Parlament

Erläuterungen zur Geschäftsordnung

Ausschüsse – Funktion, Zusammensetzung und Arbeitsweise

Fast alles, was im Plenum des Bundestages geschieht, ist eine Darstellung und Verabschiedung von Entscheidungen, die in den Ausschüssen vorbereitet wurden. Der Schwerpunkt der parlamentarischen Arbeit im Bundestag liegt damit bei den Ausschüssen. Sie werden daher in der Geschäftsordnung des Bundestages auch als „vorbereitende Beschlussorgane des Bundestages“ bezeichnet. Neben der Beratung der Gesetzentwürfe, Anträge und Unterrichtungen, die das Plenum den Ausschüssen überwiesen hat, können diese sich im Rahmen der sog. Selbstbefassung mit Themen aus ihrem Geschäftsbereich befassen und ihre parlamentarische Kontrollfunktion ausüben, indem sie sich beispielsweise von den Ministerien informieren lassen.

Welche ständigen Ausschüsse eingerichtet werden und aus wie vielen Mitgliedern diese jeweils bestehen, entscheidet der Bundestag zu Beginn jeder Wahlperiode. Die Einsetzung bestimmter Ausschüsse ist dabei rechtlich vorgegeben. So schreibt das Grundgesetz die Einsetzung des Auswärtigen Ausschusses, des Petitionsausschusses, des Verteidigungsausschusses und des Ausschusses für die Angelegenheiten der Europäischen Union vor. Andere Ausschüsse, wie der Haushaltsausschuss, der Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung oder der Rechtsausschuss werden von der Geschäftsordnung oder einfachgesetzlichen Regelungen vorausgesetzt. Hinsichtlich der Einsetzung weiterer ständiger Ausschüsse hat der Bundestag freie Hand. In der Regel werden jede Wahlperiode über zwanzig ständige Ausschüsse eingesetzt, deren fachlicher Zuschnitt sich regelmäßig an der Organisation der Bundesregierung und dem Zuschnitt der Bundesministerien orientiert. Eine Sonderstellung nehmen die Enquete-Kommissionen ein, die der Bundestag bei Bedarf zur Vorbereitung von Entscheidungen über umfangreiche und bedeutsame Sachkomplexe einsetzt, denen nicht nur Abgeordnete, sondern auch Sachverständige, zum Beispiel Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, angehören. Ebenfalls zu den nichtständigen Ausschüssen zählen die (sogar verfassungsrechtlich verankerten) Untersuchungsausschüsse, die nur bei gegebenem Anlass eingesetzt werden und die Aufgabe haben, jeweils zu einem bestimmten Themenkomplex mögliches Fehlverhalten der Bundesregierung und der Verwaltung zu prüfen. Die Einsetzung eines solchen Untersuchungsausschusses ist als Minderheitenrecht ausgestaltet und erfordert einen Antrag von mindestens einem Viertel der Abgeordneten. Vor allem für die Opposition stellen Untersuchungsausschüsse damit ein wichtiges Kontrollinstrument gegenüber der Regierung dar. Das Verfahren und die besonderen Beweiserhebungsrechte der Untersuchungsausschüsse (z.B. Durchführung von Zeugenvernehmungen) sind im „Gesetz zur Regelung des Rechts der Untersuchungsausschüsse des Deutschen Bundestages – PUAG“ normiert.

In ihrer Zusammensetzung spiegeln die Ausschüsse das Stärkeverhältnis der Fraktionen im Plenum wider. Das bei der Ermittlung der auf die Fraktionen entfallenden Sitze in den Ausschüssen zur Anwendung kommende Berechnungsverfahren legt der Bundestag zu Beginn der Wahlperiode durch Beschluss fest. Die Fraktionen benennen die Ausschussmitglieder und deren Stellvertretungen. Jedes Mitglied des Bundestages soll grundsätzlich einem Ausschuss angehören. Fraktionslose Mitglieder werden von der Präsidentin bzw. dem Präsidenten als beratende Ausschussmitglieder benannt.

Über die Frage, welche Fraktion in welchem Ausschuss den Vorsitz stellt, können sich die Fraktionen mittels einer Vereinbarung im Ältestenrat verständigen. Kommt eine solche Verständigung nicht zustande, erhalten die Fraktionen in der Reihenfolge ihrer Stärke „Zugriff“ auf die jeweiligen Vorsitze, wobei auch insoweit das bereits angesprochene Berechnungsverfahren zur Anwendung kommt. Die Vorschläge der Fraktionen für die einzelnen Ausschussvorsitze können von den Mitgliedern des jeweiligen Ausschusses per Akklamation bestätigt werden. Auf Antrag stimmen die Ausschussmitglieder über den jeweiligen Vorschlag im Rahmen einer gegebenenfalls geheim stattfindenden Wahl ab. Entsprechendes gilt für die stellvertretenden Vorsitze der Ausschüsse.

Zu den Hauptaufgaben einer Vorsitzenden bzw. eines Vorsitzenden eines Ausschusses gehört die Einberufung und Leitung der Ausschusssitzungen. Regelmäßig finden Ausschusssitzungen zu bestimmten Zeiten am Mittwoch in einer Sitzungswoche statt. Der Vorsitz ist aber auch zur Einberufung zum nächstmöglichen Termin verpflichtet, wenn eine Fraktion im Ausschuss oder mindestens ein Drittel der Mitglieder des Ausschusses dies verlangt. Hieraus wird gleichzeitig ein Minderheitenrecht auf Aufsetzung eines Punktes auf die Tagesordnung abgeleitet, einen entsprechenden Antrag vor Beginn der Sitzung vorausgesetzt. In begründeten Ausnahmefällen ist die Einberufung einer Sitzung möglich, an der die Mitglieder des Ausschusses (auch) über elektronische Kommunikationsmittel teilnehmen können. Außerdem kann ein Ausschuss seinen Vorsitz in besonderen Fällen ermächtigen, auch außerhalb einer Sitzung über bestimmte Fragen eine Abstimmung durchführen zu lassen. In einem solchen Fall wird schriftlich oder mittels elektronischer Kommunikation abgestimmt.

Die Ausschüsse entscheiden grundsätzlich selbst, ob und inwieweit sie in öffentlicher Sitzung beraten. Dabei berücksichtigen sie insbesondere das Interesse an öffentlichen Sitzungen, die Besonderheit der Beratungsgegenstände und etwaige Erfahrungen mit öffentlichen Sitzungen. An öffentlichen Sitzungen der Ausschüsse können die Presse und die sonstige interessierte Öffentlichkeit im Rahmen der Raumverhältnisse teilnehmen. Ferner ist vorgesehen, öffentliche Sitzungen der Ausschüsse grundsätzlich im Internet zu übertragen. Besondere Zutrittsregelungen gelten unter anderem für die Sitzungen der sog. geschlossenen Ausschüsse. An deren Sitzungen dürfen nur die ordentlichen Mitglieder und deren namentlich benannten Stellvertretungen teilnehmen. Ob ein Ausschuss generell oder bei der Beratung von bestimmten Themen als geschlossener Ausschuss tagt, entscheidet das Plenum des Bundestages. So zählen der Verteidigungsausschuss und der Auswärtige Ausschuss zu den geschlossenen Ausschüssen, außerdem der Ausschuss für Inneres und Heimat in Angelegenheiten der inneren Sicherheit.

Von besonderer Bedeutung für die Ausschussberatungen sind die Anhörungssitzungen, die die Ausschüsse zu den Gegenständen ihrer Beratung durchführen können. Mit der Anhörung von Sachverständigen, Interessenvertreterinnen bzw. -vertretern oder anderen Auskunftspersonen können die Ausschüsse sich Informationen über einen Beratungsgegenstand beschaffen, zum Beispiel über die erwarteten Auswirkungen einer geplanten Regelung in der Praxis. Das Recht, eine öffentliche Anhörung zu verlangen, ist dabei – solange es sich um eine Anhörung zu einer überwiesenen Vorlage und nicht um eine im Rahmen der Selbstbefassung handelt – als Minderheitenrecht ausgestaltet. Das bedeutet, dass insoweit ein Verlangen eines Viertels der Ausschussmitglieder ausreicht. Besondere Beteiligungsrechte besitzen unter bestimmten Voraussetzungen die auf Bundesebene bestehenden kommunalen Spitzenverbände sowie der bzw. die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit.

Abgeschlossen werden die Beratungen im federführenden Ausschuss zu einem ihm überwiesenen Gesetzentwurf oder Antrag mit der Abstimmung über eine sog. Beschlussempfehlung. Mit dieser gibt der Ausschuss ein Votum für das Plenum ab, wie mit der betreffenden Vorlage weiter verfahren werden soll. So kann eine Beschlussempfehlung bezüglich eines Gesetzentwurfes beispielsweise vorschlagen, diesen (mit Änderungen) anzunehmen, abzulehnen oder für erledigt zu erklären. Neben diesem Votum enthält eine Beschlussempfehlung im Berichtsteil die entsprechende Begründung der Ausschussmehrheit, aber auch die Ansichten der Ausschussminderheit und die im Ausschuss erfolglos gebliebenen Änderungs- und Entschließungsanträge. Außerdem sind in ihr die Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse aufgeführt. Nach der Beschlussfassung im Ausschuss wird die Beschlussempfehlung mit dem Bericht als Bundestagsdrucksache veröffentlicht.

Von den Beschlussempfehlungen zu unterscheiden sind die Sitzungsprotokolle, die die Ausschusssekretariate für jede Beratungssitzung ihres Ausschusses erstellen. In diesen ist neben den beratenen Ausschussdrucksachen und den Beschlüssen des Ausschusses auch eine Zusammenfassung des wesentlichen Beratungsverlaufs enthalten. Die Sitzungsprotokolle werden spätestens ein Jahr nach der entsprechenden Ausschusssitzung veröffentlicht, wenn es sich um ein Protokoll über eine nichtöffentliche Sitzung handelt oder das Protokoll mit dem Vermerk „Nur zur dienstlichen Verwendung“ versehen wurde. Im Übrigen sind die Protokolle, insbesondere die der öffentlichen Sitzungen, grundsätzlich unverzüglich zu veröffentlichen. Für die Protokolle der Sitzungen geschlossener Ausschüsse und solcher Ausschüsse, deren Beratungen sich durch eine besondere Vertraulichkeit auszeichnen, sowie für als Verschlusssachen eingestufte Protokolle gelten Sonderregelungen.

Ebenfalls in diesem Zusammenhang zu nennen sind die Protokolle der Anhörungssitzungen der Ausschüsse. Sie werden als Wortprotokolle erstellt und zusammen mit den ggf. zu der Anhörung eingereichten Stellungnahmen auf dem Internetauftritt des jeweiligen Ausschusses veröffentlicht.