Wahlprüfung

Bundeswahlleiterin erläutert Risiken eines frühen Wahltermins

Zeit: Dienstag, 12. November 2024, 9 Uhr
Ort: Berlin, Marie-Elisabeth-Lüders-Haus, Sitzungssaal 3.101

Das ein oder andere Missverständnis konnte ausgeräumt werden, fasste die Vorsitzende des Wahlprüfungsausschusses Daniela Ludwig (CDU/CSU) das Ergebnis der knapp zweistündigen Befragung der Bundeswahlleiterin Dr. Ruth Brand zusammen. Der Ausschuss hatte die Bundeswahlleiterin zu einer Sondersitzung am Dienstag, 12. November 2024, eingeladen, um sie zur Vorbereitung der anstehenden Neuwahl des Deutschen Bundestages zu befragen. 

Brand: Vorbereitungen haben längst begonnen

Die vorgezogene Bundestagswahl wird nach den Worten von Ruth Brand wie eine reguläre Wahl, jedoch mit verkürzten Fristen durchgeführt. Maßgeblich sei dabei auch der Zeitraum vor der Auflösung des Bundestages durch den Bundespräsidenten. Parteien und Einzelbewerber hätten weniger Zeit, um Fehler zu beheben. Wenn Feiertage in den vom Grundgesetz vorgegebenen 60-Tage-Zeitraum zwischen Bundestagsauflösung und Wahltag fallen, könne dies die Vorlaufzeit reduzieren, selbst wenn die Wahlorgane regulär arbeiteten, sagte Brand. 

Ein verkürzter Zeitraum für die Versendung von Briefwahl-Unterlagen könne dazu führen, dass es zu Verschiebungen zwischen Brief- und Urnenwahl kommt. Die Wahllokale müssten groß genug sein. Das Risiko von Wahlfehlern steige, eine gründliche Vorbereitung sei erforderlich, um das Risiko von Wahlfehlern und Unstimmigkeiten zu verringern. Aber: „Alle werden alles in ihrer Macht Stehende tun, um die Wahl zu gewährleisten.“ Die Vorbereitungen hätten längst begonnen. Von Bedeutung sei, wann der Bundeskanzler die Vertrauensfrage stelle und ob die Frist ausgeschöpft wird.

Möglichkeit von Wahlfehlern

Dr. Johannes Fechner (SPD) mahnte, Fehler wie bei der letzten Bundestagswahl in Berlin, die teilweise wiederholt werden musste, dürften sich nicht wiederholen. Die Wahl müsse gut organisiert sein. Auf Fechners Frage nach einem Wahltermin am 19. Januar, wie von Unionsseite vorgeschlagen, sagte Brand, in diesem Fall müssten die Parteien bis 16. Dezember alles eingereicht haben, und zwar nach Mängelbeseitigung. 

Die Hauptphase, in der die Gemeinden arbeiten müssten, fielen auf Heiligabend, die Feiertage und Silvester. Sie habe nicht gesagt, im Januar oder Februar könne nicht gewählt werden, betonte die Bundeswahlleiterin. Es gebe aber Risiken und es könnten Ereignisse eintreten, die zu einem Wahlfehler führen.

Fragen zu Einflussnahme und Dienstweg

Patrick Schnieder (CDU/CSU) hob darauf ab, dass ein Sprecher der Bundeswahlleitung am 7. November gegenüber dpa erklärt habe, eine kurzfristige Neuwahl wäre kein Problem. Am selben Tag habe Brand auf ihrem X-Account mitgeteilt, mit den Vorbereitungen begonnen zu haben. Dann habe sie aber am 8. November in einem Schreiben an den Bundeskanzler Bedenken gegen einen frühen Wahltermin im Januar oder Februar geäußert. 

Schnieder und sein Fraktionskollege Ansgar Heveling wollten wissen, ob es eine Einflussnahme des Bundeskanzleramtes gegeben habe und weshalb der Brief nicht auf dem Dienstweg an das Innenministerium gerichtet wurde.

„Sachargumente sollten Eingang finden“

Brand sagte, die Auskunft an dpa, dass eine kurzfristige Neuwahl möglich wäre, bedeute nicht, dass sich die Bundeswahlleitung für eine Neuwahl im Januar ausgesprochen habe. Sie habe dem Bundeskanzleramt und auch gegenüber der Bundestagspräsidentin ihre Bedenken mitgeteilt. Es sei für sie wichtig gewesen, dass Sachargumente Eingang finden, betonte Brand. Zuvor habe sie mittags in einem Telefonat mit Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt (SPD) ihr Schreiben avisiert und um 13 Uhr weggeschickt. 

Zur Dienstweg-Frage erklärte Brand, sie sei auch gegenüber dem Innenministerium nicht weisungsgebunden. Ansprechpartnerin für alles, was den Bundestag betrifft, sei für sie die Bundestagspräsidentin. Mit der Papierindustrie habe sie keinen Kontakt gehabt, die Landeswahlleiter habe sie am 7. November zu einer Besprechung eingeladen, die am 11. November stattfand.

Brief an den Kanzler in der Kritik

Stephan Thomae (FDP) sagte, er habe ihren Brief an den Kanzler so gelesen, als sollte ein früher Wahltermin verhindert werden. Es sei gut, dass Brand jetzt „einen anderen Ton angeschlagen“ und klargestellt habe, dass auch früher gewählt werden könne. Dr. Till Steffen (Bündnis 90/Die Grünen) kritisierte wiederum Patrick Schnieder, dessen „Tonfall nicht angemessen“ sei. Der Bundeskanzler sei der richtige Adressat des Briefs gewesen.

Christian Görke (Gruppe Die Linke) sagte an die Unionsfraktion gewandt, Friedrich Merz habe eingeräumt, dass ein Wahltermin am 19. Januar zu ambitioniert gewesen sei. Dr. Volker Ullrich (CDU/CSU) stellte fest, dass die Frage des Wahltermins „in der Verhandlungsmasse von Verfassungsorganen“ liege. In ihrem Brief an den Kanzler habe Brand „eine politische Bewertung“ vorgenommen, indem sie auf „unwägbare Risiken“ hingewiesen habe. (vom/12.11.2024)