Vermutete geplante Obsoleszenz bei technischen Produkten
Berlin: (hib/HAU) Auf das Phänomen der „vermuteten geplanten Obsoleszenz“ bei technischen Produkten macht der Petitionsausschuss aufmerksam. In seiner Sitzung am Mittwochmorgen wurde mehrheitlich die einfache Überweisung einer Petition mit der Forderung nach „Angabe der voraussichtlichen Lebensdauer für jedes technische Gerät“ an das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz sowie an das Bundesministerium der Justiz beschlossen, „soweit die Verhinderung einer vermuteten geplanten Obsoleszenz angesprochen wird“. Der Beschluss sieht zudem vor, das Petitionsverfahren „im Übrigen abzuschließen“.
Aus Sicht des Petenten gibt es „genügend Beispiele für geplante Obsoleszenz“. Oft verweigerten technische Geräte ihren Dienst kurz nach Ablauf der gesetzlichen Garantie, heißt es in der öffentlichen Petition (ID 94447). Durch die Angabe der MTBF (durchschnittliche Betriebszeit) könne der Käufer bereits einen ersten Eindruck des angebotenen Produktes bekommen. Durch diese Angabe lasse sich die Umweltfreundlichkeit, Wirtschaftlichkeit sowie das tatsächliche Preis-/Leistungsverhältnis (Kaufpreis/Lebensdauer) für den Kunden ableiten. Gleichzeitig könne man dadurch die geplante Obsoleszenz verhindern beziehungsweise erkennen „welche Hersteller geplante Obsoleszenz tatsächlich betreiben, in dem die Ausfälle überdurchschnittlich hoch ausfallen“, schreibt der Petent.
Der Petitionsausschuss stellt in der Begründung zu seiner Beschlussempfehlung zunächst klar, dass unter Obsoleszenz gemeinhin das Verhalten von Produkten verstanden wird. Dieses könne bedingt sein durch begrenzte Haltbarkeit von Material und Produkt oder Abnutzung und Verschleiß eines Produktes in Folge häufigen Gebrauches. Unter geplanter Obsoleszenz sei zu verstehen, dass das Veralten eines Produktes konzeptionell in die Entwicklung und Produktion einbezogen wird. Ziel von geplanter Obsoleszenz solle es sein, den Kauf weiterer Konsumgüter zu bewirken. Da es unter Experten umstritten ist, ob es tatsächlich geplante Obsoleszenzen gibt, ist in der Beschlussempfehlung von einer „vermuteten“ geplanten Obsoleszenz die Rede.
Die Abgeordneten verweisen in der Vorlage zudem darauf, dass sich die Bundesregierung nach eigener Mitteilung im Rahmen verschiedener, insbesondere europäischer Gesetzgebungsverfahren dafür einsetzt, „Überlegungen zur Verlängerung von Lebens- und Gebrauchsdauern und in diesem Zusammenhang Gewährleistungsfragen, Reparaturfähigkeiten und Informationspflichten bei Verbraucherprodukten in die Diskussion einzubringen“. Sehr intensiv sei dies beispielsweise in den Verfahren im Rahmen der EU-Ökodesign-Richtlinie der Fall gewesen, bei der für eine Reihe von energieverbrauchsrelevanten Produktgruppen Regelungen beschlossen worden seien, „die zu nachhaltigeren Produkten führen werden“.
Zudem weist der Petitionsausschuss auf verschiedentliche Initiativen auf europäischer Ebene zugunsten einer nachhaltigen Produktqualität hin. So strebe die EU-Kommission im Rahmen ihres Kreislaufwirtschaftsaktionsplans vom 11. März 2020 einen neuen rechtlichen Rahmen für eine nachhaltige Produktpolitik (Sustainable Products Policy Framework) an, heißt es in der Beschlussempfehlung. Zudem habe die EU-Kommission am 22. März 2023 die im Kreislaufwirtschaftsaktionsplan angekündigte Right-to-Repair-Initiative vorgestellt. Diese bestehe aus einem neuen Richtlinienentwurf. Mit der neuen EU-Right-to-Repair-Richtlinie wolle die Kommission die Funktionsfähigkeit des Binnenmarktes verbessern und den nachhaltigen Konsum fördern.
Ein Forschungsvorhaben des Umweltbundesamtes, so heißt es weiter, habe zudem mehrere rechtliche Instrumente zur Verlängerung der Lebensdauer von Produkten vorgeschlagen. Dazu gehöre unter anderem eine sogenannte Herstellergarantieaussagepflicht, die der Forderung der Petition sehr nahekomme. Danach sollen Hersteller verpflichtet werden, eine Angabe zur Lebensdauer ihres Produktes zu machen. Falle innerhalb dieses angegebenen Zeitraums das Produkt aufgrund eines Mangels aus, so trete ein Garantiefall ein, schreibt der Ausschuss. Positiver Effekt dieser Regelung solle ein Wettbewerb um langlebige Produkte sein.
Von der EU-Kommission erwarte die Bundesregierung eine Untersuchung zur Wirksamkeit einer verpflichtenden Aussage der Hersteller zur Lebensdauer ihrer Produkte mit einer rechtlichen Verpflichtung gegenüber dem Käufer im Falle eines Defektes während der angegebenen Lebensdauer, heißt es in der Vorlage.