Finanzminister skizziert Aspekte der Kapitalmarktunion
Berlin: (hib/BAL) Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) sieht als wesentliche Priorität auf EU-Ebene den Aufbau einer Europäischen Kapitalmarktunion. Im Finanzausschuss nannte er am Mittwochnachmittag dazu drei Punkte, die derzeit im Rat der EU-Finanzminister diskutiert würden. Europa sei auf Augenhöhe mit den USA, wenn es um die Bereitstellung öffentlicher Mittel für Investitionen gehe, sagte er. Was fehle, sei ein leistungsfähiger Kapitalmarkt. Der Finanzminister kritisierte, dass Europa noch immer in 27 nationale Kapitalmärkte zersplittert sei.
Lindner nannte drei erreichbare Ziele einer EU-Kapitalmarktunion. Dazu gehöre erstens der Aufbau eines Verbriefungsmarkts. Dieses Instrument sei im Zuge der globalen Finanzkrise vor gut zehn Jahren zum Erliegen kommen, gestand Lindner zu. Es ermögliche aber Banken, Risiken aus ihren Bilanzen am Markt zu diversifizieren. Dies könne die Finanzierungskapazität insgesamt erhöhen.
Als zweiten Punkt nannte Lindner die Diskussion über ein europäisches Sparprodukt. Es gehe dabei um ein „standardisiertes, möglicherweise steuerlich privilegiertes Produkt“. Zu erwägen sei, inwieweit dieses auf Investitionen in Europa beschränkt sein solle. Lindner erinnerte daran, dass es im Sinne der Verbraucher sei, beim Vermögensaufbau oder ihrer Altersvorsorge möglichst weltweit auch in verschiedene Währungsräume zu diversifizieren, um so das Risiko der Anlage zu streuen.
Dritter Punkt der Kapitalmarktunion sei die Aufsicht. Der Minister sprach von einer „stärker zusammenrückenden Aufsicht“. Nötig seien „Regeln, die in vergleichbarer oder sogar einheitlicher Weise angewandt“ würden. Deshalb sei es sinnvoll, hier auf Harmonisierung zu setzen. Unterschiedliche Sichtweisen gebe es auf EU-Ebene zur Frage, ob damit auch eine Zentralisierung der Aufsicht einhergehen solle. Hier habe die Bundesregierung in der Vergangenheit regelmäßig ihre Bedenken dargestellt.
Lindner verwies in diesem Zusammenhang auf die „große Heterogenität“ in Europa. Deutschland beispielsweise habe viele kleine hochspezialisierte Akteure, wobei Lindner als Beispiel die hohe Zahl an Versicherungsunternehmen nannte. Für diese dürfe es zu keinen überproportional hohen Kosten kommen.
Als durchaus wünschenswert nannte Lindner auf Nachfrage der Abgeordneten auch die Harmonisierung des Insolvenzrechts in Europa. Hier sieht der Minister aber große Hürden. Er verwies darauf, dass das Verständnis dazu in den Mitgliedsstaaten sehr unterschiedlich sei: Lindner erklärte, er halte es für sinnvoll, schrittweise vorzugehen beim Aufbau der Kapitalmarktunion und zunächst die Dinge anzugehen, die perspektivisch umsetzbar seien.