Befragung der Bundesregierung

Baerbock: Sicherheit für Israel und für die Palästinenser

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) hat betont, dass es dauerhafte Sicherheit für Israel nur geben kann, wenn es sie auch für die Palästinenser gibt. In der Regierungsbefragung im Bundestag sagte die Ministerin am Mittwoch, 16. Oktober 2024, im Umkehrschluss könnten Palästinenser nur in Frieden leben, wenn arabische Länder für die Sicherheit Israels einstehen. Daran habe die Bundesregierung mit den amerikanischen, britischen und französischen Partnern intensiv gearbeitet. In „all der Brutalität der letzten Monate“ sei genau das gelungen.

„Lassen keine weitere Destabilisierung zu“ 

Arabische Länder hätten öffentlich erklärt, dass sie für die Sicherheit Israels einstehen. „Auch weil wir jeden Tag deutlich gemacht haben, dass wir zu der Unterstützung Israels zugleich für die Sicherheit von unschuldigen Palästinensern einstehen. Dass wir nicht zulassen, dass weitere Staaten wie Jordanien destabilisiert werden und der Terrorismus sich dort weiter ausbreitet“, sagte Baerbock. 

Für die „Kraft der Differenzierung“, die jahrzehntelang deutsche Außenpolitik geleitet habe, werbe sie auch mit Blick auf den näher rückenden Bundestagswahlkampf. Für Deutschland sei die wichtigste Währung internationales Vertrauen, internationale Verlässlichkeit. „Dass wir nicht getrieben sind von Aktionismus, sondern getrieben sind von unseren Werten, für die wir international einstehen“, so die Ministerin. In Zeiten, in denen Destabilisierung um sich greift, sei das Eintreten für das Recht auf Selbstverteidigung, das Eintreten für das internationale Recht, für die Menschenrechte der beste Schutz für die Sicherheit der Menschen. 

Lauterbach: Wir sind in der Qualität Mittelmaß 

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach steht in der Regierungsbank und spricht in ein Mikrofon.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach beantwortete Fragen der Abgeordneten. (© DBT/Juliane Sonntag/photothek)

Den Fragen der Abgeordneten stellte sich auch Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach (SPD), der verkündete, dass der Schätzerkreis im Gesundheitssystem zum Ergebnis gekommen sei, dass der Beitragssatz der gesetzlichen Krankenversicherung im nächsten Jahr um 0,8 Beitragssatzpunkte steigen wird. „Das ist eine historische Steigerung“, sagte der Minister. Die Ursachen sieht Lauterbach in der Inflation und höheren Löhnen, die zum Teil auch berechtigt seien. Das deutsche Gesundheitssystem sei das teuerste in Europa, könne aber ausweislich seiner Qualität nicht überzeugen: „Wir sind in der Qualität Mittelmaß.“

In den letzten Jahren seien Strukturreformen versäumt worden, was auch ein Versäumnis seiner eigenen Partei gewesen sein, räumte Lauterbach ein. „Wir müssen jetzt zusammenhalten, wir müssen die wesentlichen Reformen machen“, appellierte der Minister an die Abgeordneten. Obwohl sie mehr Geld bekommen hätten, machten die meisten Krankenhäuser Defizite: „Das ist eine ineffiziente Struktur.“ Gebraucht werde eine bessere Qualität, mehr Spezialisierung, einen Abbau von Überkapazitäten. Es müssten aber auch die kleinen Häuser auf dem Land so erhalten werden, dass dort überall die Daseinsvorsorge gewährleistet ist. 

Auch habe seit 20 Jahren die Digitalisierung im Gesundheitssystem nicht erreicht werden können. Die elektronische Patientenakte habe nicht eingeführt werden können: „In den Praxen wird noch mit Faxgeräten gearbeitet.“ Im Januar würden die Gesetze dazu führen, dass die elektronische Patientenakte erstmalig kommt, kündigte der Minister an.  

Situation im Libanon

Der CDU-Abgeordnete Paul Ziemiak erkundigte sich bei der Außenministerin, wie sie den Libanon stabilisieren wolle und nahm Bezug auf einen Antrag der Unionsfraktion dazu. „Teile des Antrags haben wir umgesetzt“ erwiderte die Ministerin. Das Uno-Blauhelmmandat Unifil im Libanon habe gestärkt werden müssen, zum Schutz der Zivilbevölkerung und Israels: „Eine Destabilisierung des Libanon wäre katastrophal“, stimmte sie mit Ziemiak überein.

Auch Deborah Düring (Bündnis 90/Die Grünen) fragte nach der Situation im israelischen Nachbarland. 600.000 bis zu einer Million Menschen seien dort auf der Flucht, sagte Baerbock. Im Gaza-Streifen seien 17.000 Kinder Waisen. „Der Biden-Deal sollte endlich umgesetzt werden“, fordert sie mit Blick auf die Initiative des US-Präsidenten.

Klimakrise und Weltklimakonferenz

Dürings Fraktionskolleginnen Lisa Badum und Kathrin Henneberger sowie Olaf in der Beek (FDP) griffen die globale Klimakrise und die Weltklimakonferenz ab 11. November in Aserbaidschan auf. Letzterer sprach Kürzungen im Bundeshaushalt gegenüber dem Vorjahr sowie die Möglichkeit, durch öffentliche Gelder privates Kapital zu „hebeln“. Baerbock verwies auf begrenzte finanzielle Spielräume und warb für privates Kapital. Deshalb habe sie die Zuständigkeit für die internationale Klimapolitik in das Auswärtige Amt geholt.

Gegenüber Katrin Henneberger sagte die Ministerin, die Klimakrise sei einer der größten Konfliktverstärker. Die Begrenzung der Klimakrise könne den besten Beitrag für Frieden leisten, die Klimasicherheitspolitik sei eine der zentralen Fragen. „Das fossile Zeitalter ist vorbei“ entgegnete Baerbock der Abgeordneten Badum. In erneuerbare Energien müsse investiert werden, um vor allem kleinen Ländern eine Chance zu geben. 

Frank Schwabe (SPD) thematisierte die Menschenrechtssituation im Gastgeberland der Weltklimakonferenz Aserbaidschan an. Die Einreiseverbote für vier deutsche Abgeordnete als Mitglieder der Parlamentarischen Versammlung des Europarates und weitere Abgeordnete aus Europarat-Mitgliedsländern sprach die Ministerin ebenso an wie den Friedensprozess zwischen Armenien und Aserbaidschan.

Long Covid und Abwasser-Monitoring

Den Gesundheitsminister fragte der AfD-Abgeordnete Kay-Uwe Ziegler nach den Ursachen von Long Covid. Lauterbach erläuterte, dass wiederholte Covid-Infektionen das Risiko erhöhten, Long Covid zu entwickeln. Die Impfung schütze vor schweren Verläufen. In seltenen Fällen könne auch die Impfung zu Long Covid führen. 

In der Summe schütze aber die Impfung mehr vor Long Covid als dass sie dazu beitrage. Wenn jemand nach einer schweren Covid-Infektion Long Covid entwickele, dann werde Long Covid nicht auf die Impfung, sondern auf die schwere Infektion zurückgeführt.

Der CDU-Abgeordnete Sepp Müller wollte wissen, warum im Haushalt kein Geld für das Abwasser-Monitoring als Prävention für Long Covid eingestellt ist. Der Minister erklärte, das Abwasser-Monitoring finde statt, weil die Kommunen das selbst eingeführt hätten. Es finde flächendeckend statt.

Krankenhaus-Reform und Arzneimittel-Lieferengpässe

Dr. Christos Pantazis (SPD) erkundigte sich nach der Krankenhausreform. Hintergrund sei, das System der Fallpauschalen durch neue Pauschalen zu ersetzen. Die Fallpauschalen hätten dazu geführt, dass aus wirtschaftlichen Gründen zu viel operiert worden sei. „Wir brauchen gute Versorgung auf dem Land und Spezialisierung in den Städten“, sagte der Minister. Aufgrund der jüngsten Auswirkungsanalyse könnten die Länder sehen, welche Leistungsgruppen in ihrem Land verteilt sind.

Nach den Lieferengpässen bei Arzneimitteln fragte Christine Aschenberg-Dugnus (FDP) und sprach konkret Kinder-Fiebersäfte und Antibiotika an. In beiden Fällen rechne er nicht mit Lieferengpässen, sagte Lauterbach. Ursache der Engpässe sei, dass früher geschlossene Verträge nachteilig für die Patienten gewesen seien, die Zuschläge seien an die billigsten Bieter gegangen. Nun habe man das System umgestellt und Verträge würden nicht mehr ohne Lagerhaltung akzeptiert. (vom/16.10.2024)

Marginalspalte