Bürgergeld statt „Hartz IV“
Berlin: (hib/CHE) Das Arbeitslosengeld II im Besonderen und die staatliche Grundsicherung im Allgemeinen sollen reformiert und durch ein neues „Bürgergeld“ abgelöst werden. Das sieht ein Gesetzentwurf (20/3873) der Bundesregierung vor, der am Donnerstag in erster Lesung vom Bundestag beraten wird.
Darin verweist die Bundesregierung zwar auf die Leistungsfähigkeit der sozialen Sicherungssysteme, die gerade in den vergangenen Pandemie-Jahren vielen Menschen ein soziales Netz geboten hätten. „Zugleich haben die außergewöhnlichen Herausforderungen, mit denen sich Staat und Gesellschaft in Folge des Kriegs in der Ukraine konfrontiert sehen, es vielen Menschen in den sozialen Mindestsicherungssystemen erschwert, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Gerade die dynamischen Preisentwicklungen bei Energie und Lebensmitteln sorgen hier für erhebliche Probleme.“ Deshalb sei eine Erhöhung der monatlichen Regelbedarfe (unter anderem auf 502 Euro für eine alleinlebende Person) dringend geboten, schreibt die Regierung.
Darüber hinaus begründet sie die Initiative mit der Situation auf dem Arbeitsmarkt, die sich seit der Einführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende im Jahr 2005 grundlegend geändert habe: Arbeitskräfte, insbesondere qualifizierte Arbeitskräfte, würden vielerorts gesucht, gleichzeitig würden Langzeitarbeitslose zu oft von dieser Entwicklung nicht profitieren. Daher solle das Bürgergeld sich stärker als das bisherige System auf Qualifizierung und Weiterbildung der Arbeitssuchenden konzentrieren.
Konkret sieht der Entwurf unter anderem vor, in den ersten zwei Jahren des Bürgergeldbezugs eine sogenannte Karenzzeit gelten zu lassen, damit sich die Leistungsberechtigten stärker auf Arbeitssuche und Weiterbildung konzentrieren können. Die Kosten für Unterkunft und Heizung sollen in dieser Zeit in tatsächlicher Höhe anerkannt und übernommen werden. Auf eine Prüfung des Vermögens soll verzichtet werden, „sofern es nicht erheblich ist“, also 60.000 Euro für eine Person beziehungsweise 30.000 für jede weitere im Haushalt lebende Person nicht übersteigt. Nach Ablauf der Karenzzeit soll es eine entbürokratisierte Vermögensprüfung mit höheren Freibeträge geben.
Vorgesehen ist auch, die bisherige Eingliederungsvereinbarung durch einen Kooperationsplan abzulösen, der von den Leistungsberechtigten und den Integrationsfachkräften gemeinsam erarbeitet wird. Dieser Plan dient dann als „roter Faden“ im Eingliederungsprozess und wird als Kernelement des Bürgergeld-Gesetzes bezeichnet. Mit Abschluss des Kooperationsplans soll dann eine sechsmonatige Vertrauenszeit gelten. In diesem Zeitraum werde ganz besonders auf Vertrauen und eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe gesetzt. Lediglich wiederholte Meldeversäumnisse würden sanktioniert - mit maximal zehn Prozent Leistungsminderung, schreibt die Regierung.
Abgeschafft werden soll der „Vermittlungsvorrang in Arbeit“. Stattdessen sollen Geringqualifizierte auf dem Weg zu einer abgeschlossenen Berufsausbildung unterstützt werden, um ihnen den Zugang zum Fachkräftearbeitsmarkt zu öffnen. Eine umfassende Betreuung soll jenen Leistungsberechtigten helfen, „die aufgrund vielfältiger individueller Probleme besondere Schwierigkeiten haben, Arbeit aufzunehmen“.