Twitter bleibt konkrete Antworten schuldig
Berlin: (hib/LBR) Bereits vor der Übernahme des Mikroblogging-Dienstes Twitter Inc. durch Elon Musk sind 65 Prozent aller Inhalte, die zur Entfernung markiert wurden, durch Künstliche Intelligenz (KI) identifiziert worden. Das hat Ronan Costello (Head of Europe, Global Government Affairs) am Mittwochnachmittag den Abgeordneten im Digitalausschuss des Bundestages berichtet.
In der öffentlichen Anhörung, bei der es um die Anwendung und Umsetzung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes (NetzDG) sowie die Planung der Umsetzung des Digital Services Act (DSA) ging, zeigte sich jedoch, dass der Twitter-Vertreter zu einer Reihe von konkreten Fragen der Abgeordneten, etwa zu Entscheidungen des neuen CEO Musk, keine Stellung beziehen konnte. Dies betraf unter anderem Fragen nach der Anzahl der nach der Übernahme wieder entsperrten Accounts oder der Zahl der verbliebenen Twitter-Mitarbeiter in Deutschland. Costello kündigte an, die Antworten auf die Fragen nachzureichen.
Von Seiten der Abgeordneten zeigte sich mehrheitlich große Skepsis in Bezug auf das Einhalten der Verpflichtungen des NetzDG - insbesondere im Kontext der bekannt gewordenen Entlassungen. Costello betonte, dass Twitter seine Verpflichtungen einhalte und auch künftig nationale Gesetzgebung einhalten werde. So arbeiteten über 150 deutschsprachige Moderatoren für das Unternehmen. Zwischen dem Unternehmen sowie CEO Musk, der Twitter seit Ende Oktober 2022 führt, auf der einen Seite und Digitalminister Volker Wissing (FDP) sowie dem EU-Kommissar für Binnenmarkt und Dienstleistungen, Thierry Breton, auf der anderen Seite gebe es einen engenen Austausch über die Umsetzung des DSA, etwa über Richtlinien und Transparenzziele.
Man gehe davon aus, dass der DSA zu einer „globalen Benchmark“ werden könne und werde daher einige Pflichten des DSA international umsetzen, kündigte er an. Twitter habe schon früh eine Vorreiterrolle beim Thema Transparenz eingenommen und fühle sich verpflichtet, die Sicherheit der Plattform und die Integrität der öffentlichen Diskussion zu gewährleisten, betonte Costello. Das zeigten auch die halbjährlich vom Unternehmen veröffentlichen Transparenzberichte. Im letzten Transparenzbericht für den Zeitraum Juli bis Dezember 2022 habe sich eine Zunahme der Meldungen nach dem NetzDG im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gezeigt, berichtete er auf Nachfrage. Diese würden, priorisiert nach der Schwere des mutmaßlichen Vergehens, abgearbeitet.
Auf Nachfragen kündigte er an, dass das Tool „Community Notes“, mit dem Nutzern eine Faktencheck-Funktion geboten werden soll, bald in Europa verfügbar werden soll. Damit sollen Nutzer kontroversen Tweets mehr Kontext verleihen können. In den USA würden bereits 20.000 Mitglieder an dem Tool mitwirken. Ebenso sei geplant, den Empfehlungs-Algorithmus im nächsten Quartal zu veröffentlichen. In Bezug auf den blauen Haken, der Accounts als „verifiziert“ markiert, sagte Costello, es werde nach der Einführung der Bezahlfunktion „Twitter Blue“ einen Übergangszeitraum für nicht zahlende Nutzer geben. Informationen dazu, wann der Haken für diese Nutzer eingestellt werde, müsse er nachreichen.