27.01.2025 Enquete-Kommission Afghanistan-Einsatz — Unterrichtung — hib 45/2025

Enquete-Kommission Afghanistan legt Abschlussbericht vor

Berlin: (hib/LL) Die Enquete-Kommission „Lehren aus Afghanistan für das künftige vernetzte Engagement Deutschlands“ hat am Montagnachmittag ihren Abschlussbericht vorgelegt. Der Bericht (20/14500) soll am Freitag, 31. Januar 2025, Gegenstand einer Plenardebatte im Bundestag sein.

Das über 100 Seiten umfassende Dokument enthält 72 Empfehlungen an Bundesregierung und Bundestag, wie der deutsche Beitrag zum internationalen Krisenmanagement - vor dem Hintergrund der Erfahrungen in Afghanistan sowie angesichts sich wandelnder sicherheitspolitischer Herausforderungen - in Zukunft aussehen sollte.

Nach Einschätzung der Enquete-Kommission sollte Deutschland dem internationalen Krisenmanagement weiter eine hohe Bedeutung beimessen und sich auch in Zukunft an Einsätzen beteiligen - trotz der jüngsten Rückbesinnung auf die Landes- und Bündnisverteidigung sowie der Fokussierung auf neue Herausforderungen wie die Abwehr von Cyberangriffen, Desinformationskampagnen und Sabotageaktivitäten.

„Zahlreiche Konflikte, globale Machtverschiebungen und zunehmende Instabilität in vielen Regionen der Welt, haben direkten Einfluss auf Deutschland und Europa“, heißt es in dem Bericht. Dies alles zusammen werde man künftig im Rahmen eines integrierten sicherheitspolitischen Ansatzes im Blick behalten müssen.

Um Planung und Durchführung von Einsätzen des internationalen Krisenmanagements zu verbessern, komme es vor allem auf die Koordinierung innerhalb der Bundesregierung und ein optimales, vernetztes, Zusammenwirken der unterschiedlichen Instrumente - von Militär, Polizei, Diplomatie, Entwicklungspolitik, humanitärer Hilfe und wirtschaftlicher Zusammenarbeit - an.

Die Kommission schlägt vor, zu diesem Zweck einen „neuen Kabinettsausschuss einzurichten oder den Sicherheitspolitischen Jour Fixe auf Ebene der Staatssekretäre auszuweiten und zu intensivieren“. In einem „gemeinsamen Lagezentrum“ sollten dabei „strategische Lagebilder, Analysen und Prognosen zu einem ressortübergreifenden Gesamtbild zusammengeführt“ werden.

Nach Ansicht der Enquete gilt es außerdem, den Informationsfluss zwischen Ministerien und Bundestag zu intensivieren. Die Bundesregierung solle den Abgeordneten dazu „jährlich einen eingestuften Bericht zur sicherheitspolitischen Lage und strategischen Vorausschau vorlegen“.

Um die Kontrollfunktion des Parlamentes zu stärken schlägt die Kommission zudem vor, einen „eigenständigen (Unter-)Ausschuss zu Vernetzten beziehungsweise Integrierten Kriseneinsätzen“ einzurichten.

Vor allem aber bedürfe es bei einem Krisenmanagement-Engagement aufseiten der Regierung einer klaren Strategie und realistischer Ziele. Sowohl die Erreichung der Ziele als auch die Ziele selbst seien regelmäßig zu überprüfen.

Um eine angemessene personelle und materielle Ausstattung von Einsätzen zu gewährleisten, empfiehlt die Enquete-Kommission in ihrem Abschlussbericht den „Aufbau einer strategischen zivilen Personalreserve“. Ebenso sollten bei der Bundeswehr einsatzrelevante Fähigkeiten für Internationales Krisenmanagement vorgehalten werden, heißt es in dem Bericht.

Auf internationaler Ebene weist der Bericht den Vereinten Nationen eine zentrale Rolle für den Weltfrieden und die internationale Sicherheit zu und mahnt, die Handlungsfähigkeit der Welt-Organisation zu sichern.

Um durch kollektives Handeln bessere Ergebnisse beim internationalen Krisenmanagement und bei der Bekämpfung hybrider Bedrohungen zu erzielen müsse Deutschland aber auch die europäische Ebene stärken, die Kooperation innerhalb der Nato ausbauen und Partnerschaften mit Drittstaaten eingehen.

„Für das Ziel selbsttragender Reform- und Wiederaufbauprozesse sollten nichtstaatliche und zivilgesellschaftliche Akteure im Einsatzland sowie kleinere, vor Ort umsetzbare und in der lokalen Bevölkerung verankerte Projekte verstärkt berücksichtigt werden“, heißt es weiter.

Die Enquete-Kommission ist laut ihrem Bericht auch zu dem Schluss gekommen, dass „mehr öffentliche Diskussionen über die Außen-, Entwicklungs- und Sicherheitspolitik erforderlich sind und dazu mehr Informationen verfügbar sein sollten“. Weiter heißt es in dem Bericht, „Einsätze sollten von einer klaren Kommunikation durch die Bundesregierung begleitet werden“. Und „um Desinformationskampagnen zu begegnen, sollten die Analysefähigkeiten, insbesondere auf Social-Media-Plattformen verbessert und die Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden zwischen Bund- und Ländern, aber auch auf internationaler Ebene intensiviert werden.“

Der Bericht enthält Sondervoten der Fraktionen CDU/CSU, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und AfD.