Bundestag beschließt Gruppenstatus für Die Linke und BSW
Der Bundestag hat am Freitag, 2. Februar 2024, die Rechtsstellung der parlamentarischen Gruppen Die Linke und BSW (kurz für: „Bündnis Sahra Wagenknecht – Für Vernunft und Gerechtigkeit“) geregelt und einen entsprechenden Gruppenstatus beschlossen. Das Plenum hat mit der Mehrheit von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP gegen die Stimmen von CDU/CSU und AfD jeweils zwei dazu vorgelegte Beschlussempfehlungen (20/10219, 20/10220) des Ältestenrates angenommen.
Der Ältestenrat, das geschäftsführende Gremium des Bundestages, hatte am Donnerstag, 1. Februar, empfohlen, 28 fraktionslose Abgeordnete als Gruppe Die Linke und zehn Abgeordnete als Gruppe BSW anzuerkennen. Zwei den Parlamentariern zu den Empfehlungen vorgelegte Änderungsanträge mehrerer fraktionsloser Abgeordneter (20/10236, 20/10237) wurden hingegen mit der breiten Mehrheit von SPD, Grünen, FDP, CDU/CSU und AfD abgelehnt. In den Vorlagen hatten sich die Abgeordneten unter anderem gegen eine Beschränkung des Fragerechts gegenüber der Bundesregierung gewendet.
Hintergrund der Regelung ist die Auflösung der einstigen Fraktion Die Linke im vergangenen Jahr. Nachdem mehrere Abgeordnete die Fraktion verlassen hatten und dadurch die Mindeststärke von 37 Mitgliedern nicht mehr gewahrt wurde, trat die Fraktion am 6. Dezember 2023 in einen sogenannten Liquidationsprozess ein. Die einstigen Parlamentarierinnen und Parlamentarier der Bundestagsfraktion sind seitdem fraktionslose Mitglieder des Deutschen Bundestages. Mit der Anerkennung als Gruppe waren für fraktionslose Abgeordnete in der Vergangenheit deutlich mehr Ressourcen und parlamentarische Rechte verbunden als ohne diesen Status.
Rechtsstellung der Gruppen Die Linke und BSW
Beide Gruppen setzen sich aus Abgeordneten der ehemaligen Fraktion Die Linke zusammen, die sich mit Wirkung vom 6. Dezember 2023 aufgelöst hatte. Aufgrund des Austritts mehrerer Abgeordneter hatte die zuvor 38 Mitglieder zählende Fraktion die derzeit erforderliche Mindestzahl von 37 Mitgliedern zur Bildung einer Fraktion unterschritten, die Abgeordneten wurden somit fraktionslos. Die Geschäftsordnung des Bundestages ermöglicht Abgeordneten, die sich zusammenschließen wollen, die Fraktionsmindeststärke aber nicht erreichen, die Anerkennung als Gruppe. Die 28 Abgeordneten der Linken hatten diese Anerkennung am 1. Dezember, die zehn BSW-Abgeordneten am 12. Dezember 2023 bei Bundestagspräsidentin Bärbel Bas beantragt.
Beide Gruppen unterscheiden sich im Hinblick auf ihre Rechtsstellung nur dadurch, dass die Gruppe Die Linke bis zu zwei Aktuelle Stunden und die Gruppe BSW eine Aktuelle Stunde pro Jahr verlangen kann. Im Plenum sollen die Abgeordneten der Gruppe Die Linke vom Präsidium aus gesehen links von der SPD-Fraktion platziert werden, die Abgeordneten der Gruppe BSW links außen neben den Abgeordneten der Gruppe Die Linke.
Ausschüsse, Fragerecht und Redezeit
Beide Gruppen sollen ordentliche und stellvertretende Mitglieder in die Fachausschüsse und gegebenenfalls in deren Unterausschüsse entsenden können und dort die gleichen Rechte haben wie die von den Fraktionen entsandten Mitglieder. Das Gleiche soll für die Mitgliedschaft in Untersuchungsausschüssen und Enquete-Kommissionen gelten. Ebenso sollen beide Gruppen mit jeweils einem Mitglied im Ältestenrat vertreten sein können und dort Stimmrecht bei Beschlüssen über innere Angelegenheiten des Deutschen Bundestages besitzen. Soweit der Ältestenrat kein Beschlussorgan ist, soll Einvernehmen durch Konsens der Fraktionen hergestellt werden können.
Darüber hinaus dürfen die Gruppen Gesetzentwürfe, Anträge sowie Entschließungsanträge einbringen und pro Kalendermonat bis zu insgesamt zehn Große oder Kleine Anfragen stellen. Sie können verlangen, dass ihre Vorlagen auf die Tagesordnung gesetzt werden und dass gegebenenfalls Zwischenberichte zu ihren Vorlagen erstattet werden. Auch dürfen sie der Ausschussüberweisung ihrer Entschließungsanträge widersprechen. Geschäftsordnungsanträge sollen gestellt werden können, wenn sie von mindestens 37 Abgeordneten unterstützt werden.
Die Redezeit der Gruppen soll sich an ihrer jeweiligen Stärke im Verhältnis zu den Fraktionen und nach näherer Vereinbarung im Ältestenrat orientieren. Die Vorsitzenden der Gruppen sollen die gleichen Rechte haben wie Fraktionsvorsitzende. Für ihre parlamentarische Arbeit sollen die Gruppen Geld- und Sachleistungen aus dem Bundeshaushalt erhalten, und zwar die Hälfte des den Fraktionen nach dem Abgeordnetengesetz zustehenden Grundbetrags einschließlich des Oppositionszuschlags. Die Gruppen müssen über Herkunft und Verwendung der ihnen auf dieser Grundlage innerhalb eines Kalenderjahres zugeflossenen Mittel öffentlich Rechenschaft geben.
Bildung von Gruppen durch fraktionslose Parlamentarier
Abgeordnete gleicher politischer Überzeugung, die nicht die Fraktionsmindeststärke erreichen, können sich zu einer Gruppe zusammenschließen. Dabei ist nicht festgelegt, wie viele Abgeordnete eine Gruppe bilden müssen. Die bisherigen Gruppen hatten ähnliche Rechte und Ressourcen wie eine Fraktion, allerdings in abgestuftem Maß. Gruppen konnten Mitglieder in den Ältestenrat und die Ausschüsse entsenden, hatten Initiativrechte vergleichbar denen der Fraktionen, entsprechend ihrer Größe Redezeiten in Debatten und erhielten Mittel für Mitarbeiter und die Büroinfrastruktur. Gruppen konnten bislang jedoch keine namentlichen Abstimmungen verlangen oder beantragen und ein Regierungsmitglied herbeirufen.
Eine parlamentarische Gruppe muss durch das Plenum anerkannt werden. Es liegt im Ermessen der Mitglieder des Bundestages, ob eine Gruppierung von Abgeordneten als Gruppe anerkannt wird. Anders als die Fraktionen haben Gruppen keinen Anspruch auf Geld- und Sachleistungen aus dem Bundeshaushalt. Eine entsprechende gesetzliche Regelung besteht nicht. Insofern müssen die Fragen zur Finanzierung als auch die Ausgestaltung der zuerkannten Rechte zwischen den Fraktionen und der Gruppe verhandelt und im Einzelfall im Plenum entschieden werden. Gleiches gilt für die Festlegung der zukünftigen Sitzordnung, die in der Zuständigkeit der Parlamentarier liegt.
Antrag zur Mitgliederzahl in den Ausschüssen
Darüber hinaus wurde eine Anpassung der Mitgliederzahlen in den Ausschüssen vorgenommen. Hierzu hat der Bundestag einen von den Fraktionen SPD, CDU/CSU, Bündnis 90/Die Grünen, FDP, Die Linke gemeinsam vorgelegten Antrag zur Neuregelung (20/10197) mit den Stimmen der Antragsteller angenommen. Die AfD hat sich enthalten. Dem Antrag zufolge soll die Mitgliederzahl in 13 ständigen Ausschüssen des Bundestages geändert werden. So ist wie folgt festgelegt: Petitionsausschuss 30 Mitglieder (bisher 31), Auswärtiger Ausschuss 47 Mitglieder (bisher 46), Ausschuss für Inneres und Heimat 47 Mitglieder (bisher 46), Finanzausschuss 46 Mitglieder (bisher 45), Haushaltsausschuss 46 Mitglieder (bisher 45), Wirtschaftsausschuss 33 Mitglieder (bisher 34), Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft 34 Mitglieder (bisher 35), Ausschuss für Gesundheit 43 Mitglieder (bisher 42), Verkehrsausschuss 33 Mitglieder (bisher 34), Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union 41 Mitglieder (bisher 40), Ausschuss für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen 33 Mitglieder (bisher 34), Ausschuss für Klimaschutz und Energie 33 Mitglieder (bisher 34), Ausschuss für Digitales 33 Mitglieder (bisher 34).
Bei folgenden Ausschüssen soll sich die Mitgliederzahl nicht ändern: Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung (19 Mitglieder), Sportausschuss (19 Mitglieder), Rechtsausschuss (39 Mitglieder), Ausschuss für Arbeit und Soziales (49 Mitglieder), Verteidigungsausschuss (38 Mitglieder), Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (38 Mitglieder), Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (38 Mitglieder), Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe (19 Mitglieder), Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung (38 Mitglieder), Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (24 Mitglieder), Ausschuss für Tourismus (19 Mitglieder), Ausschuss für Kultur und Medien (19 Mitglieder).
Darüber hinaus soll bestimmt werden, dass der 1. Untersuchungsausschuss zu Afghanistan elf Mitglieder statt bisher zwölf und entsprechend viele stellvertretende Mitglieder hat. Der Enquete-Kommission „Lehren aus Afghanistan für das künftige vernetzte Engagement Deutschlands“ sollen ebenfalls elf statt bisher zwölf Abgeordnete und ebenso viele stellvertretende Mitglieder angehören. Ab der Verabschiedung des Zwischenberichts zur Phase 1 der Arbeit der Enquete-Kommission soll auch die Zahl der Sachverständigen in der Kommission von zwölf auf elf verringert werden. (ste/vom/02.02.2024)