Anhörung zur Änderung des Postgesetzes
Berlin: (hib/EMU) In einer Anhörung beschäftigten sich am Mittwoch neun Sachverständige mit dem Entwurf eines Gesetzes der Bundesregierung zur Modernisierung des Postrechts (20/10283).
Dieses beinhalte eine „grundlegende Novellierung des Postrechts“, schreibt die Bundesregierung zu dem Entwurf. Es gehe darum, „fairen Wettbewerb zu stärken, angemessene Arbeitsbedingungen zu fördern und Anreize für einen ökologisch nachhaltigen Postsektor zu setzen“, heißt es in der Vorlage weiter. Insbesondere im Hinblick auf die beiden zuletzt genannten Aspekte würden erstmals konkrete sektorspezifische Vorgaben für sozial-ökologische Standards in einem modernen Postsektor gesetzt.
Thema der Anhörung war zudem ein Antrag der CDU/CSU-Fraktion (20/9733). Die Abgeordneten fordern darin, dass die Bundesregierung einen Gesetzentwurf vorlegt, der „seinen Anteil an der Entbürokratisierung in Deutschland erbringt und durch regelmäßig stattfindende Marktanalyseverfahren die Regulierung des Postwesens am tatsächlichen Bedarf ausrichtet“. Darüber hinaus soll die Paketbranche aus dem gesondert regulierten Universaldienst grundsätzlich in den freien Markt entlassen werden, schreiben die Abgeordneten. Gleichzeitig müssten jedoch die Arbeitsbedingungen in der Branche verbessert werden, heißt es in dem Antrag weiter.
An dem Gesetzentwurf der Bundesregierung hatte die Mehrzahl der Sachverständigen bei der Anhörung grundsätzlich keine Kritik und hielt ihn für sinnvoll und umsetzbar. Unterschiedliche Auffassungen gab es jedoch unter anderem bei den Themen Wettbewerb auf dem Paketmarkt und den Arbeitsbedingungen für das Zustellpersonal.
Die Vertreterinnen und Vertreter der Beschäftigten forderten Einschränkungen oder gar Verbote bei Subunternehmern, sagte Sören Keidel für den Gesamtbetriebsrat der Deutschen Post AG . Das Unternehmen sei ein „Leuchtturm“, was die tarifierten Leistungen angehe. Das sei jedoch bei vielen Subunternehmern nicht so: „Die Beschäftigen machen sich Sorgen um die Sicherheit ihrer Arbeitsplätze und fordern ein Subunternehmerverbot“, sagte der auf Vorschlag der Gruppe Die Linke geladene Sachverständige.
Einen Blick auf die Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Sachen Gesundheitsschutz hatte Andrea Kocsis, stellvertretende Vorsitzende Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft Verdi. Die auf Initiative der SPD-Fraktion geladenen Sachverständige sagte, sie bedauere es, dass die Gewerkschaft eine Regelung für die Gewichtsobergrenze von Paketen, die künftig von einer Person ausgeliefert werden, fordern müsse. Sämtliche Gesundheitsreporte der Krankenkassen belegten, dass schwere Pakete auf Dauer zu hohen Krankheits- und Ausfallzeiten der Beschäftigten führten. Kocsis sagte, es sei jedoch weiter offen, was die „technischen Hilfsmittel“ für die Zustellerinnen und Zusteller genau sein sollten, von denen im Entwurf die Rede ist. „Ich hoffe, Sie meinen nicht die gute alte Sackkarre, denn die gibt es schon.“
Für den Betriebsrat der Deutschen Post DHL bezeichnete dessen Vorsitzender Frank Norkus (geladen auf Vorschlag von Bündnis 90/Die Grünen), 20 Kilo pro Paket für eine Person alleine als „das absolute Maximum“. Beim Thema Subunternehmertum warnte er vor „schwerer struktureller Kriminalität in der Branche“. Dort sei ein planmäßiges System geschaffen worden, dessen Ziel es sei, die Kontrollbehörden zu täuschen, so Norkus. Die Bemühungen dies einzudämmen, müssten also verstärkt werden.
Dem entgegnete Marten Bosselmann, Vorsitzender des Bundesverbandes Paket und Expresslogistik, dass jüngste Befragungen der Beschäftigten in seiner Branche eine große Zufriedenheit mit dem Beruf (84 Prozent) und den Arbeitgebern (93 Prozent) ergeben habe. „Dennoch müssen wir die Unternehmen, die ihre Angestellten nicht ordentlich behandeln, aus dem Verkehr ziehen“, sagte Bosselmann, der auf Vorschlag der FDP-Fraktion bei der Anhörung sprach. Von einer überproportionalen Kriminalität in der Branche könne man jedoch nicht sprechen. Zudem wögen nur etwa zwei bis drei Prozent der Pakete mehr als 20 Kilo, „die vorhandenen Hilfsmittel halten wir dafür durchaus für ausreichend“, so Bosselmann.
Wolfgang Bodenbach, Abteilungsleiter Regulierungsmanagement bei der Deutsche Post AG, äußerte sich zum im Gesetzentwurf geforderten verstärkten Beitrag der Post zum Klimaschutz. Der Entwurf schaffe den Rahmen, die bereits in der Vergangenheit angeschobenen Bemühungen zu mehr Klimaschutz auch in Zukunft umzusetzen. „Das neue Postgesetz liefert die Grundlagen für eine klimafreundliche Zustellung, zum Beispiel durch die Anpassung der Zustellungszeiten“, so Bodenbach, der auf Vorschlag der SPD-Fraktion sprach. So sei in Zukunft der Nachtflugverkehr im Postbereich nicht mehr nötig. „Unser Ziel ist, den Universaldienst bis 2035 klimaneutral zu erbringen.“
„Eine Lockerung der Zustellzeiten im Bereich des Universaldienstes ist sinnvoll, damit dieser auch künftig bezahlbar bleibt“, sagte der Vorsitzende der Monopolkommission, Jürgen Kühling. Er wolle jedoch dem Argument entgegenwirken, dass ein schrumpfender Briefmarkt dem Wettbewerb entgegenwirkt. „Der Innovationsdruck muss auf die Post auch im Briefmarkt aufrechterhalten bleiben.“ Der auf Initiative der CDU/CSU-Fraktion geladene Sachverständige sprach sich jedoch gegen ein Subunternehmer-Verbot aus: „Wir glauben nicht, dass uns ein Verbot weiterbringt. Wir müssen stattdessen die schwarzen Schafe identifizieren und vom Markt bringen.“
Auf die Befugnisse der Bundesnetzagentur ging Justus Haucap (auf Vorschlag der CDU/CSU-Fraktion), Direktor des Düsseldorf Institute for Competition Economics ein: „Angesichts des schwach ausgeprägten Wettbewerbs im Briefbereich ist es wichtig, dass da die Eingriffsmöglichkeiten verstärkt werden“, so Haucap. Ihm stimmte Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur, zu: „Ich freue mich sehr über die Instrumente, die im Gesetzentwurf vorgesehen sind.“ Er teile die darin enthaltenen Ziele. „Aber wir dürfen auch die Chancen des Wettbewerbs nicht außer Acht lassen, was die Arbeitsbedingungen angeht“, sagte Müller, der auf Einladung aller Fraktionen bei der Anhörung sprach.
Für die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände sagte Ralph Sonnenschein, Referatsleiter beim Deutschen Städte- und Gemeindebund, dass für die Kommunen eine zeitnahe Zustellung des behördlichen Schriftverkehrs besonders wichtig sei. „Wir wünschen uns deshalb, dass zumindest auf regionaler Ebene die Postlaufzeiten erhalten bleiben.“