Änderung des Bundesvertriebenengesetzes in erster Lesung beraten
Der Bundestag hat am Donnerstag, 28. September 2023, erstmals über den Gesetzentwurf zur Änderung des Gesetzes über die Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlingen (Bundesvertriebenengesetz, BVFG, 20/8537) beraten, den die Koalitionsfraktionen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP vorgelegt haben.
Gegenstand der Debatte war zudem ein Antrag mit dem Titel „Spätaussiedler willkommen heißen – Bekenntnisse zum deutschen Volkstum anerkennen“ (20/8532), den die AfD-Fraktion einbrachte. Im Anschluss an die Aussprache wurden beide Vorlagen zur weiteren Beratung in den federführenden Ausschuss für Inneres und Heimat überwiesen.
Gesetzentwurf der Koalition
Mit dem Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen soll ein „mittelfristig drohender Rückgang der Aufnahmemöglichkeiten für Spätaussiedler“ verhindert werden. Wie die drei Fraktionen ausführen, sind die „Anforderungen für den Nachweis des Bekenntnisses zum deutschen Volkstum, das für die Spätaussiedleraufnahme erforderlich ist“, durch höchstrichterliche Rechtsprechung angehoben worden (BVerwG, Urteil vom 26.01.2021, Az.: 1 C 5.20.). Dies gelte für diejenigen Spätaussiedler, die ein sogenanntes Gegenbekenntnis abgegeben haben, also in amtlichen Dokumenten eine nichtdeutsche Volkszugehörigkeit haben eintragen lassen. Dieses Gegenbekenntnis stehe einem Bekenntnis zum deutschen Volkstum so lange entgegen, bis davon wirksam abgerückt wurde.
Für ein solches Abrücken reiche aber nach der Rechtsprechung allein die formelle Änderung der Eintragung in amtlichen Dokumenten auf eine deutsche Volkszugehörigkeit nicht aus, heißt es in der Vorlage weiter. Vielmehr müssten die Antragsteller äußere Tatsachen nachweisen, „die einen inneren Bewusstseinswandel und den Willen erkennen lassen, nur dem deutschen und keinem anderen Volk anzugehören“. Diese erhöhten Anforderungen der Rechtsprechung seien naturgemäß einzelfallbezogen und entzögen sich stereotypen Darlegungen, so dass die Betroffenen sie nur schwer nachvollziehen könnten. Die dem Urteil angepasste Verwaltungspraxis habe demzufolge zu deutlich mehr Ablehnungen geführt und werde mittelfristig den Spätaussiedlerzuzug stark begrenzen.
Rückkehr zur früheren Verwaltungspraxis
Die geplante Änderung soll daher den Koalitionsfraktionen zufolge die Rückkehr zur früheren Verwaltungspraxis ermöglichen. Diese habe eine Änderung des Bekenntnisses durch bloße Änderung der Volkszugehörigkeit in allen amtlichen Dokumenten bis zum Verlassen der Aussiedlungsgebiete erlaubt.
Mit einer weitere Änderung des Bundesvertriebenengesetzes sollen laut Vorlage zudem die Vertriebenenbehörden in die Lage versetzt werden, zur Wahrung der schutzwürdigen Interessen der Betroffenen Auskünfte aus den entsprechenden Daten und Verwaltungsvorgängen geben zu können. Hierdurch solle verhindert werden, dass nach dem Bundesvertriebenengesetze Aufgenommene ihren Status im Nachhinein nicht mehr nachweisen können, weil die entsprechenden Akten nicht mehr vorhanden sind.
Antrag der AfD
Die AfD-Fraktion dringt auf Änderungen des Bundesvertriebenengesetzes. In ihrem Antrag fordert die Fraktion die Bundesregierung auf, das Gesetz „mit Blick auf den Krieg in der Ukraine an die Herausforderungen von Krieg, Katastrophen und anderwärtigen Gefahren für Leib und Leben anzupassen, um den Verlust des Aufnahmeanspruches in diesen Fällen bei Verlassen des Aussiedlergebietes auszuschließen“. Auch soll die Bundesregierung dem Antrag zufolge Paragraf 6 des Gesetzes so ergänzen, „dass das aktuelle Bekenntnis zum deutschen Volkstum maßgeblich für die Anerkennung als deutscher Volkszugehöriger ist“.
Zudem wird die Bundesregierung aufgefordert, die Sprachmittlerorganisationen in den Aussiedlungsgebieten instand zu setzen, Sprachkursangebote stark auszuweiten, an deutlich mehr Orten anzubieten sowie die Kurse und den Erwerb von Sprachzertifikaten für Deutsche kostenfrei anzubieten. Daneben sollen nach dem Willen der Fraktion die diplomatischen Vertretungen Deutschlands beziehungsweise die Vertretungen der deutschen Minderheiten in den Aussiedlungsgebieten „personell instand“ gesetzt und Spätaussiedlern bei der Antragstellung auch „personell zumindest eine vergleichbare Unterstützung (...) wie Asylbewerbern bei deren Antragstellung in Deutschland“ gewährt werden.
Des Weiteren soll die Bundesregierung laut Vorlage die Zeiten für die Bearbeitung von Anträgen verkürzen und die Kosten für die Antragstellung („Fahrten zum Konsulat, Übersetzungen, Notarkosten“) im Falle der Anerkennung übernehmen. Darüber hinaus fordert die AfD-Fraktion in dem Antrag unter anderem, „die nach dem 24. Februar 2022 von der Bundesregierung unterbrochenen Kontakte mit offiziellen Stellen der Russischen Föderation in Bezug auf Fragen, die die deutsche Minderheit betreffen, unverzüglich wieder aufzunehmen“. (vom/sto/28.09.2023)