Lemke: Schutz und Reparatur von Ökosystemen dienen unserer Sicherheit
Mit dem Etatentwurf des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz hat sich das Parlament am Donnerstag, 12. September 2024, in erster Beratung gut eineinhalb Stunden lang auseinandergesetzt. Der Einzelplan 16 des Bundeshaushalts 2025 (20/12400) enthält Ausgaben von 2,65 Milliarden Euro im Vergleich zu 2,4 Milliarden Euro in diesem Jahr.
Bundesministerin Steffi Lemke (Bündnis 90/Die Grünen) plant mit Einnahmen von 1,12 Milliarden Euro gegenüber 1,06 Milliarden Euro in 2024. Der Einzelplan 16 wurde am Freitag, 13. September, zur weiteren Beratung an den Haushaltsausschuss überwiesen.
Ministerin: Es geht um elementare Sicherheit
Lemke nutzte die erste Lesung des Etatentwurfs, um die Umweltpolitik der Bundesregierung gegen Kritiker zu verteidigen: Angesichts immer häufigerer Hitzeperioden und Hochwasser sei es richtig gewesen, die Umweltpolitik stark auf den „Schutz und die Reparatur von Ökosystemen“ auszurichten. Es gehe dabei um „elementare Sicherheit“, betonte Lemke.
Mit dem Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz (ANK) arbeite die Bundesregierung daran, geschädigte Ökosysteme wie Wälder und Flussauen wiederherzustellen, damit sie Hochwasser wie ein Schwamm aufsaugen. Lemke zeigte sich zufrieden, dass es gelungen sei, das ANK „als das umfassendste Programm für natürlichen Klimaschutz und Klimaanpassung in der Geschichte Deutschlands“ zu verankern. Die eingeplanten 3,5 Milliarden Euro bis 2028 würden dringend gebraucht und seien gut investiertes Geld.
Bergung von Altmunition aus dem Meer
Als weiteres zentrales Vorhaben im Einzelplan 16 nannte die Ministerin die Beseitigung von Munitionsaltlasten aus Nord- und Ostsee. Der Startschuss für den Bau einer industriellen Bergungs- und Entsorgungsplattform sei vor zwei Wochen gefallen. Damit gehe die Bundesregierung eine Generationenaufgabe an.
Lemke kündigte an, dass für den Meeresschutz auch im kommenden Jahr zusätzliches Geld aus der Versteigerung von Offshore-Windkraftlizenzen zur Verfügung stehen werde. Der Etat des Bundesumweltministeriums gehöre zwar zu den kleinsten im Gesamthaushalt, so die Ministerin zum Schluss ihrer Rede. Dafür habe man „wirklich eine Menge“ angepackt.
CDU/CSU gegen Verbot von PFAS-Chemikalien
Gänzlich anders fiel die Bilanz von Steffen Bilger (CDU/CSU) aus: Der Haushalt des Bundesumweltministeriums stehe exemplarisch für die bremsende und blockierende Politik der Ampel. Während beispielsweise der Chemiestandort Deutschland mit „vielen tausend Arbeitsplätzen“ zu kämpfen habe, führe die Umweltministerin einen Kampf gegen eine ganze Gruppe von wasser-, fett- und schmutzabweisenden Chemikalien, die PFAS.
Pauschale Verbote, wie sie die Ministerin unterstütze, führten zu einer „Deindustrialisierung“, warnte Bilger. Es brauche endlich eine pragmatische, nicht ideologische Umwelt- und Verbraucherschutzpolitik.
SPD: Bekenntnis zu Zielen der Nachhaltigkeitsstrategie
Der Umweltetat „stelle Weichen für das Überleben zukünftiger Generationen“, befand Michael Thews (SPD): Gemessen daran sei es eigentlich „ein viel zu kleiner Haushalt“, das müssten sich alle bei den anstehenden Haushaltsberatungen vor Augen halten, mahnte er.
Es gehe um wichtige Investitionen – in Artenschutz, Meeresschutz, Klimaschutz und Klimaanpassung. Dass immerhin drei Viertel des Etats, über zwei Milliarden Euro, in Programme flössen, sei ein klares Bekenntnis auch zu den Zielen der Nachhaltigkeitsstrategie.
AfD kritisiert fehlgeleitete Umweltpolitik
Eine fehlgeleitete Politik hielt dagegen Jürgen Braun (AfD) der Bundesregierung vor: Da werde Steuergeld durch gefälschte Klimaschutzprojekte in China „verbraten“ und der Solarausbau in Südafrika gefördert anstatt Energiesicherheit in Deutschland.
Der Haushaltsplan für das kommende Jahr verheiße auch nichts Gutes: Zwar gebe es 60 Millionen Euro für den Meeresschutz – aber nur, um die Schäden des von der Bundesregierung vorangetriebenen „zerstörerischen Windkraftkraftanlagen auf See“ abzumildern. Der Verbraucherschutz sei der Ampel zudem „keinen Cent mehr wert“, kritisierte Braun.
FDP: Gesetze als Hebel für Umweltschutz
Julian Grünke (FDP) verwies angesichts des Etats, der nur 0,5 Prozent des Gesamthaushalts ausmacht, darauf, dass die Auswirkungen der Umweltpolitik sich auch nicht an den verausgabten Summen bemessen ließen. Der „entscheidende Hebel“ sei dagegen die Regulierung durch Umweltgesetze und -verordnungen, erinnerte der Abgeordnete.
Allerdings passiere es gerade in der Umweltpolitik allzu leicht, dass aus guter Ambition schlechte Gesetze entstünden. Die Folge: Aktenberge, kein Nutzen für die Umwelt.
Grüne: Steigende Kosten für Zwischen- und Endlagerung
Dr. Sebastian Schäfer (Bündnis 90/Die Grünen) warnte davor, sich von dem Aufwuchs des Umweltetats im Vergleich zum Vorjahr täuschen zu lassen. Das Plus erkläre sich fast vollständig aus dem „unabweisbaren Mehrbedarf für die Zwischen- und Endlagerung von radioaktiven Abfällen. Die Ausgaben stiegen dort um 22 Prozent. “Das verdeutlicht das Kostenrisiko, das mit der 60-jährigen Atomnutzung verbunden ist„, erklärte Schäfer.
Mehr als die Hälfte der Mittel im Etat hätten gar nichts mit der Zukunft zu tun. Umso wichtiger sei, dass die andere Hälfte dafür eingesetzt werde: Dabei seien ein konsequenter Klimaschutz und Naturschutz elementar.
Linke fordert Paradigmenwechsel
Als “völlig unzureichend„ angesichts der Herausforderungen nannte Susanne Henning-Wellsow (Gruppe Die Linke) den geplanten Etat des Bundeumweltministeriums. “Die Mittel müssen deutlich aufgestockt werden, um die Folgen der Klimakrise abzumildern und unsere Natur zu bewahren„, forderte sie. Allein im Bereich des Hochwasserschutzes brauche es 500 Millionen Euro pro Jahr zusätzlich, und mit 130 Millionen Euro, wie für den Artenschutz vorgesehen, lasse sich das “dramatische Artensterben„ nicht aufhalten, kritisierte sie.
Auch für die Energiewende und den Aufbau einer Kreislaufwirtschaft seien die Mittel viel zu gering. Es brauche daher einen Paradigmenwechsel in der Haushaltspolitik “weg von der Schuldenbremse hin zu notwendigen Investitionen in unsere Zukunft„.
Umweltschutz und radioaktive Abfälle
Für den Umweltschutz sollen im Einzelplan 16 266,77 Millionen Euro ausgegeben werden können (2024: 313,19 Millionen Euro). 38,57 Millionen Euro davon sind zur Förderung von Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel eingeplant. (2024: 41,07 Millionen Euro). Verbände und sonstige Vereinigungen auf den Gebieten des Umweltschutzes und des Naturschutzes sollen dem Entwurf zufolge Zuschüsse in Höhe von 11,58 Millionen Euro erhalten (2024: 11,25 Millionen Euro). 34 Millionen Euro sind für Investitionen zur Verminderung von Umweltbelastungen eingeplant. (2024: 37,56 Millionen Euro).
Für die Zwischen- und Endlagerung radioaktiver Abfälle sieht die Vorlage Ausgaben in Höhe von 1,4 Milliarden Euro vor (2024: 1,14 Milliarden Euro). Davon entfallen 860,81 Millionen Euro auf Endlagerungen und Standortauswahlverfahren (2024: 710 Millionen Euro) und 534,44 Millionen Euro auf Zwischenlagerungen (2024: 430 Millionen Euro).
Der Naturschutz soll im nächsten Jahr 200,03 Millionen Euro kosten dürfen im Vergleich zu 146,14 Millionen Euro in diesem Jahr. Für nukleare Sicherheit und Strahlenschutz sind 131,56 Millionen Euro vorgesehen (2024: 137,95 Millionen Euro) und für Verbraucherpolitik 40,34 Millionen Euro (2024: 40,38 Millionen Euro).
Nachgeordnete Behörden
Das nachgeordnete Umweltbundesamt soll 186,8 Millionen Euro erhalten (2024: 183,56 Millionen Euro), das Bundesamt für Naturschutz 52,76 Millionen Euro (2024: 56,36 Millionen Euro), das Bundesamt für nukleare Sicherheit der nuklearen Entsorgung 69,31 Millionen Euro (2024: 68,82 Millionen Euro) und das Bundesamt für Strahlenschutz 75,76 Millionen Euro (2024: 83,59 Millionen Euro). (sas/hau/13.09.2024)