Errichtung einer Stiftung zum NSU-Komplex beraten
Der Bundestag hat am Donnerstag, 5. Dezember 2024, erstmals einen Gesetzentwurf „zur Errichtung der Stiftung Gedenken und Dokumentation NSU-Komplex“ beraten, den die Koalitionsfraktionen SPD und Bündnis 90/Die Grünen vorgelegt haben (20/14024). Im Anschluss an die Aussprache wurde die Vorlage zur weiteren Beratung an den federführenden Ausschuss für Inneres und Heimat überwiesen.
Gesetzentwurf von SPD und Grünen
Wie die Fraktionen in der Vorlage ausführen, hat der sogenannte Nationalsozialistische Untergrund (NSU) über einen Zeitraum von fast 13 Jahren zehn Menschen ermordet, drei Bombenanschläge verübt und 15 Bank- und Raubüberfälle begangen. Bis heute gebe es indes bundesweit „keinen Erinnerungs- oder Lernort, der sich explizit mit der Geschichte des NSU, deren Opfern und von ihren Taten Betroffenen“ und darüber hinaus mit der Geschichte des Rechtsterrorismus nach 1945 auseinandersetzt.
„Die rechte Gewalt, rechtsextremistische Anschläge und die Geschichte des Rechtsterrorismus auf deutschem Staatsgebiet einschließlich demjenigen der ehemaligen DDR seit 1945 sind nach wie vor nicht im kollektiven Gedächtnis verankert“, schreiben die beiden Fraktionen weiter. Das gelte insbesondere auch für die Geschichte der 1990er Jahre in den ostdeutschen Bundesländern, „die als sogenannte ,Baseballschläger'-Jahre mitsamt dem ,Konzept der akzeptierenden Jugendarbeit' zur Entstehung des NSU beigetragen haben“. Hier bestehe eine strukturelle Lücke in der Erinnerungslandschaft der Bundesrepublik und in der historisch-politischen Bildung.
Geschichte des Rechtsterrorismus nach 1945
Die Stiftung „Gedenken und Dokumentation NSU-Komplex“ soll der Vorlage zufolge die kritische Aufarbeitung des NSU-Komplexes, eingebettet in die Geschichte des Rechtsterrorismus nach 1945, fördern, neue Wege der historisch-politischen Wissensvermittlung im gesamten Themenkomplex erarbeiten und das Gedenken an die Opfer und Überlebenden des NSU-Komplexes im kollektiven Gedächtnis der Gesamtgesellschaft verankern. Der NSU-Komplex stehe wie kein anderer für die Entwicklung des Rechtsterrorismus in der Bundesrepublik Deutschland nach 1945.
Die Stiftung soll durch ein „innovatives digitales wie analoges Vermittlungsprogramm rechtsterroristische Denkmuster und ihre Netzwerke sowie historische Kontinuitäten verstehbar machen“, heißt es in der Begründung des Gesetzentwurfs. Durch das Vermitteln und Einüben von Multiperspektivität und Begegnung sowie die Reflexion und den Abbau von Vorurteilen und Ideologien der Ungleichwertigkeit solle langfristig die „Entstehung einer inklusiven Gesellschaft gefördert werden, die für eine plurale Demokratie einsteht und sich aktiv gegen menschenfeindliche Denkmuster und Handlungen stellt“.
Weiterhin soll die Stiftung laut Vorlage konkrete Maßnahmen umsetzen, die der Stärkung und Unterstützung von Betroffeneninitiativen zu Gute kommen. Dabei solle die Vernetzungsarbeit und die Förderpraxis der Stiftung zur Entstehung eines dezentralen Verbunds „NSU-Dokumentationszentrum“ beitragen. (hau/sto/05.12.2024)