Finanz-Staatssekretär Toncar: Entlastungen und Schuldenbremse sind vereinbar
Der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen, Dr. Florian Toncar (FDP), sieht in der Bekämpfung der Inflation das oberste Ziel der Finanzpolitik. Das sagte er am Dienstag, 6. September 2022, während seiner Einbringungsrede zum Haushaltsgesetz 2023 (20/3100) und zum Finanzplan des Bundes für 2022 bis 2026 (20/3101). Gleichzeitig kündigte Toncar eine Rückkehr zur Schuldenbremse ab 2023 an.
Der Haushalt wird am Freitag, 9. September, zur weiteren Beratung an den federführenden Haushaltsausschuss überwiesen. Die Fachausschüsse können gutachtliche Stellungnahmen abgeben. Der Etat soll am Freitag, 25. November 2022, vom Bundestag verabschiedet werden. Letzte Änderungen sollen in der Bereinigungssitzung des Haushaltsausschusses am Donnerstag, 10. November, vorgenommen werden.
Toncar: Wir stehen in einer Bewährungsprobe
Corona-Pandemie, Ukraine-Krieg, Energie und Hunger als Waffe, explodierende Energiepreise, Inflation: „Wir stehen in der Bundesrepublik, in Europa und in der Welt in einer Bewährungsprobe, wie wir sie lange nicht mehr erlebt haben“, sagte Toncar. Dauerhaft lasse sich eine derart ungewisse Lage nur überwinden, indem die Gesellschaft modernisiert und strukturelle Probleme angegangen würden.
So brauche es zum Beispiel schnellere Planungsprozesse etwa für die Energiewende, die Digitalisierung, den Wohnungsbau und die Infrastruktur. Auch in den technologiebasierten neuen Geschäftsfeldern müsse Deutschland stärker werden, so der Staatssekretär.
Inflation ist „größtes aktuelles Problem“
Das größte aktuelle Problem sei jedoch die Inflation und ihre Folgen. Sie raube Menschen Planungssicherheit und gefährde unternehmerischen Erfolg der Gesellschaft im Ganzen. Dabei gelte es zuerst an den Ursachen der Inflation anzusetzen und dann ihre Folgen zu kompensieren, betonte Toncar. Er verwies auf Entlastungsmaßnahmen wie die Abschaffung der EEG-Umlage und die Strompreisbremse.
„Wir haben ein beachtliches Paket von, wenn man alles zusammenzählt, über 95 Milliarden Euro, in verschiedenen Schritten dieses Jahr auf den Weg gebracht“, sagte Toncar und betonte die Hilfen für besonders von der Inflation Betroffene, wie Wohngeldempfänger und Studenten.
„Das sind staatliche Daueraufgaben“
Aus Sicht des Staatssekretärs befindet sich Deutschland dabei in einer anderen ökonomischen Situation als während der Corona-Pandemie. Deshalb brauche es eine „planvolle Rückkehr zu weniger Defiziten“. Toncar warb dafür, die Neuverschuldung wie im Entwurf vorgeschlagen im nächsten Jahr auf 17, 2 Milliarden abzusenken.
Dies sei ein schwieriger, aber notwendiger Schritt. Schließlich schütze die Schuldenbremse die Handlungsfähigkeit und Krisenfähigkeit des Staates in der Zukunft. Zumal keine der Herausforderungen in den nächsten Jahre verschwinden werde. „Das sind alles staatliche Daueraufgaben.“
„Weder Investitions- noch Innovationsbremse“
Toncar betonte, die Entlastungsmaßnahmen seien mit dem Ziel der Schuldenbremse vereinbar. Auch sei sie „weder Investitions- noch Innovationsbremse“. So bliebe der Investitionsetat auf Rekordniveau. Als Beispiele nannte er hohe Investitionen in den Verkehr, vor allem in die Schiene, in den Klima- und Transformationsfonds sowie in die Gebäudesanierung. „Deutschland investiert, der Bund investiert.“
Der vorgelegte Haushalt bringe Krisenbewältigung auf der einen und den Blick in die Zukunft auf der anderen Seite zusammen. Und er zeige, Deutschland habe „enorme Ressourcen“. Wenn das Land seine staatlichen Mittel klug einsetze und auf die „Kraft der Gesellschaft“ vertraue, könne es die Bewährungsprobe meistern.
Ausgaben von 445,2 Milliarden Euro
Der am 1. Juli 2022 vom Bundeskabinett beschlossene Entwurf sieht im kommenden Jahr Ausgaben in Höhe von 445,2 Milliarden Euro vor. Das sind rund 50,6 Milliarden Euro oder 10,2 Prozent weniger als in diesem Jahr. Die Neuverschuldung für 2023 wird in dem Entwurf mit 17,2 Milliarden Euro ausgewiesen, in diesem Jahr sind es im Soll 138,9 Milliarden Euro. Eine Ausnahme von der Schuldenobergrenze des Grundgesetzes, die von 2020 bis 2022 jeweils in Anspruch genommen wurde, ist in dem Entwurf nicht vorgesehen
Die Steuereinnahmen sind mit 362,3 Milliarden Euro veranschlagt und fallen um 10,3 Prozent höher aus als das Soll in diesem Jahr (328,4 Milliarden Euro). Als Verwaltungseinnahmen sind im Entwurf 19,3 Milliarden Euro ausgewiesen, das Soll für 2022 liegt bei 17,7 Milliarden Euro. Die Münzeinnahmen liegen mit 215 Millionen Euro um 52 Millionen Euro über dem Soll für 2022. Aus der in den Vor-Corona-Jahren gebildeten Rücklage sollen 2023 40,5 Milliarden Euro entnommen werden, in diesem Jahr sind es 500 Millionen Euro.
Investitionen von mehr als 58 Milliarden Euro
Als Investitionen sind 58,4 Milliarden Euro ausgewiesen (2022: 51,5 Milliarden Euro). Darin sind laut Bundesregierung Darlehen in Höhe von 7,3 Milliarden Euro an den Resilience-and Sustainability-Trust (RST) des Internationalen Währungsfonds (6,3 Milliarden Euro) und den Gesundheitsfonds (eine Milliarde Euro) enthalten, die haushaltsrechtlich als Investitionen zu buchen sind. Der RST-Fonds soll Ländern mit niedrigem oder mittlerem Einkommen bei der Bewältigung von großen Herausforderungen wie dem Klimawandel und Pandemien helfen.
Die Personalausgaben sollen um 1,3 Milliarden Euro auf 38,7 Milliarden Euro steigen. Für sächliche Verwaltungsausgaben sind rund 21 Milliarden Euro und damit 1,5 Milliarden Euro weniger als für 2022 veranschlagt. Die Ausgaben für militärische Beschaffung sollen um 1,7 Milliarden Euro auf 18,7 Milliarden Euro sinken, Ausgaben des 100-Milliarden-Euro-Sondervermögens Bundeswehr sind darin nicht enthalten.
Verpflichtungsermächtigungen von gut 100 Milliarden Euro
Für den Schuldendienst sind deutlich höhere Ausgaben eingeplant: Sie sollen 2023 bei 29,5 Milliarden Euro liegen (2022: 16,2 Milliarden Euro). Deutlich weniger soll für Zuschüsse und Zuweisungen verausgabt werden. Der Entwurf sieht 2023 hierfür 282,6 Milliarden Euro vor gegenüber 354,2 Milliarden Euro in diesem Jahr. Für die kommenden Haushaltsjahre sollen laut Entwurf Verpflichtungsermächtigungen in Höhe von insgesamt 100,8 Milliarden Euro ausgebracht werden.
Der größte Einzeletat soll laut Entwurf wie üblich der Einzelplan des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales sein. Für 2023 sind darin Ausgaben in Höhe von 163,3 Milliarden Euro eingeplant, das sind 2,2 Milliarden Euro mehr als in diesem Jahr. Der zweitgrößte Einzelplan des Bundesministeriums der Verteidigung soll mit 50,1 Milliarden Euro im Entwurf um rund 300 Millionen Euro sinken. Deutlich geringer soll der Einzelplan des Bundesgesundheitsministeriums ausfallen: Lag das Soll für 2022 noch bei 64,4 Milliarden Euro, sind für 2023 Ausgaben in Höhe von 22,1 Milliarden Euro vorgesehen.
Finanzplan des Bundes
Laut Finanzplan des Bundes 2022 bis 2026 (20/3101) sind in diesem Jahr Ausgaben in Höhe von 495,8 Milliarden Euro bei einer Nettokreditaufnahme von 138,9 Milliarden Euro vorgesehen. Der Haushaltsentwurf für 2023 plant mit Ausgaben von 445,2 Milliarden Euro bei einer Nettokreditaufnahme von 17,2 Milliarden Euro. Im weiteren Finanzplanungszeitraum sollen Ausgaben und Nettokreditaufnahme von niedrigerem Niveau aus steigen.
So wird für 2024 aktuell mit Ausgaben in Höhe von 423,7 Milliarden Euro gerechnet (Nettokreditaufnahme: 12,3 Milliarden Euro). 2026 sollen die Ausgaben dann bei 436,3 Milliarden Euro liegen (Nettokreditaufnahme: 13,8 Milliarden Euro). Die Steuereinnahmen sollen von 374,5 Milliarden Euro 2024 auf 402,3 Milliarden Euro 2026 steigen. Die Investitionen sollen jeweils um die 52 Milliarden Euro betragen. (irs/vom/scr/06.09.2022)