Kritik an Neueinstellungen, Sondervermögen und Verteidigungsetat
Nach der Eröffnung der Haushaltswoche durch Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) am Dienstag, 5. September 2023, haben die Oppositionsfraktionen im Bundestag ihre Kritik am Entwurf zum Bundeshaushalt 2024 (20/7800) vorgebracht. Im Einzelnen geht es dabei um den Einzelplan 08 des Bundesministeriums der Finanzen, den Einzelplan 20 des Bundesrechnungshofes, den Einzelplan 32 der Bundesschuld und den Einzelplan 60 der Allgemeinen Finanzverwaltung.
CDU/CSU: Das Ruder rumreißen Richtung Wachstum
Für die stärkste Oppositionsfraktion eröffnete der Abgeordnete Dr. Mathias Middelberg (CDU/CSU) die Allgemeine Finanzdebatte und kritisierte Uneinigkeit unter den Fraktionen der Ampel-Koalition. Vielleicht habe die FDP noch einen Plan, wohin sie Deutschland führen wolle, sagte Middelberg, für die Regierungsfraktionen insgesamt sei das nicht erkennbar. „Was Sie hier vorgestellt haben, ist nicht der Haushaltsentwurf der Regierung, sondern der FDP“, rief er in Richtung des Bundesfinanzministers auf der Regierungsbank.
Aufgrund der Krisen habe der Koalitionsvertrag von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP keine Geschäftsgrundlage mehr, sagte er und ergänzte: „Die FDP erkennt das. Bei SPD und Grünen gibt es nur eine Lösung, nämlich Schulden machen.“ Deutschland sei das einzige Land, das wirtschaftlich schrumpfe. „Sie müssten radikal das Ruder rumreißen Richtung Wachstum“, verlangte er von der Regierung. Middelberg kritisierte ferner, dass die Ampel-Regierung in der laufenden Wahlperiode 1.700 Neueinstellungen in den Ministerien vorgenommen habe und auf die Rekordzahl von 37 Staatssekretären komme.
AfD: Schulden sind die Steuern von morgen
Peter Boehringer von der AfD-Fraktion kritisierte die im Gesetzentwurf aufgeführten Sondervermögen. „Ohne die Buchungstricks wäre der gesamte Spuck schnell vorbei“, erklärte er. Dabei seien Schulden die Steuern von morgen. „Dieses Morgen beginnt heute“, sagte er mit Blick auf die steigenden Zinszahlungen im Bundeshaushalt.
Mit AfD-Regierungen hätte es keine Verschuldung infolge der Euro-Rettung gegeben, sagte er. Boehringer kritisierte Ausgaben infolge von Migration. Die Hälfte der Ausgaben für das Bürgergeld entfalle darauf. Hier müsse die Regierung umsteuern, ebenso wie bei der Energiepolitik. Die Regierung habe kein Einnahmeplan. Auch Ausgaben infolge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine kritisierte er und sagte: „Das ist nicht unser Krieg.“
SPD: Bundesregierung setzt auf Investitionen
Der Abgeordnete Dennis Rohde (SPD) verteidigte die Regierung. Der Haushaltsentwurf sei fristgerecht eingereicht worden, obwohl die finanzpolitischen Spielräume kleiner geworden und mit Einschnitten verbunden seien. „Die Ausgangslage ist auch deswegen schwieriger, weil wir einen Krieg auf europäischen Boden haben“, erklärte er mit Blick auf die russische Invasion in der Ukraine. Dieser Krieg hinterfrage die Spielregeln der globalisierten Welt.
Der Sozialdemokrat hob hervor, dass die Bundesregierung auf Investitionen setze und nannte als Beispiel die beabsichtigten Fabriken der Chiphersteller Intel und TSMC in Ostdeutschland. Das stärke die Unabhängigkeit Deutschlands und schaffe Arbeitsplätze. „Uns geht es ums Investieren, ums Entlasten und um den Zusammenhalt unsere Gesellschaft“, sagte Rohde, der ferner neben den steigenden Investitionen bei der Bahn auch die Ausweitung von Sozialleistungen lobte und dabei die Kindergrundsicherung und die Wohngeldreform nannte.
Grüne: Anreize für Investitionen unterstützen
Auch Sven-Christian Kindler (Bündnis 90/Die Grünen) ging in seiner Rede zunächst auf die Gefahren und Folgen des „Krieges durch russischen Imperialismus“ ein. „Wir brauchen einen Haushalt, der den demokratischen Zusammenhalt stärkt“, sagte er. Dabei sei es zentral, Klimaschutz zu verbinden mit guten und neuen Arbeitsplätzen. Die im Haushaltsentwurf vorgesehenen Investitionsmittel für Wasserstoff, Energieeffizienz, Wohnungssanierungen, Schiene und Straßen bezifferte er auf 90 Milliarden Euro. Das sei nahezu eine Verdopplung der Investitionen im Vergleich zur vergangenen Wahlperiode unter einer CDU/CSU-Regierung. „Öffentliche Investitionen haben einen großen Hebel für private Investitionen, eins zu drei im Durchschnitt“, sagte er, teils sei das Verhältnis sogar eins zu zehn.
Mit Blick auf das in der Regierung beschlossene Wachstumschancengesetz sagte er, seine Fraktion unterstütze Anreize für Investitionen, warnte allerdings vor „teuren Mitnahmeeffekten“, die es im Laufe des weiteren parlamentarischen Verfahrens „sehr genau“ anzuschauen gelte. In Richtung des Unionspolitikers Middelberg sagte er, er habe von diesem „keine konkreten Vorschläge“ über Einsparmöglichkeiten im Bundeshaushalt gehört.
Linke fordert Auszahlung eines Klimageldes
Fundamentale Kritik am Bundeshaushalt übte Dr. Gesine Lötzsch für die Fraktion Die Linke. Sie sagte: „Diese Bundesregierung hat ein Herz für Panzer, aber nicht für Kinder. Und das ist das falsche Signal. Keine Bundesregierung hat bisher so rücksichtlos aufgerüstet.“ Mehr Geld für die Bundeswehr bedeute nicht mehr Sicherheit, sondern lediglich ein „Konjunkturprogramm für deutsche und vor allem US-Rüstungskonzerne“.
Lötzsch sprach sich dafür aus, bereits 2024 mit der Auszahlung eines Klimageldes an die Bundesbürger zu beginnen. Vermögende sollten an der Klimakrise beteiligt werden. Anstatt die Schuldenbremse „weiter anzuziehen“, solle die Regierung Notstände im Gesundheitswesen in den Blick nehmen.
FDP: Zinskosten schnüren Handlungsmöglichkeiten ein
Dem erteilte Christoph Meyer (FDP) eine Absage. „Zinskosten schnüren die Handlungsmöglichkeiten von uns aber auch von nachfolgenden Generationen ein. Das zeigt, dass die Schuldenbremse kein Selbstzweck ist“, sagte er.
Anerkennend äußerte er sich zum Unionspolitiker Middelberg, da sich dieser positiv über das Wachstumschancengesetz geäußert habe. „Das rechen ich Ihnen hoch an“, sagte Meyer, kritisierte aber dessen Fraktionschef Friedrich Merz und dessen Umgang mit den Länderchefs der CDU. Diese hatten sich teils skeptisch geäußert, da sie Einnahmeverluste für ihre Landeshaushalte fürchten. „Wer Führung übernehmen will, muss in der Lage sein, seinen eigenen Ministerpräsidenten zu sagen, was nötig ist“, verlangte Meyer in Richtung der Unionsfraktion.
Ausgaben des Bundesfinanzministeriums
Das Bundesfinanzministerium soll im nächsten Jahr 9,7 Milliarden Euro ausgeben können, in diesem Jahr sind es mit 9,67 Milliarden Euro etwas weniger. Bei den Einnahmen wird ein Rückgang erwartet: von 521,2 Millionen Euro auf 242,25 Millionen Euro. Die Ausgaben für die Zollverwaltung schlagen mit 3,1 Milliarden Euro zu Buche (2023: 3,21 Milliarden Euro). 1,58 Milliarden Euro soll das Informationstechnikzentrum Bund (ITZBund) erhalten, das IT-Leistungen für Behörden und Organisationen des Bundes bereitstellt (2023: 1,42 Milliarden Euro).
Für Wiedergutmachungen des Bundes sind 1,51 Milliarden Euro eingestellt (2023: 1,52 Milliarden Euro), darunter 1,46 Milliarden Euro (2023: 1,47 Milliarden Euro) für die Entschädigung von Opfern der nationalsozialistischen Verfolgung. Die Finanzierung der Nachfolgeeinrichtungen der Treuhandanstalt schlägt mit 427,19 Millionen Euro zu Buche (2023: 428,42 Millionen Euro). Das Bundeszentralamt für Steuern darf mit 827,62 Millionen Euro rechnen (2023: 861,88 Millionen Euro).
Einzelplan 60 Allgemeine Finanzverwaltung
Die Steuereinnahmen des Bundes dürften 2024 auf 375,3 Milliarden anwachsen. Dieser Betrag ist im Einzelplan 60 „Allgemeine Finanzverwaltung“ des Entwurfs für den Bundeshaushalt (20/7800) vorgesehen. Für das Jahr 2023 stehen hier noch 358,1 Milliarden Euro.
Die veranschlagten Steuereinnahmen werden der Kalkulation zufolge jedoch abermals nicht ausreichen, um die Ausgaben des Bundes zu decken, wenngleich die Bundesregierung mit einem deutlich reduzierten Defizit im Vergleich zu den Krisenjahren kalkuliert.
Einzelplan 32 Bundesschuld
Laut Einzelplan 32 des Bundeshaushalts soll die Nettokreditaufnahme 2024 bei 16,6 Milliarden Euro liegen. Für 2023 wird noch von 45,6 Milliarden Euro ausgegangen. Zugleich muss der Bund für 2024 einen Anstieg der Zinszahlungen auf seine Schulden einkalkulieren.
An die Inhaber von Bundesanleihen fließen demnach laut Einzelplan 32 Zahlungen in Höhe von 14,6 Milliarden Euro. 2022 lag der Betrag noch bei 12,5 Milliarden Euro. Auch bei Bundesobligationen und Bundesschatzanweisungen zeigt sich ein deutliches Plus.
Einzelplan 20 Bundesrechnungshof
Für den Bundesrechnungshof (Einzelplan 20) sind im kommenden Jahr Ausgaben in Höhe von 191,81 Millionen Euro vorgesehen. Das sind 4,85 Millionen Euro mehr als im laufenden Jahr. (bal/22.08.2023)