Reform der Arzneimittelversorgung gegen Lieferengpässe
Berlin: (hib/PK) Mit einer Reform der Arzneimittelversorgung will die Bundesregierung gegen Lieferengpässe vorgehen. Das sogenannte Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetz (ALBVVG) (20/6871) sieht dazu Änderungen im Bereich der Festbeträge, Rabattverträge und der Versorgung mit Kinderarzneimitteln vor. Der Gesetzentwurf steht nächste Woche erstmals auf der Tagesordnung des Parlaments.
Für Kinderarzneimittel gelten künftig weniger strikte Preisregeln, Festbeträge werden abgeschafft. Pharmafirmen können ihre Abgabepreise für solche Arzneimittel einmalig um bis zu 50 Prozent des zuletzt geltenden Festbetrages oder Preismoratoriums anheben. Die Krankenkassen sollen die Mehrkosten übernehmen. In der Zukunft sollen keine Festbetragsgruppen mit Kinderarzneimitteln mehr gebildet werden.
Über eine Änderung der Zuzahlungsregelung soll zudem der Preisdruck bei Festbeträgen gedämpft werden. So wird die Zuzahlungsbefreiungsgrenze von 30 auf 20 Prozent abgesenkt. Liegt der Preis mindestens 20 Prozent unter dem Festbetrag, kann der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) das Arzneimittel von der Zuzahlung freistellen.
Der Entwurf sieht außerdem vor, dass Preisinstrumente für versorgungskritische Arzneimittel bei einem Engpass gelockert werden können. Sollte es zu wenige Anbieter geben, können Festbetrag oder Preismoratorium einmalig um 50 Prozent angehoben werden.
Ferner müssen Antibiotika mit Wirkstoffproduktion in der EU und im Europäischen Wirtschaftsraum bei Ausschreibungen von Kassenverträgen zusätzlich berücksichtigt werden. Auf diese Weise soll die Anbietervielfalt erhöht werden. Auch die Verfügbarkeit neuer Reserveantibiotika soll sich verbessern durch finanzielle Anreize zugunsten der Pharmaindustrie. So wird den Firmen ermöglicht, den bei Markteinführung gewählten Abgabepreis auch über einen Zeitraum von sechs Monaten beizubehalten.
Die Verfügbarkeit von Arzneimitteln soll zudem mit neuen Austauschregeln für Apotheken gestärkt werden. Ist ein Arzneimittel nicht verfügbar, dürfen Apotheker ein wirkstoffgleiches Arzneimittel abgeben. Für den Austausch sollen Apotheken und Großhändler einen Zuschlag erhalten.
Ferner werden für Krankenhausapotheken und krankenhausversorgende Apotheken die Bevorratungsverpflichtungen für parenteral anzuwendende Arzneimittel und für Antibiotika zur intensivmedizinischen Versorgung erhöht.
Der Versorgungssicherheit dient die verbindliche dreimonatige Lagerhaltung von rabattierten Arzneimitteln. Diese Regelung soll bei kurzfristigen Lieferengpässen oder einem Mehrbedarf die bedarfsgerechte Versorgung sicherstellen.
Um Lieferengpässen bei Arzneimitteln entgegenzuwirken, erhält das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zusätzliche Informationsrechte unter anderem gegenüber Herstellern und Krankenhausapotheken. Zudem soll ein Frühwarnsystem zur Erkennung von drohenden Lieferengpässen eingerichtet werden.