Öffentliche Anhörung zu Bankenabgabe
Berlin: (hib/BAL) Der Finanzausschuss des Bundestags hat sich am Montagnachmittag in einer öffentlichen Anhörung mit dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Übertragung von Mitteln des Restrukturierungsfonds auf den Finanzmarktstabilisierungsfonds (Restrukturierungsfonds-Übertragungsgesetz, 20/13158) befasst. Dieser sieht vor, Mittel aus der Bankenabgabe zu nutzen, um Verbindlichkeiten des Bundes aus der Finanzkrise zu begleichen. Konkret sollen 2,3 Milliarden Euro aus dem nationalen Restrukturierungsfonds in den Finanzmarktstabilisierungsfonds (FMS) übertragen werden, der derzeit noch einen Fehlbetrag von 21,6 Milliarden Euro aufweist.
Grund für die Auflösung des FMS ist, dass die Banken seit 2015 in einen Europäischen Topf zahlen, der für Kosten aus der künftigen Abwicklung von in eine Krise geratene Banken vorgesehen ist, den Single Resolution Fonds (SRF). Dieser ist mittlerweile mit 78 Milliarden Euro gefüllt.
Dass die 2,3 Milliarden Euro, die aus der nationalen Bankenabgabe übrig sind, nun einfach in den Bundeshaushalt fließen könnten, schloss in der Anhörung Ekkehart Reimer aus, Direktor des Instituts für Finanz- und Steuerrecht der Universität Heidelberg und geladen auf Vorschlag der FDP-Fraktion. „Sonderabgaben müssen gruppennützig verwendet werden“, erklärte Reimer. Dies sei der Fall, wenn die Mittel in den FMS flössen, legt Reimer in seiner schriftlichen Stellungnahme dar, schließlich habe die Gruppe der Abgabepflichtigen, also die Banken, selbst von Stützungsmaßnahmen des Finanzsektors aus Mitteln des FMS profitiert.
Unerheblich sei, dass manche Banken nicht mehr in der Form existieren, die vor 15 Jahren aus FMS-Mitteln gestützt oder abgewickelt wurden, und dass teilweise neue Institute nach 2008/09 die Bankenabgabe zahlten. „Denn Gruppennützigkeit ist nicht Individualnützigkeit“, erklärt Reimer.
Zur Möglichkeit einer schlichten Rückzahlung der übrigen RSF-Gelder an die Banken äußerte sich Reimer kritisch. Denn dies könne beihilferechtliche Fragen der Europäischen Union aufwerfen.
Dem widersprach Michael Engelhardt, der „Die Deutsche Kreditwirtschaft“ (DK) vertrat, geladen auf Vorschlag der CDU/CSU-Fraktion. In ihrer schriftlichen Stellungnahme beschwert sich die DK über „eine Doppelbelastung von deutschen Instituten, die erst in den nationalen Fonds und dann erneut in den SRF einzahlen mussten“.
Die DK begrüßt hingegen, dass der Gesetzentwurf der Bundesregierung eine Neuregelung bei der steuerlichen Abzugsfähigkeit der Bankenabgabe vorsieht. Sollten künftig wieder Zahlungen in den europäischen SRF erforderlich sein, weil dieser für in Not geratene Kreditinstitute Ausgaben tätigen muss, dann sollen die deutschen Banken diese als Betriebsausgabe steuerlich geltend machen dürfen. Dazu schreibt die DK: „Bedauerlich ist, dass diese Anpassung nicht schon früher erfolgte. Denn die Feststellung, dass der nicht gewährte Betriebsausgabenabzug wettbewerbsverzerrend wirkt, gilt auch für die in der Vergangenheit gezahlten Beiträge.“
Anders sieht das Michael Peters vom Verein „Bürgerbewegung Finanzwende“, geladen auf Vorschlag der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen. Er mahnte, dass eine künftige Bankenrettung in der EU dazu führen könne, dass dem Fiskus 2,6 Milliarden Euro an Steuereinnahmen verloren gehen könnten, wenn Banken die dann wieder fällige Abgabe als Betriebsausgaben geltend machen könnten. „Im Gesetzentwurf fehlt eine Kostenschätzung“, kritisierte Peters.
Auch Lena Tonzer, Professorin für Makroökonomik an der Otto von Guericke Universität Magdeburg und ebenfalls auf Vorschlag der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen geladen, äußerte sich kritisch zur steuerlichen Abzugsfähigkeit künftiger Zahlungen der Banken in den europäischen SRF. Die Bankenabgabe setze den Anreiz für mehr Eigenkapital, erklärte Tonzer mit Blick auf die Methode zur Berechnung der Höhe der zu zahlenden Abgabe. Eine steuerliche Abzugsfähigkeit könne diese Lenkungswirkung reduzieren, warnte sie. Insbesondere in Ländern mit hohen Unternehmenssteuern gelte das. „Banken reagieren auf steuerliche Gesetzgebung“, erklärte Tonzer.
Verfassungsrechtlich sei ein (weiteres) Verbot der steuerlichen Abzugsfähigkeit möglich, machte Simon Kempny deutlich, Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht und Steuerrecht an der Universität Bielefeld und geladen auf Vorschlag der SPD-Fraktion. Das „objektive Nettoprinzip“, das im Grundsatz des Steuerrechts den Abzug von betrieblichen Ausgaben von der steuerlichen Bemessungsgrundlage vorschreibe und damit steuersenkend wirke, sei lediglich „eine einfachrechtliche Entscheidung“, nicht im Grundgesetz verankert. Von daher könne der Gesetzgeber davon abweichen.
In seiner schriftlichen Stellungnahme betont auch Kempny die Lenkungswirkung: „Selbst in der gegenwärtigen Phase des Nichtanfallens (der Bankenabgabe) ist das Abzugsverbot für die mittel- und längerfristige Planung der beitragspflichtigen Institute von Belang, weil sie die Kalkulation beeinflusst, inwiefern man künftig mit Kosten rechnen müsse, wenn man einschlägige Geschäfte betreibe. Wie jede Lenkungsabgabe kann auch die Bankenabgabe selbst in einer Zeit, worin sie kein Aufkommen erzeugt, als planungsrelevante Größe die gewünschte Anreizwirkung haben.“
Da es seit Ende 2023 jedoch bereits ein „risikoadäquates Rahmenwerk“ der Regulierung in Europa für die Banken gebe, sei die Lenkungswirkung nicht mehr nötig, argumentierte Hubertus Väth vom Verein Frankfurt Main Finance. Er warnte vor Nachteilen für den Finanzplatz Deutschland im internationalen Vergleich. „Dem Finanzplatz geht es in der Summe nicht schlecht, aber wir bleiben unter unseren Möglichkeiten“, sagte Väth, der auf Vorschlag der CDU/CSU-Fraktion geladen war.