Bundestag streitet über Meinungsfreiheit an Schulen und Hetzkampagnen
In einer hitzigen Debatte hat sich der Bundestag am Freitag, 22. März 2024, auf Verlangen der AfD mit der Meinungsfreiheit an Schulen befasst. Anlass der Aktuellen Stunde war ein Polizeieinsatz an einem Gymnasium in Ribnitz-Damgarten, bei dem es um Inhalte in den sozialen Medien ging. Im Parlament sorgte der Fall für einen heftigen Schlagabtausch zwischen der AfD und den übrigen Fraktionen. Die AfD warnte während der Plenardebatte vor einem „Überwachungsstaat“. Die Fraktion verbreite Fake News und instrumentalisiere den Fall für eine „orchestrierte Hetzkampagne“ gegen den demokratischen Rechtsstaat, hielten die übrigen Fraktionen dagegen.
Ende Februar hatte der Schulleiter des Gymnasiums die Polizei verständigt, nachdem er Hinweise erhalten hatte, eine 16-Jährige verbreite rechtsextreme, mutmaßlich staatsschutzrelevante Inhalte in sozialen Medien. Der Verdacht bestätigte sich nicht, die Polizei ließ das Mädchen jedoch für ein Aufklärungsgespräch aus dem Unterricht holen. Der Vorfall sorgte für Aufsehen, auch, weil es unterschiedliche Darstellungen über den Inhalt der Social-Media-Posts gab.
AfD sieht „rote Linie überschritten“
Die AfD übte heftige Kritik am Vorgehen von Schule und Polizei. „Hier wurde deutlich eine rote Linie überschritten“, sagte Leif-Erik Holm (AfD). Die Schülerin sei „mit der ganzen Macht des Staates drangsaliert“ worden. Das sei einer Demokratie „absolut unwürdig“.
Kinder und Heranwachsende in diesem Land müssten „frei aufwachsen“ können, forderte Holm. Deutschland brauche keine „Duckmäuser“, so der AfD-Abgeordnete, sondern „freie, selbstredende Menschen“.
SPD: Lügen, Hass und Unfrieden
Anna Kassautzki (SPD) warf ihrem Vorredner „Lügen, Hass und Unfrieden“ vor. Die AfD verfälsche den Vorfall in Ribnitz-Damgarten und missbrauche die Schülerin für eine Hetzkampagne gegen den demokratischen Rechtsstaat.
Es sei bei dem Einsatz um „klar zuordenbare Postings mit einschlägigen rechtsextremen Codes und Parolen“ gegangen. Indem der Schulleiter die Polizei rief und die Hintergründe klären ließ, habe er „völlig korrekt“ gehandelt. Rechtsextremismus sei schließlich kein Kavaliersdelikt, sagte Kassautzki und ermutigte Lehrkräfte dazu, sich nicht einschüchtern zu lassen.
Union lastet AfD gesellschaftliche Spaltung an
Auch Lars Rohwer (CDU/CSU) lastet der AfD eine bewusste Spaltung der Gesellschaft an. „An unseren Schulen erfolgt weder staatliche Einschüchterung noch ideologische Repression“, so Rohwer. Schülerinnen und Schüler lernten dort, demokratisch und freiheitlich zu denken. „Unsere Schulleiter und Lehrkräfte haben dabei unsere vollständige Unterstützung – aus Überzeugung.“
Rohwer verwies während seiner Rede auf die geforderte „parteipolitische Neutralität“ von Lehrerinnen und Lehrern. Allerdings, so der Unionsabgeordnete, „dürfen und sollen sich Lehrkräfte gegen antidemokratische Prinzipien wenden“. Die Aufklärung über extremistische Positionen und Tendenzen sei ein wichtiges Bildungsziel in allen Schulformen.
Grüne kritisiert „orchestrierte Hetzkampagne“
Was die AfD zu dem Vorfall an der Schule berichtet habe, könne nur als Fake News bezeichnet werden, sagte Lamya Kaddor (Bündnis 90/Die Grünen). Mit Blick auf die „teilweise rechtsextremen Äußerungen“ in den Social-Media-Postings der Schülerin habe der Rektor korrekt gehandelt. „Schulen haben auch einen Erziehungsauftrag und dem ist diese Schule vorbildlich nachgegangen.“
Der AfD warf Kaddor vor, die 16-Jährige für eine „orchestrierte Hetzkampagne“ zu instrumentalisieren. Die Partei betreibe „rechte, demokratiefeindliche Propaganda.“
FDP warnt vor „Schnellschüssen“
Wolfgang Kubicki (FDP) warnte vor „Schnellschüssen“ bei der Bewertung des Vorfalls. Schließlich habe es in der Angelegenheit in den vergangenen Tagen „eine Reihe an Wendungen“ gegeben. Er plädierte dafür, zunächst abzuwarten, „bis die Sachlage wirklich sauber geklärt ist“.
Die AfD, kritisierte Kubicki, sei sich für „parteipolitische Spiele auf dem Rücken einer 16-Jährigen“ nicht zu schade. (irs/22.03.2024)