für die Offshore-Wasserstofferzeugung von mindestens zehn Gigawatt auf See in der ausschließlichen Wirtschaftszone auszuweisen. Dies solle unter Berücksichtigung von Naturschutzfaktoren und des nationalen Schutzziels, zehn Prozent der Meeresfläche unter strengen Schutz zu stellen, erfolgen.
Zweckgebundener Ausgleich von Hafenlasten
Der Antrag fordert zudem eine mit den Bundesländern zeitnah zu treffende verbindliche Regelung über den zweckgebundenen Ausgleich von Hafenlasten, die aufgrund der aktuellen Herausforderungen wie Digitalisierung, Energiewende und Klimaschutz sowie sanierungs- und entwicklungsbedürftiger Infrastruktur (zum Beispiel Kaimauern) erforderlich sind. Des Weiteren soll unter anderem die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung gestärkt und somit “schlagkräftiger und effizienter„ gemacht werden.
In Sachen maritimer Infrastruktur soll den Küstenschutzbehörden der Länder ein ausreichender Planungshorizont zur mehrjährigen Planung ermöglicht werden. In Zusammenarbeit mit den Bundesländern sollen laut Antrag zudem Landstromanlagen ausgebaut und eine verstärkte Nutzung von erneuerbarem Landstrom in See- und Binnenhäfen vorangebracht werden. Um die sozial-ökologische Transformation voranzubringen, soll die maritime Agenda 2025 zu einem Aktionsprogramm weiterentwickelt, das Ziel der Klimaneutralität der Schifffahrt bis spätestens 2050 verankert und auf europäischer Ebene für eine Beschleunigung der schiffsseitigen Zulassung für erneuerbare Antriebstechnologien eingetreten werden, fordern die Abgeordneten unter anderem.
Antrag der CDU/CSU
In ihrem Antrag (20/7582) fordert die CDU/CSU-Fraktion die Bundesregierung auf, die Zukunft der maritimen Wirtschaft zu sichern. Hierfür soll unter anderem das Amt des Koordinators für die maritime Wirtschaft gestärkt werden, indem es sich ausschließlich auf die maritime Wirtschaft fokussiert. Die Bundesregierung soll sich zudem auf EU-Ebene für einen Europäischen Maritimen Koordinator einsetzen. Außerdem soll eine Nationale Hafenstrategie entwickelt und noch in diesem Jahr mit ihrer Umsetzung begonnen werden. Die Wettbewerbsfähigkeit der Häfen soll nach Angaben der Unionsfraktion sichergestellt werden, indem Infrastrukturprojekte deutlich beschleunigt werden.
Gefordert wird weiter, steuerliche Anreize für Investitionen in moderne, besonders energieeffiziente und umweltfreundliche Schiffe zu prüfen und die Förderstruktur für die Defossilisierung der Seeschifffahrt auszubauen. Die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung soll mit ausreichend Personal ausgestattet und ihre Digitalisierung vorangetrieben werden, heißt es in dem Antrag. Außerdem sei das Gesamtpaket zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Seeschifffahrt fortzusetzen und die Maßnahmen auf ihre Wirksamkeit kontinuierlich zu überprüfen. (emu/hau/06.07.2023)