21.02.2024 Enquete-Kommission Afghanistan-Einsatz — Unterrichtung — hib 92/2024

Zwischenbericht der Enquete-Kommission Afghanistan

Berlin: (hib/LL) Bundestagspräsidentin Bärbel Bas hat am Dienstagvormittag den Zwischenbericht der Enquete-Kommission „Lehren aus Afghanistan für das künftige vernetzte Engagement Deutschlands“ entgegengenommen. Das mehr als 350 Seiten umfassende und als Unterrichtung (20/10400) vorliegende  Schriftstück wurde ihr von Michael Müller (SPD), Vorsitzender der Enquete-Kommission und Peter Beyer (CDU/CSU), Mitglied der Kommission, überreicht.

Der Bericht war am Montagnachmittag von den Mitgliedern der Enquete-Kommission verabschiedet worden. Am Freitag, 23. Februar 2024, soll der Bericht im Plenum debattiert werden.

Darin analysieren die Abgeordneten und sachverständigen Mitglieder den zwanzigjährigen militärischen und zivilen Einsatz Deutschlands in Afghanistan zwischen 2001 und 2021, um daraus Lehren für die deutsche Außen- und Sicherheitspolitik zu ziehen.

Der Zwischenbericht bescheinigt Deutschland in Afghanistan Teilerfolge: „Deutschland hat sich als verlässlicher Verbündeter gezeigt.“ Militärische wie zivile Einsatzkräfte hätten sich durch ein hohes Maß an Professionalität ausgezeichnet.

Zudem habe es während der Anwesenheit ausländischer Soldaten und Entwicklungshelfer in Afghanistan bedeutende Verbesserungen der Lebensverhältnisse, insbesondere für Frauen und Mädchen, sowie spürbare Verbesserungen in Bereichen der Infrastruktur gegeben.

Dennoch sei der Afghanistan-Einsatz letztlich „mit dem Abzug und der Machtübernahme der Taliban im Sommer 2021 strategisch gescheitert, Ergebnisse und gesteckte Ziele dauerhaft abzusichern.“

Um die ambitionierten Ziele eines Staatsaufbaus mit rechtsstaatlichen Institutionen, „selbsttragender Sicherheit“ sowie einer „weitreichenden gesellschaftlichen Transformation“ mit „wirtschaftlichen und sozialen Zukunftsperspektiven“ in Afghanistan zu erreichen, habe allerdings eine realistische und kohärente Strategie gefehlt, hält der Bericht weiter fest.

Zu den Defiziten des Afghanistaneinsatzes, die der Bericht aufzeigt gehören zudem die verglichen mit der ambitionierten Zielsetzung zu geringen zum Einsatz gebrachten Fähigkeiten und Ressourcen, sowohl auf militärischer Seite als auch beim Zivilpersonal.

Außerdem habe es an einem realistischen Gesamtbild der Lage, einer laufenden Bestandsaufnahme sowie einer optimalen Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Ministerien gefehlt.

Und die am Einsatz beteiligten Akteure hätten schließlich kein ausreichendes Verständnis für Kultur und Geschichte Afghanistans aufgebracht. Die lokalen Machtverhältnisse seien daher falsch eingeschätzt und der steigende Einfluss der Taliban unterschätzt worden.

Die Erfahrungen aus der Afghanistanmission, versehen mit Handlungsempfehlungen, für zukünftige Einsätze nutzbar zu machen, ist Arbeitsauftrag der Enquete-Kommission.

Im Sommer 2022 wurde die Kommission vom Bundestag auf Antrag der Fraktionen SPD, CDU/CSU, Bündnis 90/Die Grünen und FDP eingesetzt. Am 19. September 2022 hatte sich das Gremium konstituiert und Michael Müller (SPD), früherer Regierender Bürgermeister von Berlin, zum Vorsitzenden sowie Serap Güler (CDU/CSU) zu seiner Stellvertreterin gewählt.

Bis zum Ende der Wahlperiode will die Kommission in einer zweiten Phase, abgeleitet aus den im Zwischenbericht zusammengeführten Erfahrungen aus dem Afghanistan-Einsatz, konkrete Handlungsempfehlungen für das zukünftige Engagement Deutschlands in internationalen Krisenregionen erarbeiten und in einem Abschlussbericht vorlegen.

Der Zwischenbericht der Enquete-Kommission:

[https://dserver.bundestag.de/btd/20/104/2010400.pdf]

Mehr über die Arbeit der Enquete-Kommission: 

[https://www.bundestag.de/ausschuesse/weitere_gremien/enquete_afghanistan]