Der Bundestag hat am Freitag, 20. Dezember 2024, den Entwurf der Bundesregierung für ein drittes Gesetz zur Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes (20/12784, 20/13167, 21/13328 Nr. 13) angenommen. Auf Grundlage einer Beschlussempfehlung des Ausschusses für Klimaschutz und Energie (20/14245) votierten die Fraktionen von SPD, CDU/CSU und Bündnis 90/Die Grünen für den Entwurf. FDP, AfD und die Gruppe Die Linke enthielten sich der Stimme.
Erstmals beraten und im Anschluss an die Ausschüsse überwiesen wurden die Gesetzentwürfe von SPD und Bündnis 90/Die Grünen zur Änderung des Energiewirtschaftsrechts zur Vermeidung von temporären Erzeugungsüberschüssen (20/14235), zur Änderung des Bundesbedarfsplangesetzes (20/14242) und zur zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes zur Flexibilisierung von Biogasanlagen und Sicherung der Anschlussförderung (20/14246).
Gesetzentwurf der Bundesregierung
Mit ihrem Gesetzentwurf (20/12784) will die Bundesregierung die rechtliche Grundlage zur Erhebung der Gasspeicherumlage in Paragraf 35e des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG ) ändern. Der Gesetzentwurf sei nötig geworden, schreibt sie, weil die Europäische Kommission in einem Prüfverfahren zu der Auffassung gelangte, dass die auf Grundlage von Paragraf 35e EnWG festgelegte Berechnungsmethode unvereinbar sei mit der nach Inkrafttreten von Paragraf 35e EnWG in Kraft getretenen EU-Verordnung 2022/103 vom 29. Juni 2022 zur Änderung der EU-Verordnungen 2017/1938 und der EG-Verordnung Nr. 715/2009 im Hinblick auf die Gasspeicherung.
Zudem verteuere die Gasspeicherumlage durch die Belastung der Grenzübergangspunkte beziehungsweise virtuellen Kopplungspunkte den Gastransit durch Deutschland dermaßen, dass mittel- und osteuropäischen Mitgliedstaaten die Diversifikation ihrer Gasbezugsquellen erschwert werde. Damit stehe die Gasspeicherumlage den gemeinsamen Bestrebungen der EU entgegen, unabhängig von russischem Erdgas zu werden, so das Ergebnis der Prüfung.
Keine Umlage auf Exportgas
Der Gesetzentwurf sieht vor, das Gesetz dahingehend zu ändern, dass die Umlage ab dem 1. Januar 2025 nur noch auf inländische Entnahmestellen mit registrierender Leistungsmessung (RLM) und mit Standardlastprofilverfahren (SLP) auf im Inland ausgespeiste Gasmengen erhoben wird. Grenzübergangspunkte und virtuelle Kopplungspunkte, über die ins Ausland exportierte Gasmengen bislang an der Gasspeicherumlage beteiligt wurden, werden zukünftig nicht mit der Gasspeicherumlage belastet.
Durch die Beschränkung der Erhebung der Umlage auf inländische Entnahmestellen sollen Zweifel der Europäischen Kommission an der Vereinbarkeit von Paragraf 35e EnWG mit der EU-Gasspeicherverordnung vor allem im Hinblick auf die durch diese in die EU-Verordnung 2017/1938 neu eingefügten Artikel 6b und 6c ausgeräumt werden.
Stellungnahme des Bundesrates
Der Bundesrat hat in seiner Stellungnahme (20/13167) in dem Gesetzentwurf eine Regelungslücke ausgemacht und eine Änderung vorgeschlagen, die darauf abzielt, Wasserstoffelektrolyseure mit in den Geltungsrahmen des Gesetzentwurfs aufzunehmen.
Zur Begründung führt der Bundesrat aus, mit fortschreitendem Ausbau der Wasserstofferzeugung entstehe ein Bedarf für den Anschluss von Wasserstoffelektrolyseuren an das Stromnetz auch in Spannungsebenen oberhalb einer Nennspannung von 110 Kilovolt. Dabei sollten die Genehmigungsverfahren durch die Möglichkeit für die Durchführung von Planfeststellungsverfahren mit Konzentrationswirkung beschleunigt und rechtssicher ausgestaltet werden. In ihrer Gegenäußerung sagt die Bundesregierung zu, den Vorschlag zu prüfen.
Erster Gesetzentwurf von SPD und Grünen
Um den Herausforderungen temporärer Überschüsse bei der Stromerzeugung zu begegnen, hat die Bundesregierung einen Gesetzentwurf (20/14235) zur Änderung des Energiewirtschaftsrecht mit einer Vielzahl von Regelungen vorgelegt, die die Flexibilität im Stromsystem erhöhen sollen. Vor allem soll im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) die Direktvermarktung ausgeweitet und entbürokratisiert und Regelungen zur Vergütung von EE-Anlagen in Zeiten negativer Preise angepasst sowie die Vermarktung kleinerer Anlagen durch die Übertragungsnetzbetreiber reformiert werden. Weiter heißt es im Entwurf, durch eine Ausweitung der Steuerbarkeitsanforderungen solle gewährleistet werden, dass erneuerbare Energien zunehmend mehr Funktionen für die Systemsicherheit übernehmen. Durch ein intelligenteres Stromsystem mittels mehr Digitalisierung solle der Weg freigemacht werden, das Ziel eines Anteils von 80 Prozent erneuerbaren Energien am Bruttostromverbrauch im Jahr 2030 sicher und bezahlbar erreichen zu können.
Zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2024/1711 (novellierte Strombinnenmarktrichtlinie) sollen Regelungen im Bereich des Netzanschlusses in das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) aufgenommen werden. Außerdem wird die für das Jahr 2025 vorgesehene Umstellung der an den Strombörsen in den vortägigen Auktionen am Day-Ahead-Markt gehandelten und für die einheitliche Day-Ahead-Marktkopplung maßgeblichen Stromprodukte nachvollzogen, die anstatt von Stundenkontrakten zukünftig Viertelstundenkontrakte vorsehen.
Zweiter Gesetzentwurf von SPD und Grünen
In Deutschland ändert sich die Struktur der Stromerzeugung erheblich. Der zügige Ausbau der erneuerbaren Energien und der im Zuge der Energiewende massiv steigende Strombedarf erforderten einen schnellen Ausbau und sicheren Betrieb des deutschen Stromübertragungsnetzes, heißt es im Entwurf der Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen für ein Gesetz (20/14242) zur Änderung des Bundesbedarfsplangesetzes. Es sei erforderlich, so heißt es im Weiteren, Strom zunehmend über weite Strecken zu transportieren. Insbesondere der im Norden Deutschlands erzeugte Strom aus Windenergieanlagen müsse zu den Verbrauchsschwerpunkten im Süden und Westen Deutschlands geleitet werden: „Es gilt, Engpässe in der Stromversorgung innerhalb des deutschen Netzes zu beseitigen.“
Mit den Änderungen des Bundesbedarfsplangesetzes sollen fünf weitere Netzausbauvorhaben zur Höchstspannungs-Gleichstrom-Übertragung in den Bundesbedarfsplan aufgenommen werden. Für die neuen Netzausbauvorhaben werde die energiewirtschaftliche Notwendigkeit und der vordringliche Bedarf festgestellt. Zudem würden länderübergreifende und grenzüberschreitende Netzausbauvorhaben durch Kennzeichnung identifiziert, auf die die Regelungen des Netzausbaubeschleunigungsgesetzes anzuwenden seien. Mit Blick auf die Kosten des Vorhabens, heißt es im Entwurf von SPD und Bündnis90/Grüne, bei der Bundesnetzagentur falle ein zusätzlicher jährlicher Personalmittelbedarf von 5,2 Millionen Euro an. Für das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz ergäben sich im Saldo zusätzliche jährliche Personalausgaben in Höhe von 213 000 Euro und eine Stelle des höheren Dienstes.
Dritter Gesetzentwurf von SPD und Grünen
Mit ihrem Gesetzentwurf zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes zur Flexibilisierung von Biogasanlagen und Sicherung der Anschlussförderung (20/14246) wollen SPD und Bündnis 90/Die Grünen die Förderung für eine bestimmte Anzahl an Betriebsstunden zahlen, um die flexible Fahrweise der Anlagen anzureizen. Bisher wird die Förderung auf einen Anteil der jährlichen Bemessungsleistung gezahlt. Außerdem soll der Flexibilitätszuschlag von 65 Euro pro Kilowattstunde (kWh) auf 100 Euro pro Kilowattstunde installierter Leistung angehoben werden.
Zudem soll die Förderung künftig bereits bei schwach positiven Preisen entfallen. Um die Planungssicherheit für Biogasbestandsanlagen zu erhöhen, wird bis Ende 2027 ein Zuschlagsverfahren angewendet, in dem solche Anlagen bevorzugt einen Zuschlag erhalten, die an eine Wärmeversorgungseinrichtung angeschlossen sind. Gleichzeitig soll die Südquote endgültig aufgehoben werden.
Darüber hinaus wollen die Fraktionen die Ausschreibungsmengen moderat anheben, bei deutlicher Anhebung der Mengen in den kommenden zwei Jahren. Dabei soll ein Schwerpunkt auf die Ausschreibungen in den Jahren 2025 und 2026 gelegt werden, sodass eine schnelle Anschlussperspektive besteht. Außerdem wird die Anschlussförderung für die Anlagen von bisher zehn auf zwölf Jahre verlängert. (mis/vom/20.12.2024)