Sonderbeauftragte berichtet über Arbeit der UNAMA
Berlin: (hib/LL) Im zweiten Teil der öffentlichen Anhörung der Enquete Kommission „Lehren aus Afghanistan für das künftige vernetzte Engagement Deutschlands“ am Montagnachmittag zum Thema „Neuausrichtung, Anpassung und Abzug 2015 bis 2021: Deutschlands Rolle im multilateralen Kontext - Abzug und Verhandlung“ berichtete Deborah Lyons, von 2013 bis 2016 Botschafterin Kanadas in Afghanistan und von 2020 bis 2022 Sonderbeauftragte der Vereinten Nationen für Afghanistan und Leiterin von UNAMA (United Nations Assistance Mission in Afghanistan) aus ihrer Perspektive über das Ende des internationalen Engagements in dem Land, die begangenen Fehler und die Erkenntnisse für künftige Einsätze.
UNAMA habe es als ihre Aufgabe verstanden, die unterschiedlichen internationalen Akteure in Afghanistan zusammenzubringen, von der Nato bis zu den Geberländern, sowie auch die afghanische Regierung, damit die Staatengemeinschaft eine „gemeinsame Wissensbasis“ als Handlungsgrundlage habe. „Wir haben mit allen Mitgliedern der internationalen Gemeinschaft gearbeitet und waren ein wichtiger Gesprächspartner.“ Man habe eine „sehr effiziente Rolle gespielt“ und geschaut, dass alle ihre Ziele erreichen.
Diese koordinierende Rolle sei lediglich dadurch limitiert worden, dass das zugrundeliegende Mandat der UNAMA nicht die nötige führende Rolle zugedacht habe, sowie durch das Vorpreschen einzelner Länder mit ihren unterschiedlichen Ressourcen, Ängsten und Interessen. Und schließlich habe auch UNAMA kaum Einflussmöglichkeiten auf die de facto bilateralen Verhandlungen in Doha zwischen den Vereinigten Staaten und den Taliban gehabt. Es wäre besser gewesen, wenn die UNO stärker in die Verhandlungen einbezogen worden wäre und die Staatengemeinschaft geschlossen hinter UNAMA gestanden hätte, so Lyons.
Mit der Nato habe sich die Zusammenarbeit sehr gut entwickelt. UNAMA habe sich als Plattform entwickelt, auf der die Botschafter vor Ort miteinander in Kontakt gekommen seien. Ebenso mit Deutschland, das bei dem Einsatz stets ein Teamspieler gewesen sei.
Lyons hob die zerstörerische Kraft der grassierenden Korruption in Afghanistan hervor. „Es ist der stille Terror, der unsere Bemühungen vor Ort untergräbt.“ Die Korruptionsbekämpfung müsse künftig einen noch höheren Stellenwert erhalten. Man müsse zudem aus dem Afghanistan-Einsatz lernen, die Nachbarländer bei einem Engagement stärker einzubeziehen. Diese müssten schließlich mit den Ergebnissen der internationalen Politik leben. Und man müsse bei internationalen Kriseneinsätzen immer eine nachhaltige Strategie verfolgen und ein geschlossenes Erwartungsmanagement betreiben.
Ihre Organisation habe sämtliche Themen der Sicherheit und wirtschaftlichen und staatlichen Aufbaus bearbeitet, berichtete Lyons. Mit elf Büros in den einzelnen Provinzen habe man den Kontakt zur Bevölkerung gesucht.
Auch über den Zusammenbruch des internationalen Engagements im August 2021 hinaus habe man es geschafft, in dem Land weiterzumachen. Leider hätten mittlerweile bei den Taliban wieder die Hardliner die Führung inne. Aber: „Man muss vor Ort bleiben und dem Volk beistehen.“
Die Arbeit der Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages leiste zur Aufarbeitung und für künftige Kriseneinsätze wertvolle Arbeit, sagte Lyons.