Bundestag wählt Julia Klöckner zur neuen Parlamentspräsidentin
Der Bundestag hat in seiner konstituierenden Sitzung am Dienstag, 25. März 2025, die rheinland-pfälzische Abgeordnete Julia Klöckner zu seiner neuen Präsidentin gewählt. In geheimer Wahl erhielt die CDU/CSU-Abgeordnete aus dem Wahlkreis Kreuznach 382 von 630 Stimmen. Es gab 204 Gegenstimmen und 31 Enthaltungen. Für die Wahl war eine Mehrheit von 316 Stimmen erforderlich. Julia Klöckner folgt damit auf Bärbel Bas (SPD), die dem Parlament seit 2021 vorstand. Die Duisburgerin ist auch weiterhin im Parlament vertreten.
Zu Beginn hatte Dr. Gregor Gysi (Die Linke) als Alterspräsident die erste Sitzung in der 21. Wahlperiode seit 1949 eröffnet. Die Leitung der ersten Sitzung des neuen Parlaments übernimmt traditionell der Alterspräsident, bis ein neuer Bundestagspräsident oder eine neue Bundestagspräsidentin gewählt ist. Der Alterspräsident ist das dienstzeitälteste Mitglied des Deutschen Bundestages. Gysi ist seit dem 3. Oktober 1990 (mit einer Unterbrechung von 2002 bis 2005) Mitglied des Bundestages.

Das neu gewählte Präsidium des Bundestages (v.l.n.r.): Omid Nouripour, Josephine Ortleb, Julia Klöckner, Andrea Lindholz, Bodo Ramelow (© DBT/Tobias Koch)
Lindholz, Ortleb, Nouripour und Ramelow gewählt
Zu Vizepräsidentinnen des Bundestages gewählt wurden:
die Aschaffenburger Abgeordnete Andrea Lindholz (CDU/CSU) mit 425 Ja-Stimmen bei 132 Nein-Stimmen und 53 Enthaltungen;
die Saarbrücker Abgeordnete Josephine Ortleb (SPD) mit 434 Ja-Stimmen bei 145 Nein-Stimmen und 31 Enthaltungen;
der Abgeordnete Omid Nouripour (Bündnis 90/Die Grünen) aus Hessen mit 432 Ja-Stimmen bei 156 Nein-Stimmen und 22 Enthaltungen;
der Thüringer Abgeordnete Bodo Ramelow (Die Linke) mit 318 Ja-Stimmen, bei 256 Nein-Stimmen und 34 Enthaltungen.
In drei Wahlgängen nicht gewählt wurde der bayerische AfD-Abgeordnete Gerold Otten. Im ersten Wahlgang entfielen 185 Ja-Stimmen bei 411 Nein-Stimmen und zehn Enthaltungen auf den Abgeordneten. Im zweiten Wahlgang erhielt Otten 190 Ja-Stimmen, 401 Nein-Stimmen und 13 Enthaltungen Im dritten Wahlgang entfielen 184 Ja-Stimmen auf Otten. 403 Abgeordnete stimmten gegen ihn, 15 enthielten sich.
Vor der Wahl der Vizepräsidenten hatte der Bundestag einstimmig einen gemeinsamen Antrag von CDU/CSU und SPD (21/6) angenommen, wonach jede Fraktion einen Stellvertreter oder eine Stellvertreterin des Bundestagspräsidenten stellt und die Fraktionen wie bisher ein entsprechendes Vorschlagsrecht haben.
Klöckner: Wir brauchen einen Optimismus-Ruck
Durch Deutschland müsse ein „Optimismus-Ruck“ gehen, sagte Julia Klöckner während ihrer ersten Rede im neuen Amt. „Wir müssen in unserem Land die Stimmung wieder verbessern“, forderte die Christdemokratin nach ihrer Wahl zur Präsidentin des 21. Bundestages. Klöckner ist die vierte Frau an der Spitze des Parlaments – nach Bärbel Bas (SPD, 2021 bis 2025), Annemarie Renger (SPD, 1972 bis 1976) und Prof. Dr. Rita Süssmuth (CDU/CSU, 1988 bis 1998).
Die frühere Landwirtschaftsministerin sitzt – mit einer längeren Unterbrechung – seit 2002 im Parlament. Als Bundestagspräsidentin wacht Klöckner in der 21. Legislaturperiode über die Einhaltung parlamentarischer Regeln und vertritt den Deutschen Bundestag nach außen.
„Klar in der Sache, verbindend im Miteinander“
Ihre Aufgabe wolle sie „stets unparteiisch, unaufgeregt und unverzagt“ erfüllen, sagte Klöckner während ihrer Antrittsrede. „Klar in der Sache, zugleich aber auch verbindend im Miteinander.“ Von den Mitgliedern des 21. Bundestages forderte sie, respektvoll miteinander umzugehen. Die Abgeordneten im Parlament führten Auseinandersetzungen immer auch stellvertretend für die Gesellschaft. „Wie wir das tun, ist prägend“, sagte Klöckner und warb dafür, andere Sichtweisen auszuhalten und Kompromisse zu schließen. Letzteres sei schließlich der Wesenskern der Demokratie.
Klöckner verwies zudem auf eine zentrale Aufgabe des Bundestages: die Kontrolle der Bundesregierung. Das Parlament sei nicht „zum Abnicken“ gewählt worden, machte die neue Parlamentspräsidentin deutlich und weiter: „Wir Abgeordneten kontrollieren die Regierung. Sie schuldet uns Rechenschaft, nicht umgekehrt.“ Der 21. Bundestag, versicherte sie, werde der Regierung „mindestens ebenso deutlich auf die Finger schauen“, wie es der vorangegangene getan habe.
Klöckner wirbt für „konsequente Reformen“
Als Themen für die 21. Legislaturperiode nannte Klöckner unter anderem die Wahlrechtsreform, über die es „noch einmal gründlich“ nachzudenken gelte, sowie eine Reform der Geschäftsordnung des Bundestages mit dem Ziel, das Parlament zu stärken. Auch sprach sie sich für eine stärkere Präsenz in den sozialen Medien, den „digitalen Theken“, aus. „Wir müssen dort ebenso streitbar Positionen vertreten, wie an den Stammtischen im Land oder hier im Deutschen Bundestag.“
Handlungsbedarf sieht sie auch, was den Frauenanteil im 21. Bundestag angeht. „Ein Parlament, das für alle spricht, sollte die gesellschaftlichen Gruppen angemessen repräsentieren“, mahnte die Parlamentspräsidentin. Mit Blick auf die Geschlechter sei das offensichtlich noch nicht gelungen. Klöckner forderte größere Anstrengungen, um mehr Frauen in die Politik und die Parlamente zu holen, etwa durch eine bessere Vereinbarkeit von Politik und Familie.
Das neue Parlament nehme seine Arbeit in „aufgewühlten Zeiten“ auf, sagte Klöckner weiter. Europa müsse mehr Verantwortung für die eigene Sicherheit und Verteidigungsfähigkeit übernehmen, Deutschland kämpfe um seine internationale Wettbewerbsfähigkeit. Die Bürgerinnen und Bürger erwarteten von den Abgeordneten konsequente Reformen, auch in der Politik selbst. „Lassen Sie uns an die Arbeit gehen“, forderte sie die Parlamentarier auf und warb zugleich für „Optimismus und Zuversicht“. Ein solcher Ruck, schloss sie ihre Rede, müsse wieder durch Deutschland gehen.
Gysi: Bundestag muss in einer schweren Zeit agieren
Gregor Gysi skizzierte in seiner Ansprache als Alterspräsident ein breites Panorama der Gegenwart und verband dieses mit einer Reihe von politischen Forderungen an das neue Parlament. „Der neue Bundestag muss in einer schweren Zeit agieren“, befand er etwa mit Blick auf die angespannte Sicherheitslage in Deutschland und Europa durch den Angriff Russlands auf die Ukraine.
Gysi kam in seiner Rede aber auch auf den Konflikt im Nahen Osten zu sprechen, kritisierte die in seinen Augen noch immer bestehende Ungleichheit zwischen Ost- und Westdeutschen, warb für Maßnahmen zur Herstellung von mehr Bildungs- und Chancengerechtigkeit in Deutschland oder mahnte dazu, den Anschluss an die technologischen Entwicklungen rund um Künstliche Intelligenz nicht zu verpassen.
„Wie wäre es mit einer breiteren politischen Kultur?“
Die Abgeordneten rief Gysi zu einer maßvolleren Sprache auf. Jemand, der für die Erhöhung der Verteidigungsausgaben stimme, hätte ebenso das Ziel der Friedenssicherung im Blick wie er, der glaube, dass Initiativen zur Abrüstung der richtige Weg seien. Weder sei es deshalb angebracht, den politischen Gegner als „Kriegstreiber“ noch als „Putin-Knecht“ zu diffamieren, so der 77-Jährige. „Wie wäre es mit einer breiteren politischen Kultur bei uns?“, so Gysis betont nachdenkliches Plädoyer für eine moderatere Diskussionskultur.
Gysi nutzt seine Rede schließlich auch, um eine Reihe von insbesondere sozialpolitischen Reformen anzumahnen. So schlug er dem Parlament vor, eine Reihe von überparteilichen Gremien einzurichten. In diesen sollten, so Gysi, die Sicherung der gesetzlichen Rente, die Herstellung von „Steuergerechtigkeit“, eine Reform des Krankenkassensystems und Wege zum Bürokratieabbau thematisiert werden.
Geschäftsordnungen beschlossen
Bei Enthaltung der AfD stimmte der Bundestag einem Antrag von CDU/CSU und SPD (21/1) zu, die bisherige Geschäftsordnung des Bundestages zu übernehmen
Mit der Annahme des Antrags beschloss der Bundestag neben seiner eigenen Geschäftsordnung auch die weitere Gültigkeit der Gemeinsamen Geschäftsordnung des Bundestages und des Bundesrates für den Vermittlungsausschuss nach Artikel 77 des Grundgesetzes, der Geschäftsordnung für den Gemeinsamen Ausschuss nach Artikel 53a des Grundgesetzes und der Geschäftsordnung für das Verfahren nach Artikel 115d des Grundgesetzes (Dringliche Gesetzesvorlagen).
Übernommen wurden zudem die Richtlinien zur Überprüfung auf eine mögliche Tätigkeit oder politische Verantwortung eines Abgeordneten für das Ministerium für Staatssicherheit der ehemaligen DDR.
Anträge von AfD und SSW beraten
Mit den Gegenstimmen aller übrigen Fraktionen wies das Parlament einen Antrag der AfD zurück. Die Fraktion wollte erwirken, dass die Funktion des Alterspräsidenten wie in einer früheren Fassung der Geschäftsordnung dem an Jahren ältesten Mitglied des Bundestages zukommt (21/2). Hätte der Antrag eine Mehrheit erreicht, hätte vermutlich der Abgeordnete Dr. Alexander Gauland (AfD) den Vorsitz bis zur Wahl der Bundestagspräsidentin innegehabt.
Weitere Anträge der AfD zur Geschäftsordnung fordern, dass die Mitglieder des Bundestagspräsidiums künftig auch mit der Mehrheit der Abgeordneten abgewählt werden können (21/4) und dass die Geschäftsordnung um den Satz „Das Präsidium ist ordnungsgemäß besetzt, wenn jede Fraktion mit einem Stellvertreter vertreten ist“ ergänzt wird (21/5). In den vergangenen Wahlperioden verfehlten alle Kandidaten der AfD-Fraktion für das Vizepräsidentenamt die dafür erforderliche Mehrheit im Plenum.
Der Abgeordnete Stefan Seidler vom Südschleswigschen Wählerverband (SSW) fordert mit einem Änderungsantrag (21/3) eine Reihe von Maßnahmen zur Erweiterung der Rechte von Abgeordneten nationaler Minderheiten. Seidler schlägt vor, diesen Abgeordneten Rederecht bei Aussprachen zu Geschäftsordnungsanträgen zu geben und ihren Mitarbeitern Zutritt zu Ausschusssitzungen zu gewähren. Ebenso sollen sie bestimmte Entschließungsanträge einbringen und pro Jahr zwei Kleine Anfragen stellen können. Der SSW ist als Partei der dänischen und friesischen Minderheit in Deutschland von der Sperrklausel von fünf Prozent der Zweitstimmen befreit. Der Antrag wurde gemeinsam mit den beiden Initiativen der AfD in den Geschäftsordnungsausschuss überwiesen. (ste/irs/25.03.2025)