Zeit:
Montag, 18. September 2023,
14
bis 15.45 Uhr
Ort: Berlin, Paul-Löbe-Haus, Sitzungssaal E 200
Alle geladenen Sachverständigen haben in einer öffentlichen Anhörung des Familienausschusses am Montag, 18. September 2023, einen besseren Mutterschutz und eine bessere Absicherung für Selbstständige mit kleinen Kindern gefordert. Es sei Zeit, die Ungleichbehandlung von Arbeitnehmerinnen und Unternehmerinnen endlich zu beenden. Kinder zu bekommen sei kein privates Hobby, sondern eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die auch entsprechend abgesichert werden müsse, so der einhellige Tenor der Expertinnenrunde.
Diese verwies jedoch auch auf den Umstand, dass es wahrscheinlich schwierig sei, eine Lösung für alle zu finden, da es sehr viele verschiedene Formen der Selbstständigkeit gebe. Grundlage der Anhörung war ein Antrag der CDU/CSU-Fraktion (20/6911), in dem diese fordert, Schwangerschaft und Mutterschutz für Gründerinnen und Selbstständige zu erleichtern.
Antrag der Union
Die Fraktion fordert unter anderem, Höhe und Umfang des Mutterschaftsgeldes anzupassen, sowie eine Anlaufstelle einzurichten, bei der sich Selbstständige über Ansprüche informieren können. Auch solle das Elterngeld an die Lebensrealität von Selbstständigen angeglichen werden und Zahlungseingänge während des Elterngeldbezuges „auf den Zeitpunkt der erbrachten Leistungen“ abgestellt werden.
In dem Antrag kritisiert die Union, dass viele Arbeitsschutzvorschriften, insbesondere des Mutterschutzgesetzes, nicht für Selbstständige gälten.
Forderung nach „fairer“ Beitragsbemessung in der Sozialversicherung
In der Anhörung begrüßte unter anderem Dr. Marion Baierl von der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) den Antrag der Unionsfraktion ausdrücklich. Sie verwies jedoch darauf, dass allein eine Erhöhung der finanziellen Unterstützung von Unternehmerinnen nicht ausreiche, wenn man spätere Betriebsaufgaben im Zuge der Familiengründung verhindern wolle. Besser seien zusätzliche betriebsunterstützende Maßnahmen. Der Fokus müsse neben Schutz von Mutter und Kind auch die Aufrechterhaltung des Betriebes selbst sein, sagte sie.
Dr. Anne Dohle vom Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) betonte, eine Schwangerschaft dürfe nicht länger eine existenzielle Bedrohung für Firmeninhaberinnen sein. Die derzeitigen Leistungen seien zu stark auf die Belange von Arbeitnehmerinnen zugeschnitten, kritisierte sie. Dr. Vera Dietrich vom Verband der Gründer und Selbstständigen Deutschland (VGSD) rechnete vor, dass Selbstständige im Durchschnitt 20 Prozent höhere Beiträge an die Sozialversicherung abführten als Angestellte. „Wir brauchen eine faire Beitragsbemessung in der Sozialversicherung“, forderte Dietrich.
„Nicht nur über das Ob, sondern über das Wie nachdenken“
Kinder zu bekommen dürfe keine Frage eines erheblichen finanziellen Risikos sein, erläuterte die Unternehmerin Verena Pausder. Solange es kein flächendeckendes garantiertes Betreuungsangebot für unter einjährige Kinder gebe, müssten die Betreuungskosten vollständig absetzbar sein, forderte sie.
Johanna Röh, Petentin der Petition „Gleiche Rechte im Mutterschutz für selbständige Frauen“, erläuterte, oftmals sei das Krankengeld die einzige Absicherungsquelle für selbstständige Frauen, aber für Fälle von Schwangerschaft und Mutterschutz ungeeignet. „Die Zeit drängt. Wir sollten nicht nur über das Ob, sondern auch über das Wie nachdenken“, forderte sie. (irs/che/18.09.2023)