Bessere Erfassung des Plattformhandels begrüßt
Berlin: (hib/HLE) Die geplante bessere steuerliche Erfassung von Umsätzen auf Internet-Handelsplattformen ist von den Sachverständigen in einer öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses am Mittwoch überwiegend begrüßt worden. Andere Punkte des von der Bundesregierung eingebrachten Gesetzentwurfs (20/3436) stießen in der vom Vorsitzenden Alois Rainer (CSU) geleiteten Sitzung jedoch zum Teil auf erhebliche Bedenken.
Mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2021/514 des Rates vom 22. März 2021 zur Änderung der Richtlinie 2011/16/EU über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung und zur Modernisierung des Steuerverfahrensrechts sollen Betreiber digitaler Plattformen verpflichtet werden, den Finanzbehörden Informationen über Einkünfte zu melden, die von Anbietern auf diesen Plattformen erzielt worden sind. Um auch ausländische Anbieter zu erfassen, soll es einen automatischen Austausch von Informationen zwischen den Mitgliedsländern der Europäischen Union geben. Bei den stark genutzten Portalen, die beispielsweise die Kurzzeitvermietung privaten Wohnraums ermöglichten, der Fahrdienstvermittlung dienten oder zum Verkauf von Waren genutzt würden bestehe Grund zu der Annahme, dass die erzielten Einkünfte vielfach gegenüber den Finanzbehörden gar nicht oder nur unvollständig erklärt würden.
Die Deutsche Steuergewerkschaft begrüßte die Meldepflicht für Plattformen und den geplanten europaweiten Informationsaustausch. Der Kampf für mehr Steuergerechtigkeit erfordere mittlerweile nicht nur nationale, sondern auch internationale Maßnahmen. Es sei derzeit kaum möglich, auf steuerlich relevante Daten von Anbietern auf digitalen Plattformen zuzugreifen. Die Deutsche Steuergewerkschaft rechnet mit einem jährlichen Steuerausfall beim europäischen Plattformhandel in Höhe von mehreren Milliarden Euro.
Auch die Bundessteuerberaterkammer erklärte, die Meldepflicht und der automatische Austausch von Informationen der Plattformbetreiber in Steuersachen könnten einen wesentlichen Beitrag zur Herstellung von mehr Steuergerechtigkeit und einer gleichmäßigen Steuererhebung darstellen. Angesichts der notwendigen IT-Arbeiten und aufgrund des Fachkräftemangels im IT-Bereich gebe es für die Plattformbetreiber erhebliche Herausforderungen. Der Gesetzgeber sollte eine ausreichende Vorlaufzeit vorsehen, empfahl die Bundessteuerberaterkammer.
Das „Netzwerk Steuergerechtigkeit“ begrüßte den Gesetzentwurf insoweit, als dass den Finanzbehörden zusätzliche Informationen über die „Steueroase Internet“ zur Verfügung gestellt würden. Es stelle sich aber die Frage, wie in der EU für eine einheitliche und hohe Datenqualität gesorgt werden solle. Zwar würden die Plattformbetreiber verpflichtet, alle Steueridentifikationsnummern und Ansässigkeitsstaaten zu ermitteln, aber es sei zu erwarten, dass vor allem große Plattformbetreiber das Land für die Datenübermittlung gezielt aussuchen und dort auch gezielt Einfluss auf eine möglichst laxe Überwachung nehmen würden.
Für Professor Ekkehart Reimer vom Institut für Finanz- und Steuerrecht der Universität Heidelberg besteht eine zentrale Unklarheit des Gesetzentwurfs darin, welche Arten von Plattform-Geschäften überhaupt den neuen Anzeige- und Meldepflichten unterliegen. So würden Crowdfunding-Geschäfte offenbar nicht erfasst. Es sei nicht zu erkennen, dass der Gesetzentwurf auch andere als immobilienbezogene Plattformgeschäfte betreffe, hieß es in seiner Stellungnahme. Diese Frage sei klärungsbedürftig, denn es gebe einen umfangreichen Handel mit wertvollen beweglichen Gegenständen wie Kraftfahrzeugen, elektronischen Geräten, Kunstgegenständen, Briefmarken und Münzen sowie Dienstleistungen. Reimer bezeichnete das Gesetz als „bürokratisches Monster“.
An den geplanten Änderungen bei der Durchführung von steuerlichen Außenprüfungen, die zeitnaher durchgeführt und beschleunigt werden sollen, wurde zum Teil starke Kritik geübt. So erklärte die Bundessteuerberaterkammer, dass einige Regelungen zu Lasten der Steuerpflichtigen gehen würden, etwa die Widerlegung der Beweiskraft der Buchführung bei fehlenden Schnittstellen, die Einführung der strafbewehrten Berichtigungspflicht bei Prüfungsfeststellungen sowie die Einführung eines „qualifizierten Mitwirkungsverlangens“. Die Steuerberaterkammer empfahl, dem Kooperationsgedanken mehr Raum zu geben. Dazu riet auch Professor Maria Marquardsen (Ruhr-Universität Bochum). Sie argumentierte, besser als das scharfe Schwert sei ein kooperativer Ansatz.
Enttäuscht zeigte sich der Deutsche Steuerberaterverband, dass der Entwurf eine Drohkulisse durch ein neues scharfes Sanktionsregime, eine Erweiterung von Mitwirkungspflichten und eine Schwächung der Beweiskraft der Buchführung aufbaue. Außenprüfungen würden in Deutschland zu spät beginnen und zu lange dauern. Jahrelanges Warten auf Rechtssicherheit, verbunden oftmals mit Zinsbelastungen, sei die Folge. Franziska Peters, Richterin am Finanzgericht Münster, erwartet von einigen Regelungen, dass es durch sie zu einer Beschleunigung der Außenprüfungen kommen werde. Es würden allerdings neue Rechtsunsicherheiten insbesondere mit Blick auf das „qualifizierte Mitwirkungsverlangen“ entstehen.
Das Institut Finanzen und Steuern bemängelte, dem Ziel einer Modernisierung der Betriebsprüfung sei der Gesetzentwurf nur punktuell nachgekommen. Durch die geplanten erheblichen Verschärfungen der Mitwirkungspflichten und Sanktionstatbestände würden „einseitige Beschleunigungen vor dem Hintergrund einer ansteigenden Sanktionskulisse“ erschaffen. Das Institut für Digitalisierung im Steuerrecht begrüßte verschiedene Maßnahmen im Entwurf, kritisierte jedoch auch, dass der Regierungsentwurf keine übergreifende Strategie für die Digitalisierung der Außenprüfung erkennen lasse.
Die Deutsche Steuergewerkschaft bezeichnete diesen Teil des Gesetzentwurfs hingegen als guten Kompromiss.