Debatte zur Bekämpfung von Antisemitismus in Deutschland
Nach den israelfeindlichen Kundgebungen und Straftaten in Deutschland im Gefolge des Terrorangriffs der palästinensischen Hamas auf Israel haben am Mittwoch,18. Oktober 2023, während einer Aktuellen Stunde im Bundestag Vertreter aller Fraktionen jegliche judenfeindlichen Aktionen scharf verurteilt und zur entschiedenen Bekämpfung von Antisemitismus in Deutschland aufgerufen.
Ministerin: Solidarität mit Israel ist Teil der Staatsraison
Für die Bundesregierung betonte Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Bündnis 90/Die Grünen), es sei nach deutschem Recht eine Straftat, „Symbole der Terrororganisation Hamas zu zeigen und damit ihre Untaten zu feiern“, und dies müsse entsprechend durchgesetzt werden. Das Existenzrecht Israels sei durch nichts zu relativieren. Deutschlands Solidarität mit Israel sei historische Verpflichtung und Teil der Staatsraison.
Wichtig sei auch das klare Signal, dass man ebenso an der Seite der Juden in Deutschland stehe. „Wir tun alles, was wir können, für ihre Sicherheit“, betonte die Ministerin und fügte hinzu, dass die Bundesregierung alles Mögliche tun werde, „damit verschleppte Angehörige wieder freikommen“.
„Sprengt jede Dimension von Antisemitismus in Deutschland“
Die Parlamentarische Innen-Staatssekretärin Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD) sagte, es sei purer Antisemitismus, wenn auf deutschen Straßen die menschenverachtenden Taten der Hamas bejubelt werden. In Deutschland dürfe jeder friedlich demonstrieren, aber es gebe null Toleranz für antisemitische, israelfeindliche Hetze und für Gewalt. Diese Linie setze der Rechtsstaat um mit Versammlungsverboten und nötigenfalls mit „hartem polizeilichem Eingreifen“. Auch werde man alle rechtlichen Möglichkeiten zur Ausweisung von Hamas-Unterstützern nutzen. Zugleich habe der Schutz jüdischer Einrichtungen in der Bundesrepublik höchste Priorität.
Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesjustizministerium, Benjamin Strasser (FDP), beklagte, dass die Bundesrepublik kein sicherer Ort für jüdisches Leben sei. Angst sei seit vielen Jahren für Juden hierzulande ein „Alltagsbegleiter“. Was man aber derzeit erlebe, „sprengt jede Dimension von Antisemitismus in Deutschland“, fügte Strasser hinzu und verwies etwa darauf, dass in der Nacht zum Mittwoch in Berlin eine „Synagoge mit Molotow-Cocktails beworfen“ worden sei. Für die Bundesregierung sei klar, dass sie noch entschlossener gegen Antisemitismus vorgehen wolle. Dies geschehe etwa mit dem Verbot der Hamas. Auch werde beim Staatsangehörigkeitsrecht klargestellt, dass Antisemiten künftig nicht Deutsche werden können.
Union für Entzug der deutschen Staatsbürgerschaft
Alexander Hoffmann (CDU/CSU) befand, es sei abscheulich, wenn hierzulande die Massakrierung und Verschleppung durch die Hamas bejubelt und Wohnstätten von Juden „mit dem Davidstern gebrandmarkt werden“. Wer Antisemitismus und Hass gegen Israel auf deutsche Straßen bringt, habe in der Bundesrepublik nichts verloren. Wer das Existenzrecht Israels nicht anerkenne, dürfe in Deutschland kein Asylrecht oder anderen Schutzstatus erhalten.
Die deutsche Staatsbürgerschaft dürfe nur erhalten, wer sich ausdrücklich zum Existenzrecht Israels bekenne, und wenn jemand mit doppelter Staatsangehörigkeit mit antisemitischen Handlungen auffällt, müsse ihm die deutsche Staatsbürgerschaft entzogen werden können.
Grüne: Erinnert an Terror der Nationalsozialisten
Lamya Kaddor (Bündnis 90/Die Grünen) nannte es eine „unerhörte Schande“, dass in Deutschland als dem Land der Shoa Menschen den Terror der Hamas glorifizierten und antisemitische Parolen skandierten. Dass es in Berlin zu einem Brandanschlag auf die jüdische Gemeinde gekommen sei, erinnere an den Terror der Nationalsozialisten. Man dürfe nie wieder hinnehmen, dass die Ermordung von Juden öffentlich Zuspruch erhält.
Sie begrüßte, dass bei einem Treffen am Vortag die dabei anwesenden Islam-Verbände die Glorifizierung des Hamas-Terrors auf deutschen Straßen nicht akzeptierten. Allerdings seien einige Verbände nicht dabei gewesen, weshalb zu fragen sei, ob die Zusammenarbeit „wie bisher weiterlaufen kann“.
AfD warnt vor „importiertem islamistischen Antisemitismus“
Martin Hess (AfD) wertete es als „unerträglich“, wie sich in Deutschland als Reaktion auf den „barbarischen Terrorakt“ der Hamas gegen Israel ein „widerwärtiger islamistischer Judenhass Bahn“ breche. Dass der Staat dies nicht effektiv unterbinden könne, sei eine Bankrotterklärung.
Antisemitismus in jeglicher Form sei inakzeptabel und müsse mit aller Härte bekämpft werden. Dabei sei egal, ob er islamistisch, rechtsextremistisch oder linksextremistisch motiviert sei. Die anderen Fraktionen hätten sich aber in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten ausschließlich auf den rechtsextremistischen Antisemitismus konzentriert und den durch eine „verheerende Migrationspolitik“ verursachten „importierten islamistischen Antisemitismus“ ausgeblendet.
SPD: Bund und Länder müssen klare Kante zeigen
Dirk Wiese (SPD) sagte, die Solidarisierung mit dem Hamas-Terror und „widerwärtige Jubelszenen“ auf deutschen Straßen würden in keiner Weise geduldet. Diese „Relativierung der brutalen Barbarei der Terroristen“ sei für die Bundesrepublik nicht hinnehmbar, und dabei seien alle gefordert. Dies gelte auch für den feigen Brandanschlag in Berlin in der Nacht zum Mittwoch und für die an Haustüren gesprühten Davidsterne.
Dass der Rechtsstaat jetzt alles unternehme, um Demonstrationen auch von vornherein zu verbieten, sei richtig, und er habe auch die rechtliche Handhabe dazu. Hier müssten Bund und Länder „klare Kante zeigen“. Auch müsse der Aufenthaltsstatus entzogen werden, wenn die Straftaten der Hamas verherrlicht werden.
Linke: Es ist Zeit für Haltung
Petra Pau (Die Linke) verwies darauf, dass in der Bundesrepublik durch den Bundesverband „Rias“ 202 antisemitische Vorfälle seit dem Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober registriert worden seien. Das sei ein Zuwachs von 240 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Der Terror der Hamas richte sich gegen Juden, gegen die Demokratie und gegen eine plurale Gesellschaft.
Auch vor dem 7. Oktober sei Antisemitismus ein gesellschaftliches Problem gewesen. Antisemiten seien in jedem Fall zu ächten, unabhängig von ihrer Motivation oder ihrer Staatsbürgerschaft. Wenn Terroristen morden, sei es „Zeit für Haltung“, nicht für ein „ja, aber“ oder ein „vielleicht“, fügte Pau hinzu und betonte: „Nichts bietet eine Rechtfertigung für diese Attacken“.
FDP: Rechtsstaat muss unmissverständliche Sprache sprechen
Stephan Thomae (FDP) konstatierte, dass die „barbarischen, menschenverachtenden Verbrechen“ der Hamas mit Massakern an unschuldigen Frauen und Kindern und Entführungen Erinnerungen „an die dunkelsten Stunden unserer eigenen Geschichte“ erinnerten. Es sei daher nicht zu ertragen, dass Menschen diese Verbrechen auf deutschen Straßen „mit Freudenfeiern bejubeln“.
Alle propalästinensischen Versammlungen müssten jetzt verboten werden, wenn anzunehmen sei, dass sie die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährden. Terror, Mord und Verschleppung zu feiern, sei eine gravierende Straftat, die entsprechend geahndet werden müsse. Hier müsse der Rechtsstaat eine unmissverständliche Sprache sprechen. (sto/18.10.2023)