Mehr humanitäre Hilfe für Berg-Karabach
Berlin: (hib/SAS) Die Bundesregierung dringt auf eine internationale Beobachtermission für Berg-Karabach. Gleichzeitig werde sie die humanitäre Hilfe für die Region aufstocken. Das erklärten zwei Vertreter des Auswärtigen Amtes am Mittwoch im Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe.
Konkret sei vorgesehen, die Gelder für das Internationale Komitee des Rote Kreuzes (IKRK) von zwei auf fünf Millionen Euro zu erhöhen. Das habe Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) bereits öffentlich angekündigt, berichteten die Außenamts-Mitarbeiter weiter. Ziel sei es, damit die Menschen zu unterstützen, die infolge der aserbaidschanischen Militäroffensive in Berg-Karabach ihre Heimat verlassen und nach Armenien geflüchtet seien. Die Lieferung von Hilfsgütern wie Lebensmitteln, Medikamenten oder Sanitärprodukten sei auch für Berg-Karabach selbst geplant. Völkerrechtlich gehört die Enklave zu Aserbaidschan, wird aber bislang mehrheitlich von Armeniern bewohnt.
Wie viele Menschen genau dort zum Zeitpunkt des Angriffs lebten, sei nicht genau bekannt, so eine Mitarbeiterin. Man gehe aber von etwa 60.000 bis 120.000 Personen aus. Die Zahl der seither aus Berg-Karabach Geflüchteten lasse sich besser hingegen beziffern, so ein Mitarbeiter: In Armenien seien Stand Mittwochmittag 45.000 Geflüchtete registriert worden. Doch die Zahl steige stündlich. Auf der Straße durch den sogenannten Latschin-Korridor, der Armenien und Berg-Karabachs Hauptstadt Stepanakert verbindet, stauten sich die Autos Ausreisender. Armenien bemühe sich, die Geflüchteten zu versorgen und unter anderem in Hotels unterzubringen. Doch das Land stoße bereits an seine Grenzen.
Auch die Lage in Berg-Karabach selbst bereite der Bundesregierung große Sorgen: Nicht alle Menschen, die fliehen wollten, seien dazu in der Lage - so etwa ältere oder behinderte Menschen, so die Außenamts-Vertreterin. Nach der Explosion in einem Treibstofflager am Montag gebe es zudem viele Verletzte. Nur ein Teil sei bislang in Krankenhäuser nach Armenien gebracht worden. Die Versorgung in Berg-Karabach selbst sei aber prekär. Die Krankenhäuser seien schon vor der Militäroffensive überlastet gewesen. Nun sei noch dazu ein Teil des Personals geflohen.
Wie genau sich die Lage in der Region darstelle, wisse man nicht. Aus diesem Grund setze sich die Bundesregierung auch für die Entsendung internationaler Beobachter nach Berg-Karabach ein, betonten die Mitarbeiter. Aserbaidschan gegenüber mache man deutlich, dass die Bevölkerung dort geschützt werden müsse.
Außenministerin Baerbock habe bei der Dringlichkeitssitzung im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen in der vergangenen Woche schon unterstrichen, dass eine Vertreibung oder erzwungene Abwanderung der ethnischen Armenier nicht akzeptabel sei, so der Außenamtsvertreter auf Nachfrage eines Grünen-Abgeordneten. Dieser drang zudem darauf, sich auf europäischer Ebene weiter für Sanktionen gegen Aserbaidschan stark zu machen, auch wenn Ungarn und Italien solche bislang nicht befürworteten.
SPD-Fraktion und Unionsfraktion fragten nach dem Zugang für Hilfsorganisationen und wie die Bundesregierung diesen sicherstellen wolle. Die Vertreter des Auswärtigen Amtes erklärte daraufhin, die Bundesregierung bemühe sich zusammen mit anderen europäischen Partnern darum. Derzeit sei aber der Zugang für das IKRK über den Latschin-Korridor noch nicht möglich. Aserbaidschan gebe an, sich selbst um Unterstützung in der Region kümmern zu wollen, und verweise darauf, dass bereits Hilfstransporte angekommen seien. Dies könne die Bundesregierung selbst nicht bescheinigen.
Die AfD-Fraktion warf Deutschland und der internationalen Staatengemeinschaft insgesamt Versagen in Berg-Karabach vor. Trotz wiederholten Gewaltakten habe man das Schicksal der Menschen in der Region ignoriert.
Die Fraktion Die Linke hinterfragte die Rolle der Türkei im Konflikt zwischen Aserbaidschan und Armenien um die Region Berg-Karabach. Sie kritisierte insbesondere das Schweigen zur monatelangen aserbaidschanischen Blockade des Latschin-Korridors. Die FDP-Fraktion thematisierte unter anderem die künftige Positionierung der Europäischen Union im Südkaukasus.