Antwort auf Große Anfrage zu Steuererstattungen in Cum-Ex-Geschäften
Über die Vorwürfe der CDU/CSU-Fraktion gegen den heutigen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im Zusammenhang mit dem Steuerskandal Cum-Ex und die Zurückweisung dieser Vorwürfe durch die Bundesregierung hat am Donnerstag, 30. Januar 2025, der Bundestag debattiert. Anlass war die Antwort der Bundesregierung auf eine Große Anfrage der Unionsfraktion (20/14669).
Union: Scholz als Kanzler ungeeignet
Mathias Middelberg eröffnete für die CDU/CSU-Fraktion die Debatte. Er verwies darauf, dass Ende 2023 bekannt geworden sei, dass drei E-Mail-Postfächer noch existierten, die aus Scholz Zeit als Finanzminister stammten. „Es wäre interessant, diese Email-Postfächer jetzt zu checken“, sagte Middelberg.
Allerdings verweigere Scholz weiter den Zugriff auf diese Postfächer. „Das macht deutlich, dass er viel zu verbergen hat“, argumentierte Middelberg. Scholz sei entweder vergesslich „oder ein Lügner“. Es fehle ihm an Tauglichkeit oder Integrität. „Schon als Person ist Olaf Scholz als Kanzler ungeeignet“, sagte Middelberg.
SPD: Union wirft mit Schmutz
Diese Vorwürfe wies Michael Schrodi, finanzpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, zurück. Er empfehle allen Bürgern, die 18 Seiten umfassende Anfrage zu lesen. Alle Unterstellungen der Unionsfraktion seien widerlegt. „Sie werfen mit Schmutz, wir halten mit Fakten dagegen“, sagte Schrodi in Richtung der größten Oppositionsfraktion.
Diese wolle Kanzler Scholz vor der anstehenden Bundestagswahl diskreditieren, wie bereits vor der Wahl 2021. „Es wird Ihnen wieder nicht gelingen“, prophezeite Schrodi und versuchte den Spieß umzudrehen, indem er die Tätigkeit des CDU-Kanzlerkandidaten Friedrich Merz außerhalb der Politik in der Wirtschaft thematisierte. Merz habe „seine Kontakte in die Politik vergoldet“. Lobbyfirmen hätten das CDU-Wahlprogramm mit formuliert, kritisierte Schrodi.
FDP kritisiert Anfrage und Antwort
Dass der Streit zwischen den beiden Volksparteien aus seiner Sicht fruchtlos sei, machte für die FDP-Fraktion Markus Herbrand deutlich. „Insgesamt kann sich die Unionsfraktion nicht viel von ihrer eigenen Anfrage versprochen haben“, sagte Herbrand und sprach von „Unzulänglichkeiten bei der Fragestellung“. Allerdings sei auch die Mitwirkung der Bundesregierung „enttäuschend“, befand Herbrand mit Blick auf deren Antworten.
„Vertrauen in den Aufklärungswillen wird damit nicht hergestellt“, sagte Herbrand weiter. Auch er habe Fragen an den Kanzler, aber die Wiederholung von Fragen bringe wenig Erkenntnis. Außerdem: „Die Anfrage löst keines der drängenden Probleme in unserem Land.“ Wichtiger sei etwa, dass die Bundesländer ihre Justizbehörden besser ausstatteten.
Grüne für Vermögensverschleierungsgesetz
Ähnlich argumentierte Katharina Beck, finanzpolitische Sprecherin der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Die Konstruktion des Cum-Ex- sowie des Cum-Cum-Steuerbetrugs könnten nur „spezialisierte Steuerberaterinnen“ verstehen. „Momentan haben es Schwerkriminelle, hat es die organisierte Finanzkriminalität in Deutschland zu einfach“, befand Beck. Nötig seien deshalb mehr Ermittler sowie eine moderne IT-Ausstattung der Justiz.
Außerdem erneuerte Beck die Forderung ihrer Fraktion nach einem Vermögensverschleierungsgesetz. Sie bedauerte ferner, dass der Bundestag das bereits im Finanzausschuss mehrheitlich gebilligte Finanzkriminalitätsbekämpfungsgesetz (20/9648) nicht mehr in der letzten Sitzungswoche dieser Wahlperiode beschlossen hat.
Immerhin befand sie positiv, dass nahezu alle Fraktionen gegen Finanzkriminalität vorgehen wollten, wenn auch mit unterschiedlichen Mitteln, etwa die CDU mit ihrer Forderung nach einer Zollpolizei in ihrem Wahlprogramm. Dabei kritisierte sie, dass die AfD-Fraktion in ihrem Wahlprogramm keine Maßnahmen im Kampf gegen Finanzkriminalität und Steuerhinterziehung habe.
AfD: Unzulänglichkeiten in der Finanzverwaltung
Deren finanzpolitischer Sprecher Kay Gottschalk (AfD) schoss sich auf den Bundeskanzler ein, nannte Scholz wiederholt einen „Lügner“ und referierte seinen Lebenslauf. Dabei stellte er Begegnungen des heutigen Kanzlers in den 1980er Jahren zu SED-Vertretern heraus. „Er ist Sozialist und erzogen worden von den Funktionären der DDR“, wetterte Gottschalk.
Den Cum-Ex-Betrug nannte er dagegen eine „geniale Gestaltungsidee“, der die „Unzulänglichkeiten in der Finanzverwaltung deutlich gemacht“ habe. Die Aufarbeitung gehe nur schleppend voran. Bei der Tageszeitung „Welt“ bedankte er sich, dass diese herausgefunden habe, dass E-Mails aus der vergangenen Wahlperiode aus dem Finanzministerium wohl noch nicht endgültig gelöscht seien.
Linke: Aufarbeitung wird blockiert
Nicht rechts wählen, sondern „nach der Ampel links abbiegen“, empfahl Christian Görke von der Gruppe Die Linke den Wählern. Die Themen Cum Ex und Cum Cum seien „ein Trauerspiel“. Der Schaden aus diesen Steuerbetrugsvorfällen belaufe sich auf 31 Milliarden Euro.
„Gleichzeitig wird die Aufarbeitung in diesem Parlament weiter blockiert“, bemängelte Görke. Dafür sei die Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage ein Beleg. „Deutlicher kann man die Arroganz der Macht und den Unwillen zur Aufklärung nicht dokumentieren“, befand Görke. Er äußerte sein Unverständnis, dass es in der zu Ende gehenden Wahlperiode keinen Untersuchungsausschuss zum Thema Cum-Ex gegeben hat.
Antwort der Bundesregierung
In ihrer Antwort wirft die Bundesregierung der Fragestellerin „zahlreiche unzutreffende Behauptungen“ vor. So sei beispielsweise keine Verjährung von Steuerrückforderungen eingetreten, schreibt die Bundesregierung. Die Strafbarkeit der Cum-Ex-Geschäfte der Warburg Bank sei höchstrichterlich festgestellt worden.
Die Warburg Gruppe habe alle Cum-Ex-Gelder zurückgezahlt. Die Rückforderung der Kapitalertragsteuer sei 2016 zunächst unterblieben, weil die Beweislage für das Vorliegen von Cum-Ex-Geschäften damals für nicht ausreichend erachtet und damit das Prozessrisiko für zu hoch eingeschätzt worden sei. „Anders als von den Fragestellern behauptet, hat die Finanzbehörde Hamburg also ausweislich der Erkenntnisse des PUA nicht zunächst eine Rückforderung der Kapitalertragsteuererstattungen von der M. M. Warburg & CO Bank befürwortet“, heißt es in der Vorbemerkung der Antwort. (bal/30.01.2025)