2. Untersuchungsausschuss

Untersuchungsausschuss zum Atomausstieg übergibt Abschlussbericht

Stefan Heck (CDU/CSU, links) und Lukas Benner (Bündnis 90/Die Grünen, rechts) übergeben ein Dokument an Bundestagsvizepräsidentin Yvonne Magwas.

Ausschussvorsitzender Stefan Heck (CDU/CSU, links) und Lukas Benner (Bündnis 90/Die Grünen, rechts) übergeben den Abschlussbericht des 2. Untersuchungsausschusses an Bundestagsvizepräsidentin Yvonne Magwas. (© DBT/Sebastian Rau/photothek)

Der 2. Untersuchungsausschuss zur Untersuchung der Umstände des deutschen Atomausstiegs hat am Mittwoch 19. Februar 2025, Vizepräsidentin Yvonne Magwas (CDU) seinen Abschlussbericht (20/14600) vorgelegt. Darin geben die Fraktionen ihre Bewertungen der Arbeit des Ausschusses ab. So kommt die SPD-Fraktion zu dem Ergebnis, rückblickend habe sich die Abwägungsentscheidung der Bundesregierung, am Ausstieg aus der Kernenergie festzuhalten, als richtig erwiesen. „Insbesondere aus ökonomischer Perspektive konnte der Ausschuss keine Begründung für eine längere Laufzeitverlängerung erarbeiten“, heißt es. Die Entscheidung von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) für den Streckbetrieb vor dem Winter 2022/2023 sei als eine von vielen Maßnahmen und Teil einer mehrfach redundanten Absicherung gegen Versorgungsengpässe sinnvoll gewesen.

SPD: Untersuchungsausschuss war nicht erforderlich

Zum Untersuchungsauftrag schreibt die SPD-Fraktion, die Union habe diesen Untersuchungsausschuss durchgesetzt, weil sie einen Skandal darin gesehen habe, dass Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) einen Weiterbetrieb der letzten drei Kernkraftwerke während der Energiekrise ablehnend gegenüber gestanden habe und keine ergebnisoffene Prüfung vorgenommen habe.

„Dieser Eindruck hat sich durchaus bestätigt. Eine bahnbrechende neue Erkenntnis ist dies allerdings – wie erwartet – nicht. Ein Untersuchungsausschuss mit all seinen Ressourcen wäre hierfür nicht erforderlich gewesen“, schreibt die SPD-Fraktion.

Union wirft Regierung Boykott des Atom-Ausschusses vor

Die CDU/CSU-Fraktion bezeichnet in ihrem Votum den Auftrag des Untersuchungsausschusses als „nicht erfüllbar, da von der Bundesregierung boykottiert“. So habe die Regierung Akten nur unvollständig vorgelegt. Dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) wird vorgeworfen, alle Nachrichten und E-Mails gesichtet und sortiert zu haben. „Das Ergebnis ist ein doppeltes: Erstens volle Kontrolle des BMWK und gegebenenfalls seiner Hausspitze über die an den Ausschuss herausgegebenen Informationen und damit die Umkehr der parlamentarischen Kontrolle der Regierung zur Kontrolle der Regierung über die Kontrolltätigkeit des Parlaments. Und zweitens unüberwindliche Zweifel der Mitglieder dieses Ausschusses, ob tatsächlich alle Unterlagen vorgelegt und nur Dopplungen entfernt worden sind, und nicht auch einzelne brisante Akteninhalte.“ Zusammenfassend heißt es: „Nach Auffassung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion ist die Sachlage eindeutig: Trotz des großen Einsatzes der Ausschussmitglieder konnte der Ausschuss seinen Auftrag nicht erfüllen, weil die Bundesregierung das gezielt verhindert hat.“ 

Zum Inhalt der Untersuchungen schreibt die Unionsfraktion, eine ergebnisoffene Prüfung ohne Denktabus über einen Weiterbetrieb der Kernkraftwerke habe nicht stattgefunden. Für die CDU/CSU-Fraktion steht fest, dass zentrale Behauptungen des Bundesumweltministeriums mit Blick auf die Kernkraftwerke unzutreffend gewesen seien: „Eine echte Laufzeitverlängerung war sicherheitstechnisch und rechtlich möglich, die lange vorgeschobene Periodische Sicherheitsüberprüfung (PSÜ) stand dem nicht im Wege und auch Brennelemente hätten rechtzeitig und ohne irgendeine Beteiligung Russlands besorgt werden können.“ 

Grüne: Atomausstieg war der richtige Weg

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ist klar, dass die Entscheidung für den Streckbetrieb der Kernkraftwerke vor dem Winter 2022/23 als eine von vielen Maßnahmen und Teil einer mehrfach redundanten Absicherung gegen etwaige Folgen der Energiekrise Sinn ergeben hat. Fazit der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen: „Der Untersuchungsausschuss hat bewiesen: Der Atomausstieg war der richtige und verantwortungsvolle Weg. Die Behauptung der Union, eine nur kurzfristige Laufzeitverlängerung hätte die Energiekrise wesentlich verschärft, wurde klar widerlegt.“ 

Die CDU/CSU habe sich in diesem Ausschuss nicht als ernsthafte politische Kontrollinstanz gezeigt, sondern als eine Fraktion, die mit populistischen Mitteln versucht habe, unzutreffende Vorwürfe in Richtung der Bundesregierung zu erheben.

FDP: Bundesregierung hat die Öffentlichkeit getäuscht

Nach Ansicht der FDP-Fraktion steht fest, dass die Bundesregierung die Öffentlichkeit getäuscht hat: „Die von Robert Habeck öffentlich versprochene ergebnisoffene Prüfung hat nie stattgefunden.“ Der ideologische Widerstand in den Leitungsebenen der Ministerien für Wirtschaft und Umwelt sei enorm gewesen. „Zum einen legten die Fachebenen in den Häusern das Augenmerk vor allem auf die Risiken einer Laufzeitverlängerung statt auf mögliche Chancen. Zum anderen wurden Vermerke und Papiere der Fachabteilungen im politischen Prozess von der Leitungsebene korrigiert, sodass auf der Fachebene vorhandene Argumente für eine Laufzeitverlängerung die Öffentlichkeit nie erreichten. Jegliche Ansätze, welche über das minimal Notwendige zur Vermeidung von Blackouts im Winter 2022/2023 hinausgingen, wurden nicht ernsthaft weiterverfolgt“, kritisiert die FDP-Fraktion. 

Entgegen den Angaben der Regierung wären neue Brennstäbe für die Kernkraftwerke kurzfristig verfügbar gewesen. Außerdem habe sich herausgestellt, „dass das Argument von Robert Habeck, die Notwendigkeit einer Periodischen Sicherheitsüberprüfung würde einer Laufzeitverlängerung im Wege stehen, falsch ist“. 

AfD: Kein ergebnisoffener Prüfungsprozess

Nach eingehender Analyse des Sachverhalts sei man zu dem Schluss gekommen, „dass die Entscheidung zur Laufzeitverlängerung deutscher Kernkraftwerke nicht im Rahmen eines ergebnisoffenen Prüfungsprozess zustande gekommen ist“, schreibt die AfD-Fraktion in ihrer Stellungnahme. Etliche Faktoren würden darauf hinweisen, „dass ideologische Beweggründe den Entscheidungsprozess maßgeblich beeinflusst und gesteuert haben“. 

Für die Erstellung eines Prüfvermerks sei eine selektive Auswahl von Argumenten und Annahmen erfolgt, die gezielt auf eine vorab festgelegte Richtung der Anti-Atomkraft-Bewegung hin ausgerichtet gewesen sei. Vorhandene fachliche Expertise sei nicht genutzt worden. (hle/19.02.2025)