Linke, AfD und fraktionslose Abgeordnete Cotar scheitern mit Anträgen in Karlsruhe

Das Bundesverfassungsgericht hat Eilanträge zu den Sondersitzungen des 20. Deutschen Bundestages abgelehnt. (© picture alliance/dpa | Uli Deck)
Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts hat mit am Freitag, 14. März 2025, veröffentlichten Beschlüssen mehrere Anträge verworfen, die sich gegen die Einberufung des 20. Deutschen Bundestages zu Sondersitzungen am 13. und 18. März 2025 richten.
Es handelt sich um Beschlüsse zu Anträgen der Vor-Fraktion Die Linke im 21. Deutschen Bundestag und der der Vor-Fraktion angehörenden Abgeordneten Jan van Aken und Ines Schwerdtner (Aktenzeichen: 2 BvE 3 / 25), der AfD-Abgeordneten der 20. Wahlperiode Dr. Christian Wirth, Martin Sichert und Dr. Christina Baum sowie der 21. Wahlperiode Knuth Meyer-Soltau, Ulrich von Zons und Christoph Grimm (beigetreten) (Aktenzeichen: 2 BvE 2 / 25) und der AfD-Fraktion der 20. Wahlperiode, des AfD-Abgeordneten Stephan Brandner und der AfD-Abgeordneten der 21. Wahlperiode Dr. Anna Rathert (Aktenzeichen: 2 BvE 5 / 25).
Darüber hinaus lehnte der Zweite Senat Eilanträge der fraktionslosen Bundestagsabgeordneten Joana Cotar ab (Aktenzeichen: 2 BvE 4 / 25), mit denen sie sich im Wesentlichen gegen die Anberaumung und Durchführung der beiden Sondersitzungen wendet.
„Anträge sind unbegründet“
Die Antragstellenden der Linken und der AfD halten die Einberufung des 20. Deutschen Bundestages vor allem deswegen für pflichtwidrig, weil vielmehr der neu gewählte Bundestag so schnell wie möglich einzuberufen sei. Dies dürfe nicht durch eine Einberufung des alten Bundestages blockiert werden, wenn der neue Bundestag – wie hier – bereits konstituierungsfähig sei.
Nach Darstellung des Zweiten Senats sind die Anträge unbegründet. Die Wahlperiode des alten Bundestages werde gemäß Artikel 39 Absatz 1 Satz 2 des Grundgesetzes (GG) erst durch den Zusammentritt des neuen Bundestages beendet. Bis dahin sei der alte Bundestag in seinen Handlungsmöglichkeiten nicht beschränkt. Wann der Zusammentritt erfolgt, entscheide allein der neue Bundestag. Er wird hieran durch die Einberufung des alten Bundestages nicht gehindert.
Die Einberufung des alten Bundestages sei hier auch nicht pflichtwidrig, heißt es weiter. Wenn ein Drittel der Abgeordneten dessen Einberufung beantrage, sei die Bundestagspräsidentin hierzu nach Artikel 39 Absatz 3 Satz 3 GG verpflichtet. Inwieweit hingegen eine Pflicht besteht, der Konstituierung des neuen Bundestages den Vorzug zu geben, könne offenbleiben. Eine solche Pflicht bestünde allenfalls, wenn der neue Bundestag den Willen zum Zusammentritt gebildet und sich dafür auf einen Termin verständigt hätte. Daran fehle es hier, schreibt der Zweite Senat.
„Gründe für eine einstweilige Anordnung überwiegen nicht“
Zum Eilantrag der fraktionslosen Abgeordneten Cotar heißt es, ungeachtet der Frage, ob der Antrag in der Hauptsache unzulässig oder offensichtlich unbegründet ist, sei eine einstweilige Anordnung schon deshalb nicht zu erlassen, weil jedenfalls die vorzunehmende Folgenabwägung ergebe, dass die für einen Erlass sprechenden Gründe nicht überwiegen.
Erginge eine einstweilige Anordnung und hätte die Hauptsache keinen Erfolg, käme es zu einem erheblichen Eingriff in die Autonomie des Parlaments, wovon im einstweiligen Rechtsschutzverfahren grundsätzlich abzusehen sei, argumentieren die Karlsruher Richterinnen und Richter. Zudem würde dies voraussichtlich endgültig die Beschlussfassung des alten Bundestages verhindern, da diesem nur ein begrenzter Zeitraum bis zur Konstituierung des 21. Deutschen Bundestages (am 25. März 2025) zur Verfügung stehe. Abgeordnete des alten Bundestages würden ihr Recht auf Beschlussfassung unwiederbringlich verlieren.
„Abgeordnetenrechte wären irreversibel verletzt“
Erginge die einstweilige Anordnung nicht und hätte die Hauptsache Erfolg, wäre der Antragstellerin – und möglicherweise auch weiteren Abgeordneten – unwiederbringlich die Möglichkeit genommen, bei den Beratungen und der Beschlussfassung ihre Mitwirkungsrechte im verfassungsrechtlich garantierten Umfang wahrzunehmen, heißt es in der Mitteilung des Gerichts.
In beiden Fällen wären somit nach Auffassung des Zweiten Senats Abgeordnetenrechte irreversibel verletzt. Der Eingriff in die Verfahrensautonomie des Parlaments hätte aber besonderes Gewicht, weil die Gefahr bestünde, dass die Beschlussfassung über die eingebrachte Gesetzesvorlage wegen des Grundsatzes der Diskontinuität endgültig unmöglich wird. Der Grundsatz der Diskontinuität besagt, dass alle Gesetzentwürfe und andere Vorlagen, die vom alten Bundestag noch nicht beschlossen wurden, vom neuen Bundestag nicht mehr aufgerufen und beraten werden – es sei denn, sie würden wieder neu eingebracht.
Der Bundestag hat in seiner Sondersitzung am Donnerstag, 13. März, Gesetzentwürfe von SPD und CDU/CSU (20/15096), Bündnis 90/die Grünen (20/15098) und der FDP (20/15099) zur Änderung des Grundgesetzes sowie einen Antrag der Gruppe BSW (20/15107) in erster Lesung beraten. In einer zweiten Sondersitzung am Dienstag, 18. März 2025, soll über drei dieser Vorlagen (20/15096, 20/15099, 20/15107) abgestimmt werden. (vom/14.03.2025)