Leichte Einbußen im Etat von Bildung und Forschung
Obwohl die ungedeckten Schecks der Vorgängerregierung die Handlungs- und Freiräume der aktuellen Regierung beschränke, seien im Haushaltsplan drei Milliarden Euro mehr für Bildung und Forschung in der Legislaturperiode vorgesehen, sagte Bundesministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) in der Debatte zum Einzelplan 30 des Bundeshaushalts 2023 (20/3100): „Uns ist die Trendwende gelungen“. Die Erhöhung des Bafögs sowie die Ausweitung des Empfängerkreises sei ein erster wichtiger Erfolg gewesen, der für mehr Bildungsgerechtigkeit sorge. Die Forschung in Zukunftstechnologien wie grüner Wasserstoff oder Biotechnologie sind laut Stark-Watzinger Schwerpunkt des Haushaltsplans. Darüber hinaus könne die Deutsche Agentur für Innovation und Transfer (Dati) einen wichtigen Anschub für die Forschung bringen.
Im Einzelplan 30 sind Ausgaben von 20,57 Milliarden Euro vorgesehen gegenüber 20,89 Milliarden Euro in diesem Jahr. Stark-Watzinger kann wie 2022 mit Einnahmen von 41,25 Millionen Euro kalkulieren. Die Zuweisungen und Zuschüsse im Etat belaufen sich auf 18,69 Milliarden Euro (2022: 18,67 Milliarden Euro), die Investitionen auf 2,19 Milliarden Euro (2022: 2,05 Milliarden Euro).
Förderung der Aus- und Weiterbildung
Größter Posten im Bereich der Bildung sind die Ausgaben nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG). Dafür sind 2,59 Milliarden Euro vorgesehen gegenüber 2,33 Milliarden Euro in diesem Jahr. Für die berufliche Aufstiegsfortbildung soll es 852,18 Millionen Euro geben (2022: 786,18 Millionen Euro), für die berufliche Bildung 261,34 Millionen Euro (2022: 466,71 Millionen Euro), für die „Stärkung des Lernens im Lebenslauf“ 507,55 Millionen Euro (2022: 538,69 Millionen Euro) und für die Begabtenförderung 465,3 Millionen Euro (2022: 431,58 Millionen Euro).
Die Wettbewerbsfähigkeit des Wissenschafts- und Innovationssystems soll mit 7,74 Milliarden Euro verbessert werden (2022: 7,64 Milliarden Euro). Darin enthalten sind 1,94 Milliarden Euro für die Stärkung von Studium und Lehre (2022: 1,88 Milliarden Euro). Für die Exzellenzstrategie zur Förderung der Spitzenforschung an Universitäten sollen nach wie vor 400 Millionen Euro zur Verfügung stehen.
Förderung von Forschungseinrichtungen
Die Förderung der Großforschungseinrichtungen sieht vor, dass die Deutsche Forschungsgemeinschaft 2,04 Milliarden Euro erhält (2022: 1,98 Milliarden Euro), die Max-Planck-Gesellschaft 1,23 Milliarden Euro (2022: 1,2 Milliarden Euro), die Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung 853,97 Millionen Euro (2022: 832,62 Millionen Euro) und die Zentren der Hermann-von-Helmholtz-Gemeinschaft sowie das Berliner Institut für Gesundheitsforschung 2,89 Milliarden Euro (2022: 2,69 Milliarden Euro).
Für die Mitgliedseinrichtungen der Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz sollen 2,96 Millionen Euro als Zuschüsse an die Länder gehen (2022: 2,89 Millionen Euro). Innovationen durch neue Technologien sollen mit 1,29 Milliarden Euro gefördert werden (2022: 1,31 Milliarden Euro).
Union: Fangen Sie endlich an zu arbeiten
Für Thomas Jarzombek (CDU/CSU) ist die Bilanz der Ampel-Koalition bis jetzt im Bereich Bildung und Forschung „ziemlich blank“. Die Bafög-Reform sei kleiner ausgefallen als die letzte Novelle von 2019 und auch bei Vorhaben wie Dati oder dem Wissenschaftszeitarbeitsgesetz sei bisher nichts geschehen. „Fangen Sie endlich an zu arbeiten“, sagte Jarzombek in Richtung der Ministerin.
Auch im Bereich Schule passiere nicht genug, um die Folgen von Corona wie Lernrückstände oder psychosoziale Folgen aufzufangen. Das Programm „Aufholen nach Corona“ habe laut Jarzombek sicherlich Mängel gehabt, doch wenn die Regierung finde, dies sei nicht genug, dann solle sie mehr machen für 8,4 Millionen Schülerinnen und Schüler.
SPD: Exzellenzinitiative Berufliche Bildung ist gemeinsames Ziel
Mit dem Haushaltsentwurf ist die Ampel-Koalition laut Oliver Kaczmarek (SPD) „unerledigte Baustellen“ der Vorgängerregierung angegangen. Dazu gehöre die Finanzierung des Forschungsschiffes Polarstern II oder die Dynamisierung des Zukunftsvertrags Studium und Lehre.
Die Bafög-Reform sei ein erster Aufschwung in Richtung Trendwende. Allerdings müsse die Politik auch dringend über die Wertschätzung der beruflichen Bildung sprechen. Jeder müsse in Deutschland die Chance haben, in seiner Region einen Ausbildungsplatz zu bekommen und damit ein vernünftiges Einkommen zu erzielen. Die „Exzellenzinitiative Berufliche Bildung“ ist laut Kaczmarek „gemeinsames Ziel“ und sei unweigerlich mit einer Ausbildungsplatzgarantie verbunden.
AfD: Haushalt zeigt technologische Einseitigkeit
Der Haushaltsentwurf zeige laut AfD-Politiker Dr. Michael Kaufmann, dass Bildung und Forschung keine Toppriorität der Ampel-Koalition sind. So würden die Ausgaben für Forschung leicht unterhalb des Niveaus von 2022 liegen – die Auswirkungen der Inflation noch nicht mitgerechnet.
Außerdem sei der Haushaltsentwurf Kaufmann zufolge durch eine „technologische Einseitigkeit“ geprägt. Über 100 Millionen Euro seien für die Forschung von grünem Wasserstoff eingeplant, jedoch kein Cent für den Bereich Kerntechnologien.
Grüne: Nicht alles rosig im Einzelplan
Obwohl mit der Ausfinanzierung der Polarstern II Bruno Hönel (Bündnis 90/Die Grünen) zufolge ein Herzensanliegen der Fraktion im Haushaltsplan stehe, ist im Einzelplan 30 „nicht alles rosig“. So seien die Kürzungen im Bereich Klima- und Nachhaltigkeitsforschung, Geisteswissenschaften sowie Gesundheitsforschung direkte Kürzungen an der Zukunft.
Die Ampel habe es geschafft, in kurzer Zeit einiges hinzubekommen, wie die Reform des Bafögs. Wichtig sei aber auch die Förderung der beruflichen Bildung, um Fachkräfte auszubilden und zu gewinnen.
Linke: Maßstab muss der Koalitionsvertrag sein
Für Dr. Petra Sitte (Die Linke) ergeben sich drei Probleme bei dem aktuellen Haushaltsentwurf. So kritisierte sie zum einen, dass die einmalige Förderung von 200 Euro für Studierende mit Blick auf die aktuellen Preissteigerungen nicht ausreiche: „Es ist nur ein Tröpfchen auf dem heißen Stein“. Teilzeit- und Gaststudierende würden gar nicht berücksichtigt werden. Der zweite Punkt bezieht sich auf die Förderpolitik der Ampel.
Anstatt an der Vorgängerregierung müsse der Maßstab dabei der eigenen Koalitionsvertrag sein, sagte Sitte. Denn obwohl die Koalition sich Fortschritt auf die Fahne geschrieben habe, ständen unter Berücksichtigung der Inflation Kürzungen bei der Förderung in Forschung und Fortschritt an. Zuletzt merkte Sitte an, dass die Förderung stark auf technologische Felder fokussiert ist und andere Bereiche wie die Post-Covid-Forschung zu wenig Beachtung fänden.
FDP: Keinen Schnellschuss abfeuern
FDP-Politiker Prof. Dr. Stephan Seiter berichtete, dass die Sorge bei den Hochschulen groß sei. Niemand könne absehen, wie sich die aktuelle Situation entwickeln und welche Herausforderungen dadurch auf sie zukommen werden. Dass einzelne Förderlinien wegfallen, sei für Hochschulen verkraftbar, allerdings brauchen sie laut Seiter verlässliche Rahmenbedingungen.
Insgesamt würden knappe Mittel bedeuten, dass bei der Haushaltsplanung Prioritäten gesetzt werden müssten. So habe die Regierung Projekte im Klimabereich, wie die Finanzierung der Polarstein II, sowie die Förderung der Mint-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft, Technik) vorangetrieben. (des/vom/09.09.2022)