Sachverständige: Lokale Wertschöpfung im Tourismus fördern
Zeit:
Mittwoch, 1. März 2023,
15
bis 16.30 Uhr
Ort: Berlin, Paul-Löbe-Haus, Sitzungssaal E 200
Der Tourismusausschuss hat sich am Mittwoch, 1. März 2023, in einer öffentlichen Anhörung mit dem Thema „Tourismus und Entwicklungszusammenarbeit“ befasst. Die sechs geladenen Sachverständigen unterstrichen dabei die Bedeutung der Förderung von touristischen Unternehmen vor Ort und der Entwicklung hin zu einem nachhaltigeren Reisen.
Datenerhebung im Tourismus
Antje Monshausen, Leiterin der Arbeitsstelle Tourism Watch und Referentin für Tourismus und Entwicklung bei Brot für die Welt, berichtete, dass die Datenerhebung im Tourismus heutzutage zwar deutlich umfangreicher sei als noch vor zehn Jahren. „Aber da die ökologischen und sozialen Kosten immer noch nur selten erfasst würden, kann auch nicht daran gearbeitet werden, die negativen Folgen daraus zu reduzieren“, sagte Monshausen. Entwicklungszusammenarbeit könne deshalb eine gute Rolle dabei spielen, diese Kosten überhaupt erst sichtbar zu machen.
Ein positiver Trend des Tourismus in der Vergangenheit sei, dass die Aufenthaltsdauer der Reisenden in den Urlaubsdestinationen zugenommen hat, wodurch die Wertschöpfung der lokalen Unternehmen vor Ort steige, so die Fachfrau.
Aus- und Weiterbildung in der Tourismus-Branche
Axel Klaphake, Abteilungsleiter Wirtschaft, Soziales und Digitalisierung bei der Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ), stellte fest, dass der Tourismus großes Potenzial hat, auf die lokale Wirtschaft einzuwirken. Nach der Corona-Pandemie gebe es jedoch immer noch viele Destinationen, die weit vom Vorkrisenniveau entfernt seien. „Aber wir sehen, dass die Regionen resilienter geworden sind. Das ist auch gut so, denn die Pandemie wird nicht die letzte Kriese gewesen sein“, so Klaphake.
Als ein Schlüsselelement für einen krisensicheren und nachhaltigen Tourismus nennt der Sachverständige zuallererst die Aus- und Weiterbildung der Menschen in der Branche.
Leitfäden für Lieferkettensorgfaltspflichtgesetz
Volker Adams vom Branchendialog „Tourismus für nachhaltige Entwicklung“ konstatierte, dass der Tourismus einen großen Beitrag dazu leiste, Schwellen- und Entwicklungsländer zu stabilisieren.
Auf das Lieferkettensorgfaltspflichtgesetz angesprochen sagte der Sachverständige, dass viele kleinere und mittlere Unternehmen durchaus von den Auflagen betroffen seien. „Wir haben als Verband die Sorge, dass diesen Unternehmen nicht die Mittel zur Umsetzung zur Verfügung stehen“, so Adams. Diese bräuchten daher „leicht verständliche Leitfäden und Module“ die bei der Umsetzung des Gesetzes in der Tourismusbranche helfen können.
Folgen der Corona-Pandemie
Juan Victor Bejar vom Centro Bartolomé de las Casas in Peru, berichtete davon, dass vor der Pandemie rund drei Millionen Reisende jährlich gekommen sind, nach der Pandemie habe man sich noch überhaupt nicht vom Einbruch der Besucherzahlen erholt.
Ein Problem der Metropolregion Cusco, Ausgangspunkt für Reisen zur weltberühmten Inkastadt Machu Picchu, sei die ungleiche Verteilung zu den touristischen Ressourcen, so Bejar. Man müsse deshalb versuchen, andere touristische Ressourcen wie archäologische Zentren zu erschließen, um die Region zu entlasten und die Potenziale besser zu verteilen.
Aufbau eines nachhaltigen Tourismus
Petra Thomas, Geschäftsführerin des Forum Anders Reisen, forderte längerfristige Maßnahmen für den Aufbau eines nachhaltigen und fairen Tourismus, von dem auch die Menschen in den Destinationen profitieren. „Wir dürfen nicht nur in einer Drei-Jahres-Förderdauer denken“, so Thomas.
Zudem sei wichtig, bei Kooperationen auf faire Verträge mit allen Leistungserbringern Wert zu legen: „Wenn man als Reiseanbieter mit einer Kooperation vor Ort seinen eigenen sozialen Ansprüche nicht gerecht werden kann, muss man eben darauf verzichten“, sagte Thomas.
Förderung von Gründertum
Thomas Ellerbeck, Vorstandsvorsitzender der TUI Care Foundation, betonte, wie wichtig die Förderung von Gründertum ist, insbesondere von kleinen und mittleren Unternehmen.
„Wir beobachten zum Beispiel, dass Unternehmen, die von Frauen gegründet werden, häufig nachhaltiger und langfristiger angelegt sind“, sagte Ellerbeck. Dies gelte es auszubauen und zu fördern, auch um die Qualifizierung der Menschen vor Ort zu verbessern. Hierin biete die deutsche Entwicklungszusammenarbeit einen enorm hohen Stellenwert. (emu/01.03.2023)