Jeder zweite Azubi im Gastgewerbe bricht die Ausbildung ab
Berlin: (hib/EMU) Um den Fachkräftemangel in der Tourismusbranche ging es in einem Fachgespräch des Tourismusausschusses am Mittwochnachmittag. Die Hauptgeschäftsführerin des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga), Ingrid Hartges, erläuterte, dass sich die Situation in den vergangenen 24 Monaten aufgrund der Corona-Pandemie dramatisch verschlechtert habe. Sie betonte die Notwendigkeit, die Zuwanderung aus Drittstaaten zu beschleunigen, eine Offensive für die duale Berufsausbildung zu starten und sich für die Gleichwertigkeit der Berufsabschlüsse einzusetzen.
Für den Deutschen Tourismusverband (DTV) sagte dessen Geschäftsführer Norbert Kunz, dass der Fachkräftemangel in der Branche kein neues Thema, von der Pandemie aber verstärkt worden sei. Die Umsatzausfälle hätten in der Zeit von März 2020 bis Juni 2021 bei 118,6 Milliarden Euro gelegen, sagte Kunz. Es sei nun unter anderem wichtig, den Deutschlandtourismus stärker in den Blick zu nehmen, auch um Arbeitsplätze für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern aus der Branche zu sichern.
Von einem immer größer werdenden „Matchingproblem“ sprach Ilja Nothnagel, Mitglied der Hauptgeschäftsführung des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK). Es gebe in vielen Bereichen der Branche weiterhin mehr Ausbildungsplätze als Bewerber. Das sei auch eine Frage der Attraktivität: „Wir müssen fragen: Wie modern sind die Berufsbilder?“, so Nothnagel.
Die kommende Erhöhung des Mindestlohnes sei ein unheimlich wichtiges Signal, sagte Christoph Schink, von der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG). Gerade auch, weil viele Betriebe ihre Mitarbeiter ohne Tarifvertrag anstellten. Um die Berufe im Gastgewerbe attraktiver zu machen, sei es zudem wichtig, Arbeitszeit flexibler zu organisieren: „Es geht hier insbesondere um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Wertschätzung und gute Aus- und Weiterbildung - diese Dinge kosten Zeit“, so Schink.
Auch Daniel Terzenbach, Vorstand Regionen bei der Bundesagentur für Arbeit, berichtete von der Schwierigkeit, freie Stellen in der Tourismusbranche zu besetzen. Zudem sei die Abbruchquote bei Auszubildenden im Gastgewerbe mit 50 Prozent besorgniserregend hoch. Es werde immer wieder geschildert, dass viele junge Menschen die Ausbildung aufgrund von zwischenmenschlichen Konflikten am Arbeitsplatz abbrechen würden. „Wir wollen deshalb die assistierte Ausbildung voranbringen und auch die Eltern einbinden“, sagte Terzenbach. Diese hätten oft einen großen Einfluss auf die Entscheidung junger Auszubildender. Gerade bei diese Konfliktlösungsprozessen sollten mittlere und kleinere Unternehmen unterstützt werden, betonte Terzenbach.