Verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates
Berlin: (hib/STO) Der vom Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) eingerichtete Phänomenbereich der „verfassungsschutzrelevanten Delegitimierung des Staates“ ist Thema der Antwort der Bundesregierung (20/8101) auf eine Große Anfrage der AfD-Fraktion (20/6851). Danach sind Bestrebungen der „verfassungsschutzrelevanten Delegitimierung des Staates“ gegen die Sicherheit des Bundes sowie gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, speziell gegen das Demokratieprinzip, gerichtet.
Wie die Bundesregierung weiter ausführt, erfasst der Phänomenbereich - soweit keinem anderen Phänomenbereich zuordenbar - Bestrebungen, „die durch die systematische Verunglimpfung und Verächtlichmachung des auf der freiheitlichen demokratischen Grundordnung basierenden Staates und seiner Institutionen beziehungsweise Repräsentanten geeignet sind, das Vertrauen der Bevölkerung in diese Grundordnung zu erschüttern“. Von sachbezogener - auch polemischer - Kritik unterscheide sich dies gerade dadurch, dass unter Außerachtlassung jeder Bemühung um Augenmaß an die Stelle des kritischen Urteils eine Darstellung tritt, „die im einzelnen kritikwürdige Zustände bewusst entstellt, begleitet von einer Diffamierung der Einrichtungen des Staates und seiner Repräsentanten, so dass der Eindruck entstehen muss, diese vermeintlich allenthalben bestehenden ,Missstände' hätten letztlich ihre Ursache in der Grundordnung selbst, am Maßstab praktischer Bewährung gemessen sei sie also untauglich“. Dadurch werde ein Klima geschaffen, in dem - letztlich womöglich sogar auf Gewaltanwendung zielende - Neigungen gedeihen, diese Grundordnung als in ihren Auswirkungen „unerträglich“ zu beseitigen.
Der Phänomenbereich knüpfe nicht an Kritik an der Regierung oder an staatlichen Handlungen an, „sondern an einer verächtlichmachenden Verunglimpfung der Institutionen freiheitlicher Demokratie und ihrer Repräsentanten mit der eigentlichen Ziel- und Zweckrichtung der Erzeugung und Verbreitung eines Zerrbildes einer danach untauglichen, zu beseitigenden Verfassungsordnung“, heißt es in der Antwort ferner. Die wehrhafte Demokratie stehe Verfassungsfeinden nicht neutral gegenüber.
Die Verfassungsschutzbehörden von Bund und Ländern nehmen der Vorlage zufolge „sehr aufmerksam Phänomene, Gruppierungen und Einzelpersonen in den Blick, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass ihre Verhaltensweisen darauf gerichtet sind, wesentliche Verfassungsgrundsätze außer Geltung zu setzen oder die Funktionsfähigkeit des Staates oder seiner Einrichtungen erheblich zu beeinträchtigen“. Mit Beginn der Coronapandemie und der Maßnahmen zu ihrer Eindämmung sei es in Deutschland zu einer breiten gesellschaftspolitischen Debatte und legitimen Protestaktionen gekommen. In vielen Fällen seien öffentliche Äußerungen oder durchgeführte Aktionen jedoch über einen solchen legitimen Protest hinausgegangen und hätten die Grenze zu tatsächlichen Anhaltspunkten für verfassungsfeindliche Bestrebungen in der beschriebenen Weise überschritten. Das BfV habe daher den neuen Phänomenbereich „Verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates“ eingerichtet.
Innerhalb dieses Bereichs wurde laut Bundesregierung ein bundesweites Sammelbeobachtungsobjekt „Demokratiefeindliche und/oder sicherheitsgefährdende Delegitimierung des Staates“ eingerichtet, dem die diesbezüglich relevanten Akteure zugeordnet und nachrichtendienstlich bearbeitet werden. So sei auch künftig sichergestellt, dass die beschriebenen verfassungsfeindlichen, sicherheitsgefährdenden Bestrebungen seitens des BfV zielgerichtet und differenziert aufgeklärt werden.