Rechtsausschuss ebnet den Weg für Verbesserungen für die SED-Opfer

Die Sitzung des Rechtsausschusses war nicht öffentlich. (© Team Zupke)
Am 29. Januar war die SED-Opferbeauftragte erneut im Rechtsauschuss des Bundestages zu Gast. Der Ausschuss hatte die Bundesbeauftragte eingeladen, um sich über ihren Jahresbericht, ihren Sonderbericht zu den gesundheitlichen Langzeitfolgen von SED-Unrecht sowie ihre aktuelle Arbeit auszutauschen. Zugleich wurde mit ihr zusammen ein fraktionsübergreifender Änderungsantrag von SPD, CDU/CSU, Bündnis 90/Die Grünen und FDP, der ausgehend von dem ursprünglich vorgelegten Gesetzentwurf noch weitreichendere Verbesserungen für die SED-Opfer vorsieht, beraten.
Kurz vor dem Bruch der bisherigen Regierungskoalition im November hatte der Rechtsausschuss in einer Anhörung noch über die zunächst durch die im Gesetzentwurf vorgesehenen Verbesserungen in der Unterstützung der SED-Opfer beraten. In dieser Anhörung machten die Sachverständigen aus Wissenschaft, Opferberatung und Betroffenenverbänden jedoch deutlich, dass sie weitgehenden Überarbeitungsbedarf am damalig vorgelegten Gesetzentwurf sahen. Dazu zählten Änderungsbedarfe insbesondere zur Stabilisierung der sozialen Lage der Opfer, zur Verbesserung der Anerkennung von verfolgungsbedingten Gesundheitsschäden und um Gerechtigkeitslücken in den bestehenden Gesetzen zu schließen. Dabei sind wesentlich die Handlungsempfehlungen benannt worden, für die auch die SED-Opferbeauftragte in ihren Jahres- und Sonderberichten an den Deutschen Bundestages geworben hatte.
In ihrem einleitenden Beitrag im Rechtsauschuss verwies die SED-Opferbeauftragte in der Sitzung auf die aktuellen Herausforderungen, vor denen viele Betroffene heute stehen. Neben der sozialen Lage, die bei vielen Betroffenen armutsgefährdet ist, ist insbesondere die gesundheitliche Situation vieler Opfer dramatisch. Gerade in der Arbeit der Landesbeauftragten, die einen Arbeitsschwerpunkt in der Beratung der Betroffenen haben, zeige sich, dass trotz des bestehenden Unterstützungssystems viele Betroffenen heute in prekären Verhältnissen leben.
Mit dem im Rechtsausschuss nun beschlossenen Änderungsantrag wird jetzt der Weg für grundlegende Verbesserungen in der Unterstützung der SED-Opfer geebnet. Der Änderungsantrag, der noch in derselben Sitzungswoche im Bundestag beschlossen werden soll, umfasst eine ganze Reihe an für die Opfer besonders relevanten Maßnahmen:
Hierzu gehört eine Erhöhung der Opferrente auf 400 € mit einer anschließenden Dynamisierung der Leistung. Gleichzeitig ist die Opferrente zukünftig nicht mehr an die Bedürftigkeit gekoppelt. Aus der Opferrente wird so endlich eine echte Ehrenpension. Ebenso ist eine deutliche Erhöhung der Ausgleichsleistung für beruflich Verfolgte um 51 € bei gleichzeitigem Verzicht auf Anrechnung von Partnereinkommen und dem Verzicht auf Absenkung der Leistung bei Renteneintritt vorgesehen. Zudem wird die Dauer der Verfolgungszeit von bisher drei auf zukünftig zwei Jahre verkürzt.
Darüber hinaus umfasst der Änderungsantrag die Einführung einer kriterienbasierten Vermutungsregelung bei der Anerkennung verfolgungsbedingter Gesundheitsschäden für die SED-Opfer - nach dem Vorbild der Soldatenversorgung. So soll zukünftig beim Vorliegen definierter Krankheitsbilder, wie einer Angststörung oder Posttraumatischen Belastungsstörung, und einer nachgewiesenen Repressionserfahrung, wie politischer Haft oder Zersetzung, der ursächliche Zusammenhang als gegeben vorausgesetzt und damit Zugang zu Leistungen ermöglicht werden.
Zudem ist die Einführung eines generellen Rechtes zur erneuten Antragstellung bei der strafrechtlichen Rehabilitierung vorgesehen. Darüber hinaus sollen Personen, die außerhalb der DDR von Zersetzungsmaßnahmen der Staatssicherheit betroffen waren, als Opfer anerkannt werden und Zugang zu Leistungen erhalten.
Für die Opfer von Zwangsaussiedlung aus dem früheren Gebiet der innerdeutschen Grenze ist ein gesetzlicher Anspruch auf eine Einmalzahlung in Höhe von 7.500 € vorgesehen. Hierbei erfolgt keine Anrechnung von früheren Leistungen wie beispielsweise von Zuwendungen von der „Stiftung-Zwangsausgesiedelten-Hilfe Thüringen“ in den 1990er-Jahren.
Die Angehörigen von Empfängerinnen und Empfängern der Opferrente werden zukünftig beim Tod des Opferrentenempfängers von den Ämtern aktiv darüber informiert, welche Leistungen sie bei der Stiftung politische Häftlinge beantragen können.
Mit der geplanten Verabschiedung des Gesetzes macht der Deutsche Bundestag auch den Weg für die Einrichtung des bundesweiten Härtefallfonds für die SED-Opfer frei. Der Bund stellt für den Härtefallfonds jährlich eine Million Euro zur Verfügung und trägt die Verwaltungskosten in vollem Umfang. Mit dem geplanten Beschluss des Gesetzes können nun auch die 6 Millionen Euro, die IKEA zur Verfügung gestellt hat, den Betroffenen zugutekommen.
Die SED-Opferbeauftragte machte gegenüber dem Rechtsausschuss deutlich, dass das Parlament aus ihrer Sicht mit dem geplanten Beschluss ein klares Signal an die Opfer von politischer Verfolgung in der DDR sendet: Niemand, der im SED-Unrechtsstaat für Freiheit und Selbstbestimmung gekämpft hat, soll heute, in unserer demokratischen Gesellschaft, ins Abseits geraten!
Für sie ist dies gleichzeitig auch ein wichtiges Signal zum Beginn des Jubiläumsjahres zu 35 Jahre Deutsche Einheit, die Menschen in den Mittelpunkt zu stellen, die mit ihrem jahrzehntelangen Einsatz gegen die Diktatur ganz maßgeblich den Weg zur Einheit geebnet haben.