Aktuelle Stunde

Bundestag debattiert Rücknahme der Wachstumsprognose

Die Union hat der Ampel-Koalition völliges Versagen in der Wirtschaftspolitik vorgeworfen. Die Ampel-Politik sei ein Wohlstandsvernichter und habe das Land „in einen kollektiven Schock versetzt“, sagte Julia Klöckner (CDU/CSU) am Mittwoch, 9. Oktober 2024, in einer von ihrer Fraktion beantragten Aktuellen Stunde mit dem Titel „Die deutsche Wirtschaft in der Rezession – Wirtschaftswende statt Wunschdenken“.

Ein Anlass war die an diesem Tage erfolgte Senkung der Wachstumsprognose der Bundesregierung durch Bundeswirtschaftsminister Dr. Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen). War die Regierung bisher von einem Wirtschaftswachstum in Höhe von 0,3 Prozent in diesem Jahr ausgegangen, so erwartet sie jetzt ein Schrumpfen der Wirtschaftsleistung um 0,2 Prozent. 

Union warnt vor „Abwärtsstrudel“

Dr. Carsten Linnemann (CDU/CSU) sprach von einer „Doppel-Rezession“, da die Wirtschaft bereits das zweite Jahr hintereinander schrumpfe. Sei Deutschland früher stärker aus Rezessionen herausgekommen, drohe diesmal das Gegenteil – „ein Abwärtsstrudel“. 

In dieser Krise komme es auf Führung an. Doch davon sei nichts zu sehen. Wenn die Bundesnetzagentur jetzt sage, die Wirtschaft müsse sich auf eine flexible Stromproduktion mit unterschiedlichen Preisen je nach Wettlerage einstellen, dann sei mit Investitionsentscheidungen nicht mehr zu rechnen.

SPD: Es sind stürmische Zeiten

„Es sind stürmische Zeiten, und wir alle spüren, es geht um viel“, sagte Esra Limbacher (SPD). Man solle sich durch Parteipolitik aber nicht davon ablenken lassen, worum es gehe: um den Wirtschafts- und Industriestandort. Die Rhetorik der Opposition sei nicht zielführend und verunsichere Bürger und Unternehmen. Man stehe vor enormen industriepolitischen Herausforderungen. Aber von der CDU und ihrem Vorsitzenden Friedrich Merz (CDU/CSU) seien keine Ideen zu hören, wie man diesen Industriestandort stärken könne, kritisierte Limbacher. 

Die deutsche Wirtschaft befinde sich in einer Umbruchphase. Die Industrie müsse stark bleiben. Mit der Wachstumsinitiative der Koalition sei ein Grundstein gelegt. Aber es müsse mehr geschehen, zum Beispiel eine Senkung der Strompreise.

AfD kritisiert „Wunschdenken“ der Regierung

Bernd Schattner (AfD) erklärte, die deutsche Wirtschaft stehe am Abgrund, und die Regierung lasse sie ausbluten. Er kritisierte Wunschdenken statt Wirtschaftspolitik. Durch die überstürzte Energiewende sei es zu überhöhten Strompreisen gekommen. 

Jetzt würden energieintensive Unternehmen wie BASF die Produktion ins Ausland verlagern. Auch kleine und mittlere Betriebe könnten das nicht stemmen. Die Transformation bedeute für viele Unternehmen den Ruin. Über 70.000 Firmen hätten letztes Jahr Insolvenz angemeldet. „Unsere Nachbarländer wachsen, während Deutschland stagniert oder schrumpft.“

Parlamentarischer Staatssekretär: Weitere Wachstumsimpulse setzen

Michael Kellner (Bündnis 90/Die Grünen), Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, erläuterte, nach einer Erholung zu Beginn des Jahres sei die Wirtschaft trotz fallender Inflationsrate und gesunkener Energiepreise zum Stillstand gekommen. Deshalb müssten weitere Wachstumsimpulse gesetzt werden. Das tue die Bundesregierung mit ihrem Wachstumsprogramm. Die Umsetzung der Wachstumsinitiative könne bis zu 0,5 Prozent Wachstum auslösen. 

Kellner lud die Union ein, gemeinsam die Initiative umzusetzen: „Unser Land braucht es.“ Er forderte auch eine Reform der Schuldenbremse, um mehr Investitionen möglich zu machen. 

Grüne kritisieren Vorgängerregierung

Dr. Sandra Detzer (Bündnis 90/Die Grünen) sagte, die Ampel packe an und räume auf, was die Vorgängerregierung hinterlassen habe. Dekarbonisierung sei die Zukunft und nicht die Rückkehr zum Verbrennungsmotor. Die Autohersteller seien auf dem Weg zur Antriebswende zum Elektromotor.

FDP: Es muss mehr passieren

Dr. Lukas Köhler (FDP) stellte fest: „Unserem Wirtschaftsstandort geht es richtig schlecht.“ Es sei gut, dass das alle erkennen würden. Jetzt müsse man auch zu Lösungen kommen. Probleme seien hohe Steuern, Bürokratie und hohe Energiekosten. 

Die Wachstumsinitiative der Koalition sei der richtige Schritt: „Trotzdem reicht das nicht.“ Es müsse mehr passieren.

Kritik von Linke und BSW 

Auch Jörg Cezanne (Gruppe Die Linke) nannte die Lage dramatisch. Das Wachstumspaket sei zu klein und zu wenig gewesen sowie zu spät gekommen. Christian Leye (Gruppe BSW) warf der Union vor, sie biete keine echten Lösungen an, sondern wolle nur an die Schalthebel der Macht. (hle/09.10.2024)

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